Stehen Zeppelin und Co vor einer Renaissance?

Luftschiffe – zurück in die Zukunft

Zeppelin
Die große Ära der Luftschiffe scheint lange vorbei – doch Zeppelin und Co könnten ein Comeback erleben © MR1805/ iStock.com

Sie waren die ersten Giganten der Lüfte: Lange vor den Flugzeugen transportierten Zeppeline schon Passagiere und Fracht quer durch Europa und sogar über den Atlantik. Doch mit dem katastrophalen Unfall der „Hindenburg“ im Jahr 1937 endete die große Ära der Luftschiffe. Inzwischen jedoch gibt es Anzeichen für eine Renaissance – die Nachfolger von Zeppelin und Co könnten sogar zu Fluggefährten der Zukunft avancieren.

Lange galten Luftschiffe als überholt, nicht mehr konkurrenzfähig. Das aber hat sich inzwischen geändert. Denn der technische Fortschritt ermöglicht ganz neue Luftschiff-Modelle – von Hybrid-Konstruktionen bis zu autonomen Flugplattformen für Forschung, Erdbeobachtung oder den Frachttransport. Hinzu kommt, dass Klimaschutz und Umweltauflagen ein Umdenken auch und gerade beim Gütertransport erfordern. Und genau hier könnten die modernen Nachfahren von Zeppelin und Co eine neue, lukrative Nische finden.

Die Anfänge der Luftschifffahrt

Leichter als Luft

Luftschiffe gab es schon lange, bevor sich die ersten Flugzeuge in die Lüfte erhoben: Schon 1852 konstruierte der französische Luftfahrtpionier Henri Giffard einen 44 Meter langen Wasserstoffballon mit Gondel, der von einer Dampfmaschine vorwärtsbewegt wurde. Sein erster Flug von Paris in die nahegelegene Stadt Trappe war der erste motorisierte Flug der Menschheit.

Luftschiff Giffard
Das dampfgetriebene Luftschiff von Henri Giffard. © historisch

Was macht ein Luftschiff aus?

Das Prinzip eines Luftschiffs ist simpel: Im Gegensatz zum Flugzeug benötigt es weder Flügel noch den Vortrieb von Triebwerken, um sich in die Luft zu erheben. Stattdessen bekommt es einen Großteil seines Auftriebs von seinem Traggas – einem Gas, das leichter ist als Luft. Früher wurde als Traggas der leicht brennbare Wasserstoff eingesetzt, heute sind Luftschiffe meist mit Helium gefüllt. Im Gegensatz zu Heißluftballons besitzen Luftschiffe zudem Motoren und Leitwerke, mit denen sie sich gerichtet vorwärtsbewegen können.

Die meisten heute noch fliegenden Luftschiffe sind „Blimps“ – Prallluftschiffe ohne festes Hüllengerüst. Sie bekommen ihre typische Zigarrenform allein durch den Druck des Gases gegen die dünne, flexible Hülle ihres Auftriebskörpers. In der großen Ära der Luftschiffe aber dominierte eine andere Bauform: der Zeppelin. Diese Starrluftschiffe besitzen im Inneren ihres in mehrere Kammern geteilten Gasballons ein festes Gerüst, das ihnen wie ein Skelett Stabilität und Form gibt – ein entscheidender Vorteil.

Erster Zeppelin
Der erste Zeppelin bei seiner Jungfernfahrt über den Bodensee am 2. Juli

Die ersten Passagierflüge

Es ist daher kein Zufall, dass die Blütezeit der Luftschiffe erst mit der Erfindung des Zeppelins beginnt. Als der deutsche Offizier und Ingenieur Graf von Zeppelin am 2. Juli 1900 mit dem ersten Starrluftschiff über den Bodensee aufsteigt, legt er den Grundstein für einen Boom dieser Fluggeräte. Denn während sich Blimps durch den Fahrtwind verformen und ihre Aerodynamik verlieren, behalten Zeppeline ihre windschnittige Zigarrenform. Sie können daher schneller fliegen und größere Ausmaße erreichen.

