Wenn Berge in den Himmel wachsen

Gebirgsbildung

Mount Everest
Blick auf den Mount Everest, den höchsten Berg der Erde.© shrimpo1967/ /CC-by-sa 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.de

Rocky Mountains, Alpen, Himalaja oder Anden – Hochgebirge üben seit jeher eine Faszination auf uns Menschen aus. Doch was treibt die steinernen Kolosse mehrere Kilometer in den Himmel und wie sieht es im Inneren der Felsriesen aus?

Es gibt sie stark zerklüftet oder mit ebenen Hochplateaus, mit schwindelerregenden Steilwänden oder als leicht wellige Hügellandschaft, als riesige Gebirgsketten oder als imposante Einzelberge. Im Himalaja tritt sogar Gestein zutage, das vor einigen Millionen Jahren noch dreißig Kilometer tief in der Erdkruste schlummerte und selbst die höchsten Gipfel der Alpen bestehen aus Sedimenten ehemaliger Ozeane.

Überraschend auch, dass die größten Gebirgssysteme der Erde nicht der Himalaya oder die Anden sind, sondern unter der Meeresoberfläche verborgen liegen. Auch der Mount Everest ist genau genommen nicht der König aller Berge, sondern wird vom hawaiianischen Mauna Kea um mehrere hundert Meter übertroffen.

Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis Verwitterung und Erosion sogar diese Giganten auf Mittelgebirgsmaß zurechtstutzen werden. So brachte es beispielsweise der Ural vor 350 Millionen Jahren noch auf über 4.000 Meter – heute sind es nicht einmal mehr 2.000 Meter. Und die Alpen wären ohne Erosion wahrscheinlich sogar über dreißig Kilometer hoch.

Trotzdem wachsen fast alle Hochgebirge unserer Erde immer noch weiter in den Himmel – bis zu einem Zentimeter jährlich. Auch wenn die Wissenschaft lange Zeit im Dunkeln tappte, so weiß man seit den 1960er Jahren, dass Gebirge vorwiegend durch die Plattentektonik und den damit zusammenhängenden Vulkanismus entstehen. In Südamerika schiebt sich beispielsweise die ozeanische Nazca-Platte mit bis zu zehn Zentimetern pro Jahr unter den Kontinent und lässt die Anden immer höher werden.

Doch erst mithilfe immer präziser werdender Messmethoden können nach und nach die letzten Geheimnisse der Berge gelüftet werden: Was genau passiert bei einer Subduktion im Erdinneren oder wie stark hängt die Hebungsrate eines Gebirges von der Driftrate der Erdplatten ab? Wie viel höher wird der Himalaja in Zukunft noch werden und wie genau sieht es im Inneren der Steinriesen aus?

Andreas Heitkamp
Stand: 26.11.2004

Kollision der Kontinente

Ein geologischer Unfall

Ob an der frisch gebügelten Hose oder der neu gekauften Tischdecke: Falten sind nicht immer erwünscht. Dabei lässt sich mit solchen Knitterfalten am besten die Entstehung von Gebirgen erklären. Denn vom Prinzip her verhält sich die Erdkruste wie eine Tischdecke, die mit beiden Händen zusammen geschoben wird: Durch den seitlichen Druck türmt sich der Stoff in der Mitte auf und bildet ein Gemenge aus Falten und Mulden. Fertig ist das „Tischgebirge“.

Knautschzonen

Plattengrenzen und Vulkanismus © MMCD

Dass die Gebirge anscheinend nicht willkürlich auf der Erde angeordnet sind, war bereits Ende des 19. Jahrhunderts Alfred Wegener aufgefallen. Eine Erklärung für die regelhafte Verteilung und das unterschiedliche Alter der Gebirge fand er allerdings nicht. Erst in den 1960er Jahren kamen die Wissenschaftler der Gebirgsbildung auf die Spur. Sie fanden heraus, dass die Erdoberfläche nicht starr und unbeweglich ist, sondern dass sich die Kontinententalplatten wie riesige Eisschollen auf dem glutflüssigen Erdinneren bewegen. Stoßen diese Platten zusammen, so entstehen wie bei einem Autounfall riesige Falten- und Knautschzonen, unsere Gebirge. Neueste Satellitenmessungen haben unlängst bewiesen, dass sich rund zwanzig Prozent der Erdoberfläche auf diese Weise kontinuierlich verformen.

Der „Motor“ der Plattentektonik sind die Konvektionsströme im Erdmantel, bei denen bis zu 4.000°C heiße Materie unterhalb der mittelozeanischen Rücken nach oben steigt und dafür kälteres Gestein an anderer Stelle nach unten in das Erdinnere absinkt. Durch diese unterirdischen Strömungen werden die uns so unbeweglich erscheinenden Erdplatten mit einer Driftrate von mehreren Zentimetern pro Jahr einfach „mitgeschleppt“. Die Erdkruste, aufgeteilt in sieben große und mehrere kleine Platten, wird durch das aufsteigende Magma, die tektonischen Bewegungen und die Kollision der Erdplatten ständig neu gebildet, verformt oder umgewandelt.

Subduktion

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Besonders deutlich wird dies beim Aufeinandertreffen von ozeanischen und kontinentalen Erdplatten. Aufgrund ihrer wesentlich höheren Dichte taucht dabei die viel „schwerere“ ozeanische Kruste unter die leichteren Landmassen ab. In einer Tiefe von ungefähr 100 Kilometern löst sie sich dann bei Temperaturen zwischen 1.000 und 1.500 Grad Celsius teilweise in einen glutflüssigen Gesteinsbrei auf. Die an der Oberfläche verbleibende Erdplatte wird hingegen durch die enormen Reibungs- und Schubkräfte wie in einem Schraubstock gestaucht und gefaltet: mit der Zeit türmt sich ein riesiges Gebirge auf.

