Noch ist die Sonne im besten Alter und bildet das stabile Zentrum unseres Sonnensystems. Doch das wird nicht so bleiben: Schon jetzt hat in unserem Zentralstern ein schleichender Wandel begonnen, der unsere kosmische Umgebung unaufhaltsam verändert. Was aber bedeutet dies für die Zukunft unseres Planeten, die Sonne und das Sonnensystem?
Unsere Sonne durchläuft wie alle Sterne einen Lebenszyklus, in dessen Verlauf sie sich und ihre Umwelt dramatisch verändern wird. Dabei entwickelt sie sich von einem gelben Zwergstern – ihrem jetzigen Zustand – weiter zu einem Roten Riesen und endet schließlich als Weißer Zwerg. Wann diese Stadien eintreten und welche Folgen dies für Sonne, Sonnensystem und Erde hat, können Astronomen inzwischen relativ gut einschätzen.
Für unseren Planeten sind diese Szenarien allerdings wenig erbaulich. Denn der Todeskampf der Erde und ihrer Lebenswelt beginnt schon lange, bevor unser Heimatstern in seine letzte Phase eintritt.
Ein Stern in der Mitte seines Lebens
Die Sonne heute
Die Sonne steht momentan in der Blüte ihres Lebens: Sie hat die Turbulenzen ihrer Anfangszeit überwunden, in ihrem Kern sorgt die Fusion von Wasserstoffatomen für stetigen Nachschub an Energie und auch ihr „Hofstaat“ von Planeten kreist stabil in seinen Bahnen. Unsere Sonne ist zurzeit ein ganz normaler, eher ruhiger Hauptreihenstern.
564 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Sekunde
Doch der stetige, scheinbar kaum veränderliche Anblick trügt. Denn auch für unsere Sonne tickt die Zeit – wenn auch nach unseren Maßstäben sehr langsam. Wie jeder Stern durchlebt sie einen Lebenszyklus, der zunächst schleichende, dann aber rasante Veränderungen mit sich bringt. Schon jetzt sind einige davon messbar. So wissen Astronomen, dass die Sonne heute rund 30 Prozent heller leuchtet und rund 300 Kelvin heißer ist als bei ihrer Entstehung vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Ihr Radius hat seitdem um rund sechs Prozent zugenommen.
Und auch im Inneren unseres Sterns hat sich einiges getan: Im Sonnenkern sorgen der immense Druck der solaren Schwerkraft und eine Hitze von mehr als 15 Millionen Grad dafür, dass selbst Atomkerne miteinander verschmelzen. Der Brennstoff für diese Kernfusion ist Wasserstoff. Pro Sekunde verwandeln sich dadurch rund 600 Millionen Tonnen Wasserstoff in Helium und in Energie, die größtenteils als Strahlung und Wärme ins All hinaus entweicht.
Dadurch verliert die Sonne pro Sekunde vier Millionen Tonnen ihrer Masse – im Jahr sind dies rund 130 Billionen Tonnen. Gemessen an ihrer Gesamtmasse von 1980 Quadrillionen Tonnen ist dieser Massenverlust allerdings minimal.
Kernfusion nimmt zu
Weitaus folgenreicher ist dagegen der Verbrauch des solaren Wasserstoff-Brennstoffs: Seit der Zündung ihrer Kernfusion hat die Sonne schon etwa die Hälfte des Wasserstoffvorrats in ihrem Kern verbraucht. Wenn jedoch im Kern die Wasserstoffdichte absinkt, verringert sich der nach außen gerichtete Strahlungsdruck der Fusion. Dadurch kann der Sonnenkern dem Eigengewicht der umgebenden Sonnenmaterie weniger gut standhalten und er wird von außen allmählich zusammengedrückt.
Diese langsame Kontraktion ist die Ursache dafür, dass die Sonne allmählich heller und heißer wird: Weil sich dadurch Druck und Temperatur im Inneren des Sonnenkerns erhöhen, nimmt die Rate der Wasserstoff-Fusion zu. Der Sonnenofen wird dadurch im Laufe der Zeit immer weiter angeheizt. Als Folge steigt die Leuchtkraft unseres Sterns linear um rund ein Prozent pro 110 Millionen Jahren. In rund einer Milliarde Jahren wird die Sonne demnach bereits zehn Prozent mehr Strahlung abgeben als heute.
