Ob LSD, Mescalin oder Psilocybin aus Pilzen: Hinter diesen Stoffen stecken sogenannte Psychedelika. Ihrer Wortherkunft nach sollen diese Substanzen „die Psyche des Menschen offenbaren“. Ihre Wirkung zeigt sich dabei als Rauschzustand oder Halluzination. Aber wie kommt es dazu?
Psychedelische Substanzen greifen sie in die Signalgebung des zentralen Nervensystems ein und verändern so zeitweise unser Bewusstsein. Aufgrund ihrer halluzinogene und bewusstseinserweiternden Wirkweise werden solche Drogen schon jahrtausendelang in einigen Kulturen für traditionelle Zeremonien eingesetzt.
Weil eine unkontrollierte Einnahme von LSD, Psilocybin und Co gefährliche Neben- und Nachwirkungen haben kann, sind solche Psychedelika heute in den meisten Ländern jedoch illegal. Inzwischen mehren sich aber die Indizien dafür, dass diese Rauschmittel bei bestimmten Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen hilfreich sein können.
Welche Stoffe zählen zu den Psychedelika? Wie wirken sie auf unser Bewusstsein? Welche Reaktionen lösen sie in unserem Körper aus? Wofür werden sie benutzt? Wo könnten die Rauschmittel in der Medizin Anwendung finden? Was sind die Gefahren dabei?
Psychedelische Substanzen gestern und heute
Rauschmittel mit Tradition
Neben Rausch erzeugenden Drogen wie Alkohol, Cannabis oder Heroin gibt es sogenannte Psychedelika. Auch ihre Einnahme löst Euphorie aus und kann entspannend wirken. Das Besondere ist jedoch, dass psychedelische Substanzen beim Menschen zu Halluzinationen führen – zu sogenannten „Trips“. Diese Wirkung ist in einigen Kulturen schon seit Jahrtausenden bekannt. Erst im letzten Jahrhundert entdeckten auch Wissenschaftler der westlichen Welt das halluzinogene und medizinische Potenzial der Substanzen.
Für Ritual und Trance
Die halluzinogene Wirkung von Psychedelika wird unter anderem bei den in Mittelamerika heimischen Schamanen schon seit langer Zeit für religiöse Zeremonien genutzt. Sie rufen damit Visionen und Bewusstseinsveränderungen hervor.
Der Fund eines 1.000 Jahre alten Ritualbündels mit diversen Pflanzenrückständen in einer Höhle im Südwesten Boliviens legt zudem nahe, dass die Menschen schon damals mehrere Pflanzeninhaltsstoffe und psychedelische Substanzen zu hochwirksamen, bewusstseinserweiternden Drogen kombinierten – und damit den noch heute etwa in Peru oder Brasilien bekannten halluzinogenen Pflanzensud Ayahuasca brauten.
Die Entdeckung des LSDs
In der westlichen Welt erregten Psychedelika erst Anfang des 20. Jahrhunderts Aufmerksamkeit. Als einer der ersten entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann im Jahr 1943 zufällig die halluzinogene Wirkung von Lysergsäurediethylamid (LSD): Auf der Suche nach einem Medikament gegen Kreislaufprobleme nahm er in einem Selbstversuch 250 Mikrogramm der Droge ein – und erlebte rauschartig erweiterte Bewusstseinszustände.
Im Anschluss an dieses Erlebnis begann Hofmann, die Substanz synthetisch herzustellen und brachte LSD erstmals 1949 unter dem Handelsnamen „Delysid“ auf den Markt. Die Arznei wurde dafür eingesetzt, bei psychisch gesunden Menschen sogenannte Modellpsychosen auszulösen, durch die sie den Bewusstseinszustand von Schizophrenie-Patienten nachempfanden. Damit konnten sich Psychiater in die Welt ihrer Patienten hineinversetzen.
Zudem wurde Hofmanns Medikament genutzt, um in der Psychotherapie das Unterbewusstsein von Patienten in Form der Halluzinationen zutage zu fördern. Das sollte dabei helfen, die Ursache psychischer Erkrankungen zu erkennen – so die Hoffnung. Auch in der Behandlung von Ängsten und Depressionen sowie Suchtverhalten fand LSD Anwendung.
Von der Hippiedroge zur verbotenen Substanz
Der Begriff „psychedelisch“ tauchte im Jahr 1956 erstmals in einem Brief zwischen dem Psychiater Humphry Osmond und Schriftsteller Aldous Huxley auf. Seither hat er sich als Begriff für bewusstseinserweiternde und halluzinogene Wirkungen etabliert. Während Hofmann die Anwendungen von LSD vor allem im medizinischen Bereich sah, wurde die Droge schnell weiter bekannt und besonders in der Hippie-Bewegung zunehmend als Rauschmittel konsumiert.