Schon 1910 hat Graf von Zeppelin seine Luftschiffe soweit optimiert, dass seine Zeppeline regelmäßig Passagierfahrten auf festen Fluglinien in Deutschland durchführen. Mit einer Länge von bis zu 150 Metern und einem Gasvolumen von mehr als 15.000 Kubikmetern Wasserstoff können die ersten Linien-Luftschiffe 20 Passagiere und etwa acht Mann Besatzung transportieren. Bei ihren Fahrten erreichen diese Vehikel immerhin Geschwindigkeiten von rund 80 Kilometern pro Stunde und fliegen bis zu tausend Kilometer weit.

Entsprechend begehrt ist diese neue Form der Fortbewegung: Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs absolvieren die deutschen Zeppeline mehr als 1.500 Fahrten mit insgesamt knapp 35.000 Menschen an Bord. Graf Zeppelin und seine Luftschiffe sind die Stars ihrer Zeit.

Kriegsluftschiffe
Deutsches Kriegsluftschiff im Ersten Weltkrieg auf einer zeitgenössischen Postkarte. © historisch/ George Eastman House Collection

Im Kriegsdienst

Als dann 1914 der Erste Weltkrieg beginnt, sind die Vorteile der Zeppeline auch dem Militär klar – es beschlagnahmt alle Luftschiffe für den Kriegsdienst. Sie werden nun für Aufklärungsflüge, aber auch zum Abwurf von Bomben eingesetzt. Vor allem in London und dem Süden Englands, aber auch auf dem Balkan fordern die Einsätze der deutschen Kriegsluftschiffe hunderte Todesopfer. Während des Krieges werden zudem neue, noch größere und schnellere Luftschiffmodelle entwickelt und gebaut.

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs endet auch der erste Höhenflug der Zeppeline: Im Rahmen der Entwaffnung Deutschlands fordern die Alliierten im Versailler Vertrag die Auslieferung aller deutschen Luftschiffe. Um dies zu verhindern, werden viele Kriegsluftschiffe noch kurz vorher von ihren Besatzungen zerstört.

Die Blütezeit der Luftschiffe – und ihr dramatisches Ende

Vom Luxus in die Katastrophe

Wer heute den Atlantik überqueren möchte, fliegt meist mit Jumbojets wie dem A380 oder der Boeing 747. Vor 100 Jahren jedoch waren auf dieser und andere Langstrecken andere Giganten der Lüfte im Einsatz: Luftschiffe. Mit Längen von bis zu 245 Metern, einer Nutzlast von 70 Tonnen Reichweiten von bis zu 12.000 Kilometern sind sie bis heute die größten Fluggeräte, die je geflogen sind.

USS Los Angeles
Der Zeppelin USS Los Angeles über Manhattan im Jahr 1930. © US Navy

Luxusliner der Lüfte

Schon der erste Transatlantikflug eines Zeppelins im Jahr 1919 setzt neue Maßstäbe: Das britische Luftschiff R-34 legt die Strecke von Schottland nach New York in 108 Stunden, den Rückweg sogar in nur 75 Stunden zurück – einer Rekordzeit. Denn Schiffe benötigen damals noch knapp eine Woche für die Überfahrt. Schneller ist nur das Flugzeug, mit dem Piloten nur wenige Tage vor der R-34 erstmals den Atlantik überquert haben. Doch von einem Transport größerer Mengen an Passagieren oder Fracht ist diese Variante der Luftfahrt damals noch Jahrzehnte entfernt.

Diese Aufgaben übernehmen in den 1920er und 1930er Jahren die Verkehrsluftschiffe. Mit ihnen können Passagiere erstmals Nonstop und relativ regelmäßig von Deutschland aus über den Atlantik nach New York und sogar nach Rio de Janeiro fliegen. An Bord bieten eine von namhaften Designern entworfene Innenausstattung und der einem Luxushotel würdige Service alle erdenklichen Annehmlichkeiten.

