Auf der Suche nach dem versunkenen Paradies der Nordsee
Doggerland
Dort, wo heute der schlammige Grund der Nordsee liegt, erstreckte sich einst ein weites, fruchtbares Land – Doggerland. In ihm fanden unsere Vorfahren reiche Jagd- und Fischgründe und entwickelten eine fortgeschrittene Kultur. Doch vor gut 8.000 Jahren begann dieses steinzeitliche Paradies im Meer zu versinken. Seither versuchen Archäologen, der versunkenen Welt von Doggerland auf die Spur zu kommen.
Vor rund 10.000 Jahren konnten unsere Vorfahren trockenen Fußes von Dänemark oder den Niederlanden zu den Britischen Inseln wandern. Dank eines 120 Meter niedrigeren Meeresspiegels lagen weite Teile der heutigen Nordsee trocken. Tierknochen, Pflanzenteile und auch steinzeitliche Relikte unserer Vorfahren zeugen davon, dass diese Landfläche fruchtbar, tierreich und von Menschen besiedelt war.
Doch wo und wie die Menschen von Doggerland lebten, beginnen Archäologen erst allmählich herauszufinden. Und auch, wie und wann dieses mittelsteinzeitliche Paradies im Meer versank, klärt sich erst nach und nach.
Als die Nordsee noch weit im Norden lag
Land statt Meer
Heute ist Großbritannien eine Insel – die Nordsee und der Ärmelkanal trennen sie vom Rest des europäischen Kontinents. Doch das war nicht immer so. Am Ende der letzten Eiszeit, vor rund 12.000 Jahren, war so viel Wasser in den großen Gletschern der Nordhalbkugel gebunden, dass die Meeresspiegel bis zu 120 Meter tiefer lagen als heute. Als Folge lagen weite Teile der eher flachen Nordsee trocken. Die Meeresküste begann erst rund 600 Kilometer weiter nördlich.
Erste Funde schon vor gut 100 Jahren
Doch wie sah das vom Meer befreite eiszeitliche Land aus? Wie groß war es und wer lebte dort? Erste Hinweise darauf, dass Teile der Nordsee einst trocken lagen, wurden schon 1913 auf der Doggerbank gefunden. Diese rund 300 Kilometer lange und stellenweise nur 13 Meter tief unter Wasser liegende Sandbank liegt zwischen der Ostküste Englands und der Westküste Dänemarks. Dort förderten Fischernetze immer wieder Überreste von Landpflanzen, Tierknochen und sogar einige bearbeitet aussehende Feuersteine zutage.
1931 dann brachte ein Fischtrawler, der 40 Kilometer vor der Küste von Norfolk seine Netze ausgeworfen hatte, einen Torfklumpen an die Oberfläche, der einen besonderen Fund barg: In ihm steckte eine zurechtgeschnitzte Geweihspitze, die offenbar einst als Harpune diente. Datierungen enthüllten, dass dieser Fund schon knapp 12.000 Jahre alt war. Er war der erste eindeutige Beleg dafür, dass es zu jener Zeit Menschen in dieser heute versunkenen Gegend gab.
Von England bis nach Dänemark
Wissenschaftler vermuten, dass sich das versunkene Land – Doggerland getauft – vor rund 10.000 Jahren noch über mehr als 45.000 Quadratkilometer erstreckte. Es reichte von der Ostküste Englands bis nach Südschweden und Dänemark und grenzte im Süden an die heutigen Küsten der Niederlande und Deutschlands. Die Menschen der Steinzeit konnten demnach trockenen Fußes zwischen England und dem Rest des Kontinents hin- und herwandern.