Die Konsequenz: Der um sich greifende Missbrauch von LSD und anderen psychedelischen Drogen führte dazu, dass Anfang der 1970er-Jahre der Handel und Verkauf von Psychedelika unter anderem in einigen US-amerikanischen Staaten sowie in nahezu allen europäischen Ländern wie Deutschland verboten wurden. Auch die Produktion von Hofmanns „Delysid“ wurde eingestellt.
Der Klassiker unter den Psychedelika
LSD und seine Wirkung
Unter den Psychedelika gilt das Lysergsäurediethylamid, kurz LSD, als eine der bekanntesten und stärksten Drogen. Die von diesem Rauschmittel ausgelösten Trips sind wegen ihrer Effekte legendär – im Positiven wie im Negativen.
Was ist LSD?
Hinter dem Lysergsäurediethylamid (LSD) steckt eine chemische Verbindung der Lysergsäure. Diese stammt ursprünglich aus dem sogenannten Mutterkorn (Claviceps purpurea) – einem Pilz, der bei feuchter Witterung an Getreide wie vor allem Roggenähren wächst. Heute wird das zu den Tryptaminen gehörende LSD meist vollständig synthetisch hergestellt.
Eingenommen werden kann die Substanz in Form von bunt gemusterten, in LSD getränktem Löschpapier – die sogenannten Blotter, die sich auf der Zunge oder in einer Flüssigkeit auflösen. Außerdem wird das Psychedelikum als Pillen oder Tropfen verabreicht und seltener auch in Muskeln oder Venen gespritzt. Nach der Aufnahme gelangt zwar nur ein sehr geringer Teil des Wirkstoffs über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn – dieser hat jedoch bereits eine immense Wirkung.
Das stärkste Psychedelikum
Denn schon ab einer Menge von 25 Mikrogramm LSD kommt es innerhalb von fünf bis 30 Minuten zu einem veränderten Bewusstseinszustand. Damit gilt das Lysergsäurediethylamid als eines der stärksten bislang bekannten Halluzinogene.
Symptome des LSD-Trips ist eine gestörte Informationsverarbeitung im Gehirn: Äußere Reize werden plötzlich anders wahrgenommen. Häufig treten optische und akustische Halluzinationen durch LSD auf. So sehen die Betroffenen etwa Farben und Töne intensiver, die Umgebung verändert sich und Sinneseindrücke können sich vermischen, sodass manche glauben, beispielsweise Farben riechen zu können. Zudem verändern sich Selbst- und Zeitgefühl. Oft kommt es zusätzlich zu einem Halbschlaf mit real wirkenden Träumen.
Wirkung auf den Serotonin-Rezeptor
Aber wie kommt es zu dieser Wirkung auf das Bewusstsein? LSD besitzt einen ähnlichen strukturellen Aufbau wie der Botenstoff Serotonin. Dieser Neurotransmitter spielt eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden: Wird Serotonin durch einen elektrischen Impuls in den Nervenzellen ausgeschüttet, bindet es an Serotonin-Rezeptoren und stimuliert die Weitergabe von Informationen aus dem zentralen Nervensystem. So beeinflusst es unter anderem unsere Emotionen, unsere Stimmung und reguliert die Schlaf-Wach-Phasen.
Bindet nun aber vermehrt LSD an die Serotonin-Rezeptoren im Gehirn, kommt es auch ohne elektrische Nervenreize zu einer Erregung der Neuronen. Die Folge ist eine Art Überstimulation. Forschende um Daniel Wacker von der Icahn School of Medicine in New York gehen dabei davon aus, dass LSD nicht die gleichen Erregungen auslöst wie Serotonin selbst. Stattdessen schickt es eine eigene Botschaft in die Zellen.
Dieser Effekt hält besonders lange an, da das LSD-Molekül in der Bindungstasche des Serotonin-Rezeptors fest verkeilt ist, wie ein Forscherteam um Bryan Roth von der University of North Carolina in Chapel Hill herausgefunden hat. Zudem stellten die Wissenschaftler fest, dass ein Teil des Rezeptors nach der Bindung von LSD wie ein Deckel abklappt und die Substanz in der Bindungstasche einschließt.
Wie LSD das Bewusstsein verändert
Alles erscheint bedeutsamer
Die psychedelische Droge LSD greift durch ihre Ähnlichkeit mit dem Hirnbotenstoff Serotonin tief in die Vorgänge des Gehirns ein. Durch die Übererregung der Neuronen erscheinen nicht nur Sinneseindrücke intensiver oder werden aus dem Nichts heraufbeschworen.
