Welt ohne Wasser

Wüste Gobi

Wüste © IMSI MasterClips

Keimzelle des Mongolenimperiums, Knotenpunkt der Seidenstraße, Chinas Sprungbrett ins All – Die Wüste Gobi hat Geschichte geschrieben und ist dennoch in vielen Bereichen noch heute eine Terra Incognita, eine unbekannte Welt.

Doch seit einiger Zeit versuchen Wissenschaftler der Wüste ihre Geheimnisse zu entlocken. Megadünen, rätselhafte „Wunderseen“, Salzwasser trinkende Kamele oder versteinerte Dinosaurier: In der Gobi hat man dabei Dinge entdeckt, die es in dieser Form sonst nirgendwo auf der Erde gibt.

Gehen Sie mit uns auf die Reise in die exotische Welt ohne Wasser im Herzen Zentralasiens…

Dieter Lohmann
Stand: 28.10.2003

Eine Megawüste im Herzen Zentralasiens

Faszination und Schrecken

Auf der Landnutzungskarte sind die zentralasiatischen Trockengebiete einschließlich der Wüste Gobi grau dargestellt. © NASA GSFC

08.59 Uhr Ortszeit am 15. Oktober 2003. Im chinesischen Jiuquan Satellite Launch Center herrscht hektische Betriebsamkeit. 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2,1 zero – Jetzt ist der Countdown zu Ende und das Raumschiff Shenzhou 5, das Magische Schiff, hebt ab auf dem Weg zu Chinas erstem bemannten Flug ins All. Nach den USA und der ehemaligen Sowjetunion ist das Reich der Mitte damit erst die dritte Nation, die sich mit einem „Taikonauten“ an Bord in die Schwerelosigkeit vorgewagt hat.

Rund 21 Stunden und 14 Erdumrundungen später plumpst die Kapsel mit dem Astronauten Yang Liwei in der Inneren Mongolei wieder auf die Erde. Ein Volksheld ist geboren. Die Wüste Gobi, die sowohl zu China als auch zur Republik Mongolei gehört, ist im Oktober 2003 zum Schauplatz für ein wichtiges Stück Weltraumgeschichte geworden.

Doch die Gobi oder Shamo, wie sie die Chinesen nennen, hat nicht für Space und Technik-Freaks einiges zu bieten. Singende Dünen, wandernde Seen, eine spärliche, aber einzigartige Tier- und Pflanzenwelt, brausende Sandstürme oder uralte Dinospuren machen sie zu einem Tummelplatz für Abenteurer und zum Mekka der Wissenschaft.

Aber die Wüste Gobi hat auch ihre Tücken. Verheerende Sandstürme brausen in letzter Zeit immer häufiger durch die Einöde und überziehen anschließend große Teile Chinas mit einem gelben Schleier aus Sand und Staub. Waldabholzung und Überweidung der dürftigen Steppenlandschaften haben zudem dafür gesorgt, dass der Moloch Gobi sich immer weiter ausbreitet. 2.500 Quadratkilometer Fläche gehen jährlich durch Desertifikation verloren. Mittlerweile lauert die Wüste bereits vor den Toren der chinesischen Hauptstadt Peking…


Stand: 28.10.2003

Von Marco Polo bis Sven Hedin

Der Gobi verfallen…

Marco Polo © Fordham University

„Diese Wüste ist so groß, dass man ein Jahr bräuchte, um von einem zum anderen Ende zu gelangen; und an ihrer schmalsten Stelle braucht man dazu noch einen Monat. Sie besteht gänzlich aus Bergen, Sand und Tälern. Es gibt dort nichts Essbares.“ – Der Mann der in seinen Reiseaufzeichnungen ein derart vernichtendes und angsteinflößendes Urteil über die Gobi fällte, war Marco Polo. Zusammen mit Vater Nicolao und Onkel Maffeo durchquerte er um 1270 auf dem Weg nach China große Teile der Wüste auf den verschlungenen Karawanenwegen der Seidenstraße.

Die Mitglieder einer altehrwürdigen Kaufmannsfamilie in Venedig gehörten damals zu den ersten Europäern, die Bekanntschaft mit dem Reich der Mitte und speziell den Qualen und Mühen in der Wüste Gobi machten.

