Ein seltenes Erz und die Folgen seiner Nutzung

Coltan

Coltan und die Folgen des Abbaus © MMCD / Creative Commons / Smithsonian

Was haben Handys mit Gorillas zu tun und kongolesische Rebellen mit der Playstation? Was verbindet den Göttersohn Tantalos mit modernen Notebooks? Und was passiert eigentlich, wenn sich alle Welt auf das Erz Coltan verlässt, das sowieso bald ausgeht?

Coltan, ein begehrtes Roherz, ist heutzutage wichtiges Baumaterial für die meisten elektronischen Geräte. Kein Flugzeug fliegt ohne das aus ihm gewonnene Tantal, kein Bordcomputer rechnet, kein Mauszeiger bewegt sich, kein Handy klingelt ohne es.

Was den meisten Nutzern jedoch nicht klar ist: Der Kampf um den Rohstoff Coltan hat in Afrika verheerende Folgen, für Mensch und Tier gleichermaßen. Denn hier, im tiefsten Regenwald an der Grenze zwischen dem Kongo, Ruanda und Uganda, lagern die weltweit größten Ressourcen des Roherzes.

Die politischen Machthaber in Zentralafrika führen Kriege um Coltan, und finanzieren sie gleichzeitig damit. Dabei werden weltweit pro Jahr nur wenige Tausend Tonnen verbraucht. Erst seit den 1950er Jahren wird Coltan überhaupt genutzt. Doch schon jetzt ist klar, dass die knappen Ressourcen dieses Rohstoffs schon bald wieder zur Neige gehen. Warum also ist Coltan so gefragt, und wie kann es eines Tages ersetzt werden?

Edda Schlager
Stand: 25.04.2009

Der Aufstieg des Coltan

Ein seltenes Roherz wird zum Star

Coltan-Konzentrat aus Brasilien © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Seitdem Mikroelektronik mit Internet, PCs und Mobiltelefonen zu einem Massenprodukt wurde, hat die wirtschaftliche Bedeutung des Coltan enorm zugenommen. Denn die in ihm enthaltenen Metalle Tantal und Niob erwiesen sich aufgrund ihrer spezifischen chemischen Eigenschaften als wichtige Baumaterialien für elektrische Kondensatoren, die in nahezu allen elektronischen Geräten gebraucht werden.

Besonders widerstandsfähig

Vor allem Tantal gilt als kostbares Metall. Mit einem enorm hohen Schmelzpunkt von 2.996 Grad Celsius und einem Siedepunkt von 5.429 Grad Celsius ist es eines der temperaturbeständigsten Metalle überhaupt. Ebenso ist es eines der am wenigsten reaktiven Elemente. Bei Zimmertemperatur widersteht es selbst Säuren und Basen, erst ab 150 Grad wird es von diesen angegriffen.

Wegen dieser Beständigkeit konnte das Tantal zwar erst verhältnismäßig spät industriell genutzt werden, dafür gehört es heute aber in verschiedenen Industriebereichen zu einem der gefragtesten Metalle. Weil es chemisch so stabil und kaum von Korrosion gefährdet ist, kommt es in der Medizintechnik und bei medizinischen Implantaten zum Einsatz. So werden Knochennägel, Prothesen oder Kieferschrauben für Zahnimplantate aus Tantal gefertigt.

Ein Spezialist mit Kapazität

Ebenso nutzt man Tantal als Bestandteil von Superlegierungen, also Mischungen aus zahlreichen Metallen mit unterschiedlichen Eigenschaften, die die Materialbeständigkeit von extrem beanspruchten Bauteilen zum Beispiel für Gasturbinen oder Flugzeugmotoren garantieren.

Die hohe elektrische Kapazität von Tantal, die Fähigkeit, elektrische Ladung zu speichern, prädestiniert es für den Einsatz in elektrischen Kondensatoren. Die ersten Tantal-Elektrolytkondensatoren wurden bereits in den 1930er Jahren gebaut. Doch erst nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte man die Technik maßgeblich weiter, so dass Tantal als Grundmaterial für jegliche elektronischen Geräte nahezu unentbehrlich wurde.

Star mit Seltenheitswert

Dem großen Bedarf gegenüber stand seit Beginn der industriellen Nutung die Tatsache, dass Tantal ein sehr seltenes Element ist. Von den 80 stabilen der insgesamt etwa einhundert chemischen Elemente rangiert es im Vorkommen weltweit auf Platz 50. Innerhalb der Erdkruste ist Tantal mit einem Anteil von nur 0,00017 Prozent vorhanden. Zum Vergleich: Eisen kommt in der Erdkruste mit einen Anteil von 4,6 Prozent vor, Calcium mit etwa 3,6 Prozent oder Kupfer mit 0,006 Prozent.

In den 1980er Jahren ließ die Nachfrage nach Tantal zwischenzeitlich aufgrund von Börsenspekulationen nach. Aber weil elektronische Geräte für normale Verbraucher immer kompakter und erschwinglicher und aufgrund der „digitalen Revolution“ immer notwendiger wurden, stieg der Bedarf an Tantal in den 1990er Jahren wieder an. Für die Miniaturbauweise ist Tantal ideal, und im Vergleich zu den Anfängen der Tantal-Kondensatoren haben heutige Modelle bei der gleichen Größe die 20fache Kapazität.

