Schlagadern der Weltkommunikation

Seekabel

Seekabel: Datenhighways am Boden der Weltmeere © NSW / PNNL / SXC / gemeinfrei / GFDL

Mehr als 1,2 Milliarden Menschen nutzen regelmäßig das Internet – mindestens. Jeder Deutsche ist durchschnittlich über eine Stunde täglich online. E-Mails, Download von Filmen und Musik, Anrufe von Berlin nach New York: All dies ist heute längst selbstverständlich und gehört zum Leben ganz einfach dazu. Die Welt hängt am Draht.

Und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Denn es sind nicht etwa Satelliten, die den größten Teil der gewaltigen Datenmengen verarbeiten und transportieren, sondern tausende von Kilometer lange Seekabel. Wie überdimensionale Ringelwürmer ziehen sie sich durch die Weltmeere und sorgen dafür, dass Internetverbindungen schnell und reibungslos hergestellt werden und Telefone klingeln.

War die Verlegung des ersten Transatlantikkabels im Jahr 1858 noch ein Abenteuer und eine „Sternstunde der Menschheit“, ist das Legen neuer Trassen heute längst kein großes Problem mehr. Schon bald werden auch die entferntesten Zipfel der menschlichen Zivilisation über immer neue – und bessere – Datenhighways mit dem Rest der Welt verbunden sein.

Doch das Nervensystem der Weltkommunikation ist verletzlicher als man denkt. Seebeben, Schiffsanker, Schleppnetze und Kabeldiebe sorgen regelmäßig dafür, dass interkontinentale Verbindungen gekappt werden und ein Rückfall in die digitale Steinzeit droht…

Dieter Lohmann
Stand: 08.05.2009

Welt am Draht

Ein Spinnennetz aus Datenhighways

Sie sind viele tausend Kilometer lang, meist nur wenige Zentimeter dick, aber trotzdem enorm stabil und außerordentlich leistungsfähig – zumindest was den Transport von Daten angeht. Seekabel gehören zu den wichtigsten Lebensadern der globalen und vernetzten Gesellschaft.

Verlauf und Landepunkte des Sea-Me-We 3 Seekabels (unter anderem 1 = Norden, Deutschland; 12 = Suez, Ägypten; 18 = Mumbai, Indien; 25 = Tuas, Singapur; 27 = Perth, Australien; 33 = Deep Water Bay, Hong Kong; 37 = Shanghai, China; 39 = Okinawa, Japan) © J.P.Lon / CC-BY-2.5

Längst umgibt ein gewaltiges Netzwerk aus Seekabeln die Erde. Über 200 davon gibt es nach Angaben von Experten weltweit. Manche verbinden nur zwei Länder wie „Denmark-Germany 1“, andere sorgen gleich für den Datenaustausch zwischen mehreren Kontinenten.

Absoluter Rekordhalter, zumindest was die Länge betrifft, ist „Sea-Me-We 3“. South-East Asia – Middle East – Western Europe 3, so der vollständige Name des Seekabels, beginnt in der ostfriesischen Kleinstadt Norden und endet in Perth, Australien beziehungsweise Okinawa, Japan. Auf rund 38.000 Kilometern Strecke berührt es mit Europa, Afrika, Asien und Australien gleich vier Kontinente und quert unter anderem Nordsee, Atlantik, Mittelmeer, den Indischen Ozean und Randmeere des Pazifiks wie das Chinesische Meer.

Wunderwaffe Glasfasern © SXC

Glasfasern statt Kupfer?

In vielen der 200 Daten-Highways steckt noch ein Kupferkern, die wichtigsten Verbindungen weltweit setzen aber längst auf Glasfasern. Die Seekabel bringen Millionen Menschen per Telefon zusammen, ermöglichen das Verschicken von Filmen und Milliarden E-Mails und stellen wichtige Internet-Verbindungen her. Egal ob Börsen- und Bankgeschäfte oder die private Suche im World Wide Web: ohne sie geht heute gar nichts mehr.

Doch die Globalisierung der Kommunikation ist beileibe keine neue Erfindung. Schon vor mehr als 150 Jahren ging diese Entwicklung los. Damals war sogar bereits ein internationaler Wettbewerb in vollem Gange. Eines der wichtigsten Ziele: Die Vernetzung von Amerika und Europa mit dem Ziel der schnellen Nachrichtenübermittlung. Bis dahin mussten Zeitungen, Wirtschaftsfachleute und Privatpersonen im günstigsten Fall acht Tage – meist noch länger – warten, bis Neuigkeiten mithilfe von Dampfschiffen über den großen Teich kamen. Dies galt es zu ändern. Denn die Welt lechzte in der Blütezeit der Industriellen Revolution nach Informationen.

