Bedrohte Wunderwelt des Meeres

Great Barrier Reef

Das Great Barrier Reef – die farbenprächtige und artenreiche Unterwasserwelt vor der Nordostküste Australiens – ist eine der faszinierendsten Naturlandschaften der Erde.

Auf einer unglaublichen Größe von 350.000 Quadratkilometern leben Abermilliarden winzigster Lebewesen. Sie „arbeiten“ rund um die Uhr am größten Bauwerk, das jemals von lebenden Organismen geschaffen wurde.

Doch das sensible Paradies des Meeres ist in großer Gefahr. Meereserwärmungen, unter anderem verursacht durch das Klimaphänomen El Nino, führen zum so genannten Coral Bleaching und häufig auch zum sicheren Tod der Korallen. Aber auch die touristische Übernutzung des Great Barrier Reef hinterlässt ihre Spuren. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen sieht die Zukunft des bunten Riffes sehr düster aus…

Ute Schlotterbeck
Stand: 26.10.2001

Wo liegt das Riff und wie kam es zu seinem Namen?

Tückische Gefahr im kristallklaren Wasser

Das Great Barrier Reef erstreckt sich über eine Länge von rund 2.000 Kilometern vor der Nordostküste Australiens, genau genommen vor der Küste des Bundesstaates Queensland. Es reicht von der Mündung des Fly River (Papua Neuguinea) bis ungefähr zum Wendekreis des Steinbocks bei Rockhampton und dem Swain’s Reef östlich von Gladstone. Mit einer Größe von 350.000 Quadratkilometern ist es das größte Riff der Welt und wird deshalb auch nicht ohne Grund häufig als das achte Weltwunder bezeichnet.

Lage des Great Barrier Reef © NASA/JPL

Entdeckt wurde das Great Barrier Reef von dem Franzosen Louis Antoine de Bougainville. Er machte auf seiner Südsee-Expedition – von 1766 bis 1769 – als erster Bekanntschaft mit dem bis dahin unbekannten und für Seefahrer gefährlichen Riff. Um 1770 lernte auch James Cook die Tücken der Great Barrier Reef kennen. Sein Segelschiff – die Endeavour – saß auf einem Riff fest und kam erst frei, nachdem er Kanonen, Ballast und überflüssigen Proviant über Bord werfen ließ.

Den Namen „Great Barrier Reef“ erhielt das Korallenriff von Matthew Flinders, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Gewässer vor der Küste von Queensland kartierte. Gleichzeitig war er auf der Suche nach einer Passage durch das Riff und das Great Barrier Reef stellte für ihn eine schlichtweg nicht zu überwindende Barriere dar. Flinders war auch der erste, der den Namen Australien benutzte – vorher war das Land lediglich unter dem Namen Terra Australis Incognita bekannt.

Einer der ersten, der die geologischen Verhältnisse von Korallenriffen wissenschaftlich untersuchte, war Charles Darwin. Seine Theorie über ihre Entstehung ist heute noch allgemein anerkannt.


Stand: 26.10.2001

Sogar vom Mond aus ist es noch zu erkennen...

Das größte Lebewesen unserer Zeit

Wenn vom Great Barrier Reef die Rede ist, geraten die Menschen ins Schwärmen und ein Superlativ nach der anderen wird genannt. Da fallen dann Begriffe wie das achte Weltwunder, das größte von lebenden Organismen je geschaffene Bauwerk, das weitläufigste Korallensystem der Welt, das größte Lebewesen, das schönste Naturwunder der Erde und – nach dem tropischen Regenwald – die weltweit artenreichste Region.

Doch was macht das Great Barrier Reef so besonders und einzigartig?

Great Barrier Reef © NASA/JSC

Mit dem Great Barrier Reef verbindet man natürlich als erstes glasklares Wasser – mit Sichttiefen bis zu 60 Metern – farbenprächtige Korallen und eine Vielzahl an exotischen, bunten Fischen. Aber eigentlich sind seine enormen Ausmaße das Beeindruckendste. Mit einer Größe von rund 350.000 Quadratkilometern ist das Riff fast so groß wie Deutschland (356.978 Quadratkilometer). Somit ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das Great Barrier Reef sogar vom Mond aus noch zu bestaunen sein soll…

Das Great Barrier Reef ist allerdings kein zusammenhängendes Korallenriff und somit auch keine unüberwindbare Barriere, wie es Anfang des 19. Jahrhunderts seinem Namensgeber Matthew Flinders vorkam. Das Riff besteht vielmehr aus fast 3.000 Einzelriffen, die genauso wie die über 700 Inseln im gesamten Korallenmeer verstreut sind. Der überwiegende Teil des „Greatest living Thing of the World“ reicht bis in 300 Meter Tiefe.