Als die Polos vor rund 700 Jahren in China weilten, war der vielleicht berühmteste Sprößling der Gobi, der legendäre Dschingis Khan, bereits einige Jahrzehnte tot. Mit seiner mehr als hunderttausend Mann zählenden Reiterarmee hatte er sich aus den Steppen der Wüste um 1210 nach China aufgemacht und in einem blutigen Feldzug Städte wie Zhongdu, das spätere Beijing, erobert. Mit der Zeit entwickelte sich das Mongolenreich unter Dschingis Khan und seinen Nachfolgern zum größten Landimperium aller Zeiten. Es reichte von der Gobi bis nach Indien und Europa.

Nach seiner Rückkehr aus China Ende des 13. Jahrhunderts berichtet Polo in seinem Buch „Il Milione – Die Wunder der Welt“ den staunenden Europäern nicht nur über die Reichtümer und Schätze Asiens, es entstand auch der erste echte systematische Reiseführer über die Gobi und den Fernen Osten.

Marco Polo jedoch blieb nicht der einzige Europäer, der sich um das Wissen über die Gobi verdient gemacht hat. Im Jahr 1895 war es der schwedische Abenteurer und Wissenschaftler Sven Hedin, der zunächst versuchte, die Wüste Takla Makan mit seinen Begleitern zu durchqueren. Obwohl die Mission in einem Fiasko endete – nur Hedin selbst und seine Diener kehrten von der Expedition lebend zurück- war sein Aufstieg zum berühmtesten Abenteurer und Forscher der damaligen Zeit nicht mehr aufzuhalten. Denn er hatte eine Vielzahl an spannenden Erlebnissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Wüste mitgebracht, die er in seinen Reisememoiren geschickt unter das Volk brachte.

Doch der große Schwede war seitdem von dem Gobi-Virus infiziert. 1927 brach Hedin schließlich erneut in die Gobi auf. Vom Gelben Fluss, dem Huang He, ging es zum Fluss Edsin Göl und später weiter bis Urumchi in der chinesischen Provinz Xinjiang.

Ziel war es, im Auftrag und mit erheblicher finanzieller Unterstützung der deutschen Reichsregierung, einen Atlas Zentralasiens anzufertigen und Witterungsbedingungen und Landeplätze zu erkunden. Die Spionageaktion wurde gut getarnt unter dem Deckmantel der Lufthansa, die eine Flugroute China – Deutschland einrichten wollte. Dazu musste sie angeblich wissen, ob die Gobi ohne größere Probleme überquert werden konnte.

Obwohl Hedin nach vielen Mühen und Strapazen das Ziel Urumchi erreichte, war die Mission vergebens. Die Politiker in Xinjiang verweigerten eine Zusammenarbeit und stellten auch keine Fluggenehmigung für das deutsche Unternehmen aus. Hedin hatte im Laufe der Exkursion große Gebiete kartiert und Informationen gesammelt, die für eine spätere militärische Nutzung wichtig sein konnten. So nutzten beispielsweise im Jahr 2001 amerikanische Piloten beim Angriff auf Afghanistan Karten, die auf den Aufzeichnungen Hedins basierten.

Hedin jedoch ließ die Wüste auch später nicht mehr los. Im Rahmen einer Expedition auf dem Fluss Konqi nahe der Takla Makan Wüste landete er nach einer abenteuerlichen Bootsfahrt 1934 am Lop Nur-See und konnte nachweisen, dass es sich dabei um ein „wanderndes“ Gewässer handelt. Der See wurde damals gespeist durch die Flüsse Tarim und Konqui, die gelegentlich ihr Flussbett wechselten. Wie Hedin herausfand, bildete sich der See je nach Verlauf der beiden Flüsse jeweils an einem anderen Ort neu. Heute jedoch erreicht nur noch wenig Wasser über Tarim und Konqui den Lop Nur. Er hat sich deshalb in weiten Bereichen zu einem Salzsee mit einem markantem Äußeren entwickelt…


Stand: 28.10.2003

Millionen Quadratkilometer Einöde?

