Katastrophale "Unfälle" der Evolution?

Massenaussterben

Meteoriteneinschlag © NASA

Die Dinosaurier, die Trilobiten, die Mammuts und Säbelzahntiger – sie waren die Beherrscher ihrer jeweiligen Ära, prägten über Jahrmillionen das Bild der Erde, doch geblieben ist von ihnen nichts. Allenfalls noch einige Knochen und Versteinerungen zeugen von ihrer Existenz, überlebt hat keiner von ihnen.

Und nicht nur diese „prominenten“ Tierarten verschwanden: Auch und gerade unter den heute kaum mehr bekannten Meeresbewohnern der Frühzeit des Lebens, wüteten immer wieder große Aussterbewellen. Einige brachten sogar das Leben selbst an den Rand der Vernichtung…

Doch was waren die Ursachen für diese Massenaussterben? Sind sie ein regelmäßiges Phänomen oder katastrophale „Unfälle“ der Evolution?

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Aussterben prägt die Erdgeschichte

Überlebensrate 0,1 Prozent

Von den Milliarden Tier- und Pflanzenarten, die einmal auf der Erde gelebt haben, hat kaum eine die gesamte Erdgeschichte hindurch überlebt. 99,9 Prozent aller jemals entwickelten Arten sind ausgestorben, viele eher sang und klanglos, andere in großen katastrophalen Sterbewellen, die nicht nur eine Art, sondern gleich Tausende auslöschten.

Im Gegensatz zum fortwährenden, schleichenden Aussterben von Einzelarten, dem „Hintergrundrauschen“ der Evolution, reißen große Massenaussterben gewaltige Lücken in die Tier- und Pflanzenwelt der Erde. Bis heute sind mindestens fünf solcher Massenaussterben bekannt. Diese Ereignisse vernichteten innerhalb von – geologisch gesehen – kurzer Zeit unzählige Arten weltweit.

Das bisher katastrophalste Aussterben der Erdgeschichte ereignete sich im Perm, vor rund 250 Millionen Jahren. 96 Prozent aller Meeresbewohner und mehr als drei Viertel aller landlebenden Wirbeltiere fielen ihm zum Opfer, ganze Ökosysteme brachen zusammen.

Wenn Großgruppen samt ihren Nischen verschwinden…

Massenaussterben vernichten jedoch nicht nur viele einzelne Arten, sondern löschen oft auch gleich ganze Großgruppen des Tier- oder Pflanzenreichs komplett aus. Als die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren ausstarben, gingen mit ihnen zwei ganze Ordnungen mit allen ihren Familien, Gattungen und Arten zugrunde – ohne Ausnahme, ohne Überlebende.

Nach Ansicht einiger Paläontologen verschwinden dabei im Extremfall neben den Lebensformen auch die ökologischen Nischen, die sie besetzten. „Die Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass Aussterben nicht einfach bedeutet, dass eine Schachfigur von Brett verschwindet und die leeren Felder hinterher nur wieder aufgefüllt werden müssen“, erklärt beispielsweise James Kirchner, Professor für Geo- und Planetenwissenschaften an der Universität von Kalifornien in Berkeley. „Extinktionen lassen sich eher mit einem eingestürzten Kartenhaus vergleichen. Neue Karten kann man nur dort ergänzen, wo man zuvor auch die Hausstruktur wieder neu errichtet hat.“

Andererseits scheinen wiederum manche Organismengruppen solche katastrophalen Massenaussterben ohne viel Schaden zu überleben. In der Regel profitieren sie sogar von den entstandenen Lücken und breiten sich hinterher um so stärker aus – wie beispielsweise die Säugetiere nach dem Verschwinden der Dinosaurier…

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Was kennzeichnet ein Massenaussterben?

Mehr als nur eine Frage der Masse…

Eine Art gilt dann als ausgestorben, wenn sie nicht nur an einem bestimmten Ort, sondern überall auf der Welt verschwunden ist. Im Gegensatz zu lokal begrenzten Aussterben ist dies in der Regel endgültig. Zwar kommt es manchmal vor, dass von vermeintlich Ausgestorbenen plötzlich doch noch Vertreter gefunden werden, doch solche „Lazarus-Arten“ wie der Quastenflosser sind eher die Ausnahme.