Wahrscheinlich ließen sich nicht wenige unserer Vorfahren in diesen weiten, fruchtbaren Ebenen nieder. Denn als sich die Gletscher zurückgezogen hatten und das Klima milder wurde, entwickelte sich im Doggerland eine erst von Nadelbäumen durchsetzte, später auch mit Laufbäumen bewachsene Tundra. „Zur damaligen Zeit muss dies einer der besten Lebensräume gewesen sein“, erklärt Vincent Gaffney von der University of Bradford. „Es gab Süßwasser, Vögel, Fische. Und wir reden hier von einem Gebiet, das so groß war, dass dort ganze Kulturen gedeihen konnten.“
Unter Schlamm verborgen
Das Problem jedoch: Seit der Eiszeit hat nicht nur das Wasser der Nordsee dieses versunkene Land überflutet, seine Landschaftsformen und alle Relikte früherer Besiedlung wurden auch von schlammigen Sedimentschichten bedeckt. Lange Zeit konnten Forscher daher nur erahnen, wie Doggerland einst aussah und wer dort lebte. Von allen einst besiedelten Regionen der Erde sind solche versunkenen Landschaften bis heute kaum erforscht – eine Terra Inkognita.
„Schon früh war klar, dass Doggerland wertvolle Informationen über das frühe menschliche Leben in Europa bergen muss, aber bisher fehlten uns die Werkzeuge, um dieses Gebiet vernünftig zu erkunden“, sagt Gaffney. „Wenn man mit einem nur einen Meter großen Greifer eine Landschaft von der Größe Hollands erkunden will, gleicht das Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“
Doch Gaffney und sein Team haben sich davon nicht abhalten lassen…
Landschaft und Lebenswelt im Doggerland
Ein europäischer „Garten Eden“
Um ein Bild davon zu gewinnen, wie das versunkene Doggerland einst aussah, haben Archäologen auf eine Methode zurückgegriffen, die tief in den Schlamm der Nordsee-Sedimente hineinblicken kann – seismische Messungen. Sie werden schon seit Jahrzehnten bei der Suche nach Öl- und Gasvorkommen eingesetzt, können aber auch dabei helfen, verschüttete Landschaften zu rekonstruieren.
Seismische Daten liefern „Röntgenbild“ des Sediments
Bei der marinen Reflexionsseismik ziehen Schiffe spezielle Geräte hinter sich her, die mit Druckluft starke Luftpulse ins Wasser abgeben. Diese erzeugen Druckwellen, die in den Meeresgrund eindringen und als seismische Wellen das Sediment durchziehen. An Grenzschichten verschiedener Gesteine oder Hohlräume wird ein Teil der Wellen zurückgestreut. Diese Signale fängt das Messschiff mithilfe einer langen Kette von hochsensiblen Hydrophonen ein, die es hinter sich herzieht.
Um die alten Oberflächenstrukturen von Doggerland sichtbar zu machen, haben Vincent Gaffney von der University of Bradford und sein Team erstmals die seismischen Daten von mehr als 60 Kartierungen kommerzieller Förderfirmen zusammengetragen und ausgewertet. Erstmals gelang es ihnen so, einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft zu gewinnen, die sich noch vor 10.000 Jahren zwischen England und Skandinavien erstreckte.
Hügel, Flüsse und Wälder
Die Kartierung ergab: Die Landschaft des eiszeitlichen Doggerlands war überraschend vielfältig und keineswegs nur eine flache, strukturarme Ebene. Stattdessen gab es dort an manchen Stellen Seen, Marschland und ausgedehnte Feuchtgebiete. An anderen Orten dominierten dagegen weite grasbewachsene Täler, an die sich bewaldetes Hügelland anschloss. Sogar steile Kalksteinklippen durchzogen Teile des Doggerlands. Im Süden dieses heute versunkenen Landes sammelte sich das Wasser von Rhein, Maas und Themse in einem riesigen Süßwassersee. Er mündete westlich des heutigen Ärmelkanals in den Atlantik.
So vielfältig wie die Landschaft war auch die Tier- und Pflanzenwelt von Doggerland, wie unter anderem Pollenanalysen und Knochenfunde belegen. „In den höheren Lagen dominierten wahrscheinlich Birken- und Kiefernwälder die Landschaft, in den Tälern breitete sich dagegen offenen, krautige Vegetation aus“, beschreibt Alexander Verpoorte von der Universität Leiden die eiszeitliche Lebenswelt von Doggerland. In den Tälern weideten Herden von Elchen und Rothirschen, die Seen und Flüsse waren voller Fische.