Seit 25 Millionen Jahren drückt sich beispielsweise die ozeanische Nasca-Platte unter den südamerikanischen Kontinent und hat so die Anden als eines der größten Gebirge der Welt aufgetürmt. Doch die genauen chemischen und physikalischen Prozesse einer solchen Subduktion sind bislang kaum erforscht. „In der aktuellen Diskussion der Hauptfaktoren, die die Prozesse in einer Subduktionszone steuern, gibt es zwei Favoriten: Temperatur und Fluide.“, so Charlotte Krawczyk vom GFZ Potsdam. Denn die versinkende ozeanische Platte führt reichlich Wasser mit in die Tiefe, das durch den steigenden Druck und steigende Temperaturen komplizierte petrophysikalische Reaktionen auslöst.

Anden © USGS

Derzeit versucht das deutsche Forscherteam rund um Krawczyk Licht ins Dunkel der Tiefe der Subduktion zu bringen. Man weiß allerdings schon, dass schätzungsweise zweihundert Kilometer ozeanische Kruste in den vergangenen Jahrmillionen an der Schweißnaht beider Platten vernichtet wurden. Die Anden entstanden praktisch als Nebenprodukt dieses Plattenrecyclings. Denn ein Teil des aufgeschmolzenen Krustenmaterials bahnt sich durch Schwächezonen einen Weg zurück an die Erdoberfläche und entlädt sich in gewaltigen vulkanischen Eruptionen. So sind denn auch die Anden mit Vulkanen geradezu übersät. Auch der höchste aktive Vulkan der Welt, der Ojos del Salado, liegt mit 6.893 Metern in den Anden und ist zugleich einer der höchsten Gipfel Südamerikas.


Stand: 26.11.2004

Ein Faltengebirge sorgt für Aufregung

Himalaja auf der Streckbank

Kollision kontinentaler Krusten im Himalaya © MMCD

Die Alpen können sich halten, die Anden flachen ab und der Himalaya droht zu kollabieren. Dies war noch vor kurzem das Resümee einer Tagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft in Berlin. Der Himalaja, das größte kontinentale Gebirge der Welt, sollte demnach seine besten Jahre bereits hinter sich haben und langsam aber sicher wieder im Boden versinken. Wissenschaftler der Universität von Arizona stellen nun die Gegenthese auf: Das Hochland von Tibet, zentraler Bestandteil des Himalaya, wird nicht niedriger, sondern wächst noch immer.

“Meine Hypothese prognostiziert, dass das Plateau höher wird und nicht kollabiert“, erklärt der amerikanische Geowissenschaftler Paul Kapp. Seine Studie deutet darauf hin, dass das tibetanische Plateau zwischen dem indischen Subkontinent im Süden und dem nördlichen China zusammengedrückt wird. Dies widerspricht der bislang gängigen Theorie, nach der das Hochland durch das langsame „Überfließen“ Tibets über die nördliche Kante des Indischen Kontinents entstanden ist. Vielmehr, so Knapp, wird Tibet wie eine Orange in der Presse aufgespalten, durch Verwerfungen förmlich zerrissen und zugleich weiter angehoben. Auch wenn die Zukunft des höchsten kontinentalen Gebirges somit weiterhin ungewiss erscheint, so gibt es doch zumindest über seine Entstehung kaum noch Zweifel.

Kontinentale Kollision

Kollision des indischen Subkontinents mit der eurasischen Landmasse © USGS

Denn das tibetanische Hochland ist ebenso wie der gesamte Himalaja durch die Kollison der Indischen und der Asiatischen Kontinentalplatte entstanden. Da beide in etwa die gleiche Dichte haben und somit auch ähnlich schwer sind, weicht keine von ihnen in den Untergrund aus. Vielmehr stapeln sich die Erdplatten übereinander und schieben sich, getrieben durch die gewaltige tektonische Bewegungsenergie, sogar ineinander. Die Gesteine werden gepresst, verbogen und zum Teil zerbrochen – ein Faltengebirge entsteht. Anders als bei der Subduktion gelangt wesentlich weniger Krustenmaterial in den Untergrund. Ein aktiver Vulkanismus ist bei solch einer Kontinent-Kontinent- Kollision daher eher die Ausnahme.

Fast zweitausend Kilometer hat sich bis heute die Indische in die Eurasische Platte verkeilt. Aber das Gebirge ragt nicht nur weit in den Himmel, sondern auch tief in die Erde: Auf fast siebzig Kilometer ist die kontinentale Kruste unter dem Gebirge angewachsen. „Normal“ sind eigentlich nur etwa dreißig Kilometer. Wie ein Eisberg schwimmt somit der Himalaja mit seiner mächtigen Gebirgswurzel auf den zähflüssigen unteren Gesteinsschichten des Erdmantels.

Alpen im Höhenrausch

Himalaya und das Hochland von Tibet © NASA/ESC IAL/JSC

Auch die Alpen sind auf eine ähnliche Weise durch die Kollision der Afrikanischen mit der Eurasischen Kontinentalplatte entstanden. Und zumindest über ihre Hebungsrate sind sich die Wissenschaftler weitgehend einig: Bis zu zwei Millimeter pro Jahr wachsen die Alpengipfel an und kamen damit dem Himmel in den vergangenen Jahrmillionen um schätzungsweise dreißig Kilometer näher. Zumindest theoretisch, denn die Erosion verhindert dieses ungezügelte Höhenwachstum. Die Kalkalpen bestehen beispielsweise aus dem Meeresboden des Penninischen Ozeans, der vor 150 Millionen Jahren weite Teile Mitteleuropas bedeckte. Noch heute lassen sich Überreste der damaligen Meerestiere finden, wenn auch als Fossilien in über 3.000 Metern Höhe.