Einzig die Landeplätze sind eher suboptimal: Wegen ihrer enormen Größe können die Zeppeline nur außerhalb der Metropolen starten und landen. Das wollen die Erbauer des Empire State Building ändern: Sie installieren auf dem Dach ihres 1931 fertiggestellten Hochhauses einen Ankermast für Zeppeline. Über eine spezielle Brücke sollen die Passagiere dann in die Ankunftshalle im 86. Stock des Gebäudes gelangen. Genutzt wird dieser Luftschiff-Bahnhof allerdings nur einmal – von einem kleinen Testzeppelin.

Norge
Das Luftschiff "Norge" bei seinem Start zum Nordpol-Überflug am 11. Mai 1926. © Norwegische Nationalbibliothek /CC-by-sa 2.0

Fliegende Forschungsplattformen

Doch die Luftschiffe werden nicht nur für den Luftverkehr eingesetzt, sie dienen schon damals auch als fliegende Forschungs- und Erkundungsplattformen. Am 12. Mai 1926 überfliegt das Luftschiff „Norge“ mit Roald Amundsen und Umberto Nobile an Bord als erstes Flugobjekt überhaupt den Nordpol. Bei dem 106 Meter langen Gefährt handelt es sich um ein halbstarres Luftschiff – es besitzt zwar einen festen Kiel an der unteren Längsachse des wasserstoffgefüllten Rumpfes, die Oberseite der Hülle aber ist flexibel und wird nur durch den Gasdruck in Form gehalten.

Im Jahr 1931 trägt eine wissenschaftliche Expedition an Bord der „Graf Zeppelin“ erheblich dazu bei, die arktischen Polargebiete zu kartieren. Forscher führen dabei auch meteorologische Untersuchungen und Messungen des Magnetfelds in Polnähe und am Nordpol durch. Kurz zuvor, im Jahr 1929, absolviert die „Graf Zeppelin“ die erste und bis heute einzige Weltumrundung mit einem Luftschiff. Sie legt mit 20 Passagieren an Bord fast 50.000 Kilometer in 35 Tagen und sechs Etappen zurück.

Und auch das US-Militär investiert stark in die Luftschifffahrt: Die US-Marine beauftragt Anfang der 1930er Jahre den Bau mehrerer Zeppeline als Aufklärungsplattformen und fliegende Labors. Die beiden größten, die „USS Akron“ und die „USS Macron“, dienen sogar als fliegende Flugzeugträger – sie besitzen einen Hangar für vier bis fünf Aufklärungsflugzeuge, die dort im Flug starten und landen können.

Hindenburg
Der brennende Zeppelin Hindenburg am 6. Mai 1937 in Lakehurst © Niederländisches Nationalarchiv

Die Hindenburg-Katastrophe

Doch so erfolgreich die großen Zeppeline der Luftschiff-Ära auch sind – sie haben eine fatale Schwachstelle: ihr Traggas. Fast alle zivilen Luftschiffe verwenden damals Wasserstoff, weil dieser günstiger ist und mehr Auftrieb erzeugt als das teure und rare Helium. Dabei nimmt man in Kauf, dass der leicht brennbare Wasserstoff sich schon durch kleinste Funken entzünden kann.

Am 6. Mai 1937 kommt es dann zur Katastrophe: Die „Hindenburg“, eines der beiden größten je gebauten Luftfahrzeuge, gerät bei der Landung in Lakehurst in Brand. Im Heck des Luftschiffs bricht ein Wasserstofffeuer aus, das sich rasend schnell ausbreitet. Sekunden später sackt der Zeppelin ab, rammt fast den Ankermast und sinkt schließlich brennnend zu Boden. 35 der 97 Menschen an Bord der Hindenburg sterben – teils im Feuer, teils beim Sprung aus dem brennenden Luftschiff.

