Ehemalige Landbrücke: die Beringstraße © NASA
Schon 1590 vermutete der spanische Jesuit José de Acosta, dass es eine Verbindung zwischen Amerika und Asien in Form einer Landbrücke gegeben haben muss. Ähnlichkeiten bei Tieren und auch den menschlichen Bewohnern beiderseits des Atlantiks brachten ihn darauf. Tiere und Menschen, so seine Vorstellung, seien über diese Verbindung gegangen und hätten sich so vermischt und angeglichen.
Und de Acosta sollte recht behalten: Inzwischen ist es erwiesen, und auch Geologen sind sich einig, dass während zwei langer Perioden, die 75.000 bis 45.000 und 25.000 bis 14.000 Jahre zurückliegen, diese Landbrücke zwischen den Kontinenten tatsächlich existierte.
Eis als Ursache
Doch wie war diese „Brücke“ im Meer entstanden? Schuld war das Eis: In bis zu 3.000 Meter dicken Gletschern wurden während der damals herrschenden Kaltzeiten gewaltige Wassermassen gebunden, so dass der Meeresspiegel bis zu 150 Meter tiefer lag als heute. Eine Folge davon war die Trockenlegung eines der flachsten Meeresböden der Welt – der Beringstraße. So entstand nicht nur eine flache Landbrücke, sondern sogar ein kleiner Subkontinent zwischen Amerika und Asien, der heute noch „Beringia“ genannt wird.
Bis zum Ende der letzten Eiszeit – also vor ungefähr 14.000 Jahren – existierte diese Verbindung zwischen den zwei Kontinenten. Eine unwirtliche Gegend, in der heftige kalte Winde über das Land fegten. Als Tiere und Menschen von Sibirien nach Alaska zogen, glich die Landbrücke einer baumlosen Ebene, die jedoch nur mit Grasland und Sträuchern bedeckt war. Gerade ausreichend, um die Säugetiere der späten Eiszeit zu ernähren.
Landbrücke als Zuflucht
Mammut © MMCD
Vermutlich war Beringland, wie Beringia auch genannt wird, in den kalten Phasen der letzten Eiszeit sogar eine Art Zufluchtsort für Menschen und Tiere. Denn auch als Asiens und Amerikas Steppen schon unter kilometerdicken Eispanzern lag, war die Landbrücke noch immer eisfrei. Als sich die Verhältnisse dann änderten und es langsam wärmer wurde, zogen riesige Mammut- und Bisonherden gen Osten nach Amerika. Aber auch Bären, Wölfe, Säbelzahntiger, Moschusochsen und Rentiere nutzten die Landverbindung zwischen den Eismassen.
Kurz darauf folgten asiatische Jäger den Tieren – ihrer Beute – durch den eisfreien Korridor über die Beringstraße. Die ersten Amerikaner kamen also aus Asien, genauer gesagt aus Sibirien. Eine postglaziale Besiedlung vor ungefähr 12.000 bis 11.000 Jahren belegen heute paläarktische Fundstätten am Youkon und in Alaska. Untersuchungen von Schädeln, die im Umkreis der großen Mounds – der indianischen Grabhügel – gefunden wurden, belegen, dass amerikanische Indianer und asiatische Mongolen vom gleichen Menschentyp abstammen.
Vor allem bei der vergleichenden Erforschung der Zahnstellung bei Nordasiaten und Indianern, konnten auffallende Übereinstimmungen festgestellt werden. Nach Ansicht von Christy Turner – einer Expertin für prähistorische Zahnkunde – wanderten schon vor mehr als 14.000 Jahren die ersten Asiaten nach Amerika ein. Einige Jahrtausende später folgten weitere Einwanderungswellen von sibirischen Vorfahren der Eskimos, Athapasken und andern Nordwestküstenindianern. Doch nicht nur in der Anatomie, auch bei den sprachlichen und kulturellen Traditionen sind beiderseits der Beringstraße Gemeinsamkeiten festzustellen.
Ein weiterer Faktor, der auf die Herkunft der „native Americans“ schließen lässt, ist ihr Erbgut. Fünf Erblinien erkannten Molekularanthropologen bei den amerikanischen Ureinwohnern, vier davon stimmen mit denen verschiedener asiatischer Populationen überein. Die fehlende fünfte Erblinie fand man bei den Europäern. Ist das ein möglicher Hinweis für die Widerlegung der These, dass die Ur-Amerikaner nur über die Beringstraße kamen? Seit einigen Jahren mehren sich die Stimmen, die es für wahrscheinlich halten, dass Amerika schon vor den Einwanderern aus Asien besiedelt war. Fossilienfunde, die eindeutig älter sind als 14.000 Jahre, belegen dies unter anderem. Vermutlich fanden Menschen aus dem heutigen China, Australien, Polynesien und vielleicht sogar Europa ihren Weg über das Meer bis nach Amerika.
In umgekehrter Richtung, also von Amerika nach Asien, zogen vor allem Kamele, Pferde und Elche. Vor ungefähr 14.000 Jahren, als die letzte Eiszeit endete, begann der Meeresspiegel wieder zu steigen. Vor 9.000 Jahren schließlich war die Landbrücke über die Beringstraße dann vollkommen verschwunden.
Schutz für die „subarktische Serengeti“
Beringmeer zwischen Rußland und Alaska © NASA
Heute wird die Beringstraße von amerikanischen Umweltschützern als die „subarktische Serengeti“ bezeichnet. Und das nicht ohne Grund – zahlreiche Walarten, Walrosse, Seehunde und Robben sowie riesige Fischschwärme tummeln sich in der Bergingstraße und dem Beringmeer. Dazu kommen noch unzählige Vogelarten, die hier ihre Rast- und Nistplätze haben. Flora und Fauna beider angrenzender Landmassen – also Russland und Alaska – sind weitestgehend identisch.
Um dieses einzigartige Ökosystem zu schützen, wurde bereits 1991 von Michail Gorbatschow und George Bush die Errichtung des ersten grenzübergreifenden Naturreservats zwischen Amerika und Russland verkündetangekündigt. „Beringian Heritage International Park“ sollte dieses Reservat heißen. Doch bis heute ist das Gesetz zur Errichtung des Parks sowohl von den Russen, als auch den Amerikanern, nicht verabschiedet worden…
Stand: 12.03.2003