Gibt es Wege aus dem Labyrinth der Armut?

Entwicklungsländer

Hungerndes Kind © Till Mayer / DRK

Weltweit hungern über 815 Millionen Menschen, 600 Millionen Erwachsene können nicht Lesen und Schreiben, Kriege erschüttern Afrika und die Armut in den Ländern der Dritten Welt nimmt weiter zu.

Meldungen wie diese erreichen uns täglich, aber selten finden wir sie auf den Titelblättern. Denn die Not der Entwicklungsländer ist weit weg und die Nachrichten sind längst nicht neu. Seit in den 50er Jahren Entwicklungspolitik und -hilfe zur internationalen Aufgabe wurden, hat sich die Situation der Bevölkerung in den Entwicklungstaaten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens nur wenig verbessert.

Warum ist der Weg aus der Armut so schwer? Hat Entwicklungshilfe überhaupt einen Sinn? Und gibt es dennoch Hoffnung für die Zukunft? Einige Antworten auf diese und andere Fragen geben die folgenden Seiten.

Anne Gnauk
Stand: 06.11.2001

Das Wichtigste in Kürze

Facts

  • Die Welt wurde in den 50er und 60er Jahren unterteilt in Industrieländer (Erste Welt), ehemalige Ostblockstaaten (Zweite Welt) und Entwicklungsländer (Dritte Welt). Bei den Entwicklungsländer bilden die ärmsten Länder und die Schwellenländer zwei eigene Gruppen.
  • Uneinig sind sich Entwicklungspolitker über die Merkmale von Entwicklungsländern. Bis heute gibt es keine einheitliche Definition des Begriffes. Als wichtigstes Kennzeichen wird oft das Pro-Kopf-Einkommen herangezogen.
  • Es gibt eine Vielzahl von Theorien, die versuchen die Armut in der Dritten Welt zu erklären.
  • In den 50er und 60er Jahren war die Modernisierungstheorie verbreitet. Sie sieht die Ursachen in den Entwicklungsländern selbst und spricht daher von einer nachholenden Entwicklung.
  • Anfang der 70er Jahre meldeten sich in Lateinamerika mit der Dependenztheorie Vertreter aus den Entwicklungsländern selbst zu Wort. Ihre Theorie erklärt die Ursachen mit einer von außen fehlgeleiteten Entwicklung.
  • Die Ursachen sind letztlich vielfältig und die Hemmnisse liegen sowohl in den Entwicklungsländern als auch in ihrer internationalen Stellung.
  • Große Probleme stellen vor allem das hohe Bevölkerungswachstum, die Abhängigkeit der Entwicklungsländer im Welthandel, Korruption und Kriege dar. In den nächsten Jahren wird AIDS zum hemmenden Faktor in vielen Staaten der Dritten Welt, besonders in Afrika.
  • Mit Hilfe des Tourismus wurde Kenia nach Erlangung seiner Unabhängigkeit 1963 zum Wirtschaftsmotor Ostafrikas. Ein sehr hohes Bevölkerungswachstum hat die Armut unter den Einwohnern jedoch kaum verändert.
  • Seit 1997 haben Dürren, Unruhen und Korruption Kenias Wirtschaft stark geschwächt. Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit schrumpfte im Jahr 2000 die Wirtschaft.
  • Seit den 50er Jahren ist Entwicklungshilfe zu einem wichtigen Thema der internationalen Politik geworden.
  • Die Prinzipien haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt – vom Aufbau durch Industrialisierung, über die Erfüllung der Grundbedürfnisse bis hin zur aktiven Beteiligung der Bevölkerung und Hilfe zur Selbsthilfe.
  • Zur Finanzierung von Entwicklungsvorhaben leisten alle Industrieländer Entwicklungshilfe. Im Jahr 1970 legten sie fest, langfristig hierfür mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts an Geldmitteln aufzuwenden. Diesen Betrag erbringen bis heute nur wenige Länder.
  • In Deutschland werden die staatlichen Mittel durch das 1961 gegründete Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verwaltet. Für die Durchführungvon Projekten sind Organisationen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zuständig. Hinzu kommen zahlreiche Nichtregierungsorganisationen.
  • Ein flächendecken Grundbildung könnte eine Chance für die Zukunft bedeuten, denn ohne Bildung führt kein Weg aus der Armut. Etwa 600 Millionen Menschen über 15 Jahre können weltweit nicht Lesen und Schreiben.
  • Entscheidend für die ausreichende Ernährung der Bevölkerung ist die Förderung der Kleinbauern. Nachhaltigen Anbautechniken sollen Einkommen und Natur sichern.
  • Im südlichen Afrika entstehen sogenannte Peace Parks, als grenzübergreifende ökologische Schutzgebiete. Die Kooperation zwischen den Staaten gibt dem krisengebeutelten Kontinent die Hoffnung auf Frieden.

