Das Phänomen der Biolumineszenz

Es werde Licht…

Qualle © NOAA/ Florida Keys National Marine Sanctuary

Worüber sich Erfinder wie Thomas Edison im 19. Jahrhundert den Kopf zerbrachen und was schließlich in der Erfindung der Glühbirne resultierte, hat die Natur bereits seit mehreren Millionen Jahren für sich patentiert: die Erzeugung von Licht. Und das viel effizienter als bei der herkömmlichen Glühbirne. Denn während die künstliche Lichtquelle 90 Prozent der Energie als Wärme verschwendet und nur zehn Prozent in Licht umsetzt, ist die Biolumineszenz ein so genanntes kaltes Licht. Ihre Lichtausbeute beträgt nahezu 100 Prozent, und hat daher den Vorteil, dass die Tiere sich beim Leuchten nicht überhitzen.

Das bekannteste Beispiel für Biolumineszenz ist das Glühwürmchen. Aber auch bei anderen Insekten, Larven, Würmern, Spinnen und sogar Pilzen wird das Leuchten beobachtet. Tiere produzieren das Licht entweder in speziell dafür entwickelten Organen oder es entsteht mit Hilfe von symbiontischen Leuchtbakterien, die in diesen Körperteilen leben.

Besonders bei Meeresbewohnern ist das Phänomen weit verbreitet. Forscher schätzen, dass 90 Prozent aller Lebewesen in der Tiefsee Biolumineszenz erzeugen können. Da unter Wasser Wellenlängen aus dem blau-grünen Bereich die größte Reichweite haben, sind es hauptsächlich diese Farben, die die Unterwasserwelt beleuchten. An Land ist das Phänomen dagegen nur auf wenige Arten beschränkt, dafür treten hier aber mehr Farben, zum Beispiel auch Gelbtöne auf.

Doch warum machen Lebewesen durch ein so auffälliges Phänomen auf sich aufmerksam? Die Biolumineszenz erfüllt verschiedene Funktionen. Sie dient beispielsweise zum Anlocken von Beute oder Partnern, aber auch zum Abschrecken von Feinden sowie zur Kommunikation…

Petra Jöstingmeyer
Stand: 02.09.2005

Vom Mysterium zur chemischen Formel

Geisterlichtern auf der Spur

Geheimnisvoll schimmert das Meer im Dunkel der Nacht, vor allem dort, wo ein Ruder die Oberfläche berührt. Dieses Phänomen beschreibt der griechische Naturphilosoph Anaximenes von Milet bereits vor 2.500 Jahren. Natürlich konnte er nicht wissen, dass dieses Meeresleuchten durch Kleinstlebewesen im Meer, den Dinoflagellaten ausgelöst wird. Der römische Naturforscher Plinius der Ältere macht im Jahre 50 n. Chr. schon wesentlich detailliertere Beobachtungen. Ihm fällt der leuchtende Schleim der Qualle Pulmo marinus auf. Fasziniert beschreibt er, wie ein Wanderstock den Weg wie eine Fackel erhellt, wenn man ihn mit dem Schleim einreibt. Auch das Leuchten von Glühwürmchen und Laternenfischen findet in seiner Naturalis historia Erwähnung.

Luciferase Reaktion © MMcD GmbH

Doch wie kommt diese Biolumineszenz überhaupt zustande? Im Altertum hielt man die gespenstischen Lichter zunächst für Geistererscheinungen, doch inzwischen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass hinter dem Phänomen meist eine simple enzymatische Reaktion steckt. Ein Protein, das Luciferin, setzt in Gegenwart von Sauerstoff und ATP Energie in Form von Licht frei. Voraussetzung für die Reaktion ist das Enzym Luciferase. Es spaltet Teilgruppen vom Luciferin ab. Dabei entsteht Energie, die als Lichtquant abgegeben wird. Weil man zunächst hinter den unerklärlichen Lichterscheinungen das Böse vermutete, benannte

Reaktion des Aequorins © MMcD GmbH
man die Reaktionsteilnehmer passenderweise nach Lucifer, dem gefallenen Engel des Lichts.