Steigender Bedarf und sinkende Vorkommen

Um das Jahr 2000 herum erlebte die Nachfrage nach Tantal und dem Roherz Coltan einen bis dahin unbekannten Boom. Zeitweise war Tantal auf dem Weltmarkt teurer als Silber und kostete pro Kilogramm etwa 500 US-Dollar. Mittlerweile liegt der Preis bei etwa 100 US-Dollar pro Kilo. Der Grund für die gesunkenen Preise: Es wurden mehrere neue Lagerstätten erschlossen.

Doch eines ist sicher – Coltan und seine Bestandteile Tantal und Niob sind endliche Rohstoffe. Pro Jahr werden nur etwa 1.400 Tonnen reines Tantal produziert, rund 60 Prozent davon gehen in den Bau von elektronischen Geräten wie Mobiltelefone, Laptops oder Spielkonsolen. Mit Niob wird hauptsächlich Stahl veredelt.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln stuft heute sowohl Tantal als auch Niob unter der Gesichtspunkt künftiger Verfügbarkeit als „besonders kritische“ Rohstoffe sein, ähnlich wie Chrom, Molybdän oder Platinmetalle. Allen diesen Stoffen ist gemein, dass sie in nur wenigen Lagerstätten konzentriert sind und weltweit nur von wenigen Unternehmen produziert und verkauft werden. Zudem, heißt es beim IW, seien diese Metalle nur schwer oder gar nicht durch Alternativen zu ersetzen.


Stand: 25.04.2009

Ein bisschen Chemie-Historie

Coltan, Columbium und die griechischen Götter

Coltan ist ein „Underdog“ unter den Rohstoffen weltweit. Das Roherz hat in den vergangenen zehn Jahren an wirtschaftlicher Bedeutung enorm zugenommen, war jedoch bis dahin kaum bekannt.

Entdeckt, und doch geirrt

Schuld daran ist auch das etwas verwirrende Namenskonstrukt. Coltan steht für Columbit-Tantalit, eine bestimmte Mineraliengruppe, die aus den beiden metallischen Elementen Tantal und Niob besteht.

Stets tauchen die beiden Metalle gemeinsam auf, meist in Granitvorkommen. Und noch während ein Großteil der chemischen Elemente im 18. und 19. Jahrhundert entdeckt, katalogisiert und benannt wurde, war nicht klar, ob es sich bei den beiden Metallen tatsächlich um zwei verschiedene Elemente handelte.

Erstmals entdeckt hatte man das Erz in Kolumbien, schon im 17. Jahrhundert – daher der ursprüngliche Name Columbit. Charles Hatchet, ein englischer Minaeraloge, hatte im Jahr 1801 nach dem Erz das neue chemische Element Columbium benannt.

Griechische Helden als Namenspatrone

Im Jahre 1802 dann identifizierte der schwedische Chemiker und Mineraloge Anders Gustaf Ekeberg ein weiteres neues chemisches Element, Tantal oder Tantalum. Er fand es in Mineralien aus Finnland und Schweden und gab ihnen den Namen Tantalit und Yttrotantalit. Das neue Element selbst benannte Ekeberg als Tantal, nach Tantalos, Sohn des Zeus und der Nymphe Pluto in der griechischen Mythologie.

Ein Jahr zuvor hatte der englische Chemiker William Hyde Wollaston bereits ein anderes , noch namenloses Element beschrieben, dem das von Ekeberg entdeckte Tantal zum Verwechseln ähnelte. Wollaston selbst kam nach Ekebergs Entdeckung zu dem Schluss, dass beide Materialien identisch waren. Fast ein halbes Jahrhundert gingen Chemiker weltweit davon aus, dass Wollaston recht hatte.

Doch 1844 griff der deutsche Chemiker Heinrich Rose die Diskussion um die beiden beschriebenen, für gleich befundenen Stoffe erneut auf. Denn in Columbit-Erzen wies er Tantal nach, stieß jedoch noch auf ein weiteres, dem Tantal ganz ähnlichen Element und nannte es Niob – nach Tantalos’ Tochter Niobe. Wie Rose herausfand, handelte es sich bei Niob um jenes Element, das Wollaston bereits früher beschrieben, bei der Entdeckung des Tantals jedoch verkannt hatte.

Namenswirrwar bleibt

Heinrich Rose konnte demnach zwei Irrtümer widerlegen: Wollastons Einschätzung, und auch die von Charles Hatchet, der das Element Columbium „erfunden“ hatte, das – wie nun klar war – tatsächlich aus den zwei einzelnen Elementen Tantal und Niob bestand.

Die Namensverwirrung hat sich bis heute erhalten. Obwohl die Bestandteile klar identifiziert sind und mittlerweile klar ist, worauf es der Industrie bei dem Erz wirklich ankommt – der Name bleibt eine Reminiszenz an die, die den Weg ebneten für den Coltan-Boom der letzten zehn Jahre.