  • Stand: 06.11.2001

    Wie die politischen Umbrüche der 90er Jahre die Einteilung der Welt veränderten

    Fünf Welten in der einen Welt

    In den 50er und 60er Jahren wurde die Welt aufgeteilt in eine Erste, Zweite und Dritte Welt. Die Erste Welt bildeten die Länder Nordamerikas, Westeuropas, Japan, Australien und Neuseeland, die Zweite umfasste die damaligen Ostblockstaaten und die Dritte Welt war der Sammelbegriff für die sogenannten Entwicklungsländer. Um den wachsenden Unterschieden zwischen den Entwicklungsländern gerecht zu werden, gliederten ab den 70er Jahren Organisationen wie Weltbank und UNO die Dritte Welt in weitere drei Ländergruppen auf. Während die Weltbank seitdem Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen, mittlerem Einkommen und Ölexporteure mit hohen Einkommen unterscheidet, bildete die UNO die zwei zusätzlichen Gruppen Least Developed Countries (am wenigsten entwickelte Länder) und Newly Industrializing Countries (Schwellenländer).

    Die Erde aufgeteilt in fünf Welten. © A. Gnauk

    Diese Einteilung der Fünf Welten wird bis heute verwendet. Doch sie ist angesichts der weltwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in den 90er Jahren überholt. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks gibt es die Zweite Welt eigentlich nicht mehr, selbst wenn diese Länder oft noch als eigene Gruppe unter Titeln wie „ehemalige kommunistische Länder“ oder „Transformationsländer“ geführt werden.

    Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts verband sich die Hoffnung, dass dies auch positive Auswirkungen auf die Entwicklungsländer haben und ihnen weltpolitisch eine größere Bedeutung zukommen würde. Schließlich fiel ja der Kampf von Ost und West um politischen Einfluß auf Staaten der Dritten Welt weg. Das internationale politische Gewicht hat sich jedoch auch nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Länder nicht in Richtung Dritte Welt verschoben. Nach wie vor bestimmen in erster Linie die Beziehungen der Industriestaaten untereinander das politische Geschehen, hinzu kommt die krisenhafte Entwicklung der ehemaligen Ostblockstaaten. Sie sind zum Empfänger hoher finanzieller Hilfen der westlichen Staaten und damit zu Konkurrenten der Entwicklungsländer geworden. Dennoch wird mit zunehmender Globalisierung klar, dass sich alle Welten in der einen Welt befinden und in gegenseitiger Abhängigkeit leben. Zwei Drittel aller Staaten zählen zu den Entwicklungsländern. In ihnen leben vier Fünftel der Weltbevölkerung, sie erbringen aber nur ein Fünftel der Weltwirtschaftsleistung. Entsprechend groß ist ihre Abhängigkeit von den Industrienationen, aber auch ihre Bedeutung für die gesamte Welt.

    Alarmierend ist auch die wachsende Kluft zwischen den Entwicklungsländern selbst. Während die Schwellenländer, die sich fast ausschließlich auf Lateinamerika und Süd-Ost-Asien konzentrieren, auf eine zunehmende Industrialisierung verweisen können, scheint Afrika, wo über die Hälfte aller Länder zu den ärmsten Entwicklungsländern zählen, in immer tiefere Armut zu versinken.


    Stand: 06.11.2001

    Die Merkmale und die Probleme bei der Definition

    Was charakterisiert ein Entwicklungsland?

    Der Begriff Entwicklungsländer ist nicht unumstritten. Selbst wenn er in den 50er Jahren früher verwendete und weitaus problematischere Bezeichnungen wie „rückständig“, „nicht entwickelt“ oder „unterentwickelt“ ablöste, ist auch dieser Ausdruck wertend. Auch er setzt letztlich die Länder Westeuropas und Nordamerikas mit hochentwickelt und fortschrittlich gleich und gibt damit die Richtung für die „Entwicklung“ vor. Dennoch sind Begriffe wie Entwicklungsländer und Dritte Welt seit Jahrzehnten gebräuchlich und daher auch weithin akzeptiert.

    Straßenhandel © Kirsten Hildebrandt

    Ebenso uneinig sind sich Entwicklungspolitker über die Merkmale von Entwicklungsländern. Bis heute gibt es keine einheitliche Definition des Begriffes. Als wichtigstes Kennzeichen wird oft das Pro-Kopf-Einkommen herangezogen. Doch der Grundsatz desto weniger, desto ärmer gilt hierbei nicht. Das statistische Einkommen hat letztlich nur einen begrenzten Aussagewert. Es berücksichtigt kaum Bereiche wie Selbstversorgung und informelle Arbeit, von denen viele Einwohner in der Dritten Welt leben. Auch die sozialen und politischen Erscheinungen des Landes sind nicht erkennbar. Es gibt daher eine Reihe von weiteren Merkmalen die für die Charakterisierung von Entwicklungsländern entscheidend sind.