„Es ist in Flammen aufgegangen! Es stürzt ab! Das ist furchtbar, eine der schlimmsten Katastrophen der Welt!“, schildert der US-Radiokommentator Herbert Morrison das Geschehen. Sowohl er als auch mehrere Kamerateams sind an diesem Abend vor Ort, um die Landung der Hindenburg zu dokumentieren. Durch Morrisons emotionale Live-Reportage und später auch die Filmaufnahmen breitet sich die Nachricht vom Unglück schnell aus.

Die Hindenburg-Katastrophe wird zum bekanntesten Unglück der Luftfahrtgeschichte – und läutet das Ende der Luftschiff-Ära ein. Die Giganten der Lüfte haben ihren Nimbus verloren und mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs ist ihre Zeit endgültig abgelaufen – oder doch nicht?

Die Geschichte der Luftschiffe© Documentary Warehouse

Luftschiff-Technologie heute

Hightech am Himmel

Moderne Luftschiffe ähneln zwar äußerlich durchaus noch ihren Vorbildern aus der großen Ära der Zeppeline. Unter der Hülle jedoch hat sich einiges geändert – aus gutem Grund. Denn die klassischen Luftschiffe waren wegen ihrer Wasserstoffladung zu leicht brennbar, schwer am Boden zu halten, windanfällig und benötigten viel Personal für Betrieb und vor allem Start und Landung. Die modernen Nachfahren der „Hindenburg“ und ihrer Zeitgenossen nutzen modernste Technik, um diese Nachteile zu überwinden.

Airlander 10
Moderne Luftschiffe wie der Airlander 10 fligen mit Helium als Traggas. © gemeinfrei

Das Traggas

Ein Ansatzpunkt ist das Traggas: Weil Wasserstoff als zu gefährlich gilt, verwenden heutige Luftschiffe meist Helium. Dieses ist zwar nicht ganz so auftriebsstark wie Wasserstoff, dafür ist dieses Edelgas nicht so leicht entzündlich. Das Problem jedoch: Während Wasserstoff leicht durch Elektrolyse aus Wasser erzeugt werden kann, sind die Heliumvorkommen begrenzt und das Helium entsprechend teuer. Zurzeit kostet ein Kubikmeter Helium mehr als sieben Euro.

Das macht die Befüllung eines Luftschiffs nicht nur extrem kostspielig, auch die frühere Praxis, bei der Landung einfach Gas abzulassen, kommt aus ökonomischen Gründen nicht in Frage. Moderne Luftschiffe lösen dieses Problem, indem sie das Helium bei der Landung und beim Entladen der Fracht so stark komprimieren und kühlen, dass es schwerer wird als Luft. Dadurch dient es als Ballast.

Doch auch Wasserstoff ist nicht komplett vom Tisch. Nach Ansicht einiger Luftschiff-Experten ist es heute im Gegensatz zur Ära der Hindenburg durchaus möglich, Hüllen und Kammern aus Verbundmaterialien zu konstruieren, die die Feuergefahr minimieren. „Wenn die Entwicklung weiter fortgeschritten ist und sich die Menschen wieder an Luftschiffe gewöhnt haben, werden sie wahrscheinlich wieder zu Wasserstoff wechseln“, prognostiziert Barry Prentice von Buoyant Aircraft Systems International (BASI). Die russische Firma RosAeroSystems soll schon einen chemischen Zusatzstoff entwickelt haben, der Wasserstoff weniger entzündlich macht.

Airlander
Der Airlander von HAV ist ein Hybrid-Luftschiff: Es deckt nur einen Teil seines Auftriebs aus dem Traggas. © Hybrid Air Vehicles Ltd.