Wüste Wüste

Was haben ein weißer Schimmel, eine tote Leiche und die Wüste Gobi gemein? Nichts würde man auf den ersten Blick vermuten. Doch längst nicht nur Sprachwissenschaftler werden schnell auf die Lösung des Rätsels kommen und die drei Wortkombinationen als Tautologien „outen“. Was für den Schimmel und die Leiche vollkommen logisch erscheint, erschließt sich bei der Wüste Gobi erst durch einen Blick in den Sprachführer mongolisch. Das Wort Gobi bedeutet nichts anderes als „Wüste“.

Wüste Gobi aus dem All © NASA

Auch wenn es demnach unsinnig erscheint von der Wüste Gobi zu sprechen, so hat das im übertragenen Sinne durchaus seine Berechtigung, denn die Gobi ist mit Sicherheit eine „wüste“ Wüste. Temperaturschwankungen von rund 80° C und mehr im Jahresverlauf, dürftige Regenmaxima von 100 bis 200 Millimetern in zwölf Monaten oder zahlreiche Sandstürme und -orkane machen sie zu einem der unwirtlichsten und lebensfeindlichsten Orte auf unserem Planeten. Die 260 Sonnentage im Jahr dagegen lassen selbst Urlauberparadiese wie Mallorca oder die griechischen Inseln vor Neid erblassen.

„Schuld“ an der großen Trockenheit in der Gobi ist die Lage der Wüste. Sie befindet sich inmitten des asiatischen Kontinents in einem riesigen Becken, das durchschnittlich rund 1.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Eingekeilt ist dieses Becken von Höhenzügen wie Altai, Tian Shan oder Nan Shan, deren Berge zum Teil mehr als 7.000 Meter in den Himmel ragen.

Feuchte Luftmassen, die vom Pazifik oder dem Golf von Bengalen aus über den asiatischen Kontinent getrieben werden, regnen sich dort ab. Für Natur und Mensch im Inneren des Beckens bleibt dadurch oft nicht einmal das lebensnotwendigste an Niederschlägen übrig. Zwar fällt im Winter in einigen Regionen der Gobi sogar Schnee. Doch die große Trockenheit sorgt dafür, dass der dünne weiße Teppich bei Tautemperaturen nicht schmilzt, sondern direkt vom gefrorenen in den gasförmigen Zustand übergeht.

Die Dimensionen der Wüste Gobi sind gigantisch. Rund 2.000 Kilometer lang und bis zu 1.000 Kilometer breit ist die Wüste und erstreckt sich dabei von Ulan Bator im Norden bis zum Kunlun Shan-Gebirge im Süden, von den Ausläufern des Tien Shan im Westen bis zur Mandschurei im Osten. Sie gilt damit nach der Sahara als zweitgrößte Wüste der Erde.

Wer in der knapp 1,5 Millionen Quadratkilometer großen Gobi ausschließlich Dünen und Sand erwartet, wird jedoch enttäuscht. Zwar gibt es Regionen wie die Badain Jaran Shamo nordwestlich der Millionenstadt Lanzhou, wo tatsächlich Sandwüste dominiert, doch sind diese eher die Ausnahme als die Regel. Stein- und Geröllwüsten, Sümpfe und Salzseeen und vor allem gigantische Grassteppengebiete geben der Gobi ein unverwechselbares Aussehen.

Die wie von einem Zufallsgenerator verteilt wirkenden seltenen Regengüsse lassen immer wieder bestimmte Abschnitte der Steppengebiete für kurze Zeit zu saftigen Wiesen aufblühen. Sie sind das Ziel der fast überall in der Gobi anzutreffenden Nomaden. Mit ihren schnell abbaubaren runden Jurten, Zelten aus weißem Filz, und ihren Viehherden ziehen sie diesen grünen Paradiesen in der Wüste hinter.


Stand: 28.10.2003

Von Dinos und frühen Säugern

Zeitreise in die Vergangenheit

Als Roy Chapman Andrews vom American Museum of Natural History in den 1920er Jahren in die Gobi reist, ist er auf der Suche nach Überresten von Frühmenschen, die er in dieser Region seit langem vermutet. Umso verblüffender sind für ihn und die gesamte Fachwelt deshalb die Entdeckungen, die er nach Ende seiner Expedition vorweisen kann.