So weit, so gut. Aber was unterscheidet die „normalen“ Aussterbeereignisse von den Massenaussterben? Gibt es handfeste Kriterien, die die großen Katastrophen vom „Hintergrundrauschen“ absetzen? Oder bestehen zwischen beiden graduelle Übergänge?

Dieser Frage sind 1982 unter anderem John Sepkoski und David Raup von der Universität Chicago nachgegangen. Sie trugen für die letzten 560 Millionen Jahre jeweils die Anzahl der ausgestorbenen Arten über der Zeit in ein Diagramm ein und werteten die Daten statistisch aus. Tatsächlich schienen fünf Zeitperioden aus der Menge der anderen Ereignisse deutlich herauszuragen. Doch ein anderer Wissenschaftler, James Quinn von Universität von Kalifornien, unterzog diese Daten ebenfalls einer statistischen Prüfung und stellte fest, dass die fünf herausragenden Ereignisse rein statistisch gesehen nicht sehr signifikant waren.

Lebendes Fossil: der Quastenflosser © Naturkundemuseum Oslo

Die „großen Fünf“

Gibt es also außer der schieren Menge der ausgestorbenen Arten keine Kennzeichen für Massenaussterben? Nach Ansicht von David Raup stechen die „großen Fünf“ tatsächlich nur deshalb hervor, weil Aussterben in diesem Umfang selten ist: „Das Aussterben am K-T-Übergang war ein 100-Millionen-Jahr Ereignis, und so was wie am Ende des Perm kommt im Durchschnitt vermutlich höchstens alle 600 Millionen Jahre vor,“ erklärt der Paläontologe. „Es könnte aber auch sein, dass ein Aussterben wie am Ende des Perm im Durchschnitt alle 200 Millionen Jahre vorkommt und es nur durch einen Zufall in den letzten 600 Millionen Jahren nur einmal auftrat.“

Im Gegensatz zu Raup sieht der Paläontologe und Geologe Steven Stanley jedoch auch grundsätzliche Unterschiede zwischen „normalem“ und katastrophalem Aussterben: „Es bedeutet nicht einfach eine Intensivierung des üblichen Hintergrundaussterbens, sondern ist qualitativ davon verschieden.“ In seinem Buch „Krisen der Evolution“ zählt er dementsprechend einige Leitmotive der bisherigen Massenaussterben auf.

So suchten diese sowohl das Leben auf dem Land als auch im Wasser heim, wobei tropische Lebensformen meist überproportional stark ausstarben. Landpflanzen scheinen dagegen weniger und vor allem weniger schnell durch Massenaussterben betroffen gewesen zu sein. Ein weiteres Kennzeichen ist die Tendenz der Massenuntergänge, bei manchen Tiergruppen wiederholt aufzutreten. Trilobiten beispielsweise erlitten in drei Massenaussterben große Verluste, überlebten sie aber, nur um dann im vierten endgültig unterzugehen.

Ob mit eindeutigen Kennzeichen behaftet oder nicht – in jedem Falle hat es im Laufe der Erdgeschichte mehrere Aussterbeereignisse gegeben, die mehr Opfer forderten, als alle anderen…

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Das "Aus" für die Trilobiten

Kambrium

Das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten begleitet die Geschichte der Erde seit der Entstehung des Lebens, scheint fester Bestandteil der Evolution zu sein. Doch fünf Mal – einige Paläontologen sprechen auch von sechs Mal – in der Erdgeschichte erreichte das Massenausterben solche Ausmaße, dass ganze Lebenräume entvölkert und die Uhr der Evolution wie angehalten oder sogar zurückgedreht schien.