    Eine hohe Arbeitslosenquote, viele Beschäftigte in der Landwirtschaft und ein überbesetzter Dienstleistungssektor sind typische Kennzeichen. Die Landwirtschaft hat einen sehr hohen Anteil am Bruttosozialprodukt. Landwirtschaftliche Erzeugnisse und Rohstoffe stehen bei vielen Entwicklungsländern deshalb ganz oben in der Exportliste. Teure Fertigprodukte dagegen wie Maschinen müssen importiert werden, was zusammen mit den Krediten der Entwicklungsbanken zu einer hohen Auslandsverschuldung führt. Eine unzureichende Infrastruktur sowie fehlende Fachkräfte behindern zudem den Ausbau der Wirtschaft.

    Familie © A. Gnauk

    Ein weiteres wichtiges Merkmal von Entwicklungsländern ist ein hohes Bevölkerungswachstum. Wenn die Erdbevölkerung in jeder Minute um 120 Menschen wächst, so werden 96 der neuen Erdenbürger in Entwicklungsländern geboren. Zurückzuführen ist dies auf eine hohe Geburtenrate, bei einer durch den medizinischen Fortschritt gleichzeitig sinkenden Sterberate. Die medizinische Versorgung selbst ist trotz erheblicher Verbesserungen nach wie vor unzureichend. Eine niedrige Lebenserwartung und eine hohe Kindersterblichkeit sind die Folge. Ebenso charakteristisch ist ein schlecht ausgebautes Bildungssystem, so dass viele Menschen in den Entwicklungsländern nicht Lesen und Schreiben können. Viele Einwohner versuchen in der Stadt einen Weg aus der Armut zu finden. Die Verstädterung in den Ländern der Dritten Welt hat daher in den letzten Jahren dramatisch zugenommen hat. Hinzu kommen oftmals politische Instabilität, Korruption und gewalttätige Konflikte.

    Alle diese Merkmale beeinflussen sich letztlich gegenseitig. Häufig ist daher auch vom Teufelskreis Armut die Rede, deren negative Wirkungen sich nur schwer durchbrechen lassen. Gelingt aber eine Verbesserung, so werden auch andere Bereiche positiv beeinflusst.


    Stand: 06.11.2001

    Warum es vielen Entwicklungsländern nicht gelingt, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen

    Die Suche nach den Ursachen

    Aids - Krankheit der Armen. © Welthungerhilfe

    Es gibt eine Vielzahl von Theorien, die versuchen die Armut in der Dritten Welt zu erklären. In den 50er und 60er Jahren war die Modernisierungstheorie verbreitet. Sie sieht die Ursachen in den Entwicklungsländern selbst, insbesondere in den traditionsverhafteten Wirtschafts- und Gesellschaftsformen. Die Vertreter der Theorie setzen die Entwicklungsländer dabei auf eine Stufe, die auch die Industrieländer einmal durchlaufen haben und der Ausweg läge demnach in einer nachholenden Entwicklung durch schnellen Aufbau der Industrie. Kritiker verwiesen schon früh auf das falsche Bild von Tradition und die Fixierung auf das Wirtschaftssystem der Industrieländer als Leitbild. Ende der 60er Jahre scheiterte die Theorie schließlich an den ersten Bilanzberichten zur Lage in den Entwicklungsländer. Die Armut in der Dritten Welt nahm weiter zu.

    Zeitgleich meldeten sich in Lateinamerika mit der Dependenztheorie erstmals Vertreter aus den Entwicklungsländern selbst zu Wort. Ihre Theorie erklärt die Ursachen mit einer von außen fehlgeleiteten Entwicklung. Die Unterentwicklung, so die Anhänger dieses Ansatzes, wäre daher eine Folge der gewachsenen Abhängigkeit durch Kolonialismus und Übernahme der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Die Dependenztheorie wurde schnell vor allem von Vertretern der Entwicklungsländer aber auch den Ländern des Ostblock übernommen Eine Lösung für alle Probleme der Entwicklungsländer stellte aber auch diese Theorie nicht dar.

    Bis in die 80er Jahre hinein hat die Frage nach den Ursachen immer wieder zu heftigen Diskussionen auf politischer Ebene geführt. Inzwischen ist die Situation entspannter, was sicher auch auf das Ende des Ost-West-Konflikts zurückzuführen ist. Doch es bleibt die Frage, warum es trotz konstanter nationaler Entwicklungspolitik und internationaler Entwicklungszusammenarbeit in vielen Ländern bis heute nicht gelungen ist, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen. Die Ursachen sind letztlich vielfältig und die Hemmnisse liegen sowohl in den Entwicklungsländern als auch in ihrer internationalen Stellung.

    So bremst innerhalb der Dritten Welt vor allem das hohe Bevölkerungswachstum positive Wirkungen. Die absolute Wirtschaftsleistung von Entwicklungsländern ist in den vergangenen Jahrzehnten durchaus gestiegen. Doch das Geld muss sich auf immer mehr Einwohner verteilen, so dass die Armut eher zunimmt. Zudem fließen viele Gelder der Staatshaushalte und aus Entwicklungskrediten in falsche Richtungen. Korruption ist weit verbreitet und auch kriegerische Konflikte und die damit verbundene Aufrüstung verschlingen Unsummen.