Äußere Reize verändert
Das Halluzinogen LSD verändert auch die Bewertung äußerer Reize, wie Forschende um Katrin Preller von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich im Jahr 2017 herausgefunden haben. Für ihre Studie ließen sie Testpersonen vor und nach der Einnahme von LSD 30 Musikstücke als persönlich bedeutend oder unwichtig kategorisieren und verglichen die Angaben mit denen einer Kontrollgruppe.
Das Ergebnis: Die Probanden, die LSD eingenommen hatten, ordneten vielen vorher als unbedeutend eingestuften Musikstücken unter Drogeneinfluss plötzlich eine hohe persönliche Bedeutung zu. Preller und ihr Team führen solche überhöhten Bedeutungszuschreibungen auf ein gestörtes Netzwerk, die sogenannten kortikalen Mittelhirnstrukturen, zurück. „LSD scheint genau auf dieses Netzwerk einzuwirken und das Bedeutungserleben zu beeinflussen“, so die Forscherin.
Zudem konnte das Team mithilfe funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) zeigen, dass Testpersonen, bei denen vor der LSD-Einnahme der Serotonin 2A-Rezeptor blockiert wurde, vorher nicht relevanten Reizen weiterhin keine Bedeutung zumaßen. Damit scheint der Serotonin-2A-Rezeptor eine Schlüsselrolle für diese LSD-Wirkung zu spielen.
Zusätzlich soll LSD zumindest teilweise auch an Dopamin-Rezeptoren binden: Dopamin gilt als „Glücks-Hormon“, weil es unter anderem auf unser Belohnungssystem wirkt und Glücksgefühle auslösen kann. Sorgt LSD nun dafür, dass die Dopamin-Rezeptoren längerfristig aktiviert werden, folgen bei den Betroffenen anhaltende Euphorie und Selbstüberschätzung.
Gehirn im kindlichen Zustand
Wie das LSD die Funktionalität des Gehirns beeinflusst, haben Forscher um Robin Carhart-Harris vom Imperial College in London untersucht. Sie verabreichten dafür 20 gesunden Probanden 75 Mikrogramm der Droge und hielten die Reaktionen in deren Gehirn mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) fest. Um die Ergebnisse mit dem Normalzustand vergleichen zu können, bekamen die Probanden an einem Testtag statt LSD ein Placebo.
Die Hirnscans zeigten, dass unser Gehirn unter LSD-Einfluss neue und teils ungewöhnliche Verknüpfungen herstellt. So führt LSD dazu, dass neben den normalerweise an der Verarbeitung von Sehreizen beteiligten Hirnarealen auch andere Hirnregionen zur visuellen Verarbeitung beitragen. Je traumähnlicher den Konsumenten ihr Erleben dabei schien, desto mehr Hirnregionen beteiligten sich an der visuellen Wahrnehmung.
Berichteten die Probanden von extremen Bewusstseinsveränderungen, zeigten sich zusätzlich weitere unübliche Vernetzungen von Hirnstrukturen „Normalerweise besteht unser Gehirn aus voneinander unabhängigen Netzwerken, die für spezielle Funktionen zuständig sind – zum Beispiel für Sehen, Bewegung, Hören oder komplexere Dinge wie Aufmerksamkeit“, erklärte Carhart-Harris. „LSD löst diese Trennung der einzelnen Netzwerke jedoch auf.“ Unter LSD werde das Gehirn zu einer Einheit. Damit ähnelt es dem Gehirn eines Kindes, so die Forscher.
Filterfunktion des Thalamus gestört
Die Wissenschaftler um Katrin Preller haben im Jahr 2019 eine weitere neuronale Veränderung durch die Einnahme von LSD entdeckt: Mithilfe einer speziellen computergestützten Methode hatte das Team die Wirkung des Psychedelikums im Gehirn an 25 gesunden Probanden getestet.
Dabei fiel auf: Der Thalamus, der im Zwischenhirn nahezu alle Sinneseindrücke sammelt und gefiltert an die Großhirnrinde weiterleitet, verlor unter dem Einfluss psychedelischer Substanzen seine Filter- und Schutzfunktion. So lieferte er dem Kortex eine deutlich größere Menge an Informationen. Auslöser dafür war, dass eine Kette von Nervenzellen zwischen Thalamus und Großhirnrinde verändert arbeiteten. Dahinter stecken sogenannte cortico-striato-thalamo-corticale (CSTC)-Regelkreise, die für die Auswahl wichtiger und weniger relevanter Reize für den Kortex verantwortlich sind.