Die unzähligen Inselchen liegen im so genannten Barrier Reef Channel, der 50 bis 100 Meter tiefen Lagune zwischen Festland und Riffsaum. Zu den Inseln gehören die Cays, die Koralleninseln. Sie bestehen aus gebrochenen Riff- und Korallenteilen, die von angeschwemmten Sand bedeckt wurden. Diese echten Koralleninseln haben lediglich einen Durchmesser von wenigen hundert Metern und ragen meistens nicht höher als einen Meter über den Meeresspiegel.

Außerdem findet man im Korallenmeer jedoch auch noch bergige Festlandinseln. Diese Inseln befinden sich meistens in Küstennähe, ragen steil aus dem Meer empor und sind von Saumriffen mit Korallengärten umgeben. Sie sind Überreste eines versunkenen Küstengebirges und bestehen daher aus festem Gestein. Obwohl sie nach der letzten Eiszeit durch Anstieg des Meeresspiegels und Absenkung des Festlandes vom diesem getrennt wurden, sind sie noch Teil des Kontinents. Während hier die Vegetation mit tropischen Regenwäldern sehr üppig ausfällt, sind die flachen Koralleninseln nahezu vegetationslos.

Die äußersten Bereiche des Great Barrier Reef – der Riffsaum – werden Outer Reef genannt. Hier bricht das Riff zum Pazifik hin bis in etwa 2.000 Meter Tiefe steil ab. Die Entfernungen zwischen dem steilen Outer Reef und der Küste mit seinen flachen Saumriffen variieren. So trennen im nördlicheren Teil bei Cairns den äußeren Riffsaum und die Küste von Queensland nur 30 Kilometer, weiter südlich – in Mackay – sind es dagegen rund 370 Kilometer.


Stand: 26.10.2001

Korallenpolypen, Kalkskelette und Korallenstöcke

Die Riff-Baumeister

Alles begann vor etwa 20 bis 25 Millionen Jahren. Und so wie das Great Barrier Reef damals entstand, genauso entwickelt es sich auch heute noch immer weiter…

Kalkskelett der "lebenden Felsen" © NOAA

Korallen, die lebenden Felsen? Man sieht es ihnen zwar auf den ersten Blick nicht an, aber sie bestehen aus Abermilliarden winzigster Lebewesen – den Korallenpolypen. Sie sind die genialen Baumeister des Korallenriffs. Ihrem massenhaften Vorkommen ist es zu verdanken, dass das Great Barrier Reef neben dem tropischen Regenwald die weltweit artenreichste Region ist.

Korallenpolypen – wirbellose Organismen, die in der Regel nicht größer als zehn Millimeter werden – bestehen aus einem sackförmigen Körper und einer Mundöffnung, die von Tentakeln umgeben ist. Die Organismen sind nachtaktiv und verbergen sich deshalb tagsüber in ihren Schutzröhrchen. Sobald die Dunkelheit hereinbricht „gehen“ sie auf Nahrungsfang. Dafür strecken sie die mit Nesselkapseln ausgestatteten Fangarme aus und fischen so ihr Hauptnahrungsmittel – das Plankton – aus dem Wasser.

Mit Hilfe ihrer Symbionten, den lichtliebenden, beziehungsweise lichtabhängigen Zooxanthellen (einzellige Algen), ist es den Polypen möglich, den aus Meerwasser und Plankton aufgenommenen Kalk abzusondern. Daraus bauen die Polypen becherförmige Gehäuse, ihre Wohnhöhlen. Die bilden wiederum das Skelett des Riffes.