    Hungerndes Kind © Till Mayer / DRK

    In den nächsten Jahren wird vor allem die AIDS-Problematik die Bekämpfung der Armut behindern. In der Dritten Welt lebt der größte Teil der HIV-Infizierten. Allein 20 Millionen Afrikaner sind HIV positiv. Die UNO schätzt, dass bei einer weiteren Verbreitung in fünf Jahren täglich 13.000 Menschen in Afrika an den Folgen der Krankheit sterben werden. Für die betroffenen Staaten könnte dies einen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch bedeuten.

    Die äußeren Ursachen gehen bis in die Kolonialzeit zurück. Fast alle Länder der Dritten Welt, Ausnahmen sind zum Beispiel Äthiopien und Liberia, waren Kolonien. Sie wurden durch die Kolonialmächte für eine lange Zeit ihrer politischen, ökonomischen und kulturellen Unabhängigkeit beraubt. Die Folgen und Abhängigkeiten wirken bis heute nach. Dennoch bleibt umstritten, ob es sich hier um eine Hauptursache handelt. Kritiker verweisen auf die unterschiedliche Entwicklung beispielsweise der britischen Kolonien wie Australien, Singapur, Indien und Uganda.

    Nicht zuletzt müssen wohl auch natürliche Ursachen für die Armut hinzugezogen werden. Viele Länder der Dritten Welt liegen in den Tropen und Subtropen. In den Trockenzonen werden Dürren zum Problem und im anderen Extrem der immerfeuchten Tropen sind die Böden ohne das Ökosystem Regenwald unfruchtbar.


    Stand: 06.11.2001

    Wie der Krieg um Rohstoffe Potentiale ruiniert

    Aus reich mach arm

    Nigeria ist ein reiches Land, trotzdem leben 45 Prozent der Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Zwei Aussagen, die nicht zu einander passen wollen. Das Land im Westen Afrikas verfügt über enorme Vorkommen an Erdöl. Als Nigeria 1960 die Unabhängigkeit erhielt, galt es daher als das Land mit dem höchsten Entwicklungspotential in Afrika. Auch wenn Nigeria heute an zehnter Stelle der erdölfördenden Länder steht, an den Profiten verdienen seit Jahrzehnten hauptsächlich die großen Ölkonzerne und die jeweiligen Machthaber des Staates. Und weil viele Einheimische erkennen, dass es was zu holen gibt, wird seit Jahrzehnten um die Macht im Land gekämpft.

    Soldat © Till Mayer / DRK

    Bereits 1967 endete dieser Kampf in einem blutigen Bürgerkrieg zwischen zwei der größten Völker Nigerias. Der dreijährige Krieg forderte etwa eine Millionen Todesopfer und bescherte Nigeria eine der größten Armeen Schwarzafrikas.Sechs Militärdiktaturen waren seither an der Macht unterbrochen nur von einer kurzen Phase einer demokratischen Regierung Anfang der 80er Jahre. Und alle Diktatoren ließen viel Geld aus den Einnahmen der Ölförderung in die eigenen und die Taschen ihrer Gefolgsleute fließen. Die Bevölkerung hingegen profitiert bis heute nur wenig vom Reichtum des Landes. Sie haben zudem mit den ökologischen Folgen des Ölgeschäfts im Nigerdelta zu kämpfen. Als Anfang der 90er Jahre mit dem Stamm der Ogoni erstmals eine kleines Volk aufbegehrte und Forderungen an die Regierung und die Konzerne stellte, wurde ihr Aufstand blutig niedergeschlagen und ihre Anführer ermordet.

    Nigeria ist kein Einzelfall. Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung zählte im Jahr 2000 weltweit 144 Konflikte, von denen zwölf als Kriege und weitere 24 als gewaltsame Krisen eingestuft wurden. Von diesen 36 Konflikten wurden nur zwei nicht in Entwicklungsländern ausgetragen. Besonders betroffen ist Afrika, allein zwei Drittel aller Kriege fanden 2000 hier statt.

    Einer der größten Konflikte schwellt seit 1994 in Zentralafrika in der Demokratischen Republik Kongo Als im August 1998 Rebellen in Kinshasa einmarschierten, um den Diktator Kabila zu stürzen, brach ein Krieg aus, bei dem sowohl die kongolesiche Regierung als auch Rebellen von anderen Ländern Afrikas unterstützt wurden. Die damalige US-Außenministerin Albright sprach vom „Ersten Weltkrieg Afrikas“. Mindestens sechs Staaten und acht Rebellengruppen sind in den Krieg verwickelt. Während die Regierung militärische Hilfe aus Angola, Simbabwe und Namibia erhält, werden die Rebellengruppen von Ruanda und Uganda unterstützt. Gekämpft wird um den politischen Einfluss und die Kontrolle von Land, denn auch der Kongo ist reich an Bodenschätzen. Diamanten, Gold und das für die Halbleiterindustrie so wichtige Mineral Coltan versprechen gute Gewinne. Längst kontrollieren die einzelnen Staaten Lagerstätten beziehungsweise haben sich Rechte von der kongolesischen Regierung zusichern lassen, als „Lohn“ für die militärische Unterstützung.