Das hat Folgen – auch für die Erde….
Der Anfang vom Ende unseres Planeten
Eine Welt ohne Wälder
Schon in wenigen hundert Millionen Jahren wird es ungemütlich auf unserem Planeten: Die Sonne strahlt nun mehrere Prozent stärker als heute, entsprechend intensiv ist die UV- und Wärmestrahlung, die auf der Erde ankommt. Dies verursacht nicht nur eine Klimaerwärmung, die weit stärker ist als der anthropogene Klimawandel der Gegenwart – auch die Atmosphäre und die Stoffkreisläufe der Erde verändern sich.
Verwitterung schluckt CO2
Wenn Strahleneinfall und Temperaturen steigen, beeinflusst dies auch die chemische Verwitterung von Gesteinen – einen Prozess, der im Verlauf der Erdgeschichte schon mehrfach große Klimaumschwünge ausgelöst hat. So könnte die Bildung von Gebirgen wie den Appalachen vor rund 450 Millionen Jahren eine Eiszeit verursacht haben. Weil damals vulkanisches, silikathaltiges Gestein aus dem Meer auftauchte und in Kontakt mit der Luft kam, setzten chemische Reaktionen ein, bei der große Mengen Kohlendioxid aus der Luft gebunden wurden. Dadurch sank der Gehalt dieses Treibhausgases global ab und eine Klimaabkühlung war die Folge.
Ähnliches wird in wenigen hundert Millionen Jahren geschehen – allerdings ohne die Abkühlung. „Die steigenden Temperaturen verstärken die Silikatverwitterung, erhöhen die CO2-Bindung und verringern so den CO2-Gehalt der Atmosphäre“, erklären Jack O’Malley-James von der University of St Andrews und seine Kollegen. Der dadurch verringerte Treibhauseffekt wird jedoch vom zunehmenden Strahleneinfall der Sonne mehr als kompensiert. Deshalb wird es trotz fallender CO2-Werte stetig wärmer und trockener.
Die Vegetation schwindet
Die ersten Leidtragenden dieser Entwicklung sind die Pflanzen: Weil sie für ihre Photosynthese auf ausreichend CO2-Nachschub angewiesen sind, nimmt ihre Produktivität schleichend ab. Schon in rund 500 Millionen Jahren ist für die ersten von ihnen das Limit erreicht: „Pflanzen, die den C3-Stoffwechselweg zur Kohlenstoff-Fixierung nutzen, können nur bis zu einem atmosphärischen CO2-Gehalt von rund 150 parts per million (ppm) überleben – dieser wird etwa in 500 Millionen Jahren erreicht sein“, erklärt O’Malley-James.
Das aber bedeutet, dass ein Großteil der heute dominierenden Grünpflanzen verschwinden wird: Erst die Laubwälder, die krautigen Blütenpflanzen und auch die meisten unserer Gemüse- und Obstlieferanten. Mit zunehmender Trockenheit und sinkenden CO2-Werten werden dann auch Nadelwälder und immergrüne Gewächse zugrunde gehen.
In rund 600 Millionen Jahren sind die heute grünen, fruchtbaren Tropen und gemäßigten Breiten größtenteils zu Steppen und Wüsten geworden. Dort gedeihen nur noch Pflanzen, die an Trockenheit angepasst sind und die besonders effiziente CO2-Stoffwechselwege nutzen. Zu ihnen gehören vor allem sogenannte C4-Pflanzen wie Gräser und Getreide, aber auch CAM-Pflanzen wie Bromelien, Kakteen, Liliengewächse. Sie könnten Millionen Jahre länger durchhalten als Wälder und Büsche.