Durch Knospung der Polypen vermehren sich die Tiere schnell und lassen eine Kolonie von vielen einzelnen Korallenpolypen entstehen – das Riff breitet sich immer weiter aus. Pro Jahr wachsen so die einzelnen Kalkskelette der Polypen-Kolonien um zwei bis fünf Zenitmeter und verbinden sich zu Korallenstöcken. Diese sind dann wiederum Basis für neue Polypengenerationen, genauso wie die alten, abgestorbene Korallenstöcke. Unterstützt und verfestigt werden die „lebenden Felsen“ durch Rotalgen, die ebenfalls Kalkskelette bilden können. So entsteht aus den Korallenstöcken mit der Zeit ein Riff, das langsam aber sicher in die Höhe wächst. Doch sobald die Polypen die Wasseroberfläche erreicht haben, sterben sie ab.


Stand: 26.10.2001

Stadien des Riffwachstums

Leben auf einem toten Kern

Koralle © NOAA

Der Kern, der den Großteil des reich strukturierten Korallenriffes bildet, ist tot. Lediglich die obersten Schichten bestehen aus lebenden Korallen. Das Fundament stirbt im Laufe des Lebenszyklus des Great Barrier Reef immer wieder ab. Aber für Nachschub wird ständig gesorgt, denn neue Korallen wachsen auf den älteren Korallen heran und bauen das Riff immer weiter auf – Lage um Lage. So läuft der Kreislauf ununterbrochen weiter…

Die Zerstörung einzelner Bereiche ist ebenfalls Teil des Lebenskreislaufes im Great Barrier Reef. Durch die Brandung werden Korallenbrocken sukzessive gelockert und schließlich von dem übrigen Korallenstock abgetrennt. Aber sobald diese Teile wieder woanders angespült werden, bilden sie die Basis für neue Korallenriffe.

Das Riffwachstum besteht allgemein aus drei Entwicklungsstufen: Da sind einmal die jungen Riffen, die noch so lange wachsen, bis sie die Wasseroberfläche erreicht haben. Dann gibt es die ausgewachsenen Riffe, die die Wasseroberfläche schon erreicht haben und in die bereits Sedimente eingeschwemmt werden. Und die letzte Gruppe sind die alten Riffe, die mit Sedimenten aufgefüllt worden sind und schon eine Koralleninsel gebildet haben.

Milliarden von winzigen Meerestierchen ist es so über Millionen von Jahren gelungen, das größte jemals von lebenden Organismen geschaffene Bauwerk der Erde lediglich aus Kalksteingehäusen und -skeletten zu errichten…


Stand: 26.10.2001

Die Lebensbedingungen der Korallen

Ganz schön anspruchsvoll…

Damit Korallen sich richtig wohlfühlen, prachtvoll wachsen und somit optimale Lebensbedingungen haben, muss eine Reihe von Punkten erfüllt werden: Vor allem bei der Wassertemperatur sind die Korallenpolypen ziemlich empfindlich – zwischen 21°C und 30°C muss das Wasser warm sein, optimal wären 25°C. Zudem brauchen sie eine stabile Salzkonzentration zwischen 2,7 und 3,8 Prozent.

Klares, helles und warmes Wasser © IMSI MasterClips

Hinzu kommt auch noch, dass Korallen nur in flachem, klaren und lichtdurchfluteten Wasser wachsen können. Sie sind dabei auf Wassertiefen bis 20 Meter beschränkt, in sehr klarem Wasser können es auch mal 40 Meter werden. Doch noch tiefer gelangt das für die Algen, mit denen die Korallenpolypen eine Symbiose eingegangen sind, lebensnotwendige Licht nicht. In größeren Tiefen und planktonreichen Gewässern wachsen und existieren deshalb keine riffbildenden Korallen. Am üppigsten ist das Korallenwachstum in einer Wassertiefe zwischen vier und zehn Metern.

Meeresabschnitte mit geringer Sedimentation werden ebenfalls von den Korallen bevorzugt. Da Korallen festsitzende Organismen sind, können sie nicht „weglaufen“ wenn sie von Sand zugeschüttet werden. Die winzigen Polypen müssten in dem Fall ersticken, und das Riff absterben.