Samuel F. B. Morse © Mathew Brady / Library of Congress / gemeinfrei

Siegeszug der Telekommunikation

Richtig los ging der Siegeszug der Telekommunikation spätestens im Jahr 1837. Damals legte der US-amerikanische Wissenschaftler und Erfinder Samuel Morse die Grundlagen dafür, als er den ersten Schreibtelegrafen, seinen Morseapparat, entwickelte und patentieren ließ. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten eroberte Morses Erfindung, sowie der dafür notwendige Morsecode, alle Kontinente.

Auch Telegrafenleitungen schossen mit der Zeit vielerorts wie Pilze aus dem Boden. Die erste verband Baltimore im US-Bundesstaat Maryland mit dem Regierungssitz der Vereinigten Staaten von Amerika, Washington D. C. Morse selber war es der am 24. Mai 1844 die erste elektronische Nachricht auf den Weg brachte: „Was hat Gott bewirkt?“ telegrafierte der Pionier der Massenkommunikation – mit Erfolg.

Doch schon wenige Jahre später stieß das neue Wunderwerk der Technik an seine Grenzen. Denn spätestens an den Ufern der Ozeane war Schluss mit der Telegrafiererei. Was war zu tun? Morse und viele seiner Kollegen standen zunächst vor einem Rätsel. Doch schon bald tauchte eine neue Vision auf. Was, wenn es gelänge, in den Meeren der Welt tausende von Kilometer lange Tiefseekabel zu verlegen und so den telegrafischen Sprung über den großen Teich zu schaffen? Die Idee fand schnell viele Anhänger. Einer der führenden Köpfe, die sich gleich an die Umsetzung der Idee machten, war der amerikanische Cyrus W. Fields…


Stand: 08.05.2009

Neue Erfindungen ermöglichen die ersten Seekabel

Wunderwaffe Guttapercha

Bevor im 19. Jahrhundert der Boom bei den Seekabeln losgehen kann, müssen einige wichtige Erfindungen her. Denn die bisher bekannten Materialien wie Kautschuk sind für die Isolierung von Kupferkabeln im Salzwasser ungeeignet und werden schnell spröde. Als neues Wundermittel entpuppt sich schließlich ein klebriger Milchsaft des tropischen Laubbaumes Palaquium gutta, der ausschließlich in den Urwäldern Malaysias und Indonesiens wächst.

Ein englischer Arzt bringt das so genannte Guttapercha 1843 von dort mit nach Europa und präsentiert es in London der Royal Society. Der englische Physiker und Chemiker Michael Faraday erkennt schnell seine Vorteile: Bei Raumtemperatur ist es zäh und elastisch, erhitzt man Guttapercha jedoch auf mehr als 50 °C wird es weich und ist gut zu verarbeiten.

Werner von Siemens © Gemeinfrei

Neues Material auf der Überholspur

Und der getrocknete Milchsaft hat noch weitere entscheidende Vorteile: Das Guttapercha wird nicht so schnell brüchig und isoliert gut. Ein besseres Material für die Seekabel kann es doch kaum geben. Dies denkt auch Werner von Siemens, als er über seinen in England lebenden Bruder Wilhelm und Faraday von Guttapercha hört.

Nach einigem Experimentieren gelingt es ihm und seinen Helfern schließlich, im Jahr 1847 ein Verfahren und eine völlig neuartige Presse zu entwickeln, um die altbekannten Kupferkabel mit einer nahtlosen Schicht aus Guttapercha zu versehen. Der Siegeszug des neuen Werkstoffs als Isolationsmaterial ist nicht mehr aufzuhalten.

Schon im Jahr 1851 schaffen es die Briten Jacob und John Watkins Brett das erste funktionstüchtige Unterseekabel zu verlegen. Es verbindet Calais und Dover. Animiert durch den Erfolg machen sich Ingenieure und Techniker vielerorts daran den Brüdern nachzueifern – oftmals mit positivem Ausgang. Die Brett‘s selber installieren 1854 eine Telegrafenverbindung zwischen dem französischen Festland und den Inseln Korsika und Sardinien.

Cyrus West Field © Gemeinfrei / National Portrait Gallery

Vision Transatlantikkabel

Aber trotz aller Fortschritte und Projekte: Die vielleicht wichtigste Telegrafenleitung ist immer noch nicht realisiert, das so genannte Transatlantikkabel. Doch auch daran laufen die Arbeiten bereits auf Hochtouren. Ganz besonders tut sich dabei der durch den Papierhandel reich gewordene amerikanische Geschäftsmann Cyrus West Field hervor. Seit 1853 fasziniert den technischen Laien die Idee, den telekommunikativen Sprung zwischen Alter und Neuer Welt zu schaffen. Seine Vision ist eine Telegrafenleitung, die von Irland bis nach Neufundland in Nordamerika reicht.