Ist das Luciferin einmal gespalten, ist es verbraucht. In den meisten Fällen muss zum anhaltenden Leuchten daher neues „Leuchtprotein“ nachgeliefert werden – entweder über die Nahrung oder durch Synthese im Lebewesen selbst.

Protein-Recycling

Aequorea victoria © Doug J. Eernisse, CSU Fullerton

Anders macht es die Qualle Aequorea victoria. Während das Luciferin nach der Reaktion sozusagen „unbrauchbar“ geworden ist, besitzt diese Qualle ein anderes Protein namens Aequorin, das nach der Reaktion wieder in seinen Ausgangszustand zurückversetzt wird. Es hat drei Bindestellen für Kalzium, die im „geladenen“ Zustand frei sind. Lagert sich Kalzium an, kommt es zur Lichtabgabe – das Protein wird „entladen“. Dabei entsteht jedoch nur blaues Licht. Warum leuchten die Quallen aber grün? Hierzu benötigen die Tiere einen weiteren Reaktionspartner, das grün fluoreszierende Protein (GFP). Dieses absorbiert das blaue Licht des Aequorins und strahlt grünes Licht ab. Das grüne Leuchten ist demnach eine Kombination aus diesem physikalischen Phänomen der Fluoreszenz und dem chemischen Phänomen der Biolumineszenz.

Forscher sehen die unterschiedlichen Reaktionswege, die zur Biolumineszenz führen als Beweis dafür, dass das Phänomen mehrmals unabhängig in der Evolution entstanden ist.


Stand: 30.08.2005

Mit Tricks auf Beutefang

Leuchtende Köder

Tiefsee-Anglerfisch © Wikipedia

Neugierig schwimmt ein kleiner hungriger Fisch auf einen hüpfenden Lichtpunkt zu. Doch plötzlich tut sich vor ihm ein großer Schlund auf. Zu spät erkennt er, dass er einem Anglerfisch auf den Leim gegangen ist.

Wie viele Tiefseefische setzt auch der Anglerfisch Biolumineszenz als Köder ein, um Beute herbeizulocken. Schon sein Name verrät die Methode, mit der er seine Nahrung fängt. Auf seinem Kopf trägt er einen Auswuchs, an dessen Ende sich ein fleischiges Anhängsel befindet, das hin und her baumelt, und ein Lockmittel darstellt. Da die meisten Anglerfische in Tiefseezonen leben, in die kein Sonnenlicht mehr dringt, sind sie auf leuchtende Köder angewiesen. Doch der Anglerfisch selbst hat nicht die Fähigkeit zum Leuchten erworben. Er ist auf die Hilfe von leuchtenden Bakterien angewiesen, die sich in seinem Anhängsel angesiedelt haben. Der Fisch selbst hat dabei eine dunkle Färbung, die ihn vor Entdeckung durch seine Beutetiere schützt.

Ganz geschickt geht auch der Zigarrenhai vor. An seinem Bauch hat er einen kleinen leuchtenden Fleck in Form eines kleineren Fisches. Größere Arten wie Thunfisch oder Makrele halten diesen vorgetäuschten Fisch für aussichtsreiche Beute und nähern sich ahnungslos, ohne die dunklen Umrisse des lauernden Räubers zu bemerken. Wenn sie versuchen, das mögliche Opfer zu fressen, schlägt der Hai zu und verspeist sie stattdessen.

Üblicherweise strahlen alle lumineszierenden Meeresbewohner bläuliches Licht ab. Zum einen, weil dieser Wellenlängenbereich die größte Reichweite unter Wasser hat, zum anderen, weil die meisten Meeresbewohner nur dieses Licht sehen können. Denn ihnen fehlen die Pigmente, um andere Wellenlängen wahrzunehmen.