Dinosaurier © MMCD

In Jahrmillionen alten Ablagerungen aus der Kreidezeit ist er im Süden der Mongolei bei Bayan Zag auf Dinosurier-Eier und Fossilien von uralten, primitiven Säugetieren gestoßen. Die unwirtliche, öde und lebensfeindliche Wüste Gobi als ehemaliger Garten Eden, als Paradies für Tiere und Pflanzen?

Gobi als Garten Eden?

Kaum vorstellbar, aber trotzdem wahr, wie die Paläontologen heute wissen. Vor etwa 70 oder 80 Millionen Jahren war das Klima deutlich angenehmer. Von den Ozeanen aus wurden immer wieder große Mengen an Regenwolken ins Innere des asiatischen Kontinents getrieben. Wo heute die Einöde dominiert, gab es damals riesige Waldflächen, aber auch Seen und Flüsse.

Zu den berühmtesten Fossilienlagerstätten in der Wüste Gobi zählt die Region zwischen Ukhaa Tolgod und den Flaming Cliffs in der Mongolei. Aber auch in anderen Gebieten der Gobi hat man mittlerweile gut erhaltene Überreste von acht der zwölf bis heute bekannten Dinosaurier-Gattungen entdeckt.

Vom Eierdieb zur „Glucke“

Dazu gehören beispielsweise etliche Funde eines kleinen Horndinosauriers mit dem Namen Protoceratops, der in allen Alterstufen erhalten geblieben ist, oder der aus dem Film Jurassic Park bekannte kleine Jäger Velociraptor mongoliensis. Für besonderes Aufsehen unter den Dino-Forschern sorgte jedoch ein gerade mal zwei Meter großes Reptil, das statt mit messserscharfen Zähnen mit einer Art Schnabel ausgerüstet war und auch sonst vom Aussehen her eher an einen flugunfähigen Vogel erinnerte als an einen Saurier.

Da man diese Dinosaurier-Art auf einem Nest mit versteinerten Eiern fand, hielt man ihn zunächst für einen Eierdieb und gab ihm den Namen Oviraptor. Mittlerweile jedoch ist das Image des Oviraptors längst korrigiert. Anhand anderer Fossilienfunde in der Gobi aus dem Jahr 1993 konnte die Forscher belegen, dass man früher Ernährungs- und Fortpflanzungsverhalten des Oviraptors gründlich durcheinander gebracht hatte.

In der Nähe von Ukhaa Tolgod entdeckten amerikanische Wissenschaftler einen ausgewachsenen Oviraptor, der auf einem Nest mit Eiern hockend fossilisiert worden war. Die Analyse des Geleges ergab, dass es sich in dem Nest zweifelsfrei um angehenden Oviraptor-Nachwuchs handelte. Der Oviraptor war demnach mitnichten ein Eierdieb, sondern galt als erster eindeutiger Beweis für Brutverhalten bei nicht-flugfähigen Dinosauriern.

Mittlerweile jagen die Forscher sogar mithilfe von Hightech und Satelliten-Aufnahmen in der Gobi nach neuen Überresten der Giganten der Urzeit. Die Expedition des American Museum of Natural History im Jahre 1999 beispielsweise verwendete Landsat-Bilder, um Gebiete mit Sedimentgestein zu identifizieren auf dem nur wenige Pflanzen wachsen. Solche sind bei den Paläontologen begehrt, weil sie gute Chancen für Fossilienfunde bieten.

Erdrutsche konservieren Saurier

Wieso jedoch sind in der Wüste Gobi so viele und vor allem so gut erhaltene Dinosaurierspuren zu finden? „Lebendig begraben“ – dies ist nicht nur der Titel eines Thrillers von Edgar Allen Poe, unter diesem Motto steht auch die Theorie des amerikanischen Geowissenschaftlers David Loope von der University of Nebraska zur Entstehung der vielen Fossilien im Wüstensand.