Hybrid-Luftschiffe: Halb Flugzeug und Helikopter, halb Blimp

Eine weitere Neuentwicklung sind Hybrid-Luftschiffe – Vehikel, die nur einen Teil ihres Auftriebs aus dem Helium-Traggas bekommen und daher knapp schwerer sind als Luft. Dadurch sinken sie von selbst zu Boden, wenn die Motoren abgeschaltet werden und benötigen keinen zusätzlichen Ballast. Einige Modelle, wie der Airlander 10 von Hybrid Air Vehicles (HAV), besitzen zudem Antriebsdüsen, die nach oben gedreht werden können und das Luftschiff so aktiv zu Boden drücken.

Für Start und Flug generieren diese Luftschiffe den nötigen Rest-Auftrieb über flugzeugähnliche Flügel und drehbare Triebwerke. Sie verleihen dem Luftschiff auch eine größere Stabilität gegenüber starken Winden, wie HAV-Chefdesigner Andrew Barton erklärt: „Weil wir schwerer sind und wegen des aerodynamischeren Querschnitts des Luftschiffs, haben Querwinde weniger Einfluss als bei traditionellen Blimps. Der Airlander verträgt Winde von bis zu 150 Kilometern pro Stunde.“

Eine weitere Variante solcher Hybrid-Luftschiffe hat das Unternehmen Egan Airships aus Seattle bereits 2017 erfolgreich getestet. Ihr gut acht Meter langer Prototyp ähnelt einem Leichtflugzeug mit aufgeschnalltem Heliumballon. „Sein Design verknüpft Aspekte aller vier existierenden Klassen von Fluggeräten: Flugzeugen, Hubschraubern, Luftschiffen und Drohnen“, so das Unternehmen. Die „Plimp“ getauften Hybrid-Luftschiffe sollen in ihrer unbemannten Form als Werbe- oder Sensorplattformen dienen. Ein weiteres, gut 50 Meter langes Modell soll in naher Zukunft bis zu zehn Personen oder knapp eine Tonne Fracht tragen können.

Halb Flugzeug und halb Luftschiff: das Plimp.© Egan Airships

Autonom und unbemannt

Hinzu kommt eine weitere technische Entwicklung: das autonome Fliegen. Längst sind Drohnen dazu fähig, selbstständig einem Kurs zu folgen und ein Ziel selbst um Hindernisse herum anzusteuern. Diese Technologie könnte in Zukunft auch genutzt werden, um Luftschiffe zu steuern. Ein erster Prototyp eines solchen Drohnen-Luftschiffs, die 15 Meter lange „Phönix“ hat Anfang 2019 ihren Jungfernflug absolviert. Modelle wie dieses sollen künftig als unbemannte Überwachungsplattformen oder Telekomunikations-Relais dienen.

Aber auch große Fracht-Luftschiffe könnten in Zukunft autonom betrieben werden. „Das Risiko würde sich weiter verringern, wenn man auch das Laden und Entladen von Robotern erledigen lässt“, sagt Julian Hunt von Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Luxemburg. Er hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, nach der es ökonomisch sinnvoll sein könnte, autonome Luftschiffe von der zehnfachen Größe der „Hindenburg“ zum Transport von Fracht und Wasserstoff einzusetzen. Lässt man diese modernen Giganten der Lüfte vom Jetstream um den Globus treiben, könnten sie schneller und günstiger sein als Frachtschiffe.

Warum sich Luftschiffe heute wieder lohnen könnten

Lukrative Nische

Heute sind Luftschiffe eher Sonderlinge am Himmel – nur noch selten sieht man die zigarrenförmigen Gefährte am Himmel schweben. Meist handelt es sich dabei um Blimps, Luftschiffe mit flexibler Hülle, die als fliegende Werbeleinwand, Forschungsplattform oder für touristische Rundfahrten unterwegs sind. Beim Transport von Fracht und Passagieren jedoch haben längst Flugzeuge die Rolle der alten Luftschiff-Giganten übernommen.