Diese Ansprüche der Korallen an ihre Umwelt haben sich seit Millionen von Jahren nicht geändert. Aber durch die starke Veränderung von Lage und Tiefe der Meere, hat sich das Vorkommen von Korallenriffen verschoben. Ihre horizontale Verbreitung wird dabei in erster Linie von Wassertemperatur und Sedimentation bestimmt, während das Licht eher die vertikale Ausdehnung beeinflusst.

Die enge Toleranzbreite der Korallen erklärt, warum weltweit nur ungefähr 0,2 Prozent der Meere von Korallenriffen eingenommen werden. Fast alle diese Riffe befinden sich zwischen 30 Grad nördlicher und 30 Grad südlicher Breite und sind damit charakteristisch für die tropischen Meere. Doch auch in diesen Zonen sind Unterschiede festzustellen. So sind Korallenriffe selten an den Westküsten der Kontinente zu finden, da hier die warmen Meeresströmungen fehlen.


Stand: 26.10.2001

Schon Darwin kannte sie

Was für Rifftypen gibt es?

Riff ist nicht gleich Riff, das stellte bereits 1842 Charles Darwin fest. Heute unterscheidet man vier Rifftypen – Barriere-Riffe, Saum-Riffe, Plattformriffe und Atolle.

Der weltweit häufigste Rifftyp ist das Saum-Riff (fringing reef) – ein schmaler Saum unmittelbar vor der Küste. Diese Riffe wachsen vom Festland aus soweit seewärts, bis das Meer zu tief wird. So kommt es, dass Saumriffe zwar viele Kilometer lang sind, aber höchstens 100 Meter breit. Zur küstenzugewandten Seite hin können durch Erosion Lagunen entstehen. Ein Beispiel für Saumriffe sind die Korallenriffe im Roten Meer.

Entstehung eines Atolls © MMCD

Barriere-Riffe (barrier reef) liegen im Gegensatz zu Saumriffen weiter vom Festland entfernt und kommen auch nicht so häufig vor. Durch Senkung des Untergrundes oder Hebung des Meeresspiegels entstanden breite und tiefe Lagunen, die die Riffe vom Festland trennen. Das bekannteste Beispiel eines Barriere-Riffes ist das australische Great Barrier Reef, das aber strenggenommen eine Mischung aus verschiedenen Rifftypen ist.

Ein weiterer Rifftyp sind die so genannten Plattform-Riffe (platform reef oder coral cay). Ihre Entwicklung ist nicht an Landmassen gebunden und sie wachsen im Gegensatz zu Saum- und Barriereriffen nach allen Seiten und nicht nur seewärts. Ist ein Plattformriff erodiert, wird es Pseudoatoll genannt, da es kaum mehr von einem echten Atoll zu unterscheiden ist. Plattformriffe findet man beispielsweise auf der Maskarenenbank im Indischen Ozean.

Atolle entstehen wenn sich gleichzeitig eine Vulkaninsel absenkt und Korallen dem Licht entgegenwachsen. Bei Atollen ist das Zentrum eine 30 bis 80 Meter tiefe Lagune, die von einem ringförmigen Korallenriff umschlossen wird. Die Lagune ist aber mindestens durch eine Passage mit dem offenen Meer verbunden. Die bekanntesten Atolle sind in der Südsee und in der Region der Malediven.

So unterschiedlich die verschiedenen Rifftypen auch sind, so haben sie doch alle eine ähnliche charakteristische Struktur. Lagunen mit Strand, das Riffdach sowie das flachere und das tiefere Vorriff sind dabei die wichtigsten Zonen eines Riffes. In allen Lebensräumen herrschen unterschiedliche Lebensbedingungen und jede Zone hat deshalb unterschiedliche Bewohner. Die Artenvielfalt und der Spezialisierungsgrad der „Riffbevölkerung“ ist enorm und hat den Korallenriffen deshalb den Namen „Regenwälder des Meeres“ eingebracht.

Die vom Festland aus gesehenen ersten Zonen eines Korallenriffes sind der Strand und die Lagune. Der Strand dient als Eiablageplatz der Meeresschildkröten und die Lagune bietet unter anderem verschiedensten Korallen, Schwämmen, Schnecken, Muscheln, Fischen und Meeresschildkröten als Lebensraum.