Stand: 25.04.2009

Hintergründe des Kongokriegs

Kriegsursache: Coltan

Die Demokratische Republik Kongo in Zentralafrika © GTZ

Ein Großteil der weltweiten Coltan-Reserven liegt im Herzen Afrikas, in der Demokratischen Republik Kongo (DRC). Rund 80 Prozent der weltweiten Vorkommen lagern hier. Und Coltan ist auch eine der Ursachen des Kongokriegs, der seit 1996 mehr als fünf Millionen Todesopfer gefordert hat – mehr als jeder andere Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg.

Erst im Jahre 2008 wurde der Kongokrieg offiziell als beendet erklärt, „eine der schlimmsten, humanitären Katastrophen weltweit“, wie der Bürgerkrieg von der International Crisis Group, einer unabhängigen Organisation für internationale Konflikte und Krisengebiete, bezeichnet wurde.

Ethnische Konflikte nur als Vorwand?

Mehr als zehn Jahre lang hatten sich in diesem Bürgerkrieg die gegenüberstehenden, rivalisierenden Gruppen gegenseitig verfolgt. Dabei wurden ethnische Identitäten im Kampf um politische und ökonomische Vorherrschaft instrumentalisiert. Denn in den ostkongolesischen Provinzen Ituri und Kivu liegen die größten Goldvorräte der Welt, aber auch Diamanten, Erdöl und – Coltan.

Der Konflikt entwickelte sich in den 1990er Jahren und richtete sich gegen die teilweise schon seit der Kolonialzeit in Kivu lebenden Einwanderer aus Ruanda und Burundi. Als nach dem Völkermord in Ruanda 1994 über eine Million Flüchtlinge aus Ruanda in den Kongo kamen, unter ihnen auch die für den Völkermord an Tutsi und moderaten Hutu verantwortlichen Hutu-Milizen, eskalierte der Konflikt. Kongolesische und ruandische Milizen gingen seitdem gemeinsam gegen die im Kongo lebenden ruandischen und kongolesischen Tutsi vor.

Die Macht des Coltans

Nachdem im Jahr 2000 ruandische und ugandische Truppen in der Provinzhauptstadt Kisangani gegeneinander kämpften und dabei 600.000 Kongolesen umkamen, beriefen die Vereinten Nationen eine Untersuchungskommission ein. Sie sollte der illegalen Ausbeutung von Rohstoffen im Kongo nachgehen. Denn im illegalen Rohstoffhandel vermutete man sowohl eine Ursache für die Konflikte, gleichzeitig aber auch eine Geldquelle, durch die die Kriegsparteien ihre Kämpfe weiterführen konnten.

Offiziell behauptete der ruandische Präsident Paul Kagame gegenüber den Vereinten Nationen, die ethnischen Konflikte in der Republik Kongo verhindern zu wollen. Doch die UN-Kommission kam zu dem Schluss, dass sowohl der ugandische Präsident Yoweri Museveni als auch Kagame in Wirklichkeit die Fäden beim illegalen Rohstoffexport in den Händen hielten. Die Kommission bezeichnete sie gar als „Paten des illegalen Rohstoffhandels“. Ihr Auftritt im Kongo galt allein den Mineralressourcen des Landes.

Der Westen will nur spielen

85 westliche Konzerne, so der UN-Bericht aus dem Jahr 2002, seien damals am Handel von kongolesischen Rohstoffen beteiligt gewesen, wenn auch zum Teil nur indirekt, und hätten so zur persönlichen Bereicherung einzelner Kriegstreiber und an der Finanzierung des Bürgerkriegs beigetragen.

Auch ein deutsches Unternehmen gab es in der Liste, das 75 Tonnen Coltan von den Kriegsparteien eingekauft und an ein auf die Produktion von Tantal spezialisiertes Unternehmen in Deutschland verkauft hatte.

Die Zeit des Coltan-Booms und den zunehmend kriegerischen Auseinandersetzungen im Kongo fiel mit der steigenden Popularität von Spielkonsolen und Handys zusammen. Während sich die reichen Industrienationen mit Computerspielen und Mobiltelefonen eindeckten, profitierten die Kriegstreiber im Kongo von der großen Nachfrage nach Coltan.

Der Lüge überführt

Bereits 1999 hatten die Vereinten Nationen in einem Bericht veröffentlicht, dass 80 Prozent des 320 Millionen US-Dollar umfassenden Militärbudgets Ruandas aus gestohlenen Mineralressourcen der Demokratischen Republik Kongos finanziert wurden. Im Jahr 2001 flossen etwa 20 Millionen US-Dollar ins ruandische Militärbudget allein aus dem Handel mit Coltan.

Die ruandische Regierung verteidigte sich gegen internationale Anschuldigungen, die Ressourcen illegal auszubeuten, und behauptete, 1.440 Tonnen Coltan pro Jahr aus eigenen Minen zu gewinnen. Dabei verriet sich die Regierung offensichtlich selbst, denn die UN hatte in ihrem Bericht Zahlen aus der offiziellen Statistik Ruandas veröffentlicht, wonach die Coltan-Produktion des Landes lediglich 83 Tonnen pro Jahr betrug.