Die „großen Fünf“ (oder sechs) hinterließen eine Welt, in der fast alle vorher dominierenden Organismen ausgestorben waren und die wenigen Überlebenden erst wieder ihren Platz im völlig umgestrickten Netzwerk des Lebens finden mussten…

Kambrium

Zeit: vor rund 520 Millionen Jahren

Ausmaß: 80 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten

Prominente Opfer: Trilobiten

Ursachen: Meeresspiegelschwankungen, Klimawandel

Vor rund 590 Millionen Jahren, zu Beginn des Kambriums, war die Erde tropisch warm: Ein ganzjährig warmes, nährstoff- und mineralienreiches Meer umspülte den einzigen, noch völlig kahlen Kontinent des Planeten. Der Ozean war der eigentliche Ort des Lebens. Einzellige Algen und quallenähliche Weichtiere schwammen durch das Wasser, aalartige Conodonten schlängelten sich über den Meeresboden und wurmähliche Lebewesen wühlten sich durch den nahrungsreichen Schlamm.

Doninierend waren jedoch die Trilobiten, krebsähnliche Gliederfüßer, die als erste ein segmentiertes Außenskelett entwickelt hattten. Sie breiteten sich im Laufe der Jahrmillionen über fast die gesamte Erde aus und behielten diese Herrschaft, trotz mehrerer Rückschläge, über mehr als 50 Millionen Jahre.

Leben im Meer des Kambrium © Ghedoghedo / CC-by-sa 3.0

Doch am Ende des Kambrium, vor 520 bis 505 Millionen Jahren, war es damit vorbei: Mehrfach hintereinander suchten ganze Aussterbewellen die Trilobiten und andere kambrische Meeresbewohner heim. Innerhalb von jeweils nur wenigen tausend Jahren verschwanden bis zu 80 Prozent aller Arten. Die Trilobiten sollten sich von diesem Mehrfachschlag nicht mehr erholen. Zwar Überlebten einige Arten, doch ihre vorherige Vormachtstellung erlangten sie nie wieder.

Auslöser dieses Untergangs war vermutlich eine plötzliche Abkühlung des Klimas, ausgelöst durch den allmählichen Zerfall des Riesenkontinents. Diskutiert werden aber auch Schwankungen des Meeresspiegels, die die weiten Flachwasserzonen abrupt schrumpfen ließen.

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Aufstieg und Fall der räuberischen Nautiloideen

Ordovizium

vor rund 440 Millionen Jahren

Ausmaß: 60 – 80 Prozent aller meeresbewohnenden Arten

Prominente Opfer: Nautiloideen

Ursachen: Meeresspiegelschwankungen, Klimawandel

Nach dem großen Aussterben im späten Kambrium begann das Ordovizium vor rund 500 Millionen Jahren mit einer wahren Explosion der Artenvielfalt. Am Meeresboden übernahmen die von einer zweiklappigen Schale umgebenen Brachiopoden die Vormachtstellung, die ersten Moostierchen entstanden. Seesterne und Seelilien siedelten auf den von Moostierchen oder Runzelkorallen gebauten Riffen und die Vorfahren der heutigen Muscheln und Schnecken begannen, sich zu entwickeln.

Die Herrscher der ordovizischen Meere jedoch waren die Nautiloideen. Diese mit den Tintenfischen und dem heutigen Perlboot verwandten Weichtiere erreichten Längen von bis zu drei Metern. Durch den Rückstoß ihrer Fangarme angetrieben, katapultierten sich die räuberischen Riesen durch das Wasser, umklammerten ihre Beute und töteten sie mithilfe ihrer scharfen papageienschnabelähnlichen Kiefer.

Doch auch ihre Ära dauerte nicht ewig: Vor rund 440 Millionen Jahren begann der große Südkontinent, Gondwana, über den Südpol hinweg zu driften. Gewaltige Gletscher bildeten sich, das Klima weltweit kühlte sich ab und auch der Meersspiegel sank. Spuren dieser Vereisung finden sich heute noch als Schleifspuren im Untergrundgestein der Sahara.

Die Folgen für die Meeresbewohner waren fatal: Mehr als hundert Familien mariner Organismen wurden ausgelöscht. Besonders hart traf es die Lebensgemeinschaften an den urzeitlichen Korallenriffen. Moostierchen, Korallen und Brachiopoden starben aus und auch die dominierenden Nautiloideen gingen fast alle zugrunde.