Um genug Geld für das teure Vorhaben zur Verfügung zu haben, gründet Field eigens die „Atlantic Telegraph Company”. Zu seinem Expertenteam für die Atlantikquerung gehören unter anderem Samuel Morse, der Fachmann für Tiefseekabel Charles Tilston Bright und der US-amerikanische Marineoffizier und Hydrograf Matthew Maury, der 1854 die erste Tiefenkarte des Nordatlantiks veröffentlicht hat.

Trotzdem gerät 1857 der erste Versuch mithilfe der Schiffe „Agamemnon“ und „Niagara“ eine Nachrichtenverbindung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten herzustellen zu einer Pleite. Nachdem alles zunächst glatt zu laufen scheint, hält das Seekabel nach 480 Kilometern der Zugbeanspruchung nicht mehr Stand, reißt und verschwindet auf Nimmerwiedersehen in den Tiefen des Ozeans.

Erfolg mit geringer Halbwertszeit

Doch Field lässt sich von solchen Rückschlägen nicht entmutigen und schickt mithilfe seiner Aktionäre und Geldgeber schon bald die nächste Expedition auf die Reise. Dieses Mal, im Jahr 1858, gelingt die Kabelverlegung über mehr als 4.000 Kilometer einigermaßen problemlos. Am 5. August 1858 steht die Verbindung, doch der Erfolg ist nur von kurzer Dauer. Schon nach knapp vier Wochen bricht die Verbindung zusammen – das Kabel ist defekt. 350.000 Pfund Sterling sind verloren. Gerade mal 400 Mitteilungen sind damals über den Ticker gegangen. Die meisten davon sind jedoch eher Testnachrichten und lauten so oder so ähnlich: „Send word ‚atlantic‘“. „Atlantic“.

Immerhin kann die britische Königin Victoria dem amerikanischen Präsidenten James Buchanan am 16. August 1858 eine Grußbotschaft schicken. Das erste Telegramm durch den Atlantik umfasst 103 Wörter und braucht mehr als einen halben Tag bis es sein Ziel erreicht – von wegen Datenautobahn.


Stand: 08.05.2009

Transatlantikkabel 2.0

Ein ausrangierter Passagierdampfer schreibt Geschichte

Schlechte, weil ungleichmäßige Isolierung, zu hohe Spannung, ein zu geringer Querschnitt für die gewaltige Länge – Gründe für das schnelle Versagen des ersten Transatlantikkabels gibt es viele. Werner von Siemens kommt zu dem Schluss, dass die Seekabel gelegt wurden, „bevor noch die wissenschaftliche und technische Grundlage für dieselben feststand. (…) Man begnügte sich damit, zu konstatieren, dass Strom durch die Leitung ging und die telegraphischen Instrumente befriedigend arbeiteten.“

Lithographie der Great Eastern © Charles Parsons / Currier & Ives / Gemeinfrei

Sieben Jahre lang dauert es schließlich bis nach einigem Experimentieren und intensiver Forschung die technischen Probleme gelöst und die wissenschaftlichen Hintergründe in Sachen Seekabel erforscht sind. Doch es mangelt noch an einem geeigneten Schiff, das beim nächsten Versuch den Atlantik zu queren, die Kabellast von 9.000 Tonnen tragen kann.

Pioniere der Telekommunikation

Cyrus W. Field stößt bei seiner Suche schließlich auf das mit 211 Meter Länge größte Schiff der Welt, ein ausrangierter Passagierdampfer, der sowohl über Schaufelrad- und Schrauben- als auch über Segelantrieb verfügt. Die Great Eastern wird von Field gechartert, nachdem die erforderlichen Umbauten vorgenommen sind.

Reißen des Transatlantikkabels 1865 während der Verlegung © The Illustrated London News / gemeinfrei

1865 geht es damit schließlich erneut auf große Fahrt, um das ersehnte Seekabel auf den Boden des Atlantiks auszulegen. Doch wieder holt das Pech die Pioniere ein. Rund 500 Kilometer vor der Küste Neufundlands sorgt ein Bedienungsfehler an der Maschine, die das Kabel abrollt, dafür, dass dieses reißt und in den Fluten versinkt – Mission gescheitert.