Stand: 25.04.2009

Wie der Coltan-Boom Bauern zu Kumpeln macht

Bergbau statt Landbau

Die steigende Bedarf an Coltan führte zu Beginn des neuen Jahrtausends nicht nur dazu, dass zahlreiche große internationale Industrieunternehmen in den Abbau und den Handel einstiegen – auch außerhalb von Zentralafrika wurden Vorkommen entdeckt, in Südamerika, Australien und Kanada, deren Abbau sich lohnte.

Soziale Folgen des Coltan-Booms

Kleinbergbau auf Coltan in Mosambik © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Doch da in Zentralafrika die weitaus größten Reserven des begehrten Erzes lagern, brachte hier der Coltan-Boom auch die größten sozialen Veränderungen mit sich. Zu dieser Erkenntnis kommt eine gemeinsame Studie der kongolesischen Entwicklungshilfe-Organisation Pole-Institut, des Deutschen Evangelischen Entwicklungsdienstes und der deutschen Tageszeitung taz.

Zur Zeit des großen Coltan-Booms Ende 2000 bis August 2001, als die Weltmarktpreise bereits wieder zu fallen begannen, untersuchten die Entwicklungshelfer insbesondere die Gegend um Masisi, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, in der die Menschen traditionell von Landwirtschaft leben, und die Gegend um die Coltan-Minen von Numbi.

Wilder Bergbau

Anders als in den Industrieländern Kanada oder Australien, wo Abbaulizenzen vergeben werden und der Abbau selbst industriell erfolgt, erhofften sich durch den kleingliedrigen Abbau im Kongo oder in Ruanda auch einfache Leute, finanziell vom Coltan-Rausch zu profitieren. Hatten sie doch die Hoffnung, sich aus ihrer oft ärmlichen Lebenssituation zu befreien. In dem durch den Bürgerkrieg entstandenen wirtschaftlichen und politischen Vakuum gab es zudem kein staatlich reguliertes Abbausystem. Jeder der wollte, konnte anfangen zu graben. Professionelle Händler vermittelten den Verkauf des abgebauten Coltans und drückten den Lohn oft zu ungunsten der Bergleute, während die Preise auf dem Weltmarkt stiegen.

Gute Verdienste

Dennoch – während man im Kongo als Bauer etwa zehn Dollar pro Monat verdiente, brachte der Coltan-Bergbau bis zu 50 Dollar pro Woche ein.

„Natürlich kann der Coltan-Abbau unsere Alltagsprobleme langfristig nicht lösen,“ so ein befragter Minenarbeiter, der früher Bauer war, in einem der zahlreichen Interviews, das das Pole-Institut für die Studie durchführte. „Aber wir verdienen jetzt sehr viel mehr Geld als vorher.“ Kurzfristig könne er sich auf keinen Fall vorstellen, wieder als Bauer zu arbeiten. Aber das verdiente Geld wolle er später wieder ins seine Landwirtschaft zuhause investieren.

Auch Célestin Maniriho, Manager einer Coltan-Mine in Numbi, sieht nur die positiven Effekte des Bergbaus: „Die Arbeitslosigkeit nimmt ab, durch den Krieg vertriebene Menschen finden neue Arbeit, Schüler und Lehrer können arbeiten und Geld verdienen, während sie auf den Wiederaufbau der Schulen warten.“

Dennoch Enttäuschungen

Doch viele Kongolesen wurden auch enttäuscht. So berichten Nzakuza and Ndagije, zwei Coltan-Kumpel aus Luwowo und Mishavu, dass sie in den Minen zwar mehr Geld verdienten als zuhause als Bauern. Doch sei die Versorgung in den Bergarbeiter-Camps doppelt bis dreimal so teuer wie daheim. Alles Geld würde so wieder aufgebraucht. „Oft kehren wir ohne Geld nach Hause zurück, weil wir alles für Essen ausgegeben haben“. Seine Zukunft sah im Interview keiner von beiden im Coltan-Abbau. „Wir hoffen, eines Tages einen großen Diamanten zu finden und uns davon Vieh und Felder kaufen zu können“.

Wie Nzakuza and Ndagije verließen viele Kongolesen, ihre heimatlichen Dörfer mitsamt Feldern und Vieh, überließen die Landwirtschaft den Frauen und verdingten sich als Minenarbeiter. Die Folge: Nahrungsmittelknappheit, denn viele Felder wurden nicht mehr bewirtschaftet, die Lebensmittel wurden teurer.

Auch viele Kinder verdingten sich in den Minen, oft auf Geheiß ihrer Eltern. Alphonse Batibwira, Lehrer aus Matanda: „Mehr als 30 Prozent der Kinder und fünf bis zehn Prozent der Lehrer hier haben die Schule verlassen, um stattdessen in den Minen zu arbeiten.“ Weil die Lehrer von den Schulgebühren der Schüler leben, die jedoch nicht alle zahlen könnten, seien sie auf alternative Einkommen angewiesen – ein Teufelskreis, der nur durch staatliche Gehälter behoben werden könne, so Batibwira.