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Die Ära der Panzerfische

Devon

vor rund 365 Millionen Jahren

Ausmaß: 55-82 Prozent aller marinen Spezies

Prominente Opfer: Panzerfische

Ursachen: Meoriteneinschlag, Klimaabkühlung, Sauerstoffmangel in den Ozeanen

Die Eroberung des Festlands

Vor rund 410 Millionen Jahren hatte sich das Gesicht der Erde entscheidend gewandelt: Durch die Bewegungen der Erdkruste hatten sich die ersten Gebirge gebildet, Täler, Binnenmeere und ausgedehnte Sümpfe entstanden. Gegen Ende des Silur hatten bereits die ersten Pflanzen begonnen, sich in den sumpfigen Gegenden anzusiedelten, im Devon eroberten sie nach und nach das gesamte Festland. Zuerst noch klein, unscheinbar und eher algenähnlich, entwickelten sich die Landpflanzen im Laufe dieses Zeitalters zu bis zu 15 Meter hohen Riesen. Vorfahren der heutigen Bärlappgewächse bildeten dichte Wälder und boten damit auch den ersten Tieren, die sich an Land wagten, einen idealen Lebensraum.

Doch die Eroberung des Festlands durch die Tiere kam zunächst nur schleppend in Gang. Die ersten Landbewohner waren Spinnentiere, Vorfahren der heutigen Skorpione und Hundertfüßler. Sie atmeten nicht über Kiemen, sondern durch ein luftgefülltes Röhrensystem, die Tracheen, und waren daher zum Atmen nicht auf Wasser angewiesen. Ihr stabiles Außenskelett schützte sie vor dem Austrocknen und ermöglichte ihnen die Fortbewegung an Land.

Herrschaft der Panzerfische

Aber auch wenn die ersten Pioniere bereits das Festland durchstreiften, der Schwerpunkt des tierischen Lebens lag noch immer in den Ozeanen. Und hier hatte sich inzwischen einiges getan: Ammoniten tummelten sich im Wasser und aus einfachen kieferlosen Wirbeltieren waren die ersten echten Fische entstanden und hatten sich explosionsartig in den Meeren ausgebreitet. Besonders die Panzerfische dominierten mit ihrer großen Formenvielfalt und ihrer teilweise gewaltigen Größe den gesamten marinen Lebensraum. Ihr Kopf war von einem massiven Knochenpanzer umgeben, ihr Hinterleib dagegen panzerlos und daher besonders beweglich.

Die bis zu zehn Meter langen Räuber der Tiefe griffen auch große Beutetiere an und jagten sogar Haifische, die sich ebenfalls zu dieser Zeit entwickelten. Die heutigen Knochenfische sind entfernte Verwandte dieser großen Jäger des Devonmeeres, genauso wie auch, letzten Endes, alle landlebenden Wirbeltiere. Denn die ersten Übergangsformen zwischen Fischen und Amphibien, quastenflosserartige Vierbeiner, gingen aus primitiven Knochenfischen hervor.

Ende einer Ära

Während das Leben an Land allmählich aufblühte, erlitt die marine Lebenswelt jedoch am Ende des Devon, vor rund 365 Millionen Jahren, einen der härtesten Rückschläge ihrer Geschichte. Innerhalb kurzer Zeit starben mehr als die Hälfte, in den tropischen Regionen sogar mehr als 80 Prozent aller Meeresbewohner aus. Besonders stark betroffen waren Ammonitenarten, die Brachiopoden, die sich nach dem großen Sterben im Ordovizium wieder gut erholt hatten und die riffbauenden Korallen. Sie wurden fast vollständig ausgelöscht. Die herausragendsten Opfer waren aber die Panzerfische, ihre Ära ging mit dem Ende des Devon endgültig zu Ende.

Was das Massenaussterben im Devon auslöste, ist unklar. Vermutlich war es aber, ähnlich wie schon in den beiden vorhergehenden Untergangsphasen, eine deutliche Abkühlung des Klimas, ausgelöst durch eine neue Vereisung des Großkontinents Gondwana. Es soll jedoch auch Hinweise auf einen möglichen Meteoriteneinschlag zu dieser Zeit geben, die Egebnisse sind jedoch widersprüchlich.

