Einmal um die ganze Welt...

Fernando Magellan

Als Fernando Magellan am 20. September 1519 mit seiner Flotte den Hafen von Sanlucar de Barrameda an der spanischen Atlantikküste verließ, konnte noch niemand ahnen, wie dramatisch die abenteuerliche Entdeckungsreise ins Ungewisse verlaufen würde.

Offizielles Ziel der Fahrt war es, die sagenumwobenen Gewürzinseln auf dem westlichen Seeweg zu entdecken und für die spanische Krone in Besitz zu nehmen. Aufgebrochen mit der Hoffnung auf Reichtum und Macht, fanden Magellan und seine Gefährten am Ende nicht nur jede Menge Nelken, Pfeffer oder Muskat, sondern auch die Durchfahrt vom Atlantik in den Pazifik, die nach ihrem Entdecker Magellanstrasse benannt wurde.

Magellan selbst konnte seinen Triumph aber nicht mehr geniessen. Im April 1521 wurde er auf der philippinischen Insel Mactan bei einem Angriff gegen Aufständische getötet…

Dieter Lohmann
Stand: 05.06.2000

Wie Magellans Vision entstand

Ein „Frühhippie“ schreibt Geschichte

Was hat gerade Magellan angetrieben, sich auf eine Reise ins Ungewisse, auf diese gefährliche Fahrt rund um die ganze Erdkugel zu begeben? War es der Drang, die Welt zu christianisieren, echter Entdeckergeist oder das Streben nach Reichtum und Macht?

Insel Banda © Gert Hofer

Schon früh nahm Magellan in den Diensten des portugiesischen Königs an Eroberungsfahrten teil. Dabei gelangte er unter anderem nach Indien und in das heutige Malaysia, wo er half, das portugiesische Kolonialreich zu vergrößern. Dort kam er dann nach dem Fall Malakkas 1512 zum ersten Mal auch mit den sagenumwobenen Gewürzinseln in Berührung. Mit einigen Gefährten reiste er von Malakka aus zur Insel Banda und kehrte reich beladen mit Gewürzen zurück.

Heimgekehrt nach Portugal nahm er zunächst am Feldzug gegen die marokkanische Festung Azamor teil, bei dem er sich eine Verletzung zuzog, die ihn Zeit seines Lebens hinken ließ.

Schließlich erreichten Magellan ein paar Briefe eines gewissen Francisco Serrao. Dieser hatte – der abendländischen Kultur überdrüssig – Portugal verlassen und fristete sein Dasein als „Frühhippie“ auf einer kleinen Insel im Staatsgebiet des heutigen Indonesiens.

In einer handvoll Notizen berichtete Serrao seinem Freund über sein Paradies auf den Molukken und natürlich auch über die Gewürze, die dort im Übermaß vorhanden waren. Welche Überlegungen diese Schwärmereien in Magellan auslösten, lässt sich heute nicht mehr sicher belegen. Es wäre aber ein weitere Kuriosität der Geschichte, wenn ein „Aussteiger“ in einem entscheidenden Maß zum Sprung Europas in die Neuzeit beigetragen hätte…

Magellans Idee, ganz im Süden Amerikas eine Ostwestpassage vom Atlantik in den Pazifik zu suchen, gründete sich dagegen auf Gespräche mit dem Astronomen Ruy Faleiro, den er 1517 in Spanien kennenlernte, und auf Phantasiekarten und -globen, die solch eine Durchfahrt ohne nähere Detailkenntnisse einzeichneten.


Stand: 05.06.2000

Karl I. "sponsort" Magellans Entdeckungsfahrt

Mit fünf altersschwachen Schiffen zum Paradies…

Die Zeit ist reif für die Entdeckung des westlichen Seewegs nach Maluku, zu den Gewürzinseln, um sie gemäß dem Vertag von Tordesilla für Spanien in Besitz zu nehmen. Mit diesem festen Glauben macht sich Magellan 1517 auf den Weg zum spanischen König, um dort sein Glück zu versuchen.

Magellans Reiseroute © Magellan Academies

Enttäuscht von der Undankbarkeit des portugiesischen Königs hatte er Monate zuvor seinem Heimatland den Rücken gekehrt. Die östliche Route zu den gewinnträchtigen Molukken in Südostasien hatte Vasco da Gama schon im Jahr 1498 gefunden und Portugal damit zu Reichtum, Ansehen und Macht verholfen.

Doch der spanische Herrscher Karl der Erste ist zunächst von Magellans Plänen wenig begeistert. Schließlich gewinnt aber doch das spanische Interesse an den Gewürzen – verbunden mit Hoffnung auf die zu erwartenden Gewinne – die Oberhand. Die Krone sichert ihm im März 1518 fünf alterssschwache Schiffe zu, die auf Kosten Spaniens renoviert und ausgerüstet werden sollen.