Doch Field und sein Team haben immer noch nicht genug. Ein neues Kabel muss her und sie bekommen es. 1866 gibt es dann endlich den ersehnten Erfolg: Die Besatzung der Great Eastern stellt die heiß ersehnte Verbindung zwischen Irland und Neufundland her. Eine Leistung, die der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig in einem seiner Bücher als „Sternstunde der Menschheit“ bezeichnet. Die Zeiten, in denen es Tage oder Wochen dauerte bis eine Nachricht den Weltozean überquert hatte, sind ein für alle Mal vorbei.

Kabel über Kabel

Das erste dauerhaft funktionstüchtige Transatlantikkabel ist der Auslöser für viele weitere Projekte dieser Art. Schon wenige Jahre nach der Jahrtausendwende gibt es bereits mehr als zehn solcher Verbindungen zwischen Europa und Nordamerika sowie nach Afrika. Und auch Telegrafenleitungen, die die anderen Kontinente miteinander verbinden lassen nicht lange auf sich warten. Die Welt rückt was die Kommunikation betrifft immer enger zusammen.

Mitte des 20. Jahrhunderts kommt es dann zum nächsten Entwicklungsschub: Seekabel mit eingespleißten Verstärkern machen auch das Abwickeln von Telefongesprächen möglich. Die erste transatlantische Fernsprechverbindung wird 1956 freigeschaltet.


Stand: 08.05.2009

Glasfasern hauchen Seekabeln neues Leben ein

Revolution unter Wasser

Nachrichtensatellit © U.S. Air Force

Spätestens Anfang der 1970er Jahre ist der Fall klar. Der Siegeszug von Satelliten im Bereich des Fernsprechverkehrs und allgemein der Telekommunikation scheint nicht mehr aufzuhalten. Nach Pilotprojekten unter den Nachrichtensatelliten wie SCORE, Echo1 oder Telstar werden immer mehr dieser künstlichen Himmelskörper in die Erdumlaufbahn geschossen. Sie übertragen Fernseh- und Radiosendungen und erlauben das Telefonieren von Europa nach Übersee. Die Zeit der Seekabel ist abgelaufen – so scheint es zumindest.

Glasfasern für bessere Seekabel

Doch weit gefehlt. Denn heute haben sie den Satelliten längst wieder den Rang abgelaufen. Verantwortlich dafür ist allerdings eine neue Generation von Seekabeln, die statt auf Kupfer und Elektronen als Informationsträger auf ein ebenso alt bekanntes Material setzt: Glas. Daraus werden in einem komplizierten Verfahren so genannte Glasfasern hergestellt, die nur etwa ein Drittel des Durchmessers eines menschlichen Haars besitzen. Das Besondere an diesem Hightech-Material: Es leitet Licht außerordentlich effektiv. Und dieses Licht gilt seit einiger Zeit als Informationsträger der Zukunft.

Licht als Informationsträger © SXC

Denn die Lichtteilchen, die so genannten Photonen, die mit Informationen bestückt durch das Quarzglas der winzigen Fasern flitzen, haben einige Vorteile. So müssen sie nicht wie Elektronen im Kupferkabel mit hohen Widerständen kämpfen. Deshalb verlieren sie auch in tausende Kilometer langen Glasfaserleitungen kaum an Schwung und sind dort noch immer annähernd mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Darüberhinaus können die verschiedenen Wellenlängen des Lichts alle mit unterschiedlichen Informationen versehen werden, die dann gleichzeitig auf die Reise gehen. Das macht den Datenverkehr mithilfe von Licht noch schneller und effektiver.

15 Millionen Telefongespräche gleichzeitig

Datenübertragungsraten von 160 Gigabit pro Sekunde (GBit/s) pro Glasfaserpaar sind daher heute längst Standard. So wie bei TAT-14, dem Trans Atlantic Telephoncable Nummer 14, das seit März 2001 Europa und die Vereinigten Staaten von Amerika verbindet. Durch das von 50 verschiedenen Telekommunikationsgesellschaften – darunter auch die deutsche Telekom – auf den Weg gebrachte Projekt konnte der Datenfluss über den Atlantik verfünffacht werden.

„15 Millionen Telefongespräche können gleichzeitig geführt oder der Inhalt von 250 DVDs in einer Sekunde transportiert werden“, beschreibt Jürgen Ridder, Leiter des Competence Center Submarine Cables (CCSC) der deutschen Telekom das Potenzial von Tat-14 im „Journal am Wochenende“.

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Auch Glasfasern arbeiten im Team

Um dies zu erreichen, sind in dem insgesamt 15.000 Kilometer langen, aber nur fünf Zentimeter dicken Seekabel insgesamt acht Glasfasern zu vier Paaren angeordnet, die jeweils eine Kapazität von 160 GBit/s besitzen. Macht Summa summarum eine Leistungsfähigkeit von 640 GBit/s. Doch das ist noch nicht alles. Denn TAT-14 besteht nicht nur aus einer Trasse sondern gleich aus zwei Kabeln dieser Art, die auf unterschiedlichen Wegen den Atlantik queren und zu einem Ringsystem verbunden sind. Dies verdoppelt nicht nur den Datenverkehr, sondern macht ihn auch noch weniger störungsanfällig.