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Das größte Aussterben der Erdgeschichte

Perm

vor rund 250 Millionen Jahren

Ausmaß: 95 Prozent aller marinen Arten, 70 Prozent aller landlebenden Organismen, größtes Massenaussterben der Erdgeschichte

Prominente Opfer: säugetierähnliche Reptilien (Therapsiden)

Ursachen: Meteoriteneinschlag, Vulkanismus, Klima- oder Meeresspiegelschwankungen oder eine beliebige Kombination dieser Faktoren.

Vor rund 280 Millionen Jahren hatte sich das Leben endgültig auf dem Festland etabliert: Riesige Bärlappwälder wechselten mit weiten Steppen, Insekten bevölkerten Boden, Vegetation und den Luftraum.

Unter den Wirbeltieren lösten die Reptilien die Amphibien ab. Sie waren nun für ihre Fortpflanzung nicht mehr auf Wasser angewiesen und konnten sich auch abseits der Küsten auf dem Land ausbreiten. Im Laufe der Zeit entwickelten sie immer mehr säugetierartige Züge: Ihre Kiefer und Zähne waren ähnlich differenziert wie die der heutigen Säugetiere, sie lebten sowohl als Pflanzen- und Insektenfresser als auch als räuberische Fleischfresser.

Zudem waren die Therapsiden wahrscheinlich wenigstens teilweise warmblütig und konnten dadurch ihre Körpertemperatur selbst regulieren. Dies ermöglichte es ihnen, auch dann aktiv und beweglich zu sein, wenn die Kälte primitivere Reptilien oder Amphibien schwerfällig und träge machte. Vermutlich hatten sie entweder ein Fell oder aber eine wärmeisolierende Fettschicht unter der Haut, die ihnen half, ihre Körpertemperatur zu halten. Hätten sie noch einige Millionen Jahre mehr Zeit gehabt, wäre diesen Säugetierähnlichen Reptilien vermutlich der Entwicklungssprung zu echten Säugern gelungen.

Land und Meer betroffen

Doch es kam anders: Vor 248 Millionen Jahren ereignete sich das schlimmste Massenaussterben der gesamten Erdgeschichte. Zum ersten Mal traf eine solche biologische Krise nicht nur das Meer, sondern auch das Festland und seine Bewohner mit voller Härte: Bis zu 95 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten im Ozean und mehr als drei Viertel aller Landwirbeltiere weltweit starben aus. Unter ihnen acht der 27 Insektenordnungen, fast alle Korallenarten, Seeschnecken und Schwämme. Auch die in der Blüte ihrer Entwicklung stehenden Therapsiden wurden fast restlos ausgelöscht.

Das „große Sterben“ erstreckte sich vermutlich über fünf Millionen Jahre hinweg, nach neueren Datierungen könnten es jedoch sogar nur wenig mehr als eine Million Jahre gewesen sein. Die Ursachen liegen noch im Dunkeln. Lange Zeit galt ein Klimawandel, der das irdische Thermostat von gemäßigt-kühl wieder auf tropisch-warm verschob, als wahrscheinlichster Auslöser.

Es gibt inzwischen allerdings auch Hinweise auf eine zeitliche Übereinstimmung des Massenaussterbens einer Phase heftigen und langanhaltenden Vulkanismus, lokalisiert im sibirischen Trapp-Plateau. Andere Funde deuten auf einen möglichen Meteoriteneinschlag hin. Welcher dieser Faktoren der entscheidende Auslöser war, oder ob vielleicht eine Kombination aller in Frage kommen könnte, ist noch ungeklärt.


Stand: 20.02.2002

Als die Vorfahren der Saurier starben...

Trias

vor rund 200 Millionen Jahren

Ausmaß: 52 Prozent aller marinen Gattungen, bis zu 76 Prozent aller Arten insgesamt

Prominente Opfer: Thecodonten (Vorfahren der Dinosaurier)

Ursachen: Vulkanismus, Klimaerwärmung

Reptilien im Aufwind

Im Trias, vor rund 240 Millionen Jahren, begann der Siegeszug der Reptilien. Das Massenaussterben am Ende des Perm hatte die säugetierähnlichen Therapsiden ausgelöscht und verschafft nun ihren Konkurrenten, den Thecodontiern, zu ihrer Chance. Die anfangs kaum hundegroßen, aber sehr beweglichen Vorfahren der Dinosaurier wuchsen schnell zur vielfältigsten Gruppe der Landwirbeltiere heran. Als Flugsaurier eroberten sie den Luftraum, Placodontier und Ichthyosaurier – „Fischechsen“ tummelten sich in den Meeren.