Stand: 26.11.2004

Alte Berge neu verworfen

Zerbrechliche Giganten

Mittelgebirge Eifel © Harald Frater

Zerklüftet ragen Felsnadeln in den stahlblauen Himmel, Gerölllawinen donnern tosend eine Steilwand hinab und Gletscher bedecken die mehreren Kilometer hohen Gipfel. So oder ähnlich könnte es vor rund 300 Millionen Jahren im Harz oder im Rheinischen Schiefergebirge ausgesehen haben. Denn auch die Mittelgebirge Deutschlands waren einmal in „Hoch“form und sind sogar wesentlich älter als Alpen, Anden und Himalaja zusammen. Doch ihre heutige Gestalt verdanken sie nicht nur der Erosion, sondern auch ihrer harten Schale. Denn sie zählen nicht zu den Falten- sondern zu den Bruchschollengebirgen.

Zweite Geburt

Im Wesentlichen bestehen Schollengebirge aus den Resten ehemaliger Hochgebirge. Ihre Gesteine wurden bereits mehrfach verformt, gefaltet und extrem beansprucht. Geologen haben bereits vor langer Zeit durch Experimente herausgefunden, dass sich Sedimente und Vulkangesteine unter dem hohen Druck und der Hitze einer Gebirgsbildung in äußerst harte Metamorphite verändern. Diese Umwandlungsgesteine wie Gneise oder kristalline Schiefer haben eine solche innere Stabilität, dass sie bei einer erneuten Gebirgsbildung nicht noch einmal gefaltet werden können.

Vielmehr reagieren diese Schichten auf plattentektonischen Druck wie eine spröde Glasplatte und zerbrechen in viele einzelne Stücke, die so genannten Schollen. Diese Bruchstücke weichen bei seitlichem Druck nach oben oder nach unten aus. Es entstehen Gebirge wie beispielsweise der Harz in Deutschland oder die Basin-and-Range Provinz in den USA. Die Höhenunterschiede zwischen der Hebung, dem Horst, und der Senkung, dem Graben, kann nur wenige Millimeter bis hin zu mehreren Kilometern betragen.

Alter Horst

Je nach Herkunft des Drucks unterscheidet man verschiedene Arten der Bruchtektonik © MMCD

Die nordamerikanische Kordillere entstand bereits im Präkambrium vor 600 Millionen Jahren durch die Subduktion der Pazifischen unter die Nordamerikanische Platte. Doch das mächtige Faltengebirge wurde im Laufe der Erdgeschichte durch die Erosion weitgehend wieder eingeebnet. Erst in den vergangenen 20 Millionen Jahren hob sich der alte Gebirgssockel, das Grundgebirge, mitsamt einer mächtigen Sedimentschicht erneut um bis zu 2.000 Meter an. Gleichzeitig schnitten sich die Flüsse tief in das Gebirge ein und schufen das heutige Bild eines zerklüfteten Hochgebirges. Stark vereinfacht betrachtet wären die südlichen Rocky Mountains ohne diese Erosion heute lediglich ein flaches Hochplateau.

Tiefer Graben

Aber nicht nur plattentektonischer Druck sondern auch Zerrungstektonik, das heißt Druckentlastung, kann zu markanten Höhenunterschieden führen. Wenn zwei Gebiete tektonisch auseinanderstreben, so die Meinung der Geologen, dann befreien sich die in ihrer Mitte gelegenen Krustenblöcke wie aus einem Zangengriff und sacken nach unten. Typischerweise entsteht ein lang gezogener und mehr oder weniger breiter Riss in der Landschaft.

Der ostafrikanische Graben erreicht beispielsweise durch die enormen Höhenunterschiede zwischen seinem Grund und dem benachbarten Gipfel des 5.109 Meter hohen Ruwensori bereits Hochgebirgscharakter. Auch das Rote Meer, der Libanongraben oder der Oberrheingraben sackten im Laufe der Jahrmillionen um mehrere hundert bis sogar tausende Meter in die Tiefe.

Keinen Bruch gehoben

Doch Gebirge können auch ohne Faltung oder den Bruch von Gesteinsschichten entstehen. Denn auch wenn sich große Mengen glutflüssigen Magmas in der Lithosphäre bewegen, kann dies Auswirkungen auf die Oberfläche der Erde haben. Wie ein langsam größer werdender Ballon drückt eine solche Magmenkammer Gesteinsschichten über sich nach oben ohne sie zu zerbrechen. Das im Block und ohne größere Deformation gehobene Land wird durch die Erosion „zersägt“ und bildet so im Laufe der Zeit eine charakteristische Gebirgslandschaft.

Ähnliche Bewegungen der Erdkruste können nicht nur durch diese unterirdische, sondern auch durch oberirdische Be- und Entlastungen entstehen. So wächst beispielsweise das skandinavische Gebirge trotz tektonischer Ruhephase seit dem Ende der letzten Eiszeit jährlich mehrere Zentimeter in den Himmel. Verantwortlich hierfür ist die fehlende Auflast des bis zu drei Kilometer mächtigen Inlandeises, das während der letzten Kaltzeit die Skanden in den Untergrund gedrückt hatte. Vom Druck befreit, treibt das vierhundert Millionen Jahre alte Grundgebirge nun wie ein Korken im Wasser langsam wieder nach oben.