Jagd im Rotlicht-Milieu

Dies machen sich Fische der Malacosteid Familie zunutze, die sehr wohl in der Lage sind, rotes Licht auszusenden und auch zu erkennen. Der schwarze Drachenfisch beispielsweise spürt seine Beute mit Hilfe von rotem Scheinwerferlicht auf. Das verschafft ihm einen großen Vorteil in der Tiefsee, denn, obwohl das Licht nicht sehr weit reicht, kann er damit seine Beute sehen, ohne selbst von ihr entdeckt zu werden. Um das Rotlicht zu erzeugen, benutzen die Fische eine Kombination von Filtern und fluoreszierendem Material.

Zunächst hat das Licht, das in den Leuchtorganen erzeugt wird, eine kürzere Wellenlänge, wie bei anderen Tiefseefischen auch. Doch dann wird es von einem fluoreszierenden Pigment innerhalb des Leuchtorgans absorbiert und im langwelligen Bereich wieder abgestrahlt. Vor der Abgabe ins Meer, wird es noch mehrmals auf diese Art gefiltert, bis es eine Wellenlänge hat, die fast an den Infrarotbereich grenzt.

Auch um das Licht selbst wahrzunehmen, benötigt der Fisch eine besondere Anpassung. Der Tiefseefisch Aristostomias besitzt beispielsweise zusätzliche Pigmente, um dieses langwellige Licht sehen zu können. Drachenfische haben dagegen nur die üblichen Photorezeptoren, die blaues Licht erkennen. Wie also können sie ihre Beute im Rotlicht erspähen? Die Lösung des Problems heißt „reverse Fluoreszenz“. Ähnlich wie bei der Photosynthese der Pflanzen absorbiert zunächst ein Antennenpigment das langwellige Licht und überträgt es dann in Form von Energie auf die blaulichtempfindlichen optischen Pigmente. Auf diese Weise wandeln die Fische das Licht in einen Wellenlängenbereich um, der für sie sichtbar ist.

Staatsqualle Erenna. Die rot leuchtenden Anhänge haben die Form von Ruderfußkrebsen und dienen als Köder. © Steven Haddock, MBARI

Auch der koloniebildende Tiefseepolyp Erenna nutzt Rotlicht zum Beutefang, wie der Meeresbiologe Steven Haddock und seine Mitarbeiter vom Forschungsinstitut des Monterey Bay Aquariums im Juli 2005 beobachtet haben. Bisher galt die Meinung, dass Staatsquallen Biolumineszenz nur zur Verteidigung, ähnlich wie Tintenfische einsetzen. Die Forscher fanden jedoch heraus, dass Erenna leuchtende Anhänge hat, die die Form von Ruderfußkrebsen haben. Damit gaukelt sie Fischen ihre natürliche Nahrung vor und verspeist sie, nachdem diese auf den Köder hereingefallen sind.

Rätselhaft ist für die Forscher allerdings noch, wieso die Staatsqualle zum Beutefang das nur selten wahrnehmbare Rotlicht benutzt. Sie vermuten nun, dass Rotlicht in der Tiefsee doch eine größere Rolle spielen könnte als bisher angenommen. Erenna lebt in einer Tiefe von 1.600 bis 2.300 Metern, wo Wirbeltiere nur selten vorkommen.


Stand: 30.08.2005

Tarnvorrichtung aktiviert

Nur ein Punkt unter vielen

Auf den ersten Blick scheint es ein Paradox zu sein, von Tarnung zu sprechen, wenn man durch helles Leuchten Aufmerksamkeit erregt. Doch einige Arten, wie beispielsweise der Tintenfisch, nutzen Biolumineszenz tatsächlich als Tarnvorrichtung. Raubfische richten ihre Aufmerksamkeit meist nach oben und suchen in den Wasserschichten über ihnen nach einer Silhouette oder einem Schatten. Genau damit rechnet der Tintenfisch. Betrachtet man ihn von unten gegen die erhellte Wasseroberfläche, verschwindet er bei „eingeschalteten Lampen“ zwischen dem Licht, das von oben kommt.