An Land entstanden im Laufe des Trias aus den eher kleinen und einfachen Thecodontiern die Dinosaurier. Sie lebten in einer durch heißes und trockenes Klima geprägten Landschaft mit ausgedehnten Steppen und Wüsten und nur wenigen Inseln üppiger Schachtelhalm und Koniferenwäldern. Die ersten Dinosaurier waren vermutlich Fleischfresser von mittlerer Größe, die sich bei schnellem Laufen auf die Hinterbeine erhoben. Im Laufe der Zeit entwickelten sich auch die ersten Pflanzenfresser (Prosauropoden), sie erreichten bereits Längen von bis zu sechs Metern.

Parallel zu den ersten Dinosauriern entwickelten sich auch vier weitere Tiergruppen, deren Nachfahren bis heute die Erde bevölkern. Neben Fröschen, Schildkröten und Krokodilen waren dies vor allem die Säugetiere. Noch kein und nach heutigen Maßstäben pürimitiv, hatten diese neuen Lebensformen jedoch gegen die Übermacht der erfolgreichen und perfekt an die damalige Umwelt angepassten Dinosaurier keine Chance.

Aus für die Thecodontier

Doch gegen Ende des Trias, vor rund 210 Millionen Jahren, dezimierte erneut ein Massenaussterben die Artenvielfalt der Erde. Obwohl es häufig nicht zu den „großen Fünf“ gerechnet wird, löschte dieses Ereignis immerhin rund die Hälfte aller marinen Arten, darunter die labyrintodonten Ammonoideen und viele Muscheln und Schnecken aus. An Land fielen ihm die letzten Überlebenden der Theraspiden und die Thecodontier, die Vorfahren der Dinosaurier zum Opfer. Die Dinosaurier selbst wurden dezimiert, überlebten aber größtenteils. Die Ursachen dieses Aussterbens sind bis heute ungeklärt, als wahrscheinlich gilt ein Klimawandel.

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Der Untergang der Dinosaurier

Kreide-Tertiär

vor rund 65 Millionen Jahren

Ausmaß: Bis zu 75 Prozent aller meeresbewohnenden Gattungen, 18 Prozent aller landlebenden Wirbeltiere

Prominente Opfer: Dinoaurier

Ursachen: Klimawandel, Meteoriteneinschlag, Vulkanismus oder alles drei

Der Untergang der Dinosaurier © Joe Tucciarone

Vom Beginn des Jura bis zum Ende der Kreidezeit war es vor allem eine Tiergruppe, die das Leben auf der Erde prägte: Die Dinosaurier. Mächtige pflanzenfressende Riesen wie der bis zu elf Meter lange Triceratops durchstreiften die urzeitlichen Wälder, behende Schnabeldrachen oder Hadrosaurier liefen und sprangen über die offenen Flächen und die gewaltigen Tyrannosaurier, die „Löwen der Kreidezeit“, jagten nach Beute.

Die Dinosaurier brachten mit dem Tyrannosaurus nicht nur die größten Landraubtiere aller Zeiten hervor, sie entwickelten vermutlich auch bereits ein ausgeprägtes Brutpflegeverhalten. Als Fossilien erhaltene Nester mit Dinosauriereiern zeugen davon. Während die Dinosaurier an Land die unangefochtenen Herrscher waren, machten im Meer die echten Knochenfische, die Vorfahren der meisten heutigen Fischarten, eine explosionsartige Entwicklung durch. Innerhalb kurzer Zeit vervielfachte sich ihre Artenzahl und sie eroberten alle Bereiche des Meeres, der Flüsse und Seen für sich.

Auch im Pflanzenreich begann eine bislang eher unauffällige Gruppe, sich mehr und mehr auszubreiten – die Angiospermen, die Vorfahren der heutigen Blütenpflanzen. Beherrschten im Jura und in der frühen Kreidezeit noch die Nadelbäume und Farne das Bild, hatten in der Oberkreide die Laubbäume, Kräuter und Büsche den Wettlauf um Licht und Nahrung bereits für sich entschieden.