Stand: 26.11.2004

Vulkanische Gebirge

Feuriges Erwachen

Urknall © NASA/STScI

Wer hat sie nicht schon einmal gehört, die TopTen der Hochgebirgsvulkane: Mount Saint Helens, Fuyijama, Kilimandscharo, Popocatepetl, Ararat, Merapi, Colima, Mount Rainier, Cotopaxi oder Mauna Loa. Geliebt und gefürchtet, zeugen sie immer wieder von den mächtigen Vorgängen im Inneren der Erde. Und ein Gebirge wird durch sie häufig erst zum Hochgebirge oder sie überragen als mächtige Einzelberge die tiefer gelegenen Ebenen. Weltweit gibt es etwa 850 aktive Vulkane, von denen fast 90 Prozent an den Rändern der Erdkrustenplatten liegen.

Magmaquelle Hot Spot

Nicht nur an Land sondern auch im Meer bringt der Vulkanismus Berge zum Vorschein. Auf Hawaii reihen sich gleich 137 Inseln wie Perlen einer Kette über eine Entfernung von fast 6.000 Kilometern im Pazifischen Ozean auf. Selbst hartgesottene Vulkanologen lassen sich immer wieder von den Dimensionen der Inselkette und des weltweit größten Vulkans, dem Mauna Kea, beeindrucken: Fast 150 Kilometer misst der Schildvulkan am Bergfuß im Durchmesser und erreicht erst nach 6.000 Metern Höhe die Meeresoberfläche. Inklusive seines oberseeischen Gipfels misst der Mauna Kea sogar über 9.000 Meter und stellt damit sogar den Mount Everest in den Schatten. Auch wenn die Vulkaninseln weit auseinander liegen, so gehen sie nach neuesten Erkenntnissen doch alle auf ein und denselben Ursprung zurück – einen „Hot Spot“, auch Heißer Fleck genannt.

Das Datenereignis am CMS, das die Produktion eines Top-Quarks und eines Top-Anti-Quarks in Kombination mit einem Higgs-Boson nahelegt, erreichte eine Signifikanz von fünf Sigma. © CERN

Hot spots sind lokale, relativ ortsfeste und über lange geologische Zeiträume hinweg bestehende Magmenquellen. Sie haben einen Durchmesser von schätzungsweise einhundert Kilometern und werden vermutlich aus der Grenzschicht zwischen Erdmantel und Erdkern gespeist. “Diese Schicht ist erheblich komplexer, als wir noch vor rund zehn Jahren angenommen haben”, erklärt der Seismologe Edward Garnero von der Arizona State Universität. Noch rätseln die Forscher, welche Prozesse die Magma aus fast 3.000 Kilometern Tiefe an die Erdoberfläche treiben. Als sicher gilt, dass die auf dem zähflüssigen Erdinneren schwimmenden Lithosphärenplatten über diese Schlote hinweg wandern und wie durch einen riesigen Schneidbrenner regelrecht aufgefräst werden.

Wandernde Inseln

Über Jahrmillionen entsteht auf diese Weise eine lange Vulkaninselkette, wobei immer nur der jüngste und genau über dem Hot Spot liegende Feuerberg aktiv ist. Überraschend ist allerdings die jüngste Erkenntnis, dass nur ein Bruchteil des Tiefen-Magmas auch tatsächlich die Erdoberfläche erreicht. Der größte Teil sammelt sich in hundert Kilometern Tiefe unter den Inseln, an der Untergrenze der Lithosphäre, und löst sie langsam wieder auf, so Rainer Kind vom Geoforschungszentrum Potsdam. Während beispielsweise die Lithosphäre unter Big Island, der jüngsten Insel, noch hundert Kilometer dick ist, misst sie unter der ältesten Insel gerade noch sechzig Kilometer.

Hot Spot-Vulkanismus und Konvektionsströme © MMCD

Aus dem Alter und der Lage der Vulkane zueinander rekonstruieren die Wissenschaftler die Richtung und die Geschwindigkeit der Plattenbewegung. Der auffällige Knick in der hawaiianischen Vulkankette wird auf eine Änderung der Plattenbewegungen vor etwa vierzig Millionen Jahren zurückgeführt. Bis heute kennt man 53 Hot Spots in den Ozeanen und 69 auf den Kontinenten, die während der letzten zehn Millionen Jahre aktiv waren. Neben Hawaii liegen weitere bekannte ozeanische Hot Spots unter den Kanarischen Inseln, unter Island und den Azoren.

Inselbögen – ozeanische Feuerringe

Doch der Vulkanismus im Meer ist nicht nur auf die Hot Spots begrenzt. Beispiel Indonesien: Hier treffen mehrere ozeanische Platten aufeinander. Durch die Subduktion einer der Platten unter die andere schmilzt sie in einer Tiefe von rund 100 Kilometern teilweise auf. Wie in Japan, den Philippinen oder den Aleuten steigen die Magmen mit geringer Dichte durch die Erdkruste auf und entladen sich in gewaltigen Eruptionen. Im Laufe der Zeit entsteht so an der Nahtstelle der Ozeanränder ein vulkanischer Inselbogen.