Loope vermutet, dass die Dinosaurier und frühen Säugetiere der Gobi durch verheerende Erdrutsche nach schweren Regenfällen ums Leben gekommen sein könnten. Wie der Oviraptor-Fund in Bruthaltung vermuten lässt, ging das Ganze so schnell vonstatten, dass die Tiere teilweise nicht einmal mehr die Zeit hatten zu fliehen, bevor das Inferno aus Sand, Löss und Erde über sie hereinbrach. Im Inneren der Schlammlawinen wurden die Kadaver der Lebewesen sofort luftdicht abgeschlossen und so für die Nachwelt konserviert.


Stand: 28.10.2003

Schneeleoparden, Gobi-Bären und salzwasserresistente Kamele

Einzigartige Tierwelt der Gobi

Geröllwüste © Harald Frater

Doch nicht nur vor 70 oder 80 Millionen Jahren hatte die Wüste Gobi in Sachen Tierwelt Spektakuläres zu bieten. Auf der von fast allen weißen Flecken auf der Landkarte befreiten Erdkugel ereignete sich noch in den 1990er Jahren eine biologische Sensation. Der Wissenschaftler John Hare war es, der nach wochenlanger Expedition im Auftrag des United Nations Environment Programms (UNEP) in der Wüste Gobi auf ein Wildkamel traf, das sich wunderlich verhielt.

An einer Quelle schlürfte es behaglich so große Mengen an Salzwasser in sich hinein, bis es fast zu platzen drohte. Wissenschaftler von der Universität in Gansu, die das Tier später von Kopf bis Fuß und von den Organen bis zu den Genen auf den Kopf stellten, standen vor einem Rätsel: Wieso konnten die so genannten „baktrischen“ Kamele die salzige Plörre anscheinend problemlos vertragen? Bis heute haben die Forscher dafür keine sichere Erklärung parat.

Hare selbst hat sich mittlerweile fast ganz dem Schutz des baktrischen Kamels verschrieben, von dem es in China und der Mongolei maximal noch knapp 1.000 Exemplare gibt. Die Wildkamele wurden lange Zeit gerne von illegalen Minenbesitzern gejagt, die in der Wüste nach Gold oder anderen wertvollen Metallen suchten. Die Schürfer waren dabei in ihren Methoden nicht besonders wählerisch, um an ein Kamelkotelett zu gelangen. Hoch im Kurs standen vor allem Landminen, die im Boden rund um die wenigen Wasserlöcher vergraben wurden. Viele Kamele, die zum Trinken an die Oasen kamen, explodierten und ihre Überreste landeten anschließend im Kochtopf der Wilderer.

Kamel © California Academy of Sciences

Nicht zuletzt deshalb gründete Hare die Wild Camel Protection Foundation, die mittlerweile in Zusammenarbeit mit anderen Umweltschutzorganisationen bereits erste Erfolge zu vermelden hat. So unterzeichnete die State Environment Protection Administration of China (SEPA) am 18. März 1999 einen Vertrag für ein 65.000 Quadratkilometer großes Schutzgebiet im Nordwesten Chinas. Das in einem ehemaligen atomaren Testgebiet gelegene Arjin Shan Lop Nur Nature Reserve bietet in den Tälern der Kuruk Tagh Mountains, einem Ausläufer des Tien Shan- Gebirges optimale Lebensbedingungen für die Tiere.

Doch das erstaunliche salzwasserresistente Kamel ist längst nicht die einzige zoologische Besonderheit, die die Shamo zu bieten hat. Im mongolischen Altai-Gebirge am nördlichen Rand der Wüste leben noch rund 700 von weltweit insgesamt 5.000 Exemplaren des vom Aussterben bedrohten Schneeleoparden. Wilderer haben es in erster Linie auf das außergewöhnliche schwarz-weiße Fell und das Skelett der Tiere abgesehen. Vor allem das vollständige Knochengerüst ist auf dem Schwarzmarkt heiß begehrt und soll angeblich Preise bis zu 5.000 Euro bringen.