Als die Dinosaurier starben…

Doch vor rund 65 Millionen Jahren bereitete die vielleicht bekannteste globale Katastrophe der Ära der Dinosaurier und gleichzeitig dem gesamten Erdmittelalter ein jähes Ende. Ihre Berühmtheit erlangte sie weniger durch ihr Ausmaß, obwohl sie immerhin 85 Prozent aller Arten weltweit vernichtete, als vielmehr durch die Prominenz ihrer Opfer. Sie löschte einige der faszinierendsten Tiergruppen der Kreidezeit, darunter Dinosaurier, Flugsaurier und viele marine Reptilien, restlos aus. Auch die Ammoniten, die die vier vorangegangenen Aussterben jeweils knapp überlebten, schafften es diesmal nicht.

Fast alle größeren landlebenden Wirbeltiere waren vom Aussterben betroffen, Krokodile, Großechsen, Schildkröten, Vögel und nicht zuletzt die Säugetiere überlebten jedoch. Die Frage, woran und warum die Dinosaurier starben, sorgt nach wie vor für heftige Debatten. In der Diskussion sind einerseits der Einschlag eines zehn Kilometer großen Meteoriten andererseits aber auch ein langanhaltender Vulkanismus, ausgehend vom indischen Dekkan-Trapp-Plateau. Doch auch Klimawandel und andere Hypothesen wurden lange Zeit diskutiert…

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Der erste Verdächtige: Meeresspiegelschwankungen

Wer war’s?

Trotz jahrzehntelanger Forschung und Diskussion liegen die Ursachen für die meisten der großen Aussterbephasen heute noch immer im Dunkeln. Inzwischen gibt es zwar fast so viele Hypothesen wie es Wissenschaftler gibt, eindeutige Beweise sind aber noch immer Mangelware. Die liegt nicht zuletzt daran, dass eine ganze Reihe von möglichen Auslösern in Frage kommen.

Die Palette reicht von katastrophalen Vulkanausbrüchen über Meeresspiegelabsenkungen, Eiszeiten und Klimawandel, langanhaltenden Trocken- oder Regenperioden bis hin zu Meteoriteneinschlägen als „Killern aus dem All“. Doch auch jede denkbare Kombination dieser Faktoren ist nicht ausgeschlossen.

Vom Flachmeer zur Wüste?

Lange Zeit galten Klimawandel und Meeresspiegelveränderungen als die unangefochtenen Favoriten unter den Kandidaten. Über lange Perioden der Erdgeschichte hinweg bedeckten weite Flachmeere einen Großteil des heutigen Festlandes. Im Zeitalter des Kambrium vor rund 560 Millionen Jahren lagen beispielsweise mehr als zwei Drittel des nordamerikanischen Kontinents unter zehn bis zwölf Metern Wasser. In diesen warmen lichtreichen Flachmeeren bildete sich eine besonders vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, vergleichbar den heutigen Korallenriffen.

Ausgelöst durch die Wanderung der Kontinente und klimatische Veränderungen, fiel der Meeresspiegel jedoch mehrfach weltweit ab und ließ diese Flachmeere trockenfallen. Der Lebensraum für die zahlreichen Flachwasserbewohner verschwand oder wurde extrem dezimiert. Nach Ansicht vieler Paläontologen löste dieser Rückzug der Meere einige der großen Massenaussterben aus oder spielte zumindestens eine entscheidende Rolle.

Vom Hauptverdächtigen zum bestenfalls Mitschuldigen

Doch es gibt auch zahlreiche Indizien, die dagegen sprechen. So ereigneten sich zwei der großen Massenaussterben, im Perm vor 250 Millionen Jahren und am Ende der Kreidezeit vor 65 Millionen Jahren, in einer Zeit, in der der Meeresspiegel nicht niedriger, sondern sogar höher als heute stand. Hinzu kommt, dass der Meeresspiegel während der letzten 590 Millionen Jahre häufig stark absank, ohne dass ein nennenswertes Aussterben die Folge gewesen wäre. Zuletzt war dies vor rund 30 Millionen Jahren der Fall, als im Oligozän die Meere weltweit auf einen in den letzten 200 Millionen Jahren unerreichten Tiefstand absackten.