Inseln, deren Vulkanismus erloschen ist, werden unter dem Einfluss von Regen und Wellen wieder abgetragen. Sobald die Gipfel erneut unter der Meeresoberfläche liegen, ist die Erosion ohne den Einfluss von Wetter und Brandung nur noch sehr gering. Solche Vulkankegel, die nicht oder nicht mehr die Meeresoberfläche durchstoßen, werden auch als Tiefseekuppen bezeichnet. Weltweit gibt es nach Schätzungen der Meeresgeologen mindestens 30.000 dieser unterseeischen Einzelberge – Dunkelziffer allerdings unbekannt.


Stand: 26.11.2004

Gebirge unter Wasser

Nur die Spitze des Eisberges

Mittelatlantischer Rücken - Teil des längsten Gebirges der Welt © NOAA

Ein Gebirgssystem von 60.000 Kilometern Gesamtlänge, wer mag da nicht ungläubig mit dem Kopf schütteln. Die rund 7.000 Kilometer langen Anden muten da im Vergleich geradezu winzig an. Und doch befindet sich dieses System nicht auf einem fernen Planeten, sondern bei uns auf der Erde. Allerdings unter Wasser – die mittelozeanischen Rücken.

Verantwortlich für diesen riesigen Gebirgszug ist wieder die Plattentektonik. Allerdings streben an den mittelozeanischen Rücken die ozeanischen Platten auseinander anstatt zu kollidieren. Wie in einem unter Druck stehenden Behälter quillt an dieser „Reißnaht“ das glutflüssige Magma aus dem Erdinneren auf den Meeresboden. Entgegen des explosiven Vulkanismus verläuft dieser Ausfluss zwar relativ unspektakulär, dafür aber äußerst beständig. Wissenschaftler haben errechnet, dass auf diese Weise jedes Jahr ungefähr zwanzig Quadratkilometer neuer Meeresboden entsteht.

Junge Hüpfer

Symmetrische Form der mittelozeanischen Rücken © USGS

Rund ein Drittel der Ozeanböden besteht aus diesen ozeanischen Rücken, die durchschnittlich ein bis drei Kilometer hoch und 1.500 Kilometer breit sind. Äußerlich gliedern sie sich in eine sanft ansteigende Flankenregion, die Kammregion und die Zentralspalte, aus der die Schmelze austritt. Entsprechend ihres gleichmäßigen Wachstums zu beiden Seiten sind die Rücken in ihrem Querschnitt nahezu spiegelsymmetrisch. Damit ähneln sie in ihrer äußeren Form einer flachen Glockenkurve.

Das austretende Magma besteht vorwiegend aus sauren Basaltschmelzen und unterscheidet sich damit grundlegend vom stark durchmischten Vulkangestein der Kontinente. Die ozeanische Kruste schmilzt nach ihrer „Wanderung“ von den mittelozeanischen Rücken durch die Weltmeere an den Subduktionszonen wieder auf. Maximal 200 Millionen Jahre kann der Meeresboden alt werden, bevor er auf diese Weise wieder recycelt wird. Im Vergleich zu den Kontinenten mit einem Alter von bis zu vier Milliarden Jahren sind die Ozeanböden damit geradezu junge Hüpfer.

Island als „Eisberg“

Kontinentaldrift am Mittelatlantischen Rücken © NOAA

Durch dieses „Seafloor Spreading“ wird aber nicht nur neuer Ozeanboden gebildet sondern es werden auch ganze Kontinente verschoben. Noch vor 250 Millionen Jahren waren Südamerika und Afrika als eine große Landmasse vereint – nun liegen sie mehrere tausend Kilometer auseinander. Die Spreizungsrate kann dabei wie im Südpazifik bis zu zwanzig Zentimeter pro Jahr betragen. Gelegentlich durchstoßen die mächtigen Gebirgszüge der Rücken wie in Island sogar die Meeresoberfläche. Die Insel von der Größe der ostdeutschen Bundesländer ragt vergleichbar der Spitze eines Eisberges aus dem Wasser und ist doch nur einer der Gipfel des längsten Gebirges der Welt.

Andiner Weltrekord

Aber das Wasser der Weltmeere verbirgt noch andere Relief-Größen. Über zehn Kilometer Höhenunterschiede sind auf unserem Planeten gar keine Seltenheit, wenn man die Entfernungen zwischen den Böden von Tiefseegräben und den Gipfeln benachbarter kontinentaler Hochgebirge zusammenrechnet. Der Höhenweltrekord geht auch hier wieder einmal an die Anden: Fast 15.000 Meter müsste ein Bergsteiger vom Grund des Chile-Peru-Grabens bis auf den Gipfel des Llullaillaco erklimmen. Bei einer horizontalen Entfernung von etwa 350 Kilometern zwischen Gipfel und tiefster Stelle des Grabens entspricht dies immerhin einer durchschnittlichen Hangneigung von über vier Prozent.


Stand: 26.11.2004

Im Inneren der Kolosse

Falten, Sättel und Klüfte

Sattel - Scheitelpunkt einer Falte © Harald Frater

Gesteine können ganz schön „launisch“ sein: Denn je nach Zusammensetzung, Lagerungstiefe und Temperatur reagieren sie auf tektonischen Druck äußerst unterschiedlich. An der Erdoberfläche brechen sie an Klüften, Störungen oder Verwerfungen. Im Untergrund hingegen verhalten sich die gleichen Gesteine unter wesentlich höherem Druck geradezu plastisch. Sie verformen und verbiegen sich, ohne jedoch zu brechen.