Coltan bleibt gefragt

Auch heute, rund acht Jahre nach dem großen Coltan-Boom, leben noch immer viele Menschen vom Abbau des Roherzes, einem der wenigen Wirtschaftsbereiche, die im Kongo noch funktionieren, denn Nachfrage besteht auf dem Weltmarkt nach wie vor. Doch mit dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs im vergangenen Jahr und mit dem Wiederaufbau des Landes beginnen die sozialen Probleme im Kongo jetzt möglicherweise erst. Für viele bleibt der Coltan-Abbau nach wie vor eine Alternative zur Landwirtschaft.


Stand: 25.04.2009

Artisanaler Coltan-Bergbau

Handarbeit ersetzt Maschinenkraft

„Rund zwei Millionen Bergleute gibt es in der Demokratischen Republik Kongo,“ schätzt Jürgen Vasters von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), „und rund zehn Millionen vom Kleinbergbau abhängige Menschen – das sind rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes.“

80 bis 100 Prozent aus Kleinstbergbau

Förderung von Wolframerzen im artisanalen Bergbau © BGR

Diese Bergleute im so genannten artisanalen Bergbau, der nahezu ausschließlich in Handarbeit erfolgt und kaum mechanisiert ist, haben bis vor kurzem je nach Rohstoff zwischen 80 und 100 Prozent der kongolesischen Gesamtrohstoffproduktion gefördert. Coltan steht dabei ebenso auf der Liste der Rohstoffe wie Gold und Silber oder Wolfram und Kobalt. Fast alle diese Edelmetalle stammen im Kongo aus der artisanalen Produktion.

Weltweit sind rund 15 Millionen Menschen im artisanalen und Kleinbergbau beschäftigt. Wissenschaftler schätzen aber, dass insgesamt sogar 100 Millionen Menschen existentiell davon abhängig sind. Zum Vergleich: Der industrielle Bergbau beschäftigte zur Jahrtausendwende weltweit lediglich etwa sieben Millionen Menschen.

Unterschätze Gefahren

Der Bürgerkrieg im Kongo hat der Entwicklung des Kleinbergbaus Vorschub geleistet. Doch obwohl dadurch zahlreiche Möglichkeiten an alternativen Einkommensquellen entstanden sind, birgt er auch Gefahren. „Obwohl die meisten Berggesetze den artisanalen Bergbau theoretisch regeln, ist der Einfluss der gesetzlichen Bestimmungen auf den Sektor in der Realität sehr gering“, so Frank Melcher, der auch an der BGR den Kleinbergbau im Kongo untersucht hat. „Die Arbeitsbedingungen sind schlecht, Kinder- und Zwangsarbeit sind üblich. Die mangelnde Arbeitssicherheit führt darüber hinaus häufig zu Unfällen.“

Aufgrund der fehlenden technischen Ausrüstung und mangelnder Ausbildung sind die Bergarbeiter in den Coltan-Minen des Ost-Kongo besonderen Gefahren ausgesetzt. Vor allem Erdrutsche verursachen immer wieder Todesfälle in den Minen. Oft graben die Bergleute an Berghängen bis zu sechs Meter tief. Wenn die Löcher mit Wasser vollaufen, können sie einstürzen, oder der gesamte Hang rutscht ab.

Abhängigkeit von Händlern

Zudem werden die Bergleute während der Anfangsphase ihrer Tätigkeit oft von Händlern zwischenfinanziert und sind später dann gezwungen, dieses Darlehen abzuarbeiten. Die Folge: langfristige Abhängigkeit.

Die Minenarbeiter selbst können die geförderten Rohstoffe kaum selbst verkaufen, da sie weder über die technische noch die ökonomische Infrastruktur verfügen, und so keinen Zugang zu freien Rohstoffmärkten finden. Händlern vor Ort gibt dies die Möglichkeit, die Preise noch stärker zu diktieren als ohnehin.


Stand: 25.04.2009

Deutsche entwickeln Prüfverfahren

Chemischer Fingerabdruck soll Kriege verhindern

Der Kongokrieg hat gezeigt, wie der Kampf um Rohstoffe einen derartigen Konflikt wirtschaftlich und politisch beeinflussen kann. Seitdem die Vereinten Nationen die illegalen Handelsströme des kongolesischen Coltans aufgedeckt und westliche Unternehmen weltweit angeprangert haben, gilt der Rohstoff aus dem afrikanischen Bürgerkriegsland auf dem Weltmarkt als nicht mehr akzeptabel.

Seit dem Jahr 2001 hat kongolesisches Coltan daher weltweit nahezu keine Rolle mehr gespielt und wurde boykottiert. Firmen wie H.C. Starck aus Deutschland, Weltmarktführer bei der Verarbeitung von Coltan, verpflichteten sich, nur noch solches Roherz zu kaufen, von dem klar war, dass es ohne Umwelt- und Gesundheitsschäden und unter Einhaltung internationaler Förderstandards produziert wird.

Gütesiegel fehlen

Bislang existiert jedoch in der Rohstoffwirtschaft kein Verfahren, mit dem Produkte aufgrund von Nachhaltigkeits- und Entwicklungsstandards in der Produktion gekennzeichnet werden – etwa vergleichbar mit den Gütesiegeln, die es in Forstwirtschaft und Fischerei bereits gibt.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat deshalb im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ein Konzept erarbeitet, um soziale und ökologische Mindeststandards beim Abbau mineralischer Rohstoffe in Entwicklungsländern sicherzustellen. Mit diesem Konzept sollen die Handelsketten dieser Rohstoffe und die beteiligten Partner zertifiziert werden. So wolle man legale von illegalen Handelswegen unterscheiden, so Markus Wagner von der BGR. Ebenso soll den Produzenten aus dem Kleinbergbau so der Weg zu den industriellen Rohstoffabnehmern vereinfacht werden.