    Flüchtlinge © Till Mayer / DRK

    Der Krieg trifft die Bevölkerung hart, zwei Millionen sind auf der Flucht. Viele leiden an Hunger und die Wirtschaft des Landes liegt brach. Hoffnungen auf Lösung der Konflikte in Nigeria und im Kongo sind nicht unbegründet, aber unsicher. In Nigeria gibt es seit Anfang 2000 wieder eine demokratische Regierung, die mit dem Ziel angetreten ist, die Situation der Bevölkerung zu verbessern. Doch immer wieder brechen kleinere Konflikte aus, zuletzt zwischen Christen und Muslimen. Im Kongo will der neue Präsident Joseph Kabila den Krieg beenden, aber der Dialog zwischen den beteiligten Parteien geht nur schleppend voran. So schüren Rohstoffe in den Entwicklungsländern und besonders in Afrika oft Konflikte, obwohl sie eigentlich das Potential für ein Land bilden.


    Stand: 06.11.2001

    Die Abhängigkeit der Entwicklungsländer auf dem weltweiten Handelsmarkt

    Export von Rohstoffen und Import von Fertigwaren

    Handel © TransFair

    Seit der Kolonialzeit sind die Entwicklungsländer in internationale Handelsbeziehungen eingebunden. Die Ausprägung jedoch ist einseitig, der größte Teil des Warenaustausches kommt den Industrieländern zu Gute. Als die Kolonialmächte die Länder Lateinamerikas, Asiens und Afrikas erschlossen, ging es hauptsächlich darum, sich den Zugriff auf Rohstoffe zu sichern und auf großen Plantagen Kaffee, Kakao oder Bananen für den Markt in Europa anzubauen. Die Rohstoffe und pflanzlichen Produkte wurden nach Europa verschifft und dort verarbeitet.

    Bis heute hat sich an dieser Struktur nur wenig geändert. Es gibt zwar auch unter in den Entwicklungsländern – hauptsächlich in Lateinamerika und Süd-Ost-Asien – Staaten mit exportorientierter industrieller Produktion, aber dabei handelt es sich meist um Schwellenländer und vor allem nutzen ausländische Firmen meist die dort billigen Löhne aus.

    Für die weiterhin vornehmlich rohstoffexportierenden Länder hat sich die Situation in den letzten zwanzig Jahren dagegen noch weiter verschlechtert. Seit den 80er Jahren ist ein zunehmender Verfall der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt zu verzeichnen. Die Preise unterliegen starken Schwankungen und die Einnahmen sind so nur schwer zu kalkulieren. Mit den Erlösen müssen die Entwicklungsländer jedoch die Fertigwaren und Technologieprodukte der Industrieländer kaufen, die sie für den Aufbau der Wirtschaft im eigenen Land benötigen.

    Verkauf © TransFair

    Dieses immer ungünstiger werdende Verhältnis zwischen Export- und Importpreisen, es wird oft auch von einer Verschlechterung der Terms of Trade gesprochen, führt schließlich dazu, dass viele Entwicklungsländer Kredite aufnehmen müssen, entweder bei privaten Banken oder bei den großen Entwicklungsbanken bzw. der Weltbank. Zu den Importausgaben kommen dann zusätzlich Zinsen und Tilgungsraten, die vom geringen Landesbudget bestritten werden müssen. Viele Entwicklungsländer sind inzwischen so hoch verschuldet, dass sie ihre Kredite nie zurückzahlen können. Auf dem Kölner Gipfel 1999 einigten sich die sieben führenden Industrieländer daher darauf, 36 hoch verschuldeten Länder einen Großteil ihrer Schulden zu erlassen, unter ihnen Bolivien, Tansania und Mauretanien. Die Entschuldung ist an Auflagen gebunden, damit die freiwerdenden Mittel vorrangig in die Bereiche Bildung, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur und Landwirtschaft fließen.

    Vielleicht noch wichtiger als der Schuldenerlass ist es, langfristig die Abhängigkeit von den Industrienationen zu verringern. Das heißt vor allem, dass einheimische Rohstoffe schon im Land verarbeitet und internationale Handelshemmnisse wie hohe Einfuhrzölle abgebaut werden.