„Doggerland war nicht bloß eine weite Ödnis oder eine Landbrücke, sondern wahrscheinlich einer der besten Lebensräume für Jäger und Sammler, die es damals in Europa gab“, erklärt Gaffney. Doch wo im Doggerland lebten diese Menschen? Und wo sind ihre Spuren geblieben?
Auf der Suche nach dem Menschen von Doggerland
Die Bewohner
So attraktiv das Doggerland als Lebensraum auch einst gewesen sein muss – Relikte und Spuren seiner einstigen Bewohner sind rar. Zwar gibt es einzelne Funde von an den Küsten angeschwemmten Feuersteinklingen und Knochenwerkzeugen. 2013 förderte ein Fischerboot vor der Küste der Niederlande sogar einen rund 11.000 Jahre alten Schädelknochen zutage. Doch wo sich die Bewohner von Doggerland aufhielten und wie sie lebten, liegt noch weitgehend im Dunkeln.
Bouldnor Cliff: Mit einem Hummer fing es an
Es gibt allerdings einen Ort, an dem Archäologen erste Einblicke in diese versunkene Welt gewonnen haben: Bouldnor Cliff. Diese Fundstätte liegt direkt vor der Küste der Isle of Wight in Südengland, in der geschützten Meerenge des Solent. Dass hier ein Ort von archäologischer Bedeutung liegen könnte, zeigte sich spätestens 1999, als Taucher einen Hummer dabei beobachteten, wie er einen Haufen von bearbeiteten Steinwerkzeugen aus seiner Höhle schob.
Seither wird diese Stätte von Archäologen des Maritime Archeology Trusts erforscht – mit spektakulären Ergebnissen. Denn bei Tauchgängen zum elf Meter unter Wasser liegenden Bouldnor Cliff entdeckten sie nicht nur gut 1.000 kunstvoll bearbeitete Feuersteinwerkzeuge und Überreste von Feuerstellen, sondern auch mehr als hundert Holzteile, die deutliche Spuren der Bearbeitung aufweisen. Einige gehören zu hölzernen Plattformen, andere sind lange Planken, die vielleicht sogar einst Teil eines Bootes gewesen sind.
Saisonale Siedlung am Flussufer
Datierungen ergaben, dass die Relikte vom Bouldnor Cliff gut 8.000 Jahre alt sind – sie stammen damit aus der Ära, als Doggerland noch existierte. Schlamm und Wasser haben diese Relikte unter Sauerstoffabschluss bedeckt und so selbst organisches Material wie das Holz und sogar ein Stück gedrehtes Tau konserviert. „Dieser Ort ist der einzige in ganz Großbritannien, an dem wir archäologischen Funde aus dieser versunkenen mesolithischen Welt gemacht haben“, berichtet der Maritime Archeology Trust.
Aus den Untersuchungen geht auch hervor, wie die Menschen von Bouldnor Cliff einst lebten: „Sedimentanalysen sprechen dafür, dass dieser Ort einst an einem Flussufer lag“, berichtet der Maritime Archeology Trust. „Wir vermuten, dass diese Stätten in der Mittelsteinzeit als saisonale Lager oder halbpermanente Siedlungen dienten. Wir wissen auch, dass dies ein ausgedehntes Siedlungsgebiet war, weil wir Artefakte über mehrere hunderte Meter entlang der Küstenlinie gefunden haben.“
Einkorn verrät Vernetzung
Die Archäologen vermuten, dass die Bewohner dieses Siedlungsgebiets auch enge Kontakte zu anderen Jäger-und-Sammlergruppen im Doggerland unterhielten – und darüber hinaus, wie im Jahr 2015 DNA-Analysen von Sedimentproben am Bouldnor Cliff enthüllten. In ihnen wiesen Wissenschaftler das Erbgut von Einkorn nach, einem der ältesten domestizierten Getreidearten. Offenbar nutzten die mittelsteinzeitlichen Bewohner von Doggerland dieses Getreide schon vor 8.0000 Jahren.