Zeppelin NT
Wegen ihres langsamen Flugtempos und ihrer großen Reichweite werden Zeppeline bis heute gerne als Sensorplattformen für die Forschung genutzt – hier der Zepplin NT bei der Luft-Messkampagne PEGASOS im Jahr 2012. © Forschungszentrum Jülich

Effizient und umweltfreundlich

Doch es gibt erste Indizien dafür, dass sich auch beim Transport von Gütern eine Renaissance der Luftschifffahrt anbahnen könnte. Denn Zeppelin und Co haben einige Vorteile gegenüber den „klassischen“ Verkehrsmitteln zum Frachttransport. Zwar sind selbst moderne Luftschiffe deutlich langsamer als ein Flugzeug. Sie schaffen wegen ihres höheren Luftwiderstands maximal 150 Kilometer pro Stunde. Damit aber sind sie deutlich schneller als große Container- und Frachtschiffe.

Hinzu kommt: Luftschiffe können ihre Nutzlast unter geringerem Treibstoffverbrauch und mit größerer Reichweite als Flugzeuge transportieren. Weil das Traggas den Auftrieb übernimmt, werden die Motoren fast ausschließlich für den Vortrieb benötigt. „Luftschiffe sind in Bezug auf Treibstoff extrem effizient“, erklärt Isaac Henderson von der Massey University. „Das bedeutet, dass sie umweltfreundlich sind und ihr Betrieb gleichzeitig weniger Kosten verursacht.“

Kein Flugplatz nötig

Ein weiterer Vorteil: Luftschiffe können nahezu senkrecht starten und landen und lassen sich auch bei niedrigem Tempo gut manövrieren. Dadurch benötigen sie keine langen Start- oder Ladebahnen und eignen sich auch für Transporte in unerschlossene Gebiete ohne Flugplätze. „Man kann sogar auf Wasser, Schnee oder Eis landen und benötigt zum Abheben selbst vollbeladen weniger als das Vierfache der eigenen Länge“, sagt Stephen Newton, Entwicklungsleiter bei Discovery Air. „Das Luftschiff hat damit alle Vorteile eines Hubschraubers, aber nur wenige seiner Nachteile.“

Luftschiffe könnten demnach überall dort eingesetzt werden, wo viel und sperrige Fracht ohne starken Zeitdruck über große Entfernungen transportiert werden muss. Im Gegensatz zu Frachtschiffen muss ihre Ladung zudem nicht erst auf Lastwagen oder Züge umgeladen werden, um bis zu ihrem endgültigen Ziel zu gelangen – auch das könnte den Frachttransport mit Zeppelin und Co günstiger und umweltfreundlicher machen.

Moderne Luftschiffe könnten überall dort eingesetzt werrden, wo die normale Verkehrs-Infrastruktur fehlt.© Lockheed Martin

Bergbau, Sperrgut und Katastrophenhilfe

„Der Bergbau wird der erste große Markt für Luftschiffe sein“, prognostiziert Barry Prentice von der University of Manitoba und CEO von Buoyant Aircraft Systems International (BASI). Sein Unternehmen entwickelt zurzeit ein elektrisch angetriebenes Luftschiff, das vor allem im hohen Norden Kanadas zum Einsatz kommen soll. Dort könnten die fliegenden Frachter die in den Minen benötigten großen Maschinen in die entlegenen Abbaugebiete bringen und umgekehrt das Roherz zu Güterbahnhöfen, Häfen an der Küste oder zu Verarbeitungsanlagen transportieren.

Tatsächlich denken einige kanadische Bergbauunternehmen schon darüber nach, Luftschiffe für diese Aufgaben einzusetzen. Denn viele lukrative Abbaugebiete, darunter Vorkommen von Seltenerd-Metallen im Norden Quebecs und Chromit-Lagerstätten im Norden Ontarios, liegen hunderte Kilometer von der nächsten Straße oder Bahnlinie entfernt. Der Bau der nötigen Verkehrsinfrastruktur würde nach Schätzungen von Prentice mehr als eine Milliarde US-Dollar kosten – ein modernes Luftschiff dagegen nur rund 50 Millionen.