Das Riffdach ist der höchste Punkt eines Korallenriffes und liegt nur knapp unter dem Meeresspiegel. Brandung und Stürmen ist dieser Teil besonders stark ausgeliefert. Hier leben unter anderem Algen, Korallen und Seeigel. Läuft das Wasser ab, bleiben in den flachen Wasserlöchern Krabben, Würmer, kleine Fische, Schnecken und Schlangensterne zurück.

Im flacheren Vorriff tummelt sich das meiste Leben. Hier ist die Sonneneinstrahlung besonders stark und so herrschen hier perfekte Lebensbedingungen für sämtliche Stein- und Weichkorallen. Dementsprechend stark sind sie, neben Schwämmen, unzählige Fischen, Seesternen und Muscheln, in diesem Bereich auch vertreten.

Je weiter das Korallenriff in die offene See hinaus reicht und dementsprechend immer tiefer wird, desto mehr geht die Artenvielfalt zurück. Der damit verbundene immer schwächer werdende Lichteinfall lässt nicht mehr so viel Leben zu, wie in den übrigen Riffzonen. Deshalb dominieren im tieferen Vorriff auch so genannte Schwachlichtspezialisten, wie einige Steinkorallenarten, Hornkorallen und Schwarze Korallen. Außerdem können Riffhaie und Mantas hier an einem vorbei schwimmen.


Stand: 26.10.2001

Von bizarren Korallen und bunten Fischen

Wer hier alles so lebt…

Das Great Barrier Reef – ein gigantisches Aquarium, in dem man vor so viel exotischer Farbenpracht gar nicht weiß, wo man zuerst hingucken soll.

Feuerfisch © California Academy of Science

Über 350 Korallenarten gibt es hier und dabei sind der Farben- und Formenvielfalt keine Grenzen gesetzt. Sie sehen aus wie gewaltige Türme, spitze Hirschgeweihe und gallertartige Riesengehirne. Oder sie wachsen zu verästelten Bäumen, dombildende Strukturen und weiten Trichtern empor. Die im Great Barrier Reef am weitesten verbreitete Korallenarten sind Baum-, Hirn-, Geweih-, Pilz- und Tischkorallen. Außerdem sind in dieser Unterwasserwunderwelt auch noch weiche Korallen zu Hause. Diese sondern aber nicht wie die riffbildenden Korallen Kalk ab, sondern sind pflanzenähnlicher und haben lederartige weiche Skelette. Besonders prachtvoll sind die Korallen des Great Barrier Reef im November während der alljährlichen Korallenblüte.

Doch nicht nur bizarre Korallenkonstruktionen sind charakteristisch für das Great Barrier Reef. Tropische Fische in allen Nuancen des Farbspektrums gleiten durch das kristallklare Wasser. Die meisten Fische sind erstaunlich zutraulich und die enorme Artenvielfalt ist beeindruckend. Fast 2.000 verschiedene Fischarten schwimmen hier durch die Korallenstöcke – das ist ein Zehntel aller bekannten Fische. Aus dieser Vielzahl ragen vor allem der Clownfisch und der Papageienfisch hervor, dem besonders die winzigen Korallenpolypen und ihre Kalkskelette schmecken – ohne größere Probleme kann er sie mit seinem Kiefer zerbrechen. Aber auch größere Fische, wie der gewaltige Zackenbarsch oder Riffhaie ziehen hier ihre Runden.

Erwähnenswert ist auch noch der Rotfeuerfisch. Einer der schönsten Riffbewohner ist aber gleichzeitig auch einer der gefährlichsten. Taucher sollten ihm in einem gehörigen Abstand begegnen, denn sein Gift, das er mit den Stacheln seiner Rückenflossen verteilt, kann tödlich sein.

Ein weiterer Bewohner der in zahlreichen Blau- und Grüntönen schimmernden Lagune ist die badewannengroße und bis zu 260 Kilogramm schwere Riesenmuschel (Mördermuschel), die fest zwischen den Korallenstöcken sitzt.

Ansonsten beheimatet das Riff noch viele andere Meeresbewohner, wie unter anderem Schwämme (10.000 Arten), Weichtiere (4.000 Arten), Seegras (500 Arten) und Krebstiere. Muscheln und Würmer sind hier ebenso zu Hause, wie Schnecken, Seeigel und Seesterne, die die Korallenstöcke abweiden.