    Transfairbananen © TransFair

    Schritte zur Verbesserung im kleinen Rahmen unternimmt seit 1991 ein Projekt in Deutschland Auch die Kleinbauern in Entwicklungsländern hatten früh begonnen auf ihren meist sehr kleinen Feldern Exportprodukte anzubauen. Vielfach wurden dabei traditionelle Anbautechniken und teilweise sogar die Bewirtschaftung zum Eigenbedarf aufgegeben. Als in den 80er Jahren die Rohstoffpreise fielen, standen sie vor dem Ruin. Auf der Suche nach Auswegen wurde 1991 die Organisation TransFair in Deutschland gegründet. Sie versucht große Handelsketten für einen fairen Welthandel zu gewinnen. Zunächst nur auf Kaffee beschränkt, hat sich die Palette der einbezogenen Produkte inzwischen stark erweitert. Bananen, Kakao, Kaffee etc. werden zu festgelegten Bedingungen von den Kleinbauern erzeugt und zu höheren als den Weltmarktpreisen gehandelt. So sollen die Bauern beispielsweise ökologisch nachhaltigen Anbau praktizieren. Der Verbraucher zahlt für TransFair-Produkte einen geringfügig höheren Preis.


    Stand: 06.11.2001

    Geographie, Wirtschaft und Bevölkerung

    Kenia

    Kenia: Geographische Daten und Fakten

    Lage:

    Ostafrika mit Grenzen zu Äthiopien, Somalia, Uganda, Tansania sowie dem Indischen Ozean

    Landschaft:

    sehr vielseitig / Küste im Südwesten, Hochebenen und Gebirge durchzogen vom Ostafrikanischen Grabenbruch (Rift Valley) mit zahlreichen Seen, im Norden Halbwüste

    Klima:

    große Gegensätze / tropisch an der Küste, im Hochland gemäßigt, im Norden arid

    Fläche:

    582.650 km²

    Einwohner:

    30,8 Millionen

    Einwohnerdichte:

    53 Einwohner je Quadratkilometer

    Hauptstadt:

    Nairobi (1,5 Millionen Einwohner)

    weitere Städte:

    Mombasa (465.000 Einwohner), Kisumu (185.100 Einwohner)

    Sprachen:

    Kiswahili (offiziell), Englisch (offiziell), weitere Stammessprachen

    Bevölkerungsgruppen:

    etwa 40 verschiedene Ethnien / größte Ethnien: Kikuyu, Luhya, Luo

    Erlangung der Unabhängigkeit:

    12. Dezember 1963 (von Großbritannien)

    Bruttosozialprodukt, Export, HIV… – Vergleich Deutschland und Kenia

    * (rot): Der Rückgang des Bevölkerungswachstums ist vor allem durch die zu erwartende hohe Sterberate durch AIDS zu erklären; mit * versehene Angaben Fischer Weltalmanach 2001 © CIA World Factbook


    Stand: 06.11.2001

    Die Entwicklung zum Wirtschaftsmotor Ostafrikas

    Naturwelt, Tourismus, Armut…

    Kenia, ehemals britische Kolonie, erlangte Ende 1963 als letztes Land in Ostafrika die Unabhängigkeit. Dennoch wurde es zum Wirtschaftsmotor der Region. Das stetige Wirtschaftswachstum und die politische Stabilität machte es zum festen und wichtigen Partner vieler Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Zudem ist Nairobi zum Sitz vieler internationaler Einrichtungen und politischer Institutionen herangewachsen.

    Nationalpark © Anne Gnauk

    Kenias Potential liegt in der Vielfalt der Landschaft sowie der Pflanzen – und Tierwelt. Die tropische Küste mit Mangrovensümpfen, der beeindruckende Ostafrikanische Graben, der das Land von Nord nach Süd durchzieht, das Hochland und das Hochgebirge mit dem über 5.200 Meter hohen Mt. Kenia, die Halbwüsten im Norden und der riesige Victoria-See im Westen bilden ein Kontrastprogramm der besonderen Art. Zudem verfügt Kenia über zahlreiche Nationalparks mit großem Wildtierbestand, die das Land für den Tourismus attraktiv machen. Mit dem Ausbau des Tourismus wurde dieser neben den Exportprodukten Kaffee und Tee frühzeitig zum wichtigsten Devisenbringer des Landes.

    Das Wirtschaftswachstums Kenias hat jedoch nur wenig an der Armut der Bevölkerung geändert. Denn Kenias Bevölkerung wuchs lange Zeit in einem Ausmaß wie in kaum einen anderen Land der Welt. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit lebten etwa acht Millionen Menschen in Kenia. Heute sind es knapp 31 Millionen, die Bevölkerung hat sich demnach in knapp 40 Jahren nahezu vervierfacht. So sehr Kinder in Kenia traditionell Reichtum und Prestige bedeuten, so problematisch ist diese Entwicklung für das Land. Denn das Bevölkerungswachstum lässt die Anbauflächen knapp werden, die für die immer noch vorherrschende Selbstversorgung so wichtig sind. Das Pro-Kopf-Einkommen ist dementsprechend niedrig. Gerade einmal 360 Dollar stehen einem Einwohner durchschnittlich pro Jahr zur Verfügung.