Denn wenn es – aus welchen Gründen auch immer – einmal einen Kabelschaden geben sollte, ist in der Regel nur eine der „Adern“ betroffen. Telefongespräche oder Internetverbindungen werden dann ganz einfach auf die andere umgeleitet. Totalausfälle in Sachen Telekommunikation zwischen den USA und Europa sind so nahezu ausgeschlossen.

Fazit: Glasfaserkabel sind heute Satelliten in punkto Datenkapazität und Übertragungsgeschwindigkeit als auch in ihrer Lebensdauer deutlich überlegen – und preiswerter sind sie trotz des großen Aufwandes beim Legen der Verbindungen auch noch.

Lichtimpulse als Informationseinheit

Doch was ist es eigentlich, das in den modernen Glasfaserkabeln – egal ob im Meer oder an Land – mit Lichtgeschwindigkeit auf die Reise geht? Richtige Bilder und die Stimme der Telefonkunden? Keineswegs. Es handelt sich dabei um digitalisierte Informationen, die in einen Code aus Nullen und Einsen verpackt sind.

Die „Übersetzung“ in die Lichtsprache erfolgt so: Ein Sender, eine Leucht- oder Laserdiode, wandelt die elektrischen Signale in Lichtimpulse um, die durch die Glasfaser verschickt werden. Am anderen Ende wandelt die empfangende Photodiode diese wieder in elektrische Signale um. In die Glasfaserleitungen integriert sind in regelmäßigen Abständen so genannte Repeater, die die Nachverstärkung und Signalregeneration übernehmen.


Stand: 08.05.2009

Wie Seekabel auf den Meeresboden kommen

Mit Kabellegern auf Expedition

Aufbau eines modernen Seekabels © gemeinfrei

Glasfasern als Kern, Licht als Informationsträger – soweit so gut. Doch wie kommen die modernen Hightech-Kabel auf oder in den Boden der Weltmeere? Und welche Hindernisse sind dabei zu überwinden? Die Antwort ist einfach: Ohne Kabelleger keine Trasse. Damit gemeint sind aber nicht nur speziell ausgebildete Fachleute, sondern auch die besonderen Schiffe, die sowohl die Glasfaserkabel als auch das nötige Equipment an Bord haben.

Der Urahn der modernen Kabelleger war die Great Eastern, die in den Jahren 1865 und 1866 bei der Verlegung des ersten Transatlantikkabels entscheidend mitgewirkt hat. Sie musste für diesen Zweck aber erst erheblich umgebaut werden. Eigentlich war sie zum Transport von Passagieren gedacht.

René Descartes © David Monniaux / GFDL

Kabelsalat verhindern

Heute verwendete Schiffe, wie die „Long Lines“, die „Global Sentinal“ oder die „René Descartes“ von der France Telecom Marine, sind dagegen meist Spezialanfertigungen, die ausschließlich für Seekabelprojekte in Auftrag gegeben wurden. Neben Gerät wie Kabelablaufrollen, Bojen, Bojenkrane oder Kabelmotoren gehören gigantische Spulen zu den Herzstücken eines jeden Kabellegers.

Sie nehmen die tausende Kilometer langen Seekabel auf. Vor der Fahrt werden diese penibel und sorgfältig auf die Spulen aufgewickelt. Die aufwändige und langwierige Prozedur ist nötig, weil schon ein einziger „Kabelsalat“ später das ganze Projekt gefährden kann – und eine Menge Geld kostet.

Präzise Arbeit vor Ort

Eine weitere Eigenschaft von Schiffen wie René Descartes ist, dass sie aufgrund ihrer starken Motoren auch noch bei widrigen Bedingungen – höhere Wellen, kräftiger Wind – arbeiten können und so Unterbrechungen beim Verlegen der Kabel selten sind. Auch das spart Kosten. Die Kabelleger verfügen zudem über ein hochpräzises satellitenbasiertes Navigationssystem, das selbst geringste Abweichungen von der vorberechneten Route verhindert.

Die große Leistungsfähigkeit und die gute Manövrierbarkeit der Schiffe helfen den Ingenieuren und Technikern, das Seekabel in stabilem Tempo abzuspulen. So verhindert man unliebsame Zugkräfte, die im Extremfall sogar zum Reißen der Verbindung führen können.