Und mit etwas Glück kann dem Besucher des Great Barrier Reef zwischen Oktober und April am Strand der ein oder anderen Insel die grüne Seeschildkröte beim Ablegen ihrer Eier begegnen.


Stand: 26.10.2001

Vorsicht vor Haien, Krokodilen und box jelly-fish

Gefahren lauern überall

Australien gilt als der giftigste Kontinent überhaupt und so stellt auch das Great Barrier Reef in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Das „giftige Repertoire“ reicht von Quallen, über Fische und Schnecken, bis hin zu Haien und Krokodilen.

Zu den extrem gefährlichen Tierarten des Great Barrier Reef zählen die so genannten box jelly-fish, auch Stinger oder auch Seewespen genannt. Diese Würfelquallenart ist das giftigste Lebewesen des Meeres. Der nahezu durchsichtige und schwach blaue, bis zu 20 Zentimeter lange Körper sieht noch verhältnismäßig harmlos aus. Das eigentlich Gefährliche sind die bis zu drei Meter langen Tentakeln, die ein extrem gefährliches Gift absondern und Schwimmern schmerzhafte und meistens sogar tödliche Verletzungen zufügen können. Ungefähr von Oktober bis Mai treiben die Quallen zu Tausenden vor der nördlichen Küste Australiens. Ganze Strandabschnitte sind in dieser Zeit gesperrt beziehungsweise es werden „stinger resistant enclosures“ – mit Netzen und Steinwällen abgesicherte Badestellen – eingerichtet.

Ein anderer hochgiftiger Meeresbewohner ist der hässliche Steinfisch. Durch seine graubraune Farbe und seinen stacheligen Rücken sehr gut tarnen, so dass er kaum von den abgestorbenen Korallenstöcken zu unterscheiden ist. Wie der Name schon sagt sieht er einem Stein zum Verwechseln ähnlich und das kann Riffspaziergängern zum Verhängnis werden. Tritt man aus Versehen auf ihn, kann das wegen seiner harten Rückenstacheln und seinen dort sitzenden Giftdrüsen sehr schmerzhaft werden.

Aber nicht nur spazieren gehen ist am Great Barrier Reef gefährlich… Wer hier an den Stränden Muscheln und Schnecken sammelt, der muss sich vor den Kegelschnecken in acht nehmen. Ihre Formen sind zwar wunderschön, doch ihr Innenleben kann tödlich sein. Das Tier, das in der Schnecke lebt, besitzt eine Giftharpune, die sie dem arglosen Opfer unter die Haut jagt.

Nicht giftig, aber dennoch gefährlich sind Haie. Die hier am Great Barrier Reef vorkommenden Haiarten sind allerdings meistens die eher scheuen Schwarz- und Weißspitzenhaie. Angriffslustiger sind da schon die Tiger- und Hammerhaie, die aber wie die meisten Haie, den Menschen eigentlich erst angreifen, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen. Vor allem Surfer sind hierbei gefährdet, weil ihr Brett aus der Sicht des Haies ungünstigerweise wie eine ihrer Lieblingsspeisen – die Seehunde – aussieht.

Nördlich des Wendekreises des Steinbocks in der Stadt Rockhampton ist der Küstenstreifen fest in der Hand der Krokodile. Besonders auf Hinchinbrook Island, eine der vielen Inseln im Great Barrier Reef, ist die Gefahr für den Menschen besonders groß. Die zwei australischen Krokodilarten sind die ungefährlichen Süßwasserkrokodile (freshies) und die sehr aggressiven Salzwasserkrokodile (salties). Während die Süßwasserkrokodile im Johnstone River leben, tummeln sich die gefährlichen „salties“ in Flussmündungen und bis zu zehn Kilometer landeinwärts.


Stand: 26.10.2001

El Nino und seine Folgen

Ein Klimaphänomen lässt Korallen erblassen

Das größte Lebewesen der Welt liegt im Sterben. Schuld daran sind mehrere Faktoren, die teilweise voneinander abhängig sind.