    Schulkinder © Anne Gnauk

    Zudem ist die Kluft zwischen Reich und Arm groß. Es gibt wenige, die viel verdienen und dafür viele, die unter der Armutsgrenze leben. Fast die Hälfte der Kenianer muss pro Tag mit weniger als einem Dollar auskommen. Und davon muss nicht nur die Familie ernährt, sondern auch die Bildung der Kinder bezahlt werden. Und die ist für keniainische Verhältnisse teuer. Etwa 280 Mark kostet im Durchschnitt ein Jahr in der Grundschule. Für die höhere Schule muss fast das Dreifache bezahlt werden. Nur 24 Prozent aller Grundschulabgänger erhalten daher eine weiterführende Schulbildung und von dort schaffen es nur acht Prozent auf die Universität.

    Solche Zahlen zeigen, dass Kenia von dem einmal anvisierten Ziel, in den nächsten Jahren als Schwellenland in den Listen der UNO aufzutauchen, weit entfernt ist. Die momentane Situation im Land spricht sogar eher für eine zunehmende Entfernung von dieser Zielsetzung.


    Stand: 06.11.2001

    Das Musterland auf dem wirtschaftlichen Rückschritt

    Warum in Kenia das Licht nicht brennt

    Um in Kenia zu telefonieren, braucht man viel Geduld. Nach 30 erfolglosen Versuchen für ein simples Ortsgespräch, ist es fast effektiver, persönlich bei seinem Gesprächspartner vorbei zu schauen. Nahezu unmöglich ist ein Anruf in eine andere Stadt oder gar ins Ausland. Kenias Telefonleitungen sind in einem desolatem Zustand und stehen damit symbolisch für die momentane Situation des Landes. Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit schrumpfte im Jahr 2000 die Wirtschaft. Während die Nachbarländer Tansania und Uganda fünf Prozent Wachstum aufweisen, bleibt das einstige Musterland Ostafrikas zurück. Die dramatische Entwicklung hat Gründe.

    Hungersnot © Welthungerhilfe

    Eine Dürre vernichtete die Ernten selbst in den sonst fruchtbaren Regionen des Great Rift Valleys. Besonders betroffen ist jedoch der Norden. Die hier lebenden Nomaden haben ihr Vieh und damit ihr Existenzgrundlage verloren. Auch wenn es in den letzten Monaten wieder in einigen Gegenden regnete, sind laut UNO noch immer über drei Millionen Kenianer von der Hungersnot bedroht. Monatelang gab es im zurückliegenden Jahr Stromrationierungen. Selbst in den großen Städten Nairobi und Mombasa brannten nur nachts die Lichter, jedenfalls meistens. Die Folgen für die Wirtschaft waren fatal. Tausende von Jobs gingen verloren und die Touristen blieben aus. Präsident Moi verwies zur Erklärung auf die Wasserknappheit. Sicher ist die Stromwirtschaft Kenias in hohem Maße von der Wasserkraft abhängig, doch auch die maroden Energieunternehmen, bis vor kurzem noch in staatlichem Besitz, waren nicht unschuldig an der Misere.

    Dabei hatte sich das Tourismusgeschäft gerade wieder etwas erholt, nachdem es 1997 einen starken Einbruch erlebt hatte. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen an der Küste im Spätsommer kamen damals 70 Kenianer ums Leben. Die Hotelbelegung viel innerhalb kurzer Zeit von 80 auf 20 Prozent. Unruhen Anfang 1998 im Rift Valley und der Bombenanschlag auf die US-Botschaft im August 1998 sorgten für weitere negative Schlagzeilen. Da zudem immer mehr Länder Afrikas den Tourismus ausbauen, sind die Touristenzahlen in Kenia schon seit Beginn der 90er Jahre rückläufig.

    Letztlich war die Dürre nur Auslöser für den wirtschaftlichen Notstand. Denn in Kenia verschwindet Geld, viel Geld. Das Land gilt als einer der korruptesten Staaten der Welt. Innerhalb des Jahres 1994 sollen allein 16 Milliarden Dollar aus der Staatskasse in die Taschen von Regierungsmitgliedern und Verwaltungsbeamten geflossen sein. Der internationale Währungsfonds (IWF) stoppte daher 1997 die Auszahlung von weiteren Entwicklungskrediten und stellte zahlreiche Forderungen für die Wiederaufnahme. Angesichts der schlechten Wirtschaftslage bemühte sich die Regierung um eine Verbesserung. Sie richtete eine Anti-Korruptions-Kommision ein und trieb die Privatisierung der staatlichen Monopole voran. Als dann aber im August 2000 endlich wieder Kredite in Höhe von einer halben Milliarden Dollar freigegeben wurden, genehmigten sich die Regierungsmitglieder erst einmal eine Erhöhung der Sitzungsgelder und Reisezuschüsse.