In der Jolyn- oder Geierschlucht in der südlichen Gobi fristen dagegen die letzten Exemplare der Gobi-Bären (Ursus arctos) ihr Dasein. Hier finden sie einen Lebensraum vor, der ganzjährig mit Eis bedeckt ist und damit die für die massigen Tiere notwendigen Lebensbedingungen bietet.


Stand: 28.10.2003

Von Megadünen und versteckten Seen

Badain Jaran Shamo

Badain Jaran Shamo – im Norden Chinas kurz vor der Grenze zur Mongolei liegt ein fast 50.000 Quadratkilometer großes Wüstengebiet, das alle Rekorde zu sprengen scheint und den Wissenschaftlern Rätsel aufgibt.

Da sind zum einen die mehr als 400 Meter hoch in den Himmel reichenden Sanddünen, die es in diesen Dimensionen sonst nirgendwo auf der Welt gibt. Doch nicht allein die Ausmaße dieser Megabauwerke der Natur sind einzigartig, auch ihr Alter verblüfft die Forscher. Wie chinesische Geowissenschaftler herausgefunden haben, soll sich das Herzstück der Dünen, der Kern, bereits vor rund 40 Millionen Jahre gebildet haben.

Die singenden Dünen – wie sie aufgrund des Getöses von immer wieder auftretenden Sandlawinen und dem „Sägen“ des Windes am Dünengrad – genannt werden, sind dabei im Laufe der Jahrmillionen „etagenweise“ in die Höhe gewachsen. Schon früh hatten sich inmitten des Sandes einfache Pflanzen angesiedelt, die den sich dort ansammelnden Tau zum Überleben nutzten.

Diese Wüstengewächse sorgten mit ihren Wurzeln dafür, dass sich die Dünenstruktur stabilisierte. Das gleiche Prinzip wird noch heute an der Nordseeküste eingesetzt, wo ebenfalls Pflanzen wie Strandhafer die Sandberge vor dem Verfall bewahren.

Bei jeder Schicht Sand, die vom Wind auf dieses Innerste der Riesendünen aufgetragen wurde, wiederholte sich der Vorgang, bis im Laufe der Jahrmillionen die Megadünen in der Badain Jaran Shamo die heutige Größe erreicht hatten.

Doch noch viel überraschender als die Sandwunder sind in der Badain Jaran Shamo die mehr als hundert Seen, die sich zwischen den Bergen aus Sand verstecken. Im Rahmen von mehreren Expeditionen zwischen 1988 und 1995 haben deutsche und chinesische Forscher versucht, den Geheimnissen dieser blauen Sprenkel im Wüstensand auf die Spur zu kommen.

Wie die Wissenschaftler um Professor Dieter Jäkel und Jürgen Hofmann herausgefunden haben, sind die „Wunderseen“ Überbleibsel viel größerer Wasserflächen, die hier in der Vorzeit zu finden waren. Bis jedoch alle Rätsel um die Seen der Badain Jaran Shamo, die vom Salzgehalt her zwischen Süß- und extremen Salzwasser pendeln, gelöst sind, wird es wohl noch eine Weile dauern. Vor allem hinsichtlich der hydrologischen Verhältnisse in der Region und speziell der Herkunft des Grundwassers sehen die Wissenschaftler noch erheblichen Forschungsbedarf.


Stand: 28.10.2003

Pollen und Bohrkerne erzählen die Erdgeschichte

Klimakapriolen

Nicht nur 80 Millionen Jahre alte Dinos und Wunderseen beschäftigen die Wissenschaftler in der Wüste Gobi, auch die „Rekonstruktion des spätpleistozänen und holozänen Environments in der westlichen Inneren Mongolei Chinas“ steht auf ihrem Forschungsplan. Hinter diesem für den Laien einigermaßen abstrakten Titel steckt ein Bündel von Teilprojekten im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Dabei untersuchen Geographen oder Geophysiker die tektonische, sedimentologische und hydrogeologische Entwicklung eines Sedimentbeckens in der Badain Jaran Shamao. Sie interessieren sich unter anderem für ehemalige Seen und deren Zuflüsse in der Region um die Oase Ejina Qi in der Inneren Mongolei.