Doch der Niedergang ist nicht aufzuhalten: „Die Artenvielfalt der Pflanzenwelt nimmt ab, bis nur noch diejenigen überleben, die Trockenheit, Nährstoffmangel und Hitze am besten überstehen können“, berichtet O’Malley-James.
Als wenn die Evolution rückwärts laufen würde
Das Ende des Lebens
In rund 600 Millionen Jahren wird die Erde kein grüner Planet mehr sein. Stattdessen sind die Landflächen von dürren Steppen und Wüsten geprägt, Pflanzen gibt es kaum noch. Dadurch hat sich auch die Atmosphäre unseres Planeten verändert: „Das Schwinden der Pflanzen führt dazu, dass Sauerstoff und Ozon in der Atmosphäre immer weiter absinken“, beschreibt der britische Forscher Jack O’Malley-James das künftige Geschehen.
Erst die großen Säugetiere, dann der Rest
Das hat auch Folgen für die restliche Lebenswelt. „Die Tiere, die für ihre Nahrung von Pflanzen abhängig sind, beginnen schon kurz nach dem Verschwinden der Pflanzen an der Basis ihrer Nahrungsketten auszusterben“, erklärt der Forscher. Die ersten Opfer sind daher große, pflanzenfressende Säugetiere. Im Laufe mehrerer Millionen Jahren folgen ihnen dann auch räuberische Arten, kleinere Säugetiere, Vögel, Amphibien, Reptilien und größere Fische nach.
„Es kommt zu einem sequenziellen Aussterben der Tierarten, von den großen zu den kleinen, von Wirbeltieren bis hin zu den Wirbellosen“, so O’Malley-James. Im Prinzip dreht sich nun das Rad der Evolution wieder zurück: Die komplexesten und am weitesten entwickelten Lebensformen verschwinden als erste, die primitiveren, kleineren bleiben am längsten erhalten.
Die irdische Lebenswelt kämpft aber nicht nur mit Nahrungsmangel und den sich verändern klimatischen Bedingungen, immer häufiger treten auch Unfruchtbarkeit und Missbildungen auf. Denn die irdische Ozonschicht bekommt wegen des fehlenden Sauerstoffs keinen Nachschub mehr und dünnt immer weiter aus. Parallel dazu steigt die UV-Einstrahlung der immer heller werdenden Sonne. Als Folge nehmen Erbgutschäden und Tumore zu.
Ein Planet der Mikroben
Die letzten Überlebenden der einst so üppigen Tier- und Pflanzenwelt unseres Planeten konzentrieren sich nun in wenigen Refugien. Zu diesen gehören die Pole, in denen sich vor allem die Organismen halten, die während der Polarnacht aktiv sind und den Polarsommer in Ruhestadien überdauern. Auch in Höhlen könnten einige wirbellose Tiere länger überdauern als anderswo. In den Ozeanen sind Mikroalgen die letzten, die noch Photosynthese treiben und für etwas Sauerstoffnachschub sorgen.
Doch es reicht nicht: In rund einer Milliarde Jahren könnte jedes höhere Leben auf unserem Planeten verschwunden sein. Die Erde hat sich biologisch gesehen zu ihren ersten Anfängen zurückentwickelt. „Das Leben auf der Erde wird wieder mikrobiell, die Produktivität kehrt zu den Werten zurück, wie sie vor Beginn der Photosynthese herrschten“, erklären O’Malley-James und seine Kollegen. In rund 1,3 Milliarden Jahren könnten die letzten eukaryotischen Zellen aussterben – ab dann bleiben nur noch Bakterien und Archaeen übrig.
Aber auch diese letzten Lebensformen überdauern nicht lange. Spätestens in 1,85 Milliarden Jahren könnten auch die letzten Refugien mikrobiellen Lebens unbewohnbar geworden sein. Die Erde ist nun ein toter Planet.
Der blaue Planet wird braun
Wüstenplanet Erde
In rund einer Milliarde Jahren ist die Sonne weiter angewachsen und strahlt zehn Prozent stärker als heute. Die Mitteltemperaturen der Erde sind auf rund 47 Grad angestiegen. Damit gerät unser Planet nun in einen Bereich, in dem auch die Ozeane beginnen zu verschwinden. Denn die habitable Zone des Sonnensystems hat sich nach außen verschoben – sie liegt nun jenseits der Erdbahn.
