In der Stadt erbringen Bäume ihre klimaregulierenden Leistungen unter ausgesprochen schwierigen Bedingungen: Abgase, Staub und Dreck verschmutzen die Luft in Ballungsräumen besonders stark, sodass der Baum in seiner Rolle als Staubfilter viel zu tun hat. Diese Belastung geht an ihm oft nicht spurlos vorüber. Gerade die feinsten, nur rund ein hunderttausendstel Millimeter großen Partikel von Staub und Abgasen können in die Spaltöffnungen der Blätter eindringen und dort Schäden an Geweben und Zellen anrichten.
Verkehrsabgase können Schäden an Blattgewebe und -zellen anrichten. © Zhudifeng/ iStock.com
Doch das ist nicht alles: Die Wurzeln der Bäume müssen sich im städtischen Boden immer wieder durch extrem dichtes Material hindurchzwängen und Umwege um Beton, Rohre und Leitungen nehmen. Haben sie Pech, geraten sie dabei in eine der in der Großstadt so zahlreichen Baustellen und werden gekappt.
Zu warm und zu trocken
Auch um ihren Stamm herum bleibt vielen Stadtbäumen nur wenig Platz – vor allem, wenn sie Straßen säumen, denn dort ist offenes Erdreich rar und nach wenigen Quadratmetern versiegelt meist wieder Asphalt den Boden. Doch für die Bäume ist unbedeckte Erde lebenswichtig, damit genügend Wasser bis zu ihren Wurzeln sickern kann.
Gerade in Kombination mit einer anderen Widrigkeit des urbanen Umfelds bereitet dies den Pflanzen Stress: der Wärme. Bäume sind in der Stadt rund drei bis fünf Grad höheren Temperaturen ausgesetzt als im dünner besiedelten Umland, weil Siedlungen, Verkehr und Industrie die Umgebung aufheizen. Die Wärme führt dazu, dass über die Blätter vermehrt Wasser verdunstet. „Weil der Baum aber durch die Bodenversiegelung nicht mehr Wasser bekommt, hat er gleichzeitig Trockenstress“, sagt Bernd Roser von der Fachgruppe Stadtbäume bei der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz.
Fiese Schädlinge
Die Wärme lockt zudem Schädlingsinsekten an: Diese vermehren sich dank der wohligen Temperaturen in Städten besonders gut – zum Leidwesen der Bäume. Läuse & Co befallen sie viel häufiger als ihre Artgenossen auf dem Land und können sich negativ auf das Wachstum auswirken.
Doch auch die Wärme selbst scheint die Fotosynthese-Tätigkeit und damit das Wachstum der Bäume zu hemmen, wie Wissenschaftler von der North Carolina State University in Raleigh kürzlich herausfanden. Das bedeutet auch: Die Pflanzen setzen weniger Kohlendioxid um und ihre Speicherkapazität sinkt.
Grüne Oasen wie der Central Park in New York steigern unser Wohlbefinden. © Createsima/ freeimages
Gesund dank grüner Viertel
Der Stress der Stadt zeigt sich auch in der Lebenserwartung der Bäume: Sie altern schneller. Ein Baum, der im Wald oder in einer Grünanlage leicht ein Alter von 200 Jahren erreicht, wird an der Straße oft nur 60. Gerade in einer solchen Umgebung sind gesunde, langlebige Bäume für uns jedoch sehr wertvoll: Sie fördern die Gesundheit – und ihr positiver Einfluss lässt sich sogar quantifizieren.
Studien zeigen: Bereits zehn Bäume mehr steigern das Wohlbefinden der Anwohner ähnlich stark, als wenn sie sieben Jahre jünger wären oder als wenn man das Einkommen dieser Haushalte um gut 7.000 Euro pro Jahr erhöhen würde. Eine ähnliche Menge zusätzlicher Bäume kann zudem die Gefäße der Bewohner um 1,4 Jahre verjüngen und auf diese Weise Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen.
„Schon eine kleine Zunahme der Baumdichte verbessert die Gesundheit merklich und das auf kostengünstige Weise“, sagt der Umweltpsychologe Omid Kardan von der University of Chicago. Neben der Verbesserung der Luftqualität führen der Forscher und seine Kollegen dies auf psychologische Effekte zurück: Das Grün der Bäume könnte entspannend wirken, zum Stressabbau beitragen und die Menschen dazu motivieren, sich zu Fuß im Viertel zu bewegen.
Zukunftsbäume gesucht!
Damit wir auch in Zukunft von der gesundheitsfördernden Wirkung von Stadt- und Straßenbäumen profitieren können, suchen Fachleute längst nach zukunftsträchtigen Arten: Bäume, die besser mit den Bedingungen des urbanen Umfelds umgehen können als bislang beliebte Arten – und die auch den Veränderungen durch den Klimawandel trotzen können.
Als vielversprechend gelten Bäume aus dem südosteuropäischen, aber auch nordamerikanischen und asiatischen Raum. Sie vertragen mehr Trockenheit und können gleichzeitig einen Spätfrost im Frühjahr überstehen. Statt Ahorn, Linde oder Platane könnten künftig etwa Hopfenbuchen, Zelkoven oder Amberbäume unser Stadtbild prägen.
Daniela Albat
Stand: 28.10.2016