Klima und Umwelt unter der Lupe

Pollen © USDA

Pflanzenpollen, Gesteinsproben, aber auch alte Schriftstücke sollen in dem multinationalen DFG-Forschungsprojekt Prof. Hans-Joachim Pachur vom Institut für Geographische Wissenschaften der Freien Universität Berlin und seinem Team dabei helfen, mehr über das Klima und die Umwelt in der Vergangenheit der Gobi zu erfahren. An den Arbeiten sind neben Pachur unter anderem Biologen, Bodenkundler und Sinologen beteiligt. „Wir versuchen nachzuweisen, dass es in einigen Gebieten der Gobi sehr fruchtbare Perioden mit hohen Niederschlagsmengen gegeben hat.“, sagt Pachur dazu in einem Bericht der FU-Nachrichten.

Im Mittelpunkt des Interesse steht unter anderem die Zeit vor mehr als 2.000 Jahren. Damals lebten in den Steppenlandschaften der Gobi chinesische Soldaten, die nicht nur die Grenze vor Feinden abschotten sollten, sondern auch Talente als Bauern bewiesen. Stutzig machte die Wissenschaftler nun, dass diese Vorposten des Reichs der Mitte um 140 nach Christus urplötzlich die Region verließen. Die Frage, die sich die Wissenschaftler nun stellen lautet: War es ein Klimawandel, der die Menschen aus dem einstmals fruchtbaren Gebiet vertrieb oder einfach nur das sich bereits ankündigende Ende der Blütezeit der Han-Dynastie?

Doch die Forscher wollen auch noch viel weiter zurück in der Erdgeschichte. Mithilfe von über 200 Meter tiefen Bohrungen versuchen sie das Aussehen der Gobi vor knapp einer Million Jahren zu rekonsturieren. Die Bohrkerne liefern eine Vielzahl an Überresten von Schnecken, Krebsen und anderen Lebewesen, aber auch Pollenkörner sind darunter.

Die Analyse der Funde soll schließlich Mosaiksteichen für Mosaiksteinchen zu einer genauen Vorstellung vom Klima und dem Aussehen der Tier – und Pflanzenwelt führen. Bis es jedoch so weit ist, müssen noch viele Forschungscamps aufgeschlagen, Proben erbohrt und Pollen gezählt werden…

Geophysikalische Forschung

Im Mittelpunkt der geophysikalischen Arbeiten von Prof. Hans Burkhardt und seinem Team von der Technischen Universität Berlin stand im Jahr 2001 dagegen die Erforschung eines Wadis, dessen tektonische Bildung möglicherweise im Zusammenhang mit der Entstehung des so genannten Yuanze-Sees steht.

Mithilfe von elektrisch-elektromagnetischen Messungen – unter anderem unter Verwendung eines Bodenradars – konnten sie hochwertige Daten über die „Geburt“ des Wadis und des begrenzenden Grundgebirges gewinnen, die zurzeit zum großen Teil noch ausgewertet werden. Erste Ergebnisse der Analysen belegen beispielsweise, dass die Sedimentschichten am Westrand des Wadis eine Dicke von rund 500 Meter besitzen.

Doch die Geophysiker der TU Berlin haben auch bereits neue Ziele ins Visier genommen. In den nächsten Jahren wollen sie einige der 100 „Wunderseen“ im Dünengebiet der Badain Jaran Shamo näher unter die Lupe nehmen.


Stand: 28.10.2003

Die Wüste kommt...

Nur noch 70 Kilometer Hoffnung

Eine Million Tonnen Sand und Staub werden von Staubstürmen jährlich über Peking abgeladen, Tendenz stark steigend. Der gelbbraune Dunst und Belag auf Straßen und Häusern, der sich zum Teil Tage lang hält, stammt in erster Linie aus dem Nordwesten Chinas und der Inneren Mongolei.