Nachweis per Chemie

Mithilfe eines „chemischen Fingerabdrucks“ sollen auch konkrete Herkunftsnachweise für bestimmte Erze, Minerale oder Metalle in das Konzept der BGR einbezogen werden. Zum Einsatz kommen dabei Methoden, mit denen die Rohstoffe auf ihr Alter und ihre spezifischen chemischen und mineralogischen Eigenschaften untersucht werden können. Denn aufgrund seiner geologischen Entstehung kann ein Coltan-Erz aus dem Kongo andere Merkmale aufweisen als solches aus Ruanda. So können bespielsweise die prozentualen Anteile an Tantal und Niob variieren oder bestimmte Gang- und Nebengesteine im Erz auf eine eindeutige Herkunft hinweisen.

Parameter des Herkunftsnachweises von Coltan © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Besonders einfach ist dies bei Erzen und Mineralen, deren Mineralogie und Geochemie relativ variabel sind, aber in nur wenigen Lagerstättentypen und Liefergebieten vorkommen. Coltan, so die BGR, habe all diese Voraussetzungen, das Roherz sei somit besonders für die Zertifizierung geeignet.

Testlauf in Afrika

Regionaler Schwerpunkt für die Zertifizierung von Rohstoffen soll Afrika sein. Einerseits sind mineralische Rohstoffen für Entwicklungsländer wirtschaftlich besonders wichtig. Andererseits ist die Steuerung und Kontrolle in der Rohstoffwirtschaft in vielen Ländern so defizitär, dass die Produktion weder transparent noch nachhaltig ist.

Das Kontrollverfahren der BGR könnte schon bald dringend notwendig werden. Denn die bisher größte Tantal-Mine der Welt, Wodgina in Australien, steht kurz vor der Schließung. 30 Prozent der Weltproduktion an Tantal kamen in den letzten Jahren aus Wodgina. Grund für die Schließung ist jedoch nicht etwa, dass dem Tagebau das Coltan ausgeht. Der Betreiber der Mine, das australische Unternehmen Talison, wollte den Preis für Tantal um 80 Prozent anheben. Da sich die Abnehmer, hauptsächlich Elektronikunternehmen, dagegen wehrten, droht der Produzent nun mit der Schließung der Mine.

Coltan aus Kongo wird wieder nachgefragt

Auch wenn es sich hier um taktisches Geplänkel und eine künstliche Verknappung des Rohstoffs handeln mag, absehbar ist, dass auch das kongolesische Coltan für den Weltmarkt wieder zunehmend interessant wird – und damit die bisherigen Konflikte erneut angeheizt werden. Denn China, so der internationale Rohstoffanalytiker und Journalist Denis Zogbi. stelle seine Coltan-Importe seit 2007 auf Quellen aus Ruanda und dem Kongo um. Die deutsche Firma H.C. Starck dagegen wird ihr Coltan künftig aus Ägypten, statt aus Australien beziehen, auf keinen Fall jedoch aus dem Kongo, um nicht erneut in Verruf zu geraten.

Das Zertifizierungsverfahren der BGR soll demnächst kongolesisches und ruandisches Coltan sauber voneinander unterscheiden. Denn was man in jedem Fall verhindern will ist, dass erneut Coltan aus Minen unter militärischer Kontrolle auf den Weltmarkt gerät und der Konflikt im Kongo so möglicherweise wieder angefacht wird.


Stand: 25.04.2009

Coltan-Abbau im Gorillla-Land

Schwarze Riesen durch Handys in Gefahr

Berggorilla © Creative Commons

Der Coltan-Abbau in Zentralafrika bringt nicht nur wirtschaftliche und soziale Probleme mit sich, sondern richtet auch erhebliche Umweltschäden an. Ausgerechnet dort, wo die wichtigsten Coltan-Lagerstätten zu finden sind, im Osten der Demokratischen Republik Kongo an der Grenze zu Uganda und Ruanda, erstreckt sich einer der artenreichsten Naturräume der Region – tropischer Regenwald, der lange Zeit nahezu unberührt blieb und der ungewöhnlich viele seltene Pflanzen- und Tierarten beheimatet.

Einmaliger Regenwald

Hier liegt beispielsweise der Kahuzi Biega National Park, der bereits 1980 in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbe eingetragen wurde. Auf 2.100 bis 2.400 Meter über dem Meeresspiegel und über etwa 600.000 Hektar erstreckt sich hier ein einmalig erhaltenes zusammenhängendes Stück tropischen Regenwalds, der sich um die beiden Vulkanen Kahuzi und Biega zieht. Hier sind zahlreiche seltene Tierarten beheimatet, wie beispielsweise der Grauer-Gorilla. Rund 86 Prozent der insgesamt noch etwa 5.000 bis 10.000 Exemplare dieser Gorillaart leben im Kahuzi Biega National Park.