Vor allem das Klimaphänomen El Nino – was so viel bedeutet, wie das Christkind – das alle paar Jahre um die Weihnachtzeit auftaucht hat einen entscheidenden Anteil an dieser Situation. Eine Folge von El Nino ist unter anderem die großflächige Meereserwärmung entlang des Äquators, die über Monate hinweg vom Ost- zum Westpazifik langsam zunimmt. Dabei können die Wassertemperaturen um bis zu fünf Grad von den Normalwerten abweichen.

Korallenbleiche © NOAA

Für die anspruchsvollen und sensiblen Korallen bedeutet so eine entscheidende Veränderung ihrer Lebensbedingungen puren Stress. Das so genannte „coral bleaching“ – das Ausbleichen der Korallen setzt ein. Dabei wird die Symbiose zwischen Korallenpolypen und Algen empfindlich gestört. Die Algen fallen in eine Art Schockzustand und produzieren durch die Photosynthese keinen Zucker wie normalerweise, sondern aggressive Moleküle. Daraufhin werden sie von den Korallenpolypen abgestoßen. Als Folge zerbricht die Symbiose, die Korallen erblassen und die Riffe sterben ab.

Im Jahr 1998 wurde das bisher größte coral bleaching-Ereignis festgestellt. Hervorgerufen wurde es durch die längsten El Nino und La Nina-Klimaveränderungen, die jemals aufgezeichnet wurden. Zuerst ging man von einer lokalen Erscheinung im polynesischen Tuamotu-Atoll aus. Doch die Korallenbleiche breitete sich wie eine Seuche auf der ganzen Welt aus. Am Ende waren 70 Prozent der Malediven-Riffe, 75 Prozent der Seychellen-Riffe und die kenianischen Korallenriffe sogar zu 80 Prozent geschädigt. Vor der Küste des mittelamerikanischen Staates Belize starb sogar ein ganzes Korallenriff bis in große Tiefen vollständig ab. In 32 Ländern verloren die ehemals bunten Riffe ihre Farbe. Weltweit wurde ungefähr ein Sechstel aller Korallenriffe in nur neun Monaten zerstört. Während einige der beschädigten Riffe gute Chancen haben sich langsam wieder zu erholen, wird die Hälfte der Riffe es vermutlich nicht mehr schaffen. Weltweit gelten heute schon 27 Prozent aller Riffe als verloren.

Aber nicht nur die El-Nino-Klimaanomalie mit der damit verbundenen Erwärmung des Meeres, sondern vor allem auch die globale Klimaerwärmung, die erhöhte Intensität der UV-Strahlung und die veränderte Wasserchemie bedrohen die Existenz der Korallenriffe überall in den Ozeanen.

Auch für das Great Barrier Reef, noch das größte Korallenriff der Welt, sehen Experten eine düstere Zukunft voraus. Wenn die Wassertemperaturen weiterhin ansteigen, könnten die Korallen in 50 Jahren zerstört sein und letztendlich zum Tod des Riffs führen. Das alles hätte aber nicht nur ökologische Auswirkungen, sondern auch Konsequenzen für den lokalen Fischfang und den Tourismus.

Eine andere Gefahr sind die Dornenkronen-Seesterne. Bei diesem Vielfrass stehen die winzigen Korallenpolypen ganz oben auf dem Speiseplan. Der Seestern hat einen Durchmesser von bis zu 60 Zentimetern und ist mit Giftstacheln besetzt. Während er tagsüber den Schutz der Korallenstöcke sucht, „überfällt“ er sie nachts hinterrücks. Dabei saugt er die riffbildenden Korallenpolypen aus ihren Kalkgehäusen und hinterlässt eine Spur der Verwüstung im Korallenriff. Die Ursachen für die Massenvermehrung der Dornenkronen-Seesterne sind bis heute nicht geklärt – wirksame Bekämpfungsmethoden noch nicht gefunden. Tatsache ist aber, dass den gefräßigen Seesternen bereits ein Viertel der Riffe des Great Barrier Reef zum Opfer gefallen ist.


Stand: 26.10.2001

...und wie man Riffe wiederherstellen kann

Von Eingriffen des Menschen…

Das Great Barrier Reef ist nicht nur durch mehr oder weniger natürliche Veränderungen, wie Meereserwärmungen gefährdet, sondern auch durch konkrete Eingriffe des Menschen in das sensible Ökosystem.