„Während es im jungsteinzeitlichen Südeuropa häufig war, wurde Einkorn andernorts in Großbritannien erst rund 2.000 Jahre nach den Funden vom Bouldnor Cliff verwendet“, erklärt Robin Allaby von der University of Warwick. Demnach müssen die Jäger und Sammler im Doggerland schon lang vor der Etablierung der Landwirtschaft in dieser Gegend Kontakte zu ersten Bauern aus Süd- und Mitteleuropa gehabt haben. „Unsere Funde deuten auf eine fortgeschrittene mesolithische Niederlassung hin, die Teil eines sozialen Netzwerks war, das die ersten neolithischen Kulturen in Südeuropa mit der nordeuropäischen Ebene verband“, so der Maritime Archeology Trust.
Doch so aufschlussreich die Funde vom Bouldnor Cliff sind – diese Fundstätte ist eine große Ausnahme. Nach weiteren Siedlungen anderswo im Doggerland fahnden Archäologen bislang weitgehend vergeblich.
Fahndung an der Brown Bank
Immerhin gibt es noch einige weitere Orte, die als vielversprechend gelten. Einer davon ist die Brown Bank, ein 25 Kilometer langer und rund zwei Kilometer breiter Rücken in der zentralen Nordsee, etwa 85 Kilometer von der niederländischen Küste entfernt. In der Zeit des Doggerlands lag dieser Höhenzug an einem Fluss und könnte für die mesolithischen Jäger und Sammler damit attraktiv gewesen sein.
„Diese Erhebung in der umgebenden flachen Landschaft könnte als Aussichtspunkt bei der Jagd nach Beute gedient haben und später, als das Meer näher rückte, bot sie ein Refugium“, erklären Tine Missiaen vom Meeresinstitut Flanderns und ihre Kollegen. Tatsächlich wurden auf der Brown Bank bereits bearbeitete Tierknochen, Steinwerkzeuge und einige wenige menschliche Knochen gefunden.
Seit 2019 führen Forscher des „Lost Frontiers“-Projekts hier Sonarkartierungen durch und entnehmen Bohrkerne, um darin nach Siedlungspuren und DNA zu suchen. „Wenn diese Suche erfolgreich ist, wäre dies das erste Mal, dass man Beweise für Siedlungen in den heute tiefen Wassern der Nordsee findet“, erklärt Teammitglied Vincent Gaffney von der University of Bradford. „Wenn wir Siedlungen in der zurzeit noch leeren Karte des Doggerlands lokalisieren könnten, würde dies ein ganz neues Kapitel der archäologischen Erkundung eröffnen.“
Noch allerdings ist der größte Teil von Doggerland eine Terra Inkognita der Archäologie…
Wie Doggerland im Meer versank
Der Untergang
Einige Jahrtausende lang war Doggerland ein eiszeitliches Paradies, in dem unsere Vorfahren nach dem Zurückweichen der Gletscher reiche Jagdgründe und gute Lebensbedingungen fanden. Doch dieser Zustand war nicht von Dauer. Im Norden dieser weiten Landflächen bahnte sich auf doppelte Weise Unheil an.
Schleichendes Vorrücken des Meeres
Der erste Faktor war die allmähliche Erwärmung des Klimas und das Abtauen der eiszeitlichen Gletscher. Ihr Schmelzwasser ließ die Pegel der Meere langsam wieder ansteigen, zunächst um knapp zwei Zentimeter pro Jahr. Im Doggerland führte dies dazu, dass sich der Atlantik von Norden und Westen her immer weiter in das ausgedehnte Land hineinfraß. In der Zeit vor rund 9.000 Jahren waren dadurch tieferliegende Gebiete bereits zeitweise überschwemmt, einige Sen und Feuchtgebiete wandelten sich zu Brackwasserflächen oder Salzmarschen.
Spuren dieses schleichenden Wandels finden sich auch am Bouldnor Cliff in Südengland. „Die Sedimentanalysen zeigen eine sich verändernde Vegetation, weil es feuchter wurde“, berichtet der Maritime Archeological Trust. Mikrofossilien von Kieselalgen und Foraminiferen im Sediment zeigen an, dass das Wasser des ursprünglich Süßwasser führenden Flusses salziger wurde.