In der Gobi werden an rund 50 Tagen im Jahr Windstärken von acht oder mehr gemessen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass in mehr als einem Drittel aller Fälle sich daraus ein Sandsturm entwickelt. Er bringt dicken gelben Smog in viele Teile des Landes. Immer häufiger fegen in den letzten Jahren solche Orkane über das Land – mit immer schlimmeren Folgen. So hat beispielsweise im März 2002 ein verheerender Sandsturm eine Fläche von 1,4 Millionen Quadratkilometer Land in einen Schleier aus Sand gehüllt. 130 Millionen Menschen in acht chinesischen Provinzen hatten unter den Auswirkungen der Naturkatastrophe zu leiden.

Abholzung der Wälder und Überweidung der Grasteppen in der Gobi-Region haben zudem dazugeführt, dass die Wüste sich immer weiter ausbreiten kann. Mittlerweile ist sie bis auf 70 Kilometer an die Hauptstadt Peking herangerückt. Die Desertifikation hat große Teile Chinas voll im Griff. Mittlerweile besteht mehr als ein Viertel der Gesamtfläche des Landes, gewaltige 2,62 Millionen Quadratkilometer, aus Wüsten oder wüstenähnlichen Gebieten. Der volkswirtschaftliche Schaden, der sich durch die Wüstenbildung jährlich ergibt, liegt mittlerweile bei 54 Milliarden Yuan, rund 5,6 Milliarden Euro.

Mit einer „grünen Mauer“ gegen Sandstürme

Doch China hat im Prinzip schon früh die Zeichen der Zeit erkannt. Bereits in den 1970er Jahren wurde ein Projekt aus der Taufe gehoben, das unter dem Namen „Grüne Mauer“ bekannt geworden ist. Mit großer Unterstützung aus dem In- und Ausland hat man versucht, im Norden des Landes mithilfe von bisher 30 Millionen Bäumen einen 700 Kilometer langen grünen Schutzwall gegen die Sandstürme zu errichten.

Die Aufforstungsarbeiten werden bis heute mit Hightech aus der Luft, notfalls aber auch durch Dynamiteinsatz in besonders renitenten Bodenarealen vorangetrieben. Mittlerweile sind mehr als 20 Millionen Hektar Land von der grünen Mauer bedeckt. Die neu bewaldete Fläche ist damit mehr als doppelt so groß wie Island.

Doch obwohl die Propaganda-Trommeln der chinesischen Regierung anderes verkünden, geholfen hat die grüne Mauer bisher noch nicht viel. Wissenschaftler schätzen, dass die Bäume noch mindestens zehn bis 15 Jahre wachsen müssen, bis sie ein einigermaßen sicheres Bollwerk gegen die Stürme darstellen können. Und gegen die eigentliche Ursache für die Zunahme der Sandstürme in den letzten Jahren – die immer weiter fortschreitende Wüstenbildung – helfen sie auch nur bedingt.

Sollten die Umwelt- und Klimaveränderungen in China im gleichen Ausmaße wie bisher fortschreiten, halten Experten sogar die Olympischen Spiele in Peking im Jahr 2008 für gefährdet. Es soll darüberhinaus sogar bereits Bestrebungen geben, im Reich der Mitte an anderer Stelle eine neue Hauptstadt aus dem Boden zu stampfen.

Staubsturm sorgt für Phytoplanktonblüte

Dass die Sandstürme nicht immer ein Fluch für die Natur sein müssen, haben U.S.-Wissenschaftler vom kalifornischen Ernest Orlando Lawrence Berkeley National Laboratory, kurz Berkeley Lab, im Jahr 2001 entdeckt. Die Meeresforscher um James K. Bishop konnten mithilfe von zwei schwimmenden Messbojen, so genannten Robotic Carbon Explorers, zum ersten Mal nachweisen, dass die gewaltigen Staubstürme der Gobi gelegentlich das Phytoplanktonwachstum im Nordpazifik ankurbeln.

Fünf Tage nach einem Sandorkan in China erreichten die die Staubwolken damals über Japan, das Messgebiet etwa 1000 Kilometer westlich von Vancouver Island und lagerten eisenhaltigen Staub im Ozeanwasser ab. Mithilfe dieses Düngers konnten sich die Kleinlebewesen in der Folgen munter vermehren und es kam zu einer regelrechten Phytoplanktonblüte im Ozean, die noch vom All aus sichtbar war.


Stand: 28.10.2003