Wie Psilocybin und DMT wirken
Magische Pilze und Lianen-Drogen
Neben dem chemisch erzeugten LSD gibt es auch einige weitere Psychedelika aus der Stoffgruppe der Tryptamine, die direkt auf natürliche Ursprünge zurückgehen – die Natur selbst hat diese Drogen produziert.
Pilze als Halluzinogen-Lieferant
Auch in „magic mushrooms“, den Zauberpilzen, findet sich eine halluzinogen wirkende Substanz aus der Stoffgruppe der Tryptamine. Das sogenannte Psilocybin kommt zum Beispiel im Mexikanischen Kahlkopf (Psilocybe mexicana) oder in dem in Deutschland wachsenden Spitzkegeligen Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) vor.
Wie der Wirkstoff in den Pilzen entsteht, haben Wissenschaftler um Janis Fricke von der Friedrich-Schiller-Universität Jena herausgefunden. Man wusste bereits, dass dieses Halluzinogen ein Derivat der Aminosäure Tryptophan ist. Das Tryptophan gilt als eine Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin. Wie aber die Pilze diese Aminosäure in das Psilocybin umbauen, erkannte das Team erst, als sie den Biosyntheseweg des Psilocybins entschlüsselten.
Es zeigte sich: Die Pilze nutzen vier Enzyme, um die Aminosäure Schritt für Schritt umzubauen. Im ersten Schritt der Biosynthese spaltet eine zuvor unbekannte Klasse der Tryptophan-Decarboxylasen eine Carboxylgruppe (-COOH) von der Aminosäure ab. As nächstes hängt eine Monooxygenase eine Alkoholgruppe an, an die eine Kinase eine Phosphatgruppe ergänzt, wie die Forscher berichten. Am Schluss verknüpft eine Methyltransferase noch zwei zusätzliche Methylgruppen mit dem Molekül – und fertig ist das Psilocybin.
Ähnliche Wirkung wie LSD
Das Psilocybin wird meist eingenommen, indem die Pilze getrocknet und dann gegessen werden. Im Körper wird die Substanz dann innerhalb von zehn bis 30 Minuten zum sogenannten Psilocin umgewandelt, das wie LSD an Serotonin-Rezeptoren – insbesondere den Rezeptoren vom Typ-2A – im Hirn bindet und diese aktiviert. Dadurch hat es eine ähnliche Wirkung auf das Bewusstsein wie LSD und sorgt für akute Wahrnehmungsveränderungen, veränderte Stimmungen und auch mystische Erfahrungen.
Zudem beeinflusst Psilocin die Aktivität hemmender Nervenzellen: Beispielsweise stimuliert es Neuronen, die normalerweise durch den Botenstoff Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) gehemmt werden und dadurch eine beruhigende Wirkung auf den Körper haben. Die Pilzdroge versetzt die Nerven so in einen erhöhten Erregungszustand. Psilocybin stört zudem einige Verbindungen zum Gehirn, sodass es auch infolgedessen zu veränderten Wahrnehmungen kommt.
Halluzinogene auch aus Lianen
Ähnliche Wirkweisen hat auch das aus der im Amazonasgebiet heimischen Liane Banisteriopsis caapi stammende Dimethyltryptamin (DMT): Es gehört ebenso wie LSD und Psilocybin zu den halluzinogenen Tryptaminen und zeigt damit auch eine große strukturelle Ähnlichkeit mit dem Neurotransmitter Serotonin. Dadurch bindet auch DMT leicht an den Serotonin-Rezeptoren und wirkt entsprechend auf das menschliche Bewusstsein.
Oral aufgenommen, tritt die Wirkung von DMT erst nach etwa 45 Minuten ein und hält rund vier Stunden an. Wird das DMT geraucht, setzt die Wirkung hingegen bereits nach etwa einer Minute ein, erreicht nach zwei bis fünf Minuten ihren Höhepunkt und ist nach etwa einer Stunde nicht mehr zu spüren. Aufgrund dieser schnell und nur kurzfristig einsetzenden Wirkung wird der durch DMT erzeugte Trip auch als „businessman’s trip“ bezeichnet.
Weitere Halluzinogene und ihre Wirkweise
Mescalin, MDMA und Ketamin
Neben den Tryptaminen aus LSD, Pilzen und Co gibt es auch halluzinogene Substanzen aus anderen Stoffgruppen. Sie beeinflussen das menschliche Bewusstsein auf ähnliche Weise, können aber zusätzlich noch andere Wirkungen entfalten.