Doch auch für den Transport von besonders sperrigen Gütern wären Luftschiffe geeignet. Sie könnten Bauteile für Windkraftturbinen direkt zu den Offshore-Anlagen bringen, statt dass diese wie bisher erst von Tiefladern zur Küste geschafft und dann dort in Schiffe umgeladen werden müssen. Ebenfalls sinnvoll wäre der Einsatz beim Transport von Lebensmitteln, Gütern und Helfern in Katastrophengebiete. Luftschiffe könnten selbst dann noch landen, wenn Flughäfen beispielsweise durch Überschwemmungen oder ein Erdbeben zerstört sind.

Zwischen Crash und Euphorie

Und die Zukunft?

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Renaissance der Luftschiffe postuliert wird. Tatsächlich haben Unternehmen in den letzten Jahrzehnten schon mehrfach auf eine Wiederkehr der Zeppeline für den Frachttransport gesetzt – und sind gescheitert.

CargoLifter
CargoLifter-Halle im Jahr 2001 mit einem kleinen Trainingsluftschiff. © Stefan Kühn/CC-by-sa 3.0

Der Fall CargoLifter

Das bekannteste Beispiel ist die deutsche Firma CargoLifter. Das 1996 gegründete Unternehmen plante, ein 260 Meter langes halbstarres Luftschiff zum Transport von rund 160 Tonnen Nutzlast zu konstruieren. 550.000 Kubikmeter Helium als Traggas sollten für den Auftrieb des CL-160 sorgen, acht Triebwerke das Luftschiff bis auf 125 Kilometer pro Stunde beschleunigen.

Ein Prototyp des CL160 im Maßstab 1:8 absolvierte im Oktober 1999 erfolgreich seinen Jungfernflug und stieg mehrfach auf. Und auch die 350 Meter lange und 210 Meter breite Konstruktionshalle wurde fertigstellt – sie ist bis heute die größte freitragende Halle der Welt. Im Jahr 2000 folgte ein erfolgreicher Börsengang, die Luftschiffwerft wurde als Außengelände Teil der Weltausstellung Expo 2000.

Doch im Juni 2002 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden – die Kosten stiegen höher als erwartet, Termine wurden nicht eingehalten und es gab zu wenig Investoren, die in Frachtluftschiffen eine Zukunft sahen. Heute beherbergt die ehemalige Konstruktionshalle einen Freizeitpark.

Flying Whales
Die neuen Luftschiffe des französisch-chinesischen Projekts Flying Whales sollen den Transport sperriger und schwerer Güter in unwegsamen Gegenden übernehmen. © Flying Whales

Was hat sich geändert?

Ungeachtet dieses mahnenden Beispiels gibt es inzwischen einen neuen Aufbruch in der Luftschiffbranche. Denn gerade im Zuge des Klimawandels und den nötigen Veränderungen im Verkehrsbereich könnte sich für die Nachfolger als klassischen Zeppeline eine neue Nische eröffnen. In dem Maße, in dem Treibstoffe teurer und Umweltauflagen strenger werden, wachsen auch die Vorteile der Luftschiffe gegenüber dem klassischen Gütertransport mit Flugzeugen oder Frachtschiffen.

„In fünf Jahren könnte wir die ersten kommerziellen Fracht-Luftschiffe sehen“, prognostiziert Eric Lanteigne von der University of Ottawa. Noch ist dies zwar weitgehend Zukunftsmusik und die meisten Luftschiff-Unternehmen sind erst im Stadium von Prototypen und Pilottests. Einige musste zudem bereits herbe Rückschläge hinnehmen, darunter Projektabsagen durch die US-Navy oder das Abspringen von Investoren.

Doch zumindest einige Luftschiff-Unternehmen vor allem in Kanada und den USA, aber auch in Europa und China setzen auf eine Zukunft der Luftschiffe und eine Wiederkehr von Zeppelin und Co in moderner Form. Ob sich ihre Hoffnungen bewahrheiten, wird sich zeigen müssen.