Garnele © USDA

Auch Garnelen passen sich mit dieser Taktik dem Hintergrund an. Dabei sind sie sogar in der Lage, die Farbe des Lichts, das sie aussenden, der jeweiligen Umgebung anzupassen. Tagsüber halten sie sich meist in kalten tieferen Wasserzonen auf, wo nur noch die Blautöne des Sonnenlichts hin gelangen. Entsprechend aktiviert die Garnele die Leuchtorgane, die blaues Licht ausstrahlen. Während der Nacht kommen die Garnelen an die wärmere Oberfläche. Hier herrschen Grün- und Blautöne vor, da das Mondlicht im seichteren Wasser noch nicht so stark gefiltert wird. Die Garnelen passen ihre Tarnung entsprechen an, indem sie zusätzliche Leuchtorgane aktivieren, die grünes Licht abstrahlen. Forscher haben herausgefunden, dass es nicht die Farbe ist, die die Tiere in der Wahl ihrer Tarnfarben beeinflusst, sondern die Umgebungstemperatur.

Garnelen erscheinen jedoch nur unsichtbar, solange sie nicht ihre Orientierung wechseln. Krill beispielsweise hat deshalb die Fähigkeit entwickelt, die Leuchtorgane entsprechend der Körperbewegung zu verschieben, so dass immer die Unterseite beleuchtet ist.

Leuchtende Wolke als Ablenkungsmaneuver

Doch Meeresbewohner verwenden Lichteffekte nicht nur, um sich zu tarnen. Oft erweisen sich diese auch als wirksames Ablenkungsmanöver, um den Feind vorübergehend abzulenken.

Vampirtintenfisch © Carl Chun/ Wikipedia

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebt die Tiefseeforschung einen enormen Aufschwung. Viele Länder entsenden Schiffe, die speziell in der Tiefsee arbeiten. Auch die Deutschen sind mit von der Partie. Unter der Leitung des Leipziger Zoologen Carl Chun sticht am 31. Juli 1898 der Dampfer „Valdivia“ von Hamburg aus zu einer neun Monate dauernden Forschungsreise in See. Dieser Expedition verdankt der Vampirtintenfisch seine Entdeckung. Die Forscher zogen ihn aus einer Tiefe von 4.000 Metern an Bord und gaben ihm den theatralischen Namen Vampyroteuthis infernalis, „Vampirtintenfisch aus der Hölle“. Der Name bezieht sich auf die Häute, die sich zwischen seinen Armen aufspannen und ihm das Aussehen eines in einen Umhang gehüllten Vampirs geben.

Auf seinem gesamten Körper befinden sich Leuchtorgane, die mittels Biolumineszenz Licht erzeugen. Ein Paar dieser Leuchtorgane ist durch spezielle Lider verschließbar und kann eine Wolke aus Leuchtpartikeln ausstoßen, um potentielle Feinde zu verwirren. Die leuchtende Wolke bleibt bis zu zehn Minuten bestehen. Diese Phase nutzt der Tintenfisch, um zu entkommen.

SOS der Nacht

Wer sich nicht selbst wehren kann, ist auf Hilfe angewiesen. Darauf vertrauen Dinoflagellaten der Gattung Noctiluca. Sie nutzen die Biolumineszenz zu ihrer eigenen Verteidigung. Wenn sie anhand der Wasserbewegung einen Räuber spüren, reagieren sie mit Lichtblitzen von circa einer Zehntelsekunde Dauer. Dadurch werden andere größere Raubfische angelockt, die ihren Feind „entsorgen“. Diese Erscheinung ist als Meeresleuchten weltweit bekannt. Oft ist es die Bugwelle oder das Kielwasser eines Schiffes, das das Leuchten auslöst.

Forscher haben beobachtet, dass bei photosynthetischen Dinoflagellaten die Helligkeit in engem Zusammenhang mit der Intensität des Sonnenlichts vom Vortag steht. Je heller das Sonnenlicht, desto heller die Lichtblitze. Die genauen Mechanismen hinter dieser Beziehung liegen jedoch noch im Dunkeln.