Die Vorhut bereitet den Weg

Bevor jedoch die Kabelleger mit ihrer Arbeit beginnen, gehen so genannte Survey-Schiffe auf die Reise. Mithilfe von elektronischen Hilfsmitteln wie Sonaranlagen an Bord überprüfen sie die zuvor von Wissenschaftlern und Ingenieuren festgelegte Route. So können quasi in letzter Sekunde etwaige Hindernisse am Meeresboden identifiziert und umgangen werden.

Große Vorteile beim Kabellegen bietet sandiges, flaches, wenig zerklüftetes Unterwasserterrain. Das macht es der Besatzung einfacher, das Glasfaserkabel mithilfe eines ferngesteuerten Verlegepfluges im Ozeanboden zu versenken. Viele Leitungen werden aber auch einfach am Meeresgrund deponiert. In den viel befahrenen Küstenbereichen der Ozeane sind die Seekabel häufig zusätzlich von mehreren Lagen Stahldraht umgeben, die Schäden durch den Schiffsverkehr verhindern sollen.

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Animation zur Kabelverlegung


Stand: 08.05.2009

Seekabel in Gefahr

Erdbeben, Piraten, Kabeldiebe

Wie überlebt die Natur den eisigen Griff des Winters? © SXC

Der Süden Taiwans am zweiten Weihnachtstag 2006. Mitten in das normale Leben der Menschen auf der Insel vor dem chinesischen Festland platzt ein heftiges Erdbeben. Der Boden wird kräftig durchgerüttelt, Häuser geraten ins Schwanken, viele Taiwanesen rennen in Panik auf die Straßen.

Wie lokale und internationale Erdbebenwarten schnell feststellen, hat der Erdstoß eine Stärke von 6,7 auf der Richter-Skala. Das Zentrum des Bebens liegt in der so genannten Straße von Luzon zwischen Taiwan und der philippinischen Hauptinsel Luzón. Eine erste Bilanz der Naturkatastrophe fällt verheerend aus: Zwei Tote, 48 Verletzte und Sachschäden in Millionenhöhe an Häusern, Straßen und Brücken.

Schlammlawine mit Folgen

Doch das sind längst nicht die einzigen gravierenden Folgen des Erdbebens. Eine weitere lauert am Meeresboden der Luzonstraße. Dort hat sich eine mächtige Schlammlawine gebildet, die unaufhörlich weiterkriecht. Na und, was soll da unten schon passieren, sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Denn die gerade mal 320 Kilometer breite Wasserstraße ist ein Nadelöhr, durch das zahlreiche wichtige Seekabel führen. Nacheinander zerfetzen oder beschädigen die Schlammmassen neun der von Südasien nach Nordamerika reichenden Nachrichtenverbindungen.

Rund 120 Millionen Menschen in China, Singapur, Südkorea oder auf den Philippinen sind von dem Daten-Blackout betroffen und müssen zum Teil mehrere Wochen mit schleichenden Internetverbindungen auskommen. Denn so lange dauert es, bis Spezialschiffe alle Kabelbrüche identifiziert und repariert haben und die Daten wieder ungehindert fließen.

Seekabel für die Nachrichtenübermittlung © NSW

Wenn Schiffe falsch ankern

Szenenwechsel. Das Mittelmeer vor der Küste Ägyptens, Ende Januar 2008. Während an der Meeresoberfläche alles weitgehend ruhig ist, scheint am Ozeanboden irgendetwas nicht zu stimmen. Darauf deuten jedenfalls die Störmeldungen hin, die die Kontrolleure der Seekabelverbindungen in der Region erhalten. Zwei der riesigen „Ringelwürmer“ – FLAG Telecom’s FLAG Europe-Asia cable and Sea-Me-We-4 – sind unterbrochen. Die Folge ist ein Megastau im Internet- und Telefonverkehr zwischen Ägypten und Indien, der selbst durch Umleitungen auf andere Kabel nicht vollständig aufgefangen werden kann.

Auch hier dauert es mehrere Wochen bis der „Kabelsalat“ am Meeresboden aufgespürt und behoben ist. Wie eine genauere Untersuchung der Defekte später ergibt, haben vermutlich Schiffsanker die Kabel zerfetzt.

Ungewöhnliche Kabelkiller

Doch Erdbeben und Schiffsanker sind nur zwei von vielen Gefahren, die die Schlagadern der internationalen Kommunikation immer wieder bedrohen. Häufig werden die Seekabel zudem von Schleppnetzen, die über den Meeresboden rattern, in Mitleidenschaft gezogen.