Tatort Steinbruch: Hier lässt sich besonders gut unter die Haut eines Berges schauen und im Idealfall bieten sich gleich mehrere Millionen Jahre Erdgeschichte auf einen Blick. Beeindruckend ist es schon, Gesteinsbänder wie eine Gummihaut verbogen zu sehen. Manche Falten sind so groß, dass sich nur aus der Entfernung eine Struktur erkennen lässt, manche hingegen beschränken sich auf wenige Zentimeter Durchmesser.

Plastische Sättel

Forscher aus aller Welt haben lange Zeit über ein Phänomen gegrübelt, das alle Regeln der Gesteinsbildung auf den Kopf zu stellen schien: Immer wieder trafen Geologen auf Schichten, in denen offensichtlich die jüngsten Gesteine ganz unten und die älteren Gesteine an der Erdoberfläche lagen. Eine der Grundregeln der Sedimentation lautet aber, dass die jüngsten Ablagerungen immer oben liegen. Was also war passiert?

Schräggestellte Sedimentschichten © IMSI MasterClips

Heute weiß man, dass Gebirgsfalten sich nicht nur nach unten oder oben wölben, sondern bei großem seitlichen Druck auch „Überkippen“ können. Dabei senkt sich der Scheitelpunkt der Falte, der Sattel, nach links oder rechts und kommt im Extremfall sogar ganz auf einer Seite zu liegen. Entsprechend ist die Abfolge der Gesteinsschichten scheinbar umgedreht, da die älteren nun über den jüngeren Gesteinen liegen.

Störende Klüfte

Weitaus weniger plastisch verhalten sich die bereits erwähnten Metamorphite. Sie zerbrechen unter Druck an ihrer schwächsten und zumeist dünnsten Stelle. Besonders empfindlich reagieren dabei Bereiche mit eingeschlossenen Fossilien, Bruchstücke aus anderen Gesteinsmaterialien oder winzigen Haarrisse. Diese so genannten Klüfte sind in fast jedem Gestein vorhanden.

Diese Sollbruchstellen im Gestein sind äußerst anfällig gegenüber tektonischen Zerrbewegungen. Sie bilden sogar den Ausgangspunkt für die Entstehung von den wesentlich größeren Störungen und Verwerfungen. Die Gesteinspakete können sich an den Bruchflächen sowohl vertikal als auch horizontal gegeneinander verschieben.

Klaffende Störung

Störungszone Totes Meer © NASA JSC

Das Tote Meer ist durch solch eine Scherbewegung zwischen der Arabischen Platte im Osten und der Afrikanischen Platte im Westen entstanden. Entlang der tektonischen Störungszone schrammen beide Platten horizontal aneinander vorbei. Während der letzten 20 Millionen Jahre kam es so zu einem relativen Versatz von etwa 105 Kilometer.

Forscher des Geoforschungszentrums Potsdam stellten bereits im vergangenen Jahr fest, dass sich der Bereich der stärksten Deformationen auf eine relative schmale, nur etwa 20 Kilometer breite Zone beschränkt. Außerhalb dieses Bereichs rechts und links des Grabens bleiben die Gesteine von den Verformungen nahezu unbeeinflusst. Ähnliche Scherbewegungen finden auch beim San Andreas Graben in Kalifornien statt.


Stand: 26.11.2004

Vom Alter der Gebirge

Sprechende Steine

Die Alpen - Ein junges Hochgebirge © Harald Frater

Wenn Gebirge sprechen könnten, so hätten sie sicherlich viel zu erzählen: Von der Auffaltung über mehrere Millionen Jahre hinweg, über die zerstörerischen und an ihren Flanken nagenden Kräfte von Wind und Wetter, der Überlagerung mit Sedimenten und der Verformung des Untergrundes durch auflagernde Deckschichten. Und selbst wenn das Gebirge bis auf den Rumpf abgetragen wurde, so hat es häufig doch „nur“ einige Millionen Jahre Ruhe, bis es erneut angehoben wird und die Gebirgsbildung von neuem beginnt.

Schon lange rätselt die Wissenschaft, wann wohl das weltweit erste Gebirge entstanden sein könnte. „Es gibt eine große Diskussion in unserem Arbeitsgebiet, ob große Kontinente und Plattentektonik bereits im Archaikum der Erde existierten oder nicht – also vor mehr als 2,5 Milliarden Jahren“, erklärt Larry Heamann, Professor der Geowissenschaften an der Universität von Alberta. Da nach heutigem Kenntnisstand die Gebirgsbildung eng mit der Plattentektonik zusammenhängt, müssten sich zwangsläufig zu dieser Zeit auch die ersten Gebirge gebildet haben.

Uhren sind die Grundlage der Definition der Zeiteinheit und zugleich ihre Messgeräte © Ingram Publishing/ iStock.com

Im Verlauf der Erdgeschichte sind des Öfteren Kontinente entstanden und wieder verschwunden. Nach heutigem Wissen waren alle Landmassen insgesamt fünf Mal zu einem Riesenkontinent vereint, der danach wieder zerbrach. Entsprechend hat es auch immer wieder neue Konstellation der Erdplattennahtstellen und der Subduktionszonen gegeben. Beim Zusammenprall der Riesenkontinente entstanden neue Gebirge, bei ihrem Zerfall hingegen neue Ozeanbecken. Interkontinental gelegene Gebirge wie der Ural weisen auch heute noch auf die ehemalige Kollision zweier Kontinentalplatten hin. Jeder dieser Superkontinentzyklen dauerte schätzungsweise mehrere 100 Millionen Jahre.