Das Kaktus-Psychedelikum Mescalin
Eines dieser Psychedelika ist das Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte Mescalin. Es gehört zur Stoffgruppe der Phenethylamine und stammt aus einigen Kakteenarten, darunter dem in Mittelamerika beheimateten Peyote-Kaktus (Lophophora williamsii) sowie dem San-Pedro-Kaktus (Echinopsis pachanoi). Der Wirkstoff kann aus den Pflanzen isoliert werden, wird heute aber auch synthetisch hergestellt.
Einmal eingenommen, bindet Mescalin an dem Serotonin-Rezeptor-Typ-2A, aktiviert diesen und greift – wie die Tryptamine – so in den Serotonin-Stoffwechsel ein. Doch das ist nicht die einzige Wirkweise: Zusätzlich bindet Mescalin auch am Serotonin-Rezeptor-2C. Neben optischen sowie akustischen Halluzinationen und Illusionen verspüren Menschen, die Mescalin eingenommen haben, dadurch unter anderem kein Hunger- und Durstgefühl mehr.
Ecstasy aktiviert und blockiert
Eng mit dem Mescalin verwandt ist Methylendioxy–Methylamphetamin (MDMA), der Wirkstoff der Droge Ecstasy. MDMA kann aus Safrol, dem ätherischen Öl der Muskatnuss, gewonnen oder synthetisch hergestellt werden. Eingenommen wird es in Form von Pulver, Tabletten oder als MDMA-Kristalle, die man mit der Zunge aufnimmt. Zudem kann es in Flüssigkeiten gelöst oder geschnupft werden.
Bei Aufnahme in den Körper durchdringt MDMA die Blut-Hirn-Schranke und erreicht nach etwa 30 Minuten das zentrale Nervensystem. Dort wirkt es vor allem auf das Limbische System, ein wichtiges Zentrum für Emotionen, Triebe und die Ausschüttung von Endorphinen, aber auch für das Gedächtnis. Die Droge fördert die übermäßige Ausschüttung von Serotonin, Dopamin und dem Stresshormon Noradrenalin und führt so zur Übererregung der Hirnareale.
Außerdem legten Untersuchungen im Magnetresonanztomographen (MRT) nahe, dass MDMA auch die Aktivität in bestimmten Bereichen des Temporallappens sowie des sogenannten Gyrus cinguli erhöht, die unter anderem bei der Einschätzung von Gedanken und Intentionen anderer eine Rolle spielen.
Wirkung auf Bewusstsein und Verhalten
Diese Eingriffe in den Hormonhaushalt und die veränderte Hirnaktivität werden etwa 45 Minuten nach der Einnahme von MDMA spürbar: Die Betroffenen werden euphorisch, erleben ihre Emotionen deutlich intensiver, haben ein gesteigertes Selbstvertrauen und es kann zu einer veränderten Wahrnehmung von Tönen und Farben, sowie zu Halluzinationen kommen. Gleichzeitig hemmt MDMA die Wahrnehmung von körperlichen Alarmsignalen wie Durst, Hunger, Müdigkeit und Schmerzen.
Außerdem hat der Ecstasy-Wirkstoff Auswirkungen auf das Sozialverhalten des Menschen: Wie eine Studie von Anthony Gabay vom King’s College London und seinen Kollegen offenlegt, macht MDMA Menschen kooperativer gegenüber vertrauenswürdigen Personen. Ihnen verzeihen sie sogar einmalige Vertrauensbrüche schneller. Haben sie es dagegen mit Menschen zu tun, die sich grundsätzlich als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben, zeigt sich dieser Effekt der Droge nicht.
Dissoziativa: Ohne Schmerzen und Ichgefühl
Substanzen wie Ketamin oder Dextromethorphan (DXM) aus der Gruppe der Dissoziativa gehören zwar nicht zu den klassischen Psychedelika, lösen aber ebenso halluzinogene Wirkungen aus. Statt dafür an Serotonin-Rezeptoren zu binden oder die Freisetzung von Botenstoffen zu stimulieren, greifen die meisten dieser Wirkstoffe auf die sogenannten N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)- Rezeptoren ein. Diese kommen vor allem in den Nervenzellen des Hippocampus und des Großhirns vor und sind dort an der Bildung von Gedächtnisinhalten und der synaptischen Plastizität beteiligt. Je mehr NMDA-Rezeptoren eine Synapse hat, desto empfindlicher ist sie.
Ketamin blockiert diese Rezeptoren und verhindert damit die Bindung von Glutamat – so wie es auch bei Patienten auftritt, die unter Psychosen leiden, wie Versuche mit Ratten bereits nahegelegt haben. Dadurch wird das Bewusstsein gehemmt, Zuständen der Ichlosigkeit treten ein und die Betroffenen empfinden unter anderem keine Schmerzen.