Die Ozeane verdampfen
Damit haben sich die Klimabedingungen auf der Erde so verändert, dass sich flüssiges Wasser auf Dauer nicht mehr halten kann. Das Wasser der Ozeane verdunstet nun rapide und der Wasserdampf steigt in der ausgedünnten Atmosphäre bis in die Stratosphäre auf. Dort werden die Wassermoleküle von der UV-Strahlung der Sonne aufgespalten. Die resultierenden Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle werden vom stärker werdenden Sonnenwind in immer höheren Maße ins All hinausgerissen.
Als Folge verliert unser Planet nach und nach sein Wasser – Gewässer und Ozeane schrumpfen und verschwinden schließlich. Die Erdoberfläche wird nun endgültig zur heißen, trockenen Wüste. Die ehemaligen Landflächen sind von weiten Dünenfeldern und steinigen Felswüsten bedeckt. In den einstigen Ozeanen bilden sich riesige Salzseen, deren helle, im starken Sonnenlicht gleißende Kristallkruste immer dicker und trockener wird.
Wird die Erde zur Venus?
Während ein Teil des verdampften Wassers in den Weltraum entweicht, sorgt der Rest für einen sich selbst verstärkenden Treibhauseffekt: Die wärmende Klimawirkung des Wasserdampfs heizt die ohnehin steigenden Temperaturen weiter an. In rund 2,8 Milliarden Jahren herrschen auf unserem Planeten bereits Temperaturen von knapp 150 Grad. Jeder Rest von flüssigem Wasser ist nun längst verkocht.
Die Erde macht nun die Entwicklung durch, die einst ihr innerer Schwesterplanet Venus durchlaufen hat. Bis etwa zwei oder drei Milliarden Jahre nach ihrer Entstehung besaß sie ebenfalls Ozeane und ein mildes Klima. Doch als dann die junge Sonne zunehmend heller und heißer wurde, entgleiste ihr Klima. Ein sich verstärkender Treibhauseffekt verwandelte den lebensfreundlichen Planeten im Laufe der Jahrmillionen in eine heiße Hölle mit Temperaturen von rund 480 Grad und einer dichten, alles erdrückende Gashülle.
Dieses Schicksal steht wahrscheinlich auch der Erde bevor. Denn in dem Maße, in dem die Sonne heller wird, rückt auch unser Planet immer weiter aus der habitablen Zone des Sonnensystems heraus. In gut drei Milliarden Jahren hat sich die Sonneneinstrahlung bereits um rund ein Drittel des heutigen Werts verstärkt. Kombiniert mit dem Treibhauseffekt der wasserdampfgesättigten Atmosphäre treibt dies die Temperaturen auf der Erde immer weiter in die Höhe.
In rund 3,5 Milliarden Jahren ist unser Planet zu einem lebensfeindlichen, glühendheißen Ort geworden. Es gibt kein flüssiges Wasser mehr und auch der Wasserdampf in der Atmosphäre schwindet mehr und mehr. Das Gestein der Erdkruste ist inzwischen so trocken, dass selbst die Plattentektonik ins Stocken geraten könnte.
Doch noch immer wird die Sonne unaufhaltsam heller und größer…
Wenn die Sonne zum Roten Riesen wird
Alles verschlingender Gigant
In rund fünf Milliarden Jahren ist die Sonne knapp eineinhalbmal größer als heute, ihre Leuchtkraft ist gut 80 Prozent höher als heute. Im umgebenden Sonnensystem hat sich die habitable Zone deutlich nach außen verlagert. Sie liegt nun im Bereich von 1,29 bis 1,86 astronomischen Einheiten – und damit etwa auf Höhe des Mars. Der Rote Planet könnte nun einen zweiten Frühling erleben.