Taucher im Riff © IMSI MasterClips

Der Tourismus – Haupterwerbszweig im Great Barrier Reef – ist gleichzeitig auch eine der Hauptgefahren für das ökologische Gleichgewicht des großartigen Riffsystems. Die meisten Touristen zerstören das Riff indirekt oder aus Unwissenheit, beispielweise durch Abgase und Abfälle der Motorboote, mit denen die besten Tauchplätze angefahren werden. Auch achtlos ausgeworfene Schiffsanker oder ein unvorsichtiger Flossenschlag von Tauchern können das Great Barrier Reef beschädigen. Schwerwiegender werden die Folgen, wenn es Tauchern und Korallenfans nicht genügt das Unterwasserparadies nur im Urlaub zu bewundern, sondern sie sich verbotene Souvenirs in Form von Korallen oder Fischen mit nach Hause nehmen.

Die Touristen strömen aus aller Welt zum Great Barrier Reef – 700.000 Urlauber wollen im Jahr das so genannte achte Weltwunder einmal mit eigenen Augen sehen – Tendenz steigend. Große Flächen, darunter zwei Dutzend Inseln, wurden mittlerweile zugunsten der boomenden Tourismusindustrie erschlossen. Inzwischen wird zwar versucht eine weitere Ausuferung großer Ferienanlagen zu verhindern, doch was passiert wenn der Strom der Rifftouristen nicht abreißt oder sogar noch weiter zunimmt?

Die australische Landwirtschaft ist zum Beispiel auch nicht unschuldig, darunter vor allem Zuckerrohranbau-Plantagen und Rinderfarmen in Queensland. Jedes Jahr werden während der Monsunzeit große Mengen an Phosphatdünger und Pflanzenschutzmittel über die Flüsse in das Great Barrier Reef gespült. So werden die Korallenstöcke langsam aber sicher vergiftet, und letztendlich sterben sie ab.

Weitere Gefahren sind der chemisch belastete Abraum der Gold- und Kupferminen in Papua-Neuguinea und die geplante Förderung der im Great Barrier Reef vermuteten Ölvorkommen.

Um das Great Barrier Reef besser vor äußeren Einflüssen zu schützen, verfasste die australische Regierung schon 1975 ein Gesetz zum Schutz des Great Barrier Reef. 1981 wurde das einmalige Riffsystem und die angrenzenden Küstenbereiche dann in die World Heritage List der UNESCO aufgenommen. 1983 erklärte die Regierung schließlich den größten Teil des Great Barrier Reef zum Nationalpark (Marine Park).

Wenn aber trotz der Schutzmaßnahmen Teile des Riffsystems zerstört werden, bleibt eigentlich nur noch eine Möglichkeit – die Wiederherstellung der Korallenriffe. Früher wurden häufig fragwürdige Riffersätze, wie Betonröhren, Autoreifen oder sogar Auto-, Straßenbahn-, Flugzeug- oder Schiffwracks verwendet. Diese Kombination aus Riffsanierung und Müllentsorgung war anscheinend vor allem in Japan beliebt – 80 Prozent der Unterwasserlandschaft sind dort so „möbliert“. Der Nachteil dabei ist, dass sich in diesen künstlichen Gebilden nicht alle rifftypischen Arten niederlassen – von der Verschandelung der Unterwasserwelt einmal abgesehen. Inzwischen ist man auch von dieser Methode abgekommen, denn Forscher haben festgestellt, dass sich für die Riffsanierung wesentlich besser Konstruktionen aus Kalksteinen eignen. Sie sind dem natürlichen Riffmaterial besonders ähnlich.

Bei einer anderen Methode wächst das künstliche Riff durch Strom an Drahtgeflechten, die sich optimal den Unebenheiten des Meeresbodens anpassen. Durch die an zwei Elektroden angelegte Gleichspannung werden an dem Gitternetz im Wasser gelöste Kalzium- und Magnesium-Ionen abgelagert und Mineralien gebildet. Auf der mineralischen Kruste lassen sich sehr schnell Meeresorganismen nieder, die im Laufe der Zeit über das künstliche Gerippe ein natürliches Kalkskelett bauen. Diese Art Riffersatz wird schneller und von einer größeren Vielzahl an Lebewesen besiedelt als andere künstliche Riffe.


Stand: 26.10.2001