Psychedelika und ihre medizinische Bedeutung
Renaissance von LSD und Co?
Psychedelika gelten in Deutschland als illegale Betäubungsmittel: Ihr Besitz und Erwerb ist nur für wissenschaftliche Zwecke und nur mit einer Sondererlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erlaubt. Doch das könnte sich in Zukunft ändern: Nachdem die nähere Erforschung der psychedelischen Substanzen in den 1970er-Jahren stark eingeschränkt wurde, lebt sie heute wieder auf.
Hilfe durch Psychedelika
Einer der möglichen Anwendungsbereiche für Psychedelika wie LSD ist die Therapie von Angsterkrankungen. Hinweise auf eine angstlösende Wirkung haben unter anderem Forscher um Felix Müller und Claudia Lenz von der Universität Basel festgestellt. Dazu führten die Wissenschaftler mit 20 gesunden Testpersonen ein Experiment durch, bei der diese unter medizinischer Beobachtung 100 Mikrogramm LSD einnahmen. Dann zeigten die Forschenden ihnen Bilder von Gesichtern, die verschiedene Gefühle wie Wut, Freude oder Angst darstellten. Während die Probanden die Bilder betrachteten, wurde ihre Gehirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) aufgezeichnet. Die Tests wurden zum Vergleich auch als Blindprobe ohne verabreichtes LSD durchgeführt.
Das Ergebnis: Die Einnahme von LSD verringerte das Angstempfinden. Wenn die Probanden unter LSD-Einfluss Bilder mit angsterfüllten Gesichtern sahen, verzeichnete das MRT eine niedrigere Hirnaktivität auf als im drogenfreien Zustand. Vor allem die Region der sogenannten Amygdala wurde von LSD offenbar in ihrer Aktivität gehemmt. Diesem Hirnareal schreiben Forscher eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen zu.
Bei den anderen Gesichtsausdrücken wie Wut oder Glück zeigten sich hingegen keine verringerten Reaktionen in der Amygdala, so die Forscher. Dies lege nahe, dass LSD gezielt auf das Angstempfinden von Menschen wirkt – die Verarbeitung anderer Gefühle aber kaum beeinträchtigt. „Diese ‚entängstigende‘ Wirkung könnte ein wichtiger Faktor für positive therapeutische Effekte darstellen“, erklärt Müller.
Zukunftsmittel gegen Depression?
Erste positive Therapie-Effekte von Psychedelika bei anderen psychischen Erkrankungen wurden auch schon nachgewiesen: Unter anderem haben Forschenden um Robin Carhart-Harris vom Imperial College in London in einer kleinen Studie festgestellt, dass Mikrodosierungen von Psilocybin gegen psychische Erkrankungen wie Depressionen wirksam sein können. Die zwölf Studienteilnehmenden litten unter Depressionen und erhielten zunächst zehn Milligramm Psilocybin und nach sieben Tagen dann 25 Milligramm Psilocybin. Im Anschluss daran gaben sie an, dass sich die Symptome ihrer Erkrankungen stark gemildert hatten – auch noch nach drei Monaten.
Auch eine großangelegte, internationale Studie aus dem Jahr 2021 von einem Forscherteam um Joseph Rootman von der University of British Columbia in Kanada führte zu ähnlichen Ergebnissen: Für die Untersuchung füllten über 4.000 Menschen, die zum Zeitraum der Studie Mikrodosen Psychedelika nahmen und fast 5.000 Probanden ohne oder nur mit vergangenen Erfahrungen mit psychedelischen Substanzen, eine Online-Umfrage bezüglich ihrer psychischen Gesundheit aus.
Das Ergebnis: Die Mikrodosierer von Psilocybin und LSD gaben an, ein geringeres Maß an Depressionen, Ängsten und Stress zu haben als die Kontrollpersonen. Der Unterschied war besonders groß, bei denjenigen Teilnehmenden, die angaben, psychische Probleme zu haben. Allgemein fiel auf, dass sich die Probanden, die psychedelische Substanzen nahmen, nach eigener Einschätzung psychisch besser fühlten.
Vor allem psychische Krankheiten
Die Einnahme von LSD kann vermutlich auch gegen soziale Phobie oder Autismus helfen, wie ein Forscherteam um Danilo De Gregorio von der McGill University in Kanada herausgefunden hat. Ihre Versuche mit Mäusen legten nahe, dass LSD die soziale Interaktion und Empathie steigern könnte. Ähnliches gilt auch für MDMA: Bei Patienten, die Schwierigkeiten mit sozialen Interaktionen haben, könnte der Wirkstoff positive Effekte haben. Helfen könnte die Droge auch Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), bei der ein Traumata immer wieder in den Gedanken durchlebt wird.