Brennstoffwechsel im Kern
Doch auch dies ist nur vorübergehend, denn nun bahnt sich eine grundlegende Veränderung an: Im Kern der Sonne ist der Wasserstoffvorrat verbraucht, er besteht nun fast nur noch aus Helium. Die Kernfusion in diesem innersten Bereich des Sterns versiegt. Dadurch fehlt der Gegendruck zur nach innen wirkenden Gravitation und das Sonneninnere wird noch stärker komprimiert.
Jetzt setzt die nächste Phase der Kernfusion ein: Der Druck ist nun so hoch, dass auch der Wasserstoff in der den Kern umgebenden Schale zu fusionieren beginnt. Dieses Wasserstoff-Schalenbrennen verdoppelt die Leuchtkraft der Sonne und erzeugt einen Strahlungsdruck, der ihre äußeren Hüllen verstärkt nach außen treibt – sie beginnt, sich aufzublähen. Unser Stern wird zum gelben Unterriesen, wächst aber stetig weiter.
Die Sonne wird zum Roten Riesen
In knapp sieben Milliarden Jahren – die Sonne ist nun etwa 11,6 Milliarden Jahre alt – ist ihre Oberflächentemperatur auf nur noch rund 3.000 Grad abgesunken. Sie erscheint dadurch rot statt gelb. Gleichzeitig bläht sie sich mit wachsender Geschwindigkeit auf und wird immer größer. Die Sonne ist zum Roten Riesen geworden. „Nach rund zwölf Milliarden Jahren der langsamen Entwicklung geschieht der finale Weg entlang des Rote-Riesen-Asts sehr schnell“, erklärt Robert Smith von der University of Sussex.
Die Sonne wächst immer weiter, gleichzeitig verliert sie immer mehr Material aus ihrer äußeren Hülle in Form eines starken Sonnenwinds. Ihre Masse nimmt dadurch um rund ein Drittel ab. Die Erde ist zu diesem Zeitpunkt bereits ein mehr als 2.000 Grad heißer Glutball: Ihre Oberfläche ist von einem globalen Magmaozean bedeckt und ihre Atmosphäre wurde vom starken Sonnenwind fast vollständig weggerissen. Die Sonne steht als gigantischer Roter Ball über dem Horizont und nimmt dabei schon gut ein Drittel des gesamten Himmels ein.
Werden die Planeten überleben?
Für Merkur, Venus, und Erde beginnt nun ein Wettlauf ums Überleben. Denn während die Sonne sich immer weiter aufbläht, werden sie gleichzeitig vom starken Sonnenwind und der sinkenden Sonnenmasse nach außen geschoben, ihre Bahnen verlagern sich vom Roten Riesen weg. Verläuft diese Verlagerung ihres Orbits schneller als die unerbittlich fortschreitende Expansion der Sonne, haben sie eine Chance, die Rote-Riesen-Phase des Sterns zu überstehen.
Doch Merkur und Venus schaffen es nicht: Kurz vor dem Höhepunkt der Rote-Riesen-Phase beschleunigt sich das Wachstum der Sonne immer mehr. „Der solare Radius bewegt sich innerhalb von nur fünf Millionen Jahren durch das innere Sonnensystem“, sagt Smith. „Der Rote Riese wird dabei erst den Merkur verschlingen, dann auch die Venus.“
Was aber ist mit der Erde?
Wird unser Planet überleben?
Und die Erde?
Im Alter von gut zwölf Milliarden Jahren nähert sich die Sonne dem Höhepunkt ihrer Entwicklung zum Roten Riesen. Von der Erde aus gesehen füllt sie nun gut die Hälfte des Himmels aus. Sie ist mehr als 2.700 Mal heller und gut 250 Mal größer als vor Beginn ihres Wandels. Die habitable Zone des Sonnensystems liegt nun weit jenseits des Pluto. Merkur und Venus sind schon von der Sonne verschlungen worden.
Kampf der Kräfte
Die Erde ist die nächste – oder doch nicht? Ob unser Planet eine Chance hat, den Wettlauf mit dem Roten Riesen zu gewinnen, haben Robert Smith von der University of Sussex und Klaus-Peter Schröder von der Universität von Guanajuato schon vor einigen Jahren errechnet. Dabei stellten sie fest, dass es zwei Faktoren gibt, die der Verlagerung des Erdorbit entgegenwirken und so die „Flucht“ unseres Planeten bremsen.