Alter Stein, junges Gebirge

Verlässlich nachweisen lassen sich allerdings nur noch drei große, weltumspannende Perioden der Gebirgsbildung. Von alt nach jung sind dies die kaledonische, variszische und alpidische Faltungsphase. Doch die zeitliche Einteilung der Gebirge gibt lediglich einen Hinweis auf ihren Entstehungszeitraum und nicht auf das tatsächliche Alter der gefalteten Gesteine. So sind beispielsweise die Felsformationen der Kalkalpen als Sedimentschichten bereits lange vor den ersten Auffaltungsbewegungen der Alpen entstanden.

Kaledonische Faltung

Eine der ältesten bekannten Gebirgsbildungsphasen haben Geologen für das frühe Paläozoikum vor 510 bis zu 410 Millionen Jahren nachweisen können. Bezeichnet wurde sie nach den Kaledoniden, die als riesiger Gebirgszug zwischen den damaligen Kontinenten Fennoskandia und Laurentia entstanden. Heute sind die Reste dieses Giganten durch die Kontinentaldrift weit über den Globus verteilt. „Beteiligt“ sind das Schottische Hochland, Teile von Irland, die nördlichen Appalachen, die südostaustralischen Gebirge, Neufundland, Ostgrönland und die Skanden.

Variszische Faltung

Die Varisziden bildeten sich aus den Sedimenten des variszischen Meeresbeckens, das im mittleren Paläozoikum vor ungefähr 400 bis 280 Millionen Jahren weite Teile West- und Mitteleuropas bedeckte. Heutige Reste dieses ehemaligen Hochgebirges sind insbesondere die europäischen Mittelgebirge wie Harz, Rheinisches Schiefergebirge oder das Erzgebirge. Fälschlicherweise werden jedoch häufig alle zu jener Zeit entstandenen Gebirge der variszischen Faltungsphase zugerechnet, auch wenn sie von ihrer Genese nicht miteinander verwandt sind. Zu diesen „Trittbrettfahrern“ zählen der Ural, die südlichen Appalachen, das nordostaustralischen Gebirge und der Altai.

Alpidische Faltung

Die Alpen wurden namensgebend für die jüngste Faltungsphase, die vor ungefähr 100 Millionen Jahren einsetzte und sogar bis heute andauert. Ausgehend von tektonischen Hebungsphasen seit dem Ende der Kreidezeit gehen alle heutigen Hochgebirge auf das Konto der alpidischen Faltung und sind demzufolge geotektonisch „junge Hüpfer“. Im Wesentlichen sind dies die europäischen Alpen, die Pyrenäen, der Atlas, die Karparten, der Kaukasus, der Himalaya, die Rocky Mountains sowie die südamerikanischen Anden und die neuseeländische Alpen.


Stand: 26.11.2004

Nichts ist für die Ewigkeit

Gipfel am Boden zerstört

Von der Erosion freigelegter Vulkanschlot © Harald Frater

Kurios aber wahr: Nicht nur Pflanzen gedeihen bei Regen besser, auch der Himalaja tankt seine Kraft zum Wachsen aus dem Himmelswasser. Denn erst durch eine Klimaänderung vor rund acht Millionen Jahren, so haben Forscher herausgefunden, verstärkte sich der Monsun und führte zur Erhöhung der Erosion im heutigen Südostasien. Der schätzungsweise zehnfach erhöhte Abtransport von Felsschutt aus dem Gebirge wirkte wie eine Entschlackungskur: Das leichter werdende Gebirge stieg wie ein unter Wasser gedrückter Korken beschleunigt aus der zähflüssigen Asthenosphäre auf und wurde als geologisches Leichtgewicht in den Himmel „katapultiert“.

Regenkur schafft Gangesdelta

Die Gipfel des Himalaja sind im wahrsten Sinne des Wortes am Boden zerstört. Denn durch die Erosion von Wind und Wetter hat sich über Jahrmillionen am Südfuß des Gebirges ein bis zu fünf Kilometer dickes Sedimentpaket angesammelt – alles Abtragungsschutt aus dem Gebirge. Auf ein Volumen von ungefähr 8,5 Millionen Kubikkilometer schätzen Geologen den Erosionsschutt in der Ebene und dem Gangesdelta– dies entspricht immerhin dem doppelten Volumen des Mittelmeers.

Auch den Alpen erging es in der Vergangenheit nicht viel besser. Berechnungen zufolge wären sie ohne Erosion heute bis zu dreißig Kilometer hoch. Doch der höchste Gipfel der Alpen, der Montblanc, bringt es heute nur noch auf geradezu bescheidene 4.807 Meter. Auch der Ural ragte in seiner „Hoch“zeit vermutlich mehr als 4.000 Meter in den Himmel – heute sind es gerade noch 1.894 Meter.

Himalaja-Vorland und Gangesdelta © NASA / MODIS

Die Stärke der Erosion ist von der Härte der Gesteine, von der Steilheit der Hänge, vom Klima und der Vegetation abhängig. In den Hochlagen zerkleinert zum Beispiel der Frost aber auch die Sonneneinstrahlung die Gesteine. Der Felsschutt wird anschließend durch die Kraft von Wasser, Eis und Wind den Berg hinabtransportiert. Generell gilt: Umso höher und steiler ein Gebirge, desto schneller wird es auch wieder abgetragen. Und gäbe es nicht die sich stets wiederholende Gebirgsbildung, so sähe die Erde heute dank der Erosion sicherlich „platt wie eine Flunder“ aus.