Letzteres haben Forscher um Michael Mithoefer von der Medical University of South Carolina bereits untersucht: In ihrer Studie gaben sie über 25 traumatisierten US-Soldaten insgesamt zweimal eine Dosis von 30, 75 oder 125 Milligramm MDMA und behandelten die Teilnehmenden zudem mit einer Psychotherapie. Nach zwölf Monaten befragte das Forscherteam die Probanden nach ihrem Wohlbefinden. Das Ergebnis: Die Gruppen, die 75 oder 125 Milligramm MDMA während der Therapie genommen hatten, wiesen eine signifikant stärkere Verringerung der PTBS-Symptome auf als die 30-Milligramm-Gruppe.
Auch bei anderen psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel bei Zwangsstörungen oder Sucht nach anderen Drogen gelten LSD, Psilocybin und Co. als mögliche Mittel für eine Therapie. Besonders vielversprechend gilt LSD beim Einsatz gegen Alkoholsucht, wie eine Auswertung sechs klinischer Studien mit insgesamt über 500 Probanden von Pål-Ørjan Johansen und Teri Krebs von der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technik (NTNU) in Trondheim ergeben hat. Es zeigte sich, dass durchschnittlich 59 Prozent der mit LSD behandelten Patienten hinterher trocken blieben.
Bandbreite an Möglichkeiten
Die medizinische Wirksamkeit der Psychedelika geht womöglich auch über die Behandlung von psychischen Krankheiten hinaus. Beispielsweise soll LSD auch bei Cluster-Kopfschmerzen helfen, bei denen mehrfach täglich kurzzeitig heftige Kopfschmerzen auftreten. MDMA könnte hingegen auch bei Tinnitus wirksam sein. Und zudem gelten Psychedelika als hilfreich zur Sterbebegleitung schwer erkrankter Patienten.
Doch trotz ihrer möglichen medizinischen Vorteile, bergen Psychedelika auch nicht zu unterschätzende Risiken…
Wie uns Psychedelika kurz- und langfristig schädigen können
Zu Risiken und Nebenwirkungen…
Psychedelika gelten zwar heute wieder vermehrt als mögliche medizinische Hilfsmittel, doch aufgrund der eintretenden sogenannten „Horror Trips“ und anderer Nebenwirkungen bleibt der Einsatz dieser Substanzen umstritten.
Nicht immer Glückserlebnis
Während die Erlebnisse nach der Einnahme von Psychedelika von vielen als positiv empfunden werden und sich in Form von Euphorie ausdrücken, kann es auch zu Horrortrips kommen. Dabei nehmen die Betroffenen zum Beispiel riesige Insekten oder Monster wahr, stellen sich etwa Verfolgungen vor, bekommen Panik– und Angstattacken sowie Todesangst und können für Wochen anhaltende Wahrnehmungsstörungen, sogenannte „Flashbacks“, bekommen.
Ob solche negativen Erlebnisse auftreten, hängt unter anderem von der mentalen Verfassung und der Erwartungshaltung ab. Beispielsweise erleben Personen mit Schizophrenie meist negative Trips und die durch ihre Erkrankung bedingten Psychosen können sich im Anschluss verstärken. Zudem beeinflusst auch die Umgebung, in der man den Trip erlebt, ob es ein Horrortrip wird. Fehlen ein vertrautes Umfeld und ein sogenannter Tripsetter – eine nüchterne Person, die den Trip begleitet und mit einem spricht – kann es häufiger zu negativen Erlebnissen kommen.
Nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen
Für alle Psychedelika gilt auch, dass nach der Einnahme mit körperlichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Insbesondere bei LSD sind sie nicht selten: Häufig treten Übelkeit, Schweißausbrüche, Gleichgewichtsstörungen und Herzrasen auf. Auch zu Krämpfen, Zähneknirschen und Schwankungen der Körpertemperatur kann es kommen. Außerdem führen die verzerrte Wahrnehmung und die Selbstüberschätzung während des mehrstündigen Trips häufig zu Unfällen und Verletzungen.
In dem Zeitraum, in dem die Wirkung von LSD, Psilocybin und Co. nachlässt, können zudem eine allgemeine Erschöpfung und depressive Phasen sowie Schlafstörungen über mehrere Tagen folgen. Ursache hierfür sind die entleerten Serotoninspeicher im Gehirn. Nimmt man in diesem Zeitraum erneut ein Psychedelikum, wirkt es deutlich schlechter, sodass man höhere Dosierungen braucht, um wieder einen positiven Trip zu erleben. Zu Langzeitfolgen etwa bei Ketamin gelten Verwirrtheit und Gedächtnisstörungen sowie Harnschäden.