Der erste Faktor sind die Gezeitenkräfte: Je näher die Sonnenoberfläche der Erde kommt, desto mehr verstärken sich Schwerkraftwechselwirkungen, die die Bewegung der Erde hemmen. Dadurch sinkt ihre Geschwindigkeit und ihr Orbit verengt sich. Je mehr sich die äußeren Hüllen der Sonne unserem Planeten nähern, desto stärker kommt eine zweite bremsende Kraft zur Geltung: die Reibung. Denn nun bewegt sich die Erde nicht mehr durch das Vakuum des Alls, sondern schon durch erste Gasausläufer des Roten Riesen. Auch dies bremst sie ab und wirkt der Außenverlagerung ihres Orbits entgegen.
Der Mond zerbricht
Die an der Erde zerrenden Kräfte wirken sich auch auf ihren Trabanten aus: Der Mond verliert ebenfalls an Tempo und Höhe und nähert sich der Erde immer weiter an. Sobald er die kritische Schwelle – das sogenannte Roche-Limit – von rund 18.500 Kilometern Abstand unterschritten hat, ist sein Ende unausweichlich: Er wird von den Gezeitenkräften der Erde zerrissen. „Am Roche-Limit wird die Schwerkraft, die den Mond zusammenhält schwächer als die Gezeitenkräfte, die ihn zerreißen wollen“, erklärt Lee Anne Willson of Iowa State University.
Damit wird die Erde nun zum Ringplanet: Die Trümmer ihres Mondes bilden um ihren Äquator ein dichtes, rund 37.000 Kilometer weit ins All hinaus reichendes Ringsystem. Allerdings ist auch dieses nicht von langer Dauer. Weil auch an diesen Trümmerbrocken die Gezeitenkräfte und die Reibung der immer heißer und dichter werdenden Weltraumumgebung zerren, regnen sie nach und nach auf die glühende, tote Oberfläche unseres Planeten hinab – erst die größeren Teile, dann auch die kleineren.
Das Ende der Erde
Doch während dies geschieht, kommt die Sonne weiterhin unaufhaltsam näher. „Wenn die Sonne den Höhepunkt der Rote-Riesen-Phase erreicht– mit 12,17 Milliarden Jahren – wird sich die Umlaufbahn der Erde nur auf maximal 1,5 astronomische Einheiten erweitert haben“, berichten Smith und Schröder. Das aber ist viel zu wenig, um der Sonne zu entkommen. Damit ist klar, dass unser Planet den Wettlauf mit dem Roten Riesen verlieren wird.
In rund 7,59 Milliarden Jahren ist es soweit: Die Gluthitze der Sonne und ihre enorme Schwerkraft werden erst den Gesteinsmantel der Erde zerreißen und verglühen lassen, dann, wenige hundert Jahre später, folgt auch der massive Eisenkern. „Die Erde wird verschlungen und zerstört, kurz bevor die Sonne die Spitze des Roten-Riesenasts erreicht hat“, so die Forscher. „Sie steht zu diesem Zeitpunkt nur noch 500.000 Jahre vor ihrer größten Ausdehnung und wird noch weitere 0,25 astronomische Einheiten wachsen.
Die Erde ist damit wahrscheinlich das letzte planetare Opfer der sterbenden Sonne.
Das Ende der Sonne und des Sonnensystems
Was bleibt?
Kurz nachdem unser Planet zerstört ist, tritt auch die Sonne in eine neue Phase ein: In einem Alter von 12,33 Milliarden Jahren ist die Temperatur in ihrem Inneren auf rund 100 Millionen Grad angestiegen. Hitze und Druck sind nun so hoch, dass auch die Heliumatome in ihrem Kern beginnen, miteinander zu verschmelzen. Das Helium fusioniert zu Kohlenstoff. Gleichzeitig wirft unser Stern nun noch mehr von seiner äußeren Hülle ab und wird wieder deutlich kleiner und leichter.