Stand: 26.11.2004

Der Versuch einer Typologie

Mehr als nur die Höhe

Fast die Hälfte der kontinentalen Erdoberfläche ist höher als 500 Meter und immerhin 25 Prozent liegen mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel. Doch was genau unterscheidet eigentlich ein Hügelland von einem Hochgebirge? Möglicherweise die genannte absolute Höhe oder doch der relative Höhenunterschied? Typologien der Gebirge und Hügellandlandschaften wurden bereits häufig aufgestellt und doch ebenso häufig wieder verworfen.

Kopernikus hieß früher GMES (Global Monitoring for Environment and Security) © ESA

Denn die Tücke steckt wie so oft im Detail. Nach wie vor erfolgt die gängigste Einteilung über den Höhenunterschied zwischen Gebirgsfuß und höchstem Gipfel, die so genannte Reliefenergie. Demnach haben Hügelländer einen Reliefunterschied von maximal 200 Metern, Mittelgebirge hingegen bis zu 1.000 Metern. Erst ab einem Reliefunterschied von über 1.000 Metern wird ein Gebirge auch tatsächlich als „Hoch“gebirge bezeichnet.

Wer würde allerdings das über 5.000 Metern hohe Hochland von Tibet als Mittelgebirge bezeichnen? Denn das Plateau weist zwar alle klimatischen Merkmale eines Hochgebirges auf, doch sind Höhenunterschiede über 1.000 Meter eher die Ausnahme. Und nur wenige der aus dem Hochland aufragenden Berge könnten demnach als „echte“ Hochgebirgsgipfel bezeichnet werden. Wissenschaftler ziehen daher noch andere Merkmale zur Gliederung von Gebirgstypen hinzu, die Landschaftszonen.

Typischerweise sollte ein Hochgebirge im Gegensatz zu den Mittelgebirgen mindestens aus zwei Landschaftszonen bestehen. Prinzipiell kein Problem, denn in der Regel liegen diese nirgendwo so eng beieinander wie im Gebirge. Doch wären nach dieser Definition auch der Schwarzwald oder das Erzgebirge schon längst keine Mittelgebirge mehr. Sie durchstoßen ebenso wie der Harz die Waldgrenze – und zählen demnach eigentlich zu den Hochgebirgen. Hingegen ragt das Vinson Massiv in der Antarktis mehr als 1.500 Meter aus dem Inlandeis heraus, durchstößt allerdings nicht die Gletscherhöhenstufe und wäre demnach trotz seiner Gesamthöhe von fast 5.000 Metern kein Hochgebirge.

Was zeichnet also ein Hochgebirge sonst noch aus? Hangneigungen von über 30°, Auftreten von Wald- und Scheegrenze sowie Vergletscherungen und Bodenfließen, die so genannte Solifluktion. Doch auch hier wiederum keine Regel ohne Ausnahme. Denn die in ihrem Ursprung vom Wissenschaftspionier Carl Troll aufgestellten Kriterien beziehen sich fast ausschließlich auf humide Gebirge. Der Pamir, das Tibesti-Gebirge oder Teile des Karakorum werden hiervon nur unzureichend erfasst.

Ist eine Gliederung der Gebirge also nur Haarspalterei oder doch ernsthafte Wissenschaft? Keineswegs, denn sicherlich können Wissenschaftler eine regionale Typologie der Gebirge unter Berücksichtigung von Höhe, Höhenunterschied, klimatischen Besonderheiten und Hangneigungen erstellen. Doch eine weltumspannende Einteilung in Hochgebirge, Mittelgebirge oder Hügellandschaft ist aufgrund der unterschiedlichen klimatischen und morphologischen Bedingungen nahezu unmöglich.


Stand: 26.11.2004

Die höchsten Berge der Kontinente

Gipfelstürmer

Alle vierzehn Achttausender und selbst alle Berge über 7.000 Meter Höhe liegen im Himalaja. Der höchste „außerasiatische“ Gipfel ist der Aconcagua in den südamerikanischen Anden mit 6.959 Metern.

Auch die höchsten Steilwände der Welt befinden sich im Himalaja. Die Dhaulagiri-Südwand fällt über viereinhalb Kilometer fast senkrecht in die Tiefe und auch die Rupalflanke des Nanga Parbat bringt es auf vier Kilometer hohe Steilhänge – immerhin fast so hoch wie die europäischen Alpen.

Alle Achttausender auf einen Blick

8.850 m – Mount Everest

8.610 m – K2

8.586 m – Kangchenjunga

8.501 m – Lhotse

8.463 m – Makalu

8.201 m – Cho Oyu

8.167 m – Dhaulagiri

8.156 m – Manaslu

8.126 m – Nanga Parbat

8.091 m – Annapurna I

8.068 m – Gasherbrum I

8.047 m – Broad Peak

8.035 m – Gasherbrum II

8.013 m – Shisha Pangma

Die höchsten Gipfel der Kontinente

Asien

8.850 m – Mount Everest

Südamerika

6.959 m – Aconcagua

Nordamerika

6.193 m – Mount McKinley

Afrika

5.895 m – Kilimandscharo

Antarktis

5.140 m – Mount Vinson

Europa

5.633 m – Elbrus (Kaukasus)

beziehungsweise

4.807 m – Montblanc (Alpen)

Australien

2.230 m – Mount Kosciusko

Die höchst gelegenen Vulkane der Welt

6.887 m – Ojos del Salado

6.739 m – Llullaillaco

6.660 m – Tipas

6.621 m – Nevado de Incahuasi

6.542 m – Nevado del Sajama

6.532 m – Cerro el Cóndor

6.377 m – Coropuna

6.348 m – Parinacota

6.310 m – Chimborazo

6.233 m – Púlar


Stand: 26.11.2004