Eine ebenso dreiste wie ungewöhnliche Variante von Kabelzerstörung gab es darüberhinaus im März 2007 vor der Küste Vietnams. Denn dort stahlen Diebe eine elf Kilometer lange Glasfaserleitung aus dem Meer und verkauften das wertvolle, aber Tonnen schwere Material anschließend höchstwahrscheinlich an Schrotthändler. „Das ist für unser Datensystem ein ernstes Problem“, berichtete der Vizedirektor der vietnamesischen Telekomfirma VTI, Lan Quoc Cuong damals im Spiegel. Es werde monatelang dauern, bis die Leitung repariert sei. So lange hatten die Surfer in dem südostasiatischen Land mit quälend langsamen Internetverbindungen zu kämpfen.

Ein Problem sind auch die Piraten vor der Küste Ostafrikas. Denn die haben es längst nicht nur auf Handelsschiffe oder Öltanker abgesehen. Sie machen auch Jagd auf die Besatzung von so genannten Kabellegern, die in diesem Meeresgebiet gerade das East African Marine Cable versenken, das Kenia und andere Länder mit dem Rest der Welt verbinden soll. Die Macher des Projektes verlassen sich nicht nur auf die patrouillierenden Marines, sie haben mittlerweile auch die Route der Trasse in sicherere Gefilde verlegt – rund 200 Kilometer weiter seewärts als bisher geplant.


Stand: 08.05.2009

Wie Kabeldefekte gemanagt werden

Erst umleiten, dann reparieren

Milliarden Verbindungen weltweit – das Internet: Jede Linie stellt eine Verbindung zwischen zwei IP-Adressen dar. © Matt Britt / Creative Commons 2.5

Das weltweit längste Seekabel Sea-Me-We 3 war im November 2000 betroffen, FLAG Europe Asia (FEA) Cable und Sea-Me-We-4 im Januar 2008, und gleich neun Datenhighways beim Taiwan–Beben am 2. Weihnachtstag 2006 – Störfälle und Defekte bei Seekabeln, und damit Krisen im internationalen Datenverkehr, sind viel häufiger als man denkt.

Doch wie entdeckt man einen solchen Schaden? Und wie kann man ein kaputtes Seekabel reparieren, das manchmal mehrere tausend Meter unter der Wasseroberfläche am Meeresboden liegt?

Kabelwächter im Einsatz

Immer dann, wenn es irgendwo auf der Welt zu einem Kabelcrash kommt, schrillen die Alarmglocken. Und zwar bei Ingenieuren und Technikern, die an internationalen Kontrollpunkten an Monitoren sitzen und den ordnungsgemäßen Zustand der Seekabel überwachen. Eine dieser Kabel-Feuerwehren ist in der ostfriesischen Küstenstadt Norden stationiert. Im Competence Center Submarine Cables (CCSC) der deutschen Telekom (früher Seekabelendstelle) kontrolliert ein mehr als 40-köpfiges Team zehn der wichtigsten Seekabel mit insgesamt 70.000 Kilometer Länge. Ernst wird es dort, wenn es piept.

„Dieses akustische Signal bekommen wir, wenn irgendwas bei uns ausfällt. Sei es eine Verbindung, eine Seekabelkomponente, egal was. Sobald eine Unregelmäßigkeit in der Technik auftaucht, bekommen wir einen solchen Alarm. Es rennt also innerhalb von Sekunden jemand zu solch einem Bildschirm und holt sich die erste Information, um dann auch weiter aktiv zu werden“, erklärt der Leiter des CCSC Jürgen Ridder in einer Radiosendung von SWR 2.

„Also dieser harmlose Alarm verursacht doch eine ganze Menge an Nervosität. Der Alarm ist im gesamten Gebäude zu hören bis in die Toiletten. Es gibt also keinen Ort, vor dem man sich vor diesem Alarm flüchten könnte“, so Deutschlands oberster Kabelwächter weiter.

Datenumleitung geht vor

Ridder und seinen Männern bleiben dann gerade mal zwanzig Minuten Zeit um die Situation zu diskutieren und ihre Schlussfolgerungen zu ziehen. Denn es ist nicht die Fehlersuche und –ortung die drängt, sondern der Stau im Datenverkehr. Innerhalb einer Stunde nach dem Alarm müssen die Umleitungen auf andere Kabel geschaltet sein, um die schlimmsten Auswirkungen für Wirtschaft, Politik und jeden einzelnen Bürger zu begrenzen.

Erst dann macht sich das CCSC daran, die Störung mithilfe von Messungen zu lokalisieren. Ist sie gefunden, wird ein Reparaturschiff auf die Reise geschickt. Auch hier gibt es penible Vorgaben: Innerhalb von 24 Stunden nach der Entdeckung des Kabelfehlers muss dies laut den geltenden Verträgen geschehen.