Im Vertrag zwischen dem spanischen König und Magellan ist ganz präzise geregelt, wer hinterher welchen Anteil am Gewinn der Reise erhalten soll. Demnach steht Magellan nach Abzug aller Kosten der 20. Teil aller Reichtümer zu, die sich aus dieser Reise ergeben.

Sevilla und Sanlucar de Barrameda © Earthrise

Bis die Flotte am 10. August Sevilla und mehr als fünf Wochen später Sanlucar de Barrameda an der Südküste Spaniens verlassen kann, bleibt noch viel zu tun. Magellans Flaggschiff die Trinidad, aber auch die San Antonio, die Concepcion, die Victoria und die Santiago müssen mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen beladen und hochseetüchtig gemacht werden.

2138 Zentner Zwieback, 415 Fässer Jerez-Wein, 18 Zentner Rosinen, 200 Fass Sardellen, 10500 Fischerangeln, 50 Zentner Pulver, 1140 Wurfspieße, 1000 Lanzen und vieles andere mehr landen schließlich in den Lagerräumen der fünf Schiffe. Sieben lebende Kühe und drei Schweine komplettieren die Ausrüstung.

Den angeworbenen 237 Matrosen verheimlicht man wohlweislich das endgültige Ziel der Reise. Der Generalkapitän befürchtet eine mangelnde Motivation der Leute, wenn bekannt würde, welche Strapazen auf sie zu kommen. Einige Sabotageakte der Portugiesen im Vorfeld der Reise verzögern die Vorbereitungen zusätzlich, verhindern können sie das Auslaufen der Flotte allerdings nicht…


Stand: 05.06.2000

Über die Kanaren und die Bucht von Rio de Janeiro zum Rio de la Plata

Südwärts!

… endlich heißt es Segel setzen und Anker lichten. Am 20. September 1519 verlässt Magellan mit seiner Flotte den Hafen von Sanlucar de Barrameda an der spanischen Südküste.

Mit an Bord ist der Italiener Francisco Antonio Pigafetta, der alle Erlebnisse der Reise in seinem Tagebuch festhält. Der erste Teil der Fahrt verläuft störungsfrei. Am Heck der Trinidad brennt in der Nacht stets eine brennende Fackel, damit die anderen Schiffe den Kontakt halten können.

Rio de la Plata © NASA

Auf den Kanaren und auf den Kapverdischen Inseln macht die Flotte Station, um Lebensmitel, Trinkwasser und Pech an Bord zu nehmen. Unterwegs sehen die Männer zahlreiche Haie, die Chronist Pigafetta als „riesige Fische mit fürchterlichen Zähnen, die jeden Menschen fressen, den sie im Meer finden, ob tot oder lebendig“ beschreibt.

Nur die sich schon andeutende Missstimmung zwischen Magellan und den Kapitänen der anderen Schiffe trübt ein wenig die gute Laune an Bord. Vielleicht liegt es daran, dass er Portugiese ist und sie Spanier…

Weiter geht die Reise die Küste Westafrikas entlang, bis schließlich Kurs auf Südamerika genommen werden kann. Am Cabo de Sao Roque stößt Magellan auf die südamerikanische Küste und fährt dann weiter Richtung Rio. Enthusiastisch werden die Ankömmlinge dort am 13. Dezember 1519 empfangen. Mit den Europäern kommt nämlich auch der erste Regen nach monatelanger Dürre in das Land.

Die Einheimischen sind freundlich, die Tauschgeschäfte laufen gut für die Männer der Flotte. Für einen Spiegel gibt es Unmengen an Fischen, für ein Messer, eine Indiotochter als Sklavin. Aber die Männer und allen voran der Generalkapitän haben andere, wichtigere Ziele.

Teneriffa © NASA

Die Flotte macht sich deshalb auf den Weg zum Rio de la Plata, um dort endlich nach der Ostwestpassage zu forschen. Jeder Meeresarm wird abgefahren, doch immer vergeblich. Nach zahllosen Fehlversuchen bleibt nur die Möglichkeit es weiter südlich zu probieren. Hier aber enden die Karten, die Reise ins Ungewisse beginnt. Erfolgreicher als bisher wird die Suche zunächst nicht, dafür wird das Wetter schlechter…


Stand: 05.06.2000

Die Mission droht zu scheitern...

Meuterei und Schiffbruch

Frustriert wählt Magellan schließlich ohne Rücksprache mit seinen Kapitänen die Bucht von San Julian aus, um den harten patagonischen Winter zu überstehen. Nach den Strapazen der bisherigen Reise muss