Biolumineszenz dient nicht nur zu Tarnungszwecken. Manche Arten setzen sie ganz bewusst ein, um auf sich aufmerksam zu machen, wenn es um die Partnersuche geht…


Stand: 30.08.2005

Verständigung durch Morsezeichen

Wanted: Partner gesucht

Glühwürmchen (Lampyris noctiluca) © V.I. Gumenyuk

In lauen Sommernächten sieht man sie noch. Blinkende Lichtpunkte schwirren plötzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Nacht in der Nähe von Waldrändern umher. Kurze Zeit später wiederholt sich die Signalfolge von Blättern in Bodennähe aus. Hinter dem selten gewordenen Schauspiel verbergen sich Glühwürmchen, die mithilfe von Biolumineszenz versuchen, einen Partner anzulocken. Hat ein Männchen die Aufmerksamkeit eines Weibchens erregt, folgt ein kurzer Dialog aus „Morsezeichen“, der dem Männchen hilft, den meist flugunfähigen Partner zu lokalisieren. Die Signale sind dabei arttypisch und unterscheiden sich in Dauer und Rhythmus. Manche senden Dauerlicht aus, andere eine Kette von Einzelsignalen. Doch längst nicht immer treffen sie auch wirklich auf ein Weibchen ihrer Art.

Glühwürmchen © Konstantin Korzhavin

Räuberische Leuchtkäfer-Arten nutzen die Morsezeichen oft für eigene Zwecke aus. Weibchen der Gattung Photuris beispielsweise ahmen die Blinksignale der Photinus-Weibchen nach. Die Männchen fallen prompt darauf herein und werden verspeist.

Probleme bereiten den Glühwürmchen auch die zunehmende Zahl künstlicher Lichtquellen in Siedlungsgebieten. Immer wieder kommt es hier vor, dass die nachtaktiven Käfer ein Licht anfliegen, um dann enttäuscht festzustellen, dass es sich um eine Laterne anstelle des erhofften Partners handelt. Schlimmstenfalls erleiden sie Verbrennungen oder fallen Räubern zum Opfer, die ebenfalls durch die Lichtquelle angelockt wurden.

Doch wie gelingt es den Glühwürmchen ihr Licht ein- und auszuschalten? Hier steht die Wissenschaft noch vor einem Rätsel. Forscher vermuten, dass die Käfer einen Weg gefunden haben, die Sauerstoffzufuhr zu kontrollieren, die sie zur enzymatischen Luciferase-Reaktion benötigen.

Warnsignale

Bei einigen Glühwürmchen-Arten leuchten lediglich die Larven, nicht aber die ausgewachsenen Tiere. Hier jedoch hat das Leuchten eine andere Funktion als bei den ausgewachsenen Tieren. Es ist ein Warnsignal für Räuber, das die Nachricht vermittelt: „Vorsicht, ich schmecke widerlich und habe giftige Substanzen, die Du nicht verträgst.“ Diese Larven verstärken ihre Leuchtkraft bei einer Störung.

Besonders auffällig sind die Federleuchtkäfer. Sie sind in der neuen Welt heimisch und mit den hiesigen Leuchtkäfern nah verwandt. Die Weibchen sind flügellos und behalten ihr Leben lang ihre Larvengestalt bei. Ihre Leuchtorgane sind wie die der Larven als seitliche Reihen am Hinterleib angeordnet und leuchten gelb oder grün. Ein sehr ungewöhnliches Phänomen ist jedoch das zusätzliche Leuchtorgan am Kopf, das eine rote Farbe aussendet. Das Vorkommen von zwei verschiedenen Farbvarianten ist einzigartig an Land. Forscher haben zwei verschiedene Formen von Luciferin und Luciferase in den Tieren gefunden. Sie vermuten, dass dies dazu dient, mögliche Räuber zu verwirren oder in die Flucht zu schlagen.

Leuchtendes Holz

Doch Glühwürmchen und ihre Verwandten sind nicht die einzigen Lebewesen an Land, die Biolumineszenz einsetzen. Auch der Hallimasch bedient sich dieses Phänomens, um Insekten anzulocken, die seine Sporen weiterverbreiten. Dieser Pilz gehört zu den langlebigsten und größten Organismen weltweit. Der größte Vertreter aus der Gattung Armillaria kann bis zu 8,9 Quadratkilometer Fläche überziehen und 1.000 Jahre alt werden. Da er als Parasit auf Bäumen und Büschen lebt, scheint es so, als ob diese Hölzer in völliger Dunkelheit glühen würden.