Tauchroboter und Tiefseeangeln

Im Zielgebiet angekommen, müssen die Experten an Bord dann erst einmal mit elektronischen Hilfsmitteln die beschädigte Stelle finden. Anschließend analysiert ein Tauchroboter die Lage vor Ort und das defekte Kabel wird mit Spezialankern geangelt und an die Wasseroberfläche gebracht. „Ein harter Bruch deutet auf einen Anker hin, bei langen Schleifspuren, wenn der Stahlmantel aus dickem Draht nach und nach zerquetscht und abgeschert wird, war es ein Schleppnetz“, erklärt der CCSC-Fachmann Heinz Stegemann 2007 in der Online-Ausgabe der FAZ.

Auf dem Schiff erfolgt schließlich auch die eigentliche Reparatur. Jede Glasfaser wird wieder sorgfältig und präzise verschweißt und auch die Kabelisolierung erneuert. Erst nach einem ausführlichen Funktionscheck ist die Arbeit des Notfallteams getan und das Kabel kann an seinen Bestimmungsort zurück. Alles in allem kann ein solcher Einsatz schon mal mehrere Wochen dauern – und so lange bleibt auch der Datenverkehr gestört, schleichende Internetverbindungen inklusive.

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Animation zur Kabelreparatur


Stand: 08.05.2009

Seekabel: Kein Ende in Sicht

Der Boom geht weiter

Rund 200 Seekabel gibt es bereits, aber dabei wird es nicht bleiben. Denn die vernetzte Welt mit ihrem explosionsartig wachsenden Datenverkehr wird auch in Zukunft neue Datenautobahnen möglich und nötig machen. So wie zuletzt im Jahr 2008, als die erste direkte Breitbandverbindung zwischen China und den USA fertig wurde. Der 18.000 Kilometer lange und 500 Millionen US-Dollar teure so genannte Trans-Pacific-Express (TPE) verbindet Nedonna Beach in Oregon mit Chongming, einer Insel vor Schanghai.

Afrika erwacht aus dem Dornröschenschlaf – bald

Viele weitere Projekte zur Verbesserung der Infrastruktur des Datenverkehrs haben zudem längst konkrete Züge angenommen. So hat beispielsweise einer der Vorreiter in Sachen Seekabel, das internationale Unternehmen Alcatel-Lucent, mit der Planung und Umsetzung eines neuen Megavorhabens in Afrika begonnen. Das West Africa Cable System (WACS) soll über 14.000 Kilometer von Südafrika nach Portugal führen. Ziel ist es, Länder wie Namibia, die Demokratische Republik Kongo, Kamerun, Nigeria oder die Elfenbeinküste aus ihrem Dornröschenschlaf in Sachen Internet und Kontinent überschreitendem Telefonverkehr zu wecken.

Die Kosten für das neue Seekabel: 600 Millionen US-Dollar. Die Fertigstellung ist im Jahr 2011 geplant. Ab diesem Zeitpunkt können Datenmengen von 3,84 Terabit pro Sekunde durch die Glasfasern gejagt werden.

Powerkabel © NSW

Helgoland geht ein Licht auf

Doch längst nicht immer werden neue Seekabel zur Nachrichtenübertragung eingesetzt. Dies zeigt beispielsweise ein Projekt der Norddeutschen Seekabelwerke (NSW) aus Nordenham an der Wesermündung. Das über 500 Mitarbeiter starke Unternehmen wird in den nächsten Monaten im Auftrag von E.ON Hanse ein fast 53 Kilometer langes Seekabel legen, das die Stromversorgung der Insel Helgoland revolutionieren soll. Diese beruhte bislang auf älteren Dieselaggregaten, deren störungsfreier Betrieb langfristig nicht mehr sichergestellt ist.

NSW legt längstes deutsches Stromkabel nach Helgoland © NSW

Das Energieseekabel wird deshalb in Kürze Deutschlands einzige Hochseeinsel direkt mit dem Stromnetz auf dem Festland verbinden. Im Rahmen des 20 Millionen Euro teuren Vorhabens von E.ON Hanse kommt ein 30 Kilovolt Mittelspannungskabel zum Einsatz, das von NSW komplett in einem Stück produziert wurde.

Das eigentliche Ziehen der „Strippe“ wird mit der Barge NOSTAG 10 erfolgen. Das Schiff ist mit einer Länge von über 90 Metern und einer Breite von 27 Metern sowie einer sehr hohen Tragfähigkeit ideal für den Einsatz in Nord- und Ostsee geeignet. Bereits im Juli 2009 wird das Verlegen des Powerkabels voraussichtlich abgeschlossen sein.

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Karte aller Unterseekabel (Stand 2008)


Stand: 08.05.2009