Im Virunga-Nationalpark, 790.000 Hektar groß, im Gebiet der Virunga-Vulkane, mitten im Großen Afrikanischen Grabenbruch, lebt dagegen der Großteil der noch verbliebenen Berggorillas. Etwa 380 Tiere gibt es noch, schätzt die deutsche Umweltschutz-Organisation Pro Wildlife.

Geschützt und doch geschädigt

Doch der Coltan-Abbau hat auch hier seine Spuren hinterlassen. Wie der Dian Fossey Gorilla Fund im Jahr 2001 in einer Studie nachwies, zerstört der Coltan-Abbau insbesondere den Lebensraum der Gorillas und nimmt ihnen so die Lebensgrundlage. So wird um neue Fundstätten zu erschließen, Bergarbeiter-Camps zu errichten und sich dort mit Feuerholz zu versorgen der Regenwald abgeholzt.

Schädel eines Berggorillas © Dian Fossey Gorilla Fund Europe

Auch die Flüsse verschmutzen durch das Auswaschen der Coltan-Lagerstätten, das beeinflusst die Fischbestände und das Wachstum von Wasserpflanzen. Durch das Abholzen komme es immer wieder zu Erdrutschen, die den verbliebenen Lebensraum langfristig zerstören. Gorillas, aber auch andere Arten wie Elefanten und im Regenwald lebende Raubkatzen sowie andere Affenarten, werden durch den Abbau aus ihrem Gebiet verdrängt und gestört. Gleichzeitig zu den Umweltveränderungen wird Jagd auf die Tiere gemacht, die als „Bushmeat“, als Wild, sehr begehrt sind.

Lage nach wie vor bedrohlich

Trotz des zurückgegangenen Coltan-Abbaus im Ost-Kongo hat sich die Lage für die Gorillas in den letzten Jahren längst nicht entspannt. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) betreibt im Virunga-Nationalpark eines ihre längsten und wichtigsten Schutzprojekte zur Rettung der Gorillas. Bis heute, so die ZGF, sei die Gefahr für die Affen längst nicht gebannt. Denn nach wie vor sei offensichtlich gerade der Lebensraum der Gorillas, die unzugänglichen Regenwälder, ein bei den Rebellen und Militärmilizen beliebtes Gebiet um abzutauchen. Schon häufig seien Gorillas den Schießereien zum Opfer gefallen oder aus reiner Provokation getötet worden.

Weil die Lage im Kongo für die Gorillas nach wie vor bedrohlich ist, haben zahlreiche internationale Organisationen das Jahr 2009 zum Jahr des Gorillas erklärt, unter anderem die UNESCO, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNEP und die UN-Konvention zum Schutz wandernder Tierarten CMS.

Handy-Recycling für Gorilla-Schutz

Handyschrott © umwelt-info.ch

Pro Wildlife hat dies zum Anlass genommen, ein Handy-Recyclingprogramm zu initiieren, um den so genannten „Bluhandys“ etwas entgegenzusetzen, Handys, die auf Kosten vom Aussterben bedrohter Tierarten produziert werden – denn heutzutage steckt in jedem der weltweit geschätzt drei Milliarden Handys Coltan.

Das soll den Gorillas gleich zweifach zugute kommen: Zum einen setzt die Organisation den Erlös für den Schutz von Gorillas ein. Zum anderen werden noch funktionsfähige Handys

wiederverwendet, wodurch weniger Coltan abgebaut werden muss.

Und so funktiniert’s: Der Handyrecycler Greener Solutions sammelt für Pro

Wildlife Althandys ein. Für jedes Handy, je nach Modell und Baujahr, fließen zwischen 75 Cent und 200 Euro an Pro Wildlife. Die wiederum werden in einem der Schutzprogramme von Pro Wildlife genutzt, beispielsweise um Ranger-Trupps beim Einsatz gegen illegale Wildtierhändler-Ringe oder Milizen im Ostkongo zu unterstützen.


Stand: 25.04.2009

Wenn das Coltan ausgeht

Marktengpässe ab 2030

Coltan aus einer Mine in Ruanda © Dian Fossey Gorilla Fund Europe

Grundsätzlich gilt natürlich:Nicht jedes Kilogramm Coltan ist aus ökologischen oder politischen Gründen bedenklich. Die Betreiber der Fördergebiete in Australien, Kanada, Ägypten oder Brasilien haben sich internationale Förder-Standards auferlegt – auch wenn dies für den Endabnehmer schließlich teurer ist.

Doch weil es in Zentralafrika die größten Coltan-Reserven weltweit gibt, wird der Abbau im Kongo, in Ruanda oder Uganda früher oder später wieder aufgenommen werden, die Nachfrage auch nach diesen bisher weitestgehend boykottierten Reserven ansteigen.

Engpass-Studie

Das Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe und das deutsche Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT haben Anfang dieses Jahres eine Studie vorgelegt, die den zukünftigen Rohstoff-Bedarf bestimmter Zukunftstechnologien analysiert.