    Nairobi © Kirsten Hildebrand

    Ende 2000 schließlich erklärte das höchste Gericht in Nairobi die Anti-Korruptions-Behörde für illegal. Auch das Angebot zur Privatisierung der staatlichen Telefongesellschaft lehnte die Regierung ab. Bereits im März 2001 fror der IWF daher die Zahlungen wieder ein. Vor zwei Monaten stimmte das Parlament gegen eine Wiedereinrichtung der Behörde zur Bekämpfung der Korruption. Weil das Gesetz hierzu länger zurückliegenden Korruptionsdelikten Straffreiheit zusagte, stimmte auch die Opposition dagegen. Damit besteht zunächst keine Hoffnung auf die noch ausstehenden Auslandshilfen und für das laufende Jahr wird deshalb ein Rekorddefizit im Haushalt erwartet. So wird wohl auch in Zukunft in Kenia zum Telefonieren Geduld gehören und abends eine Petroleumlampe Licht spenden.


    Stand: 06.11.2001

    Geschichte, Prinzipien und Strukturen der Entwicklungszusammenarbeit

    Von der Entwicklungshilfe zur Partnerschaft

    Seit den 50er Jahren ist Entwicklungshilfe zu einem wichtigen Thema der internationalen Politik geworden. Auch dieser Begriff ist umstritten, deutet er doch auf eine gewisse Einseitigkeit hin. Häufig wird heute daher von Entwicklungszusammenarbeit oder- Partnerschaft gesprochen. Bis in die 60er Jahre hinein versuchte man, ausgehend von der Modernisierungstheorie, durch Technologietransfer und Industrialisierung die Wirtschaft anzukurbeln. Projekte richteten sich dabei häufig einseitig auf möglichst prestigeträchtige und große Industrievorhaben. Die Landwirtschaft wurde vernachlässigt und nur ein geringer Teil der Bevölkerung profitierte von den Maßnahmen. Ab den 70er Jahren ging es daher darum, Grundbedürfnisse der Bevölkerung wie Ernährung, Gesundheit und Bildung in den Griff zu bekommen. Aufgrund des zunehmenden Bevölkerungswachstums konnten jedoch auch hier nur wenig Erfolge erzielt werden.

    Pflückerin © TransFair

    Lange Zeit wurden in die Entwicklungsprojekte meist ausschließlich Männer einbezogen. Erst Ende der 70er Jahre wurde deutlich, dass damit insbesondere Maßnahmen im Bereich der Feldarbeit und im Haushalt häufig ihr Ziel verfehlten, da dies traditionell Arbeitsbereiche der Frauen sind. Sie sichern letztlich das Leben und Überleben der Familien. In der Konsequenz richteten sich Projekte zukünftig vielfach an Frauen mit dem Ziel der Verbesserung ihrer Situation. Außerdem konzentrierten sich Projekte nicht mehr, wie in den Jahren zuvor, nur einseitig auf einen Bereich, sondern beziehen viele Aspekte mit ein.

    In den 80er Jahren fanden Schlagworte wie Politikdialog, Entstaatlichung und Privatisierung Einzug in die Entwicklungspolitik. An die Vergabe von Krediten knüpften sich zukünftig Bedingungen, die sich auf politische und wirtschaftliche Reformen in den Entwicklungsländern bezogen. Zum Ende des Jahrzehnts rückten dann zunehmend Umweltaspekte in den Blickpunkt. Die „Konferenz für Umwelt und Entwicklung“ 1992 in Rio erarbeitete schließlich mit der Agenda 21 ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm, dass sowohl von Entwicklungs- wie Industrieländern Initiative in Richtung nachhaltiger Entwicklung fordert.

    Bau eines Wassergrabens © Welthungerhilfe

    Zur Finanzierung von Entwicklungsvorhaben leisten alle Industrieländer Entwicklungshilfe. Im Jahr 1970 legten sie fest, langfristig hierfür mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts an Geldmitteln aufzuwenden. Bis heute bringen diesen Betrag nur wenige Staaten auf, darunter Norwegen, Dänemark, Schweden und die Niederlande. Deutschland liegt mit 0,3 bis 0,4 Prozent weit von diesem Ziel entfernt. Die Mittel werden auf Bundesebene durch das 1961 gegründete Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verwaltet. Es formuliert die Ziele und Programme der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und legt Schwerpunktländer der Förderung fest.

    Zwei Formen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) werden unterschieden. Die multilaterale EZ, bei der internationale Organisationen wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfond von den Geberländern Geld erhalten und damit Vorhaben in den Entwicklungsländern finanzieren. Und als zweites die bilaterale Zusammenarbeit, die zwischen Geberland und Entwicklungsland stattfindet. In Deutschland sind für die Durchführung Organisationen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) zuständig. Zusätzlich existieren sowohl auf Seiten der Industrieländer als auch in den Staaten der Dritten Welt zahlreiche sogenannte Nichtregierungsorganisationen (NRO), die Projekte finanzieren oder durchführen.


    Stand: 06.11.2001