Ausgehend von diesen Beobachtungen wird die Meeresspiegelhypothese von den meisten Forschern nicht mehr als alleiniger Auslöser in Betracht gezogen. In welchem Maße sie allerdings als zusätzlicher Faktor an den Massenaussterben beteiligt ist, ist noch unklar.

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002

Der zweite Verdächtige: Klimawandel

Todesfalle Temperatur?

Weniger umstritten ist ein anderer potentieller „Verdächtiger“ der Massenaussterben: die globalen Temperaturen. Auch hier hat es während der letzten 590 Millionen Jahre mehrfach sowohl lokale als auch globale Schwankungen gegeben.

Huhn © IMSI MasterClips

Kontinente wanderten über die Pole hinweg und vereisten, oder näherten sich dem Äquator und heizten sich auf, Eiszeiten ließen weltweit die Temperaturen um mehrere Grad fallen und verschoben die Grenzen der Klimazonen um Tausende von Kilometern. Tropische Gewässer verwandelten sich innerhalb von wenigen tausend Jahren in kühle Meere, feuchtwarme Regenwälder verschwanden und machten Steppen oder Tundren Platz.

Tödliche Temperaturschwankungen…

Nach Ansicht des Paläontologen Steven Stanley sind solche Szenarien geradezu prädestiniert für Massenaussterben: „Es gibt eine einfache Tatsache, die Klimawechsel als allgemeine Auslöser von Massenuntergängen wahrscheinlich macht: die Leichtigkeit, mit der eine weltweite Temperaturveränderung Myriaden von Arten ausrotten kann.“

Wie leicht schon kleine Temperaturschwankungen für einige Arten das Ende bedeuten können, zeigen, wenn auch in kleinerem Maßstab, die Auswirkungen des El Nino, einer alle paar Jahre auftretenden extrem warmen Meeresströmung im Ostpazifik. Im El Nino-Jahr 1982/83 starben durch den Anstieg der Meerestemperaturen um nur 5 – 6°C mehr als 90 Prozent aller Korallen in diesem Gebiet und 85 Prozent aller Seevögel.

Lage der Kontinente in der frühen Kreidezeit © Ron Blakey / CC-by-sa 3.0

Tropen besonders betroffen

Doch auch ein plötzlicher Temperaturabfall kann dramatische Folgen haben. Stanley untersuchte die Aussterbeereignisse vor allem unter den Meeresbewohnern und stellte dabei fest, dass die großen Massenaussterben in den tropischen Regionen besonders starke Verwüstungen hinterließen. Woran konnte das liegen? Einige Paläontologen waren der Ansicht, die tropischen Riffbewohner zählten einfach deshalb zu den Hauptleidtragenden, weil sie sehr spezialisiert waren und sich daher nicht an veränderte Umweltbedingungen – welcher Art auch immer – anpassen konnten.

Doch dagegen spricht, dass ähnlich spezialisierte Formen in höheren Breiten fast unbeschadet überlebten. Stanley geht daher von einer ganz anderen Erklärung aus: „Wenn die Erde deutlich kühler wird, können sich die nichttropischen Regionen einfach in niedrigere Breiten verlagern …das Leben in dieser Zone kann mitwandern. Die äquatoriale Zone dagegen muss zwangsläufig abkühlen.“

Im Gegensatz zu den an mäßige Temperaturen angepassten Tieren können die Bewohner der tropischen Meere oder Festlandsregionen bei einer globalen Abkühlung nirgendwohin mehr ausweichen. Für sie heißt es daher: anpassen oder sterben. Ähnliches gilt für die Bewohner der polaren Regionen bei einer globalen Erwärmung.

Dass eine – wie auch immer geartete – Form des Klimawandels bei fast allen Massenaussterben ihre „Hand im Spiel“ hatte, ist heute relativ unstrittig. Ob allerdings der Klimawandel der primäre Auslöser war, oder ob diese Klimaveränderungen vielleicht ihrerseits das Resultat eines anderen katastrophalen Ereignisses waren, ist nach wie vor unklar…

Nadja Podbregar
Stand: 20.02.2002