„Eine Reihe von Zukunftstechnologien ist auf bestimmte seltene Metalle so stark angewiesen, dass ihr massenhafter Ausbau durch Rohstoffengpässe bedroht ist“, warnte Lorenz Erdmann, Experte für seltene Metalle beim IZT. Zu den betroffenen Technologien gehörten Brennstoffzellen, die Platin und Scandium benötigten, die auf Gallium, Germanium, Indium angewiesene Elektrooptik und insbesondere auch die Mikroelektronik, bei der Tantal zum Einsatz kommt.

Coltan eines der wichtigsten Rohstoffe

Tantal und Niob gehörten zu den 22 untersuchten, von den Wissenschaftlern als zukunftsträchtige Hightech-Metalle eingeschätzten Elementen, daneben aber auch Kupfer, Chrom, Kobalt, Rhodium oder Silber. Die Empfindlichkeit der Rohstoffe verbrauchenden Wirtschaftssektoren sei insbesondere dort erhöht, wo die Möglichkeit fehlt, knappe und teure Rohstoffe zu ersetzen. Dies gilt vor allem, wenn diese Rohstoffe nur in wenigen Ländern vorkommen, die zudem in politisch instabilen Regionen liegen – so wie es sich beim Coltan darstellt.

Bis zum Jahr 2030 könnte es in Deutschland zu erheblichen dieser Hightech-Metalle kommen. Weltweit gibt es nach einer Schätzung des USGS Coltan-Reserven für noch weitere 150 Jahre.


Stand: 25.04.2009

Keramik, Aluminium oder Niob

Alternativen zu Tantal in Sicht?

Was aber sind die Alternativen zum Tantal, dem eigentlich so wichtigen Anteil des Coltan? Bei den elektrischen Mikro-Kondensatoren, wo Tantal bisher hauptsächlich eingesetzt und aufgrund seiner einmaligen Eigenschaften so dringend benötigt wird, arbeitet man daran, das Tantal durch Keramik zu ersetzen.

Keramik statt Tantal

So hat die deutsche EPCOS AG alternativ zu Tantal-Kondensatoren gleichwertige Kondensatoren aus Keramik entwickelt. Sie haben sich zum Teil als robuster erwiesen, sind jedoch in Bezug auf das Verhältnis von Größe und Kapazität den Tantal-Kondensatoren noch unterlegen. Je nach Einsatzgebiet könnte Keramik jedoch das Tantal über kurz oder lang ersetzen.

Auch Christoph Schnitter vom Tantal-Produzenten H.C. Starck sieht vor allem in Keramik- und auch in Aluminium-Kondensatoren eine Alternative zum Tantal – allerdings auch als Konkurrenz zu den eigenen Produkten. Denn Schnitter und seine Kollegen erforschen derzeit die Möglichkeiten, auch Niob für Kondensatoren zu nutzen.

Niob muss reiner werden

Bislang verhinderte die mangelnde Reinheit von Niob in Verbindung mit der notwendigen großen Oberfläche den Einsatz in Kondensatoren. Doch in einer Pilotanlage im Hauptsitz seines Unternehmens in Goslar ist es Schnitter und seinen Kollegen gelungen, hochreines Niob herzustellen. Dies wiederum liefern sie an Kondensatorhersteller, die dadurch in der Lage sind, alternative Niob-Kondensatoren zu entwickeln.

Niobkondensatoren sind etwa gleich leistungsfähig wie solche aus Tantal. Während Tantalkondensatoren für Betriebsspannungen bis 60 Volt geeignet und unerreicht stabil und zuverlässig sind, eignen sich die günstigeren Kondensatoren mit Niob jedoch nur für Spannungen bis zehn Volt.

Tantal setzt man deshalb gerne in Bauteilen ein, die besonders zuverlässig arbeiten müssen, für Flugzeuge, Autos oder in der Medizintechnik. Niob dagegen ist ein Produkt für den Massen- und Wegwerfmarkt und bisher besser geeignet für Spielkonsolen und Laptops.

Zukunft Niob?

Die alternativen Neuentwicklungen haben laut Schnitter aber noch ihre Tücken. Aluminiumkondensatoren seien zwar preiswert, hätten aufgrund ihrer flüssigen Kathode jedoch recht hohe Widerstände. „Bis zu zehn herkömmliche Aluminiumkondensatoren“, so Schnitter, „können deshalb für bestimmte Anwendungen durch einen Niobkondensator ersetzt werden. Der Preisvorteil des Aluminiums ist dann allerdings wieder dahin.“ Zwar gibt es auch Hochleistungs-Kondensatoren aus Aluminium mit einem leitfähigen Polymer als Kathode, aber die sind deutlich teurer. Bei den Keramikkondensatoren ist es ähnlich: Wenn nur kleine Kapazitäten benötigt werden, sind sie konkurrenzlos günstig.

Die Zukunft, davon sind Schnitter und seine Kollegen überzeugt, gehört den Niob-Kondensatoren. Denn die immer höheren Taktraten bei Computern bringen immer niedrigere Betriebsspannungen mit sich, wie sie für Niobkondensatoren erforderlich sind.

Wenn die weltweiten Coltan-Reserven ausgehen, wäre damit allerdings dennoch nicht viel gewonnen.


Stand: 25.04.2009