Doggerland wird zum Archipel
Vor 8.600 bis 8.160 Jahren verschärfte sich die Lage: In Nordamerika kam es zum Bruch mehrerer natürlicher Dämme, wodurch sich das Wasser riesiger Schmelzwasserseen auf einmal in den Ozean ergoss. Als Folge stieg der Meeresspiegel auch an den Küsten des Doggerlands sprunghaft an. „Diese Veränderungen des Meeresspiegels hatten bedeutende Konsequenzen für die mesolithischen Populationen dieses Gebiets und zwangen viele zur Migration“, erklären Jon Hill von der University of York und seine Kollegen.
Zu dieser Zeit hatte sich das einst so ausgedehnte Doggerland bereits zu einer Ansammlung von größeren und kleineren Inseln gewandelt. Die heutige Doggerbank bildete dabei wahrscheinlich die größte noch aus dem Meer ragende Landfläche – ein Refugium für viele der Menschen in diesem Gebiet. Aber auch im Rest von Doggerland ragten überall Hügelketten und bewaldete Inseln aus den salzigen und brackigen Flachwasserzonen. Die Bewohner dieser Region könnten sich an diesen Veränderungen angepasst haben – auch Bouldnor Cliff war zu jener Zeit noch besiedelt.
Der Storegga-Tsunami
Doch dann ereignete sich eine Katastrophe: Etwa vor 8.200 Jahren löste sich am Kontinentalhang vor der Küste Norwegens ein gewaltiger Erdrutsch. Auf 290 Kilometer Länge rutschte die Schelfkante ab und 3.500 Kubikkilometer Geröll, Sediment und Gestein rasten den Hang hinunter in die Tiefsee. Erst nach rund 800 Kilometern kam die unterseeische Lawine zum Stehen. Die Menge des abgerutschten Materials hätte ausgereicht, um ganz Island 34 Meter hoch zu bedecken.
Für die steinzeitlichen Bewohner der umliegenden Küsten hatte diese größte bekannte submarine Rutschung verheerende Folgen. Denn sie löste einen Tsunami aus, der die Küsten des Nordatlantiks mit bis zu 20 Meter hohen Wellen überflutete. Auch das Doggerland wurde von diesem Tsunami getroffen. Hill und sein Team haben mithilfe eines Modells ermittelt, dass das Wasser um bis zu neun Meter hoch gestiegen sein könnte und 2.000 Quadratkilometer des Doggerlands überflutete.
Katastrophale Überflutung – aber nicht der endgültige Untergang
Spuren dieses Ereignisses finden sich bis in den Süden von Doggerland: Vor der Küste des englischen Norwich haben Vincent Gaffney von der University of Bradford und sein Team Belege für diesen Tsunami in Sedimentbohrkernen aus einem alten Flusstal gefunden. Mikrofossilien und DNA-Spuren zeugen davon, dass es dort vor rund 8.200 Jahren eine Überflutung gab, die sogar Baumstämme mit großer Wucht durch das Tal schwemmte.
Entgegen früherer Studien sprechen ihre Daten – und auch die von Hill und seinem Team – jedoch dagegen, dass die Storegga-Rutschung ganz Doggerland versinken ließ. „In den Küstengebieten, in denen die Menschen damals wahrscheinlich den größten Teil des Jahres verbrachten, wurden die Siedlungen schwer getroffen“, sagt Gaffney. „Aber unsere Daten deuten darauf hin, dass sich die Landschaft von dieser Überflutung zunächst wieder erholte. Der endgültige Untergang von Doggerland fand demnach erst einige Zeit nach der Storegga-Rutschung statt.“
Das Ende von Doggerland
Dennoch war das Schicksal dieses mittelsteinzeitlichen „Garten Eden“ besiegelt: Weil der Meeresspiegel mit der anhaltenden Erwärmung und Eisschmelze weiter anstieg, eroberte der Nordatlantik immer größere Teile von Doggerland. Vor rund 7.500 Jahren könnte das Wasser dann auch die letzten Inseln dieses alten Lebensraums überflutet haben – Doggerland existierte nicht mehr. Seither bedeckt die Nordsee das weite Gebiet zwischen den Britischen Inseln und Kontinentaleuropa und verhüllt alle Spuren dieses „Atlantis“ der Steinzeit.