Ein Stern im Todeskampf
Doch dieses Heliumbrennen hält nicht lange an: Schon nach gut hundert Millionen Jahren ist auch der Heliumvorrat im Sonneninneren aufgebraucht. Weil die Sonne aber für den nächsten Fusionsschritt, das Kohlenstoffbrennen zu massearm ist, beginnt nun ihr Todeskampf. Die nachlassende Kernfusion führt dazu, dass ihr Inneres kollabiert, gleichzeitig stößt ein immer stärker werdender Sternenwind ihre nur noch lose gebundenen Gashüllen ab.
Unser Stern hat nun rund die Hälfte seiner Masse verloren und beginnt zu pulsieren. Bei diesem „Alterszittern“ kommt es zu Strahlenausbrüchen und einem abrupten Ausschleudern von immer mehr Hüllmaterial, bis schließlich der nackte Kern freiliegt. Dieser ist so stark komprimiert, dass er nur noch die Größe der Erde hat, aber 0,55 Sonnenmassen schwer ist.
Weißer Zwerg – mit oder ohne Planetarischem Nebel?
Damit ist nun aus der Sonne ein Weißer Zwerg geworden – der tote Rest eines Sterns. Obwohl die Kernfusion zum Erliegen kommt, ist die Leuchtkraft dieses Sternenrests noch 3.500 Mal höher als bei der heutigen Sonne – er strahlt hellweiß. Und nun? Lange war unklar, ob dieser solare Weiße Zwerg allein vor sich hin strahlen wird, bis er allmählich verlischt, oder ob er einen planetarischen Nebel erzeugen wird. Bei diesem farbenprächtigen Schauspiel regt die energiereiche Strahlung des Weißen Zwergs die umgebenden Gase zum Leuchten an.
Bisher waren sich die Astronomen nicht sicher, ob unsere Sonne ein solches Farbenspiel hinterlassen wird. „Die Modelle besagten, dass es unmöglich ist, weil ein Stern mit weniger als der doppelten Sonnenmasse einen zu schwach leuchtenden Planetarischen Nebel hinterlässt – er wäre nicht sichtbar“, erklärt Albert Zijlstra von der University of Manchester. Doch er und seine Kollegen fanden vor einigen Jahren heraus, dass sich Sternenkerne kurz vor Bildung des Weißen Zwergs stärker aufheizen als lange gedacht.
Was übrig bleibt
Für unsere Sonne heißt das: „Sie wird nach ihrem Ende gerade heiß genug sein, um ihr ausgeschleudertes Material zu ionisieren“, berichten die Forscher. „Die Sonne ist einer der masseärmsten Sterne, die noch einen Planetarischen Nebel produzieren können.“ Nur wenige Prozent weniger Masse und sie würde nach ihrem Ende einfach verlöschen. Stattdessen wird unser Heimatstern einen zumindest schwach sichtbaren Planetarischen Nebel hinterlassen – wenngleich einen eher schwach leuchtenden.
Ob die äußeren Planeten das Ende der Sonne überstehen werden, ist offen. Zwar wird sie der Rote Riese nicht verschlingen, aber die Schwerkraftturbulenzen und Ausbrüche der sterbenden Sonne könnten auch ihnen zusetzen. Astronomen haben schon mehrfach Weiße Zwerge beobachtet, die von einer dichten Staubscheibe aus Planetentrümmern umgeben sind. Sogar größere Reste stabiler Planetenkerne verbergen sich in einigen dieser Materialscheiben. Ob Mars, Jupiter und Co dieses Schicksal teilen werden, ist ungewiss.
In gut acht Milliarden Jahren liegt dort, wo einst das Sonnensystem mit seinen acht Planeten und unzähligen Zwergplaneten und Astroiden war, nur noch ein kleiner, immer kälter und dunkler werdender Weißer Zwerg. Um ihn herum glimmt schwach ein farbenfroher Gasnebel, der die letzten Überreste dieses einst florierenden Systems erhellt.