Dieses grünliche Licht, das der Pilz abstrahlt galt in früheren Jahrhunderten oft als Mysterium. Legenden, die das unheimliche Glühen beschreiben, finden sich bei den Griechen, Römern und Amerikas Ureinwohnern. Doch auch die praktische Seite wurde bereits in frühen Jahren erkannt. So beschreibt der schwedische Historiker Olaus Magnus beispielsweise 1652, dass die Leute in Skandinavien leuchtende Hölzer in den Boden gesteckt haben, wenn sie in die dichten Wälder vorgedrungen sind. Auf diese Weise konnten sie anschließend anhand der Lichter ihren Weg zurückfinden.

Rauchsignale unter Wasser

Muschelkrebse © NOAA

Obwohl Biolumineszenz im Meer häufiger auftritt als an Land, wird sie zur Anlockung eines Partners jedoch eher selten eingesetzt. Zwar haben fast alle Ruderfuß- und Muschelkrebse spezielle Leuchtdrüsen, diese dienen aber hauptsächlich zur Ablenkung, um Feinden zu entkommen. Sie blinken auch nicht, sondern stoßen kleine leuchtende Wolken aus. Nur einige Vargula Arten senden Signale an ihre Partner. Die Nachrichten sind dabei in der Häufigkeit des Lichtausstoßes, der Schwimmrichtung und dem Zeitpunkt verschlüsselt und gleichen eher Rauchsignalen als Morsezeichen. Bei Tintenfischen entwickeln die Weibchen zur Geschlechtsreife spezielle Leuchtorgane an den Enden ihrer Fangarme, um Männchen auf sich aufmerksam zu machen.

Vollmondnächte in der Karibik. Immer wieder kommt es vor, dass die gesamte Wasseroberfläche für kurze Zeit in einem grünlichen Schimmer leuchtet. Verantwortlich für dieses einzigartige Schauspiel ist der Bermuda-Feuerwurm Odontosyllis enopla. Zu bestimmten Mondphasen kommen die Tiere im seichten Wasser an die Oberfläche um sich zu paaren. Dabei setzen sie ihre Leuchtfähigkeit während der Geschlechtsreife zur Partnerfindung ein. Viele Tourismusbetriebe nutzen dieses Phänomen für sich und bieten ihren Gästen so genannte „Glow Worm Cruises“ an.


Stand: 30.08.2005

Symbiose mit Leuchtbakterien

Licht aus zweiter Hand

Nicht alle Lebewesen haben die Fähigkeit zum Leuchten entwickelt. Viele sind auf symbiontische Bakterien angewiesen, die das Leuchten für sie übernehmen, beispielsweise der Angler- oder Laternenfisch. Die bekannteste Bakterienart, die die erforderlichen Biolumineszenz-Gene besitzt, ist Vibrio fischeri. Sie lebt in Symbiose mit Heringen und Tintenfischen. Dabei werden die Bakterien von ihren Wirten mit Nahrung und Sauerstoff versorgt und leben oft in speziellen Hauttaschen oder Organen. Im Gegenzug entsorgen die Bakterien giftige Stoffwechselprodukte, die bei Verdauungsprozessen anfallen.

Doch wie gelangen die Symbionten überhaupt in ihre Wirte? Einige Tintenfische kultivieren Bakterien in großen Organen an der Unterseite. Die Weibchen geben sie zusammen mit ihren Eiern ins Wasser ab, so dass sie die frisch geschlüpften Larven infizieren können. Diese besitzen spezielle Strukturen, um die Symbionten aus dem Wasser aufzunehmen. Wissenschaftler forschen noch an den molekularen Mechanismen, die es den Bakterien ermöglichen, sich an die besonderen Umweltbedingungen im Innern der Organe anzupassen.