Die Dosis macht das Gift
Auch die eingenommene Dosis des Psychedelikums ist entscheidend: Zwar besteht bei den meisten Psychedelika wie LSD keine Gefahr einer körperlichen Abhängigkeit wie bei Opiaten, Amphetaminen oder Kokain. Jedoch können Überdosierungen der Substanzen dazu führen, dass psychische Erkrankungen entstehen: Nimmt man etwa zu viel LSD, kann das zu anhaltenden Wahnvorstellungen führen. Bei MDMA und Ketamin ist eine psychische Sucht zudem nicht ausgeschlossen.
Besonders gefährlich kann auch die Mischung mehrerer psychedelischer Substanzen werden: Beispielsweise wird für den in Brasilien, Bolivien oder etwa Peru traditionellen Pflanzensud „Ayahuasca“ DMT mit anderen Wirkstoffen gemischt. Die Folge ist, dass die Psychedelika so in hohem und unkontrollierbarem Maß unter anderem auf die Serotonin-Rezeptoren wirken. Dadurch kann im schlimmsten Fall die Steuerung der Atemmuskeln nachlassen. Es kommt zu Kurzatmigkeit, Atembeschwerden und sogar zum Atemstillstand.
Eingeschränkt zulassen?
Während eine Legalisierung von LSD und Co zurzeit nicht zur Debatte steht, könnten die Psychedelika unter kontrollierten Bedingungen durchaus eine Zukunft haben. Befürworter psychedelischer Therapien halten es dabei für sinnvoll, kontrollierte, qualitativ hochwertige Psychedelika zu erlauben. „Psilocybin in einer psychiatrischen Universitätsklinik einzunehmen, ist etwas anderes als auf einem Musikfestival“, so Andrea Jungaberle von der MIND Foundation.
Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass die Auswahl, Dosierung und Einnahme der Substanzen stets von Therapeuten begleitet werden sollten, die auch über Gefahren aufklären und auf ausreichend zeitliche Abstände zwischen den Sitzungen achten. Andere Experten sehen eine Legalisierung selbst für solche Zwecke kritischer und schlagen zusätzlich zu den kontrollierten Sitzungen die Einführung eines Führerscheins für Psychedelika vor, der bestimmt, welche Personen die Substanzen einnehmen dürfen und welche nicht. Auch Verifizierungen für Apotheken, Ärzte und Therapeuten seien nötig.
Noch mehr Forschung nötig
Bevor psychedelische Therapien derart umgesetzt werden können, müssen die Forschungen mit Psychedelika weitergeführt und größer angelegt werden. Können die therapeutischen Vorteile der Wirkstoffe auch in künftigen Studien bestätigt werden, müssen zudem erst noch Therapeuten für die Vergabe der psychedelischen Substanzen geschult werden. Bis es soweit ist, wird also noch einige Zeit vergehen.
Deshalb ist es laut mancher Forscher womöglich langfristig nützlicher, nach therapeutischen Mitteln zu suchen, die die gleiche Wirkung haben, aber weniger Nebenwirkungen hervorrufen. Daran forschen beispielsweise Chunyang Dong von der University of California und sein Team: Mit Hilfe eines Fluoreszenz-Sensors konnten die Wissenschaftler bei Untersuchungen der Serotonin-Rezeptoren von Mäusen bereits ein bisher nicht untersuchtes Molekül identifizieren, das das Potenzial hat, ohne halluzinogene Wirkungen auf Signalwege im Gehirn einzuwirken.
Eine weitere Möglichkeit, die Psychedelika-Wirkung zu imitieren, entdeckten Jay Olson von der McGill University in Montreal und seinen Kollegen in einem Experiment, bei dem Probanden nur zum Schein halluzinogene Substanzen bekamen. Es legte nahe, dass bereits der Placebo-Effekt einen Trip auslösen kann. So berichtete die Mehrheit der Teilnehmenden unter anderem von typischen Halluzinationen, obwohl keinerlei Wirkstoff enthalten war.
„Angesichts der jüngsten Wiederentdeckung der psychedelischen Therapien für Störungen wie Depression und Angstzustände könnten Mediziner solche kontextuellen Faktoren nutzen, um die gewünschten Effekte mit weit geringeren Dosierungen der Wirkstoffe zu erzielen“, folgerte Olson. „Das würde die Sicherheit solcher Behandlungen weiter erhöhen.“