Herausgefunden haben sie bereits, dass die Biolumineszenz bei Bakterien eine direkte Rolle in der Kommunikation zwischen den einzelnen Zellen spielt. Freilebende Individuen von Vibrio fischeri glühen zum Beispiel nicht. Erst wenn eine bestimmte Konzentration in den Leuchtorganen ihrer Symbiose-Partner erreicht ist, wird die Produktion der Luciferase durch eine Substanz ausgelöst, die die Bakterien abgeben. Als Folge dieses so genannten „Quorum Sensing“ beginnen die Zellen zu leuchten.

Die genetische Information für die Luciferase ist auf dem so genannten lux Operon untergebracht. Bereits Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts hatten Wissenschaftler damit begonnen, die ersten Luciferase Gene zu klonieren. Insgesamt fanden sie sechs Strukturgene und zwei, die für die Regulation zuständig sind. luxR, das Genprodukt eines der beiden Regulatorgene, stellt dabei die Bindestelle für die Substanz dar, die die Bakterien abgeben.


Stand: 30.08.2005

Praktische Anwendungen der Biolumineszenz

O Tannenbaum ohne Kerzen?

Leuchtbakterien sind nicht nur als Symbiosepartner begehrt, auch der Mensch macht sich diese zunehmend zunutze. Vor allem für die Biotechnologie ist die Biolumineszenz von großem Interesse. Wollte man früher den Weg eines Moleküls im Stoffwechsel verfolgen, wurde es radioaktiv markiert. Eine zwar effiziente, aber für den Forscher nicht ungefährliche Methode. Doch die Entdeckung des Biolumineszenzgens bescherte den Wissenschaftlern neue Wege zur risikoarmen Markierung von Molekülen. Auch zum Nachweis von Giftstoffen beispielsweise in Lebensmitteln setzen die Wissenschaftler bevorzugt auf Biolumineszenz.

Vor allem aber kommt Vibrio fischeri bei der Untersuchung von Wasser zur Anwendung. Bei dem so genannten Leuchtbakterientest impfen Laboranten Abwasserproben mit einer geringen Konzentration von Leuchtbakterien. Nach einer 30-minütigen Inkubationszeit bei 15 Grad Celsius messen sie die Lichtintensität und vergleichen sie mit Kontrollansätzen. Die Differenz der Leuchtstärke gibt den Wissenschaftlern Aufschluss über die Wasserqualität, da Chemikalien die Leuchtstärke der Bakterien vermindern.

„Biologische Glühbirnen“

Seit der Indentifizierung des lux Operon, das die Gene für das Luciferin/ Luciferase-System trägt, haben Gentechniker die Möglichkeit, diese Gene zu klonieren und als so genannte Reportergene in andere Organismen einzubauen. Durch ihr Leuchten zeigen sie dann die Aktivität von dahinter geschalteten Genen an, die das eigentliche Ziel der Untersuchung sind.

Mit dem Einbau der „biologischen Glühbirnen“ in andere Systeme eröffnen sich Forschern und Industrie schier grenzenlose Anwendungsmöglichkeiten. Wissenschaftler der Washington School of Medicine haben im August 2005 Luciferase aus Glühwürmchen mit einem Protein fusioniert, das eine wichtige Angriffsstelle für Medikamente gegen Krebs darstellt. Dieses Verfahren erlaubt den Forschern nun viel schneller und kostengünstiger die Aktivität des Zielproteins bei verschiedenen Dosierungen zu bestimmen, indem sie einfach die Abnahme der Leuchtintensität messen.

Auch außergewöhnliche Verwendungszwecke sind angedacht wie beispielsweise selbst leuchtende Weihnachtsbäume. In den USA überlegt man, Highways mit scheinenden Bäumen zu versehen, um die Kosten für elektrisches Licht zu sparen.

Für Gartenfreunde, die häufig ihre Pflicht vergessen, ist es sicher nicht uninteressant, Pflanzen zu haben, die bei Wassermangel zu glühen beginnen. Auch vor leuchtenden Haustieren machen die Anwender nicht halt. So ist in den USA bereits der so genannte Glowfish im Handel, ein genetisch manipulierter Zebrabärbling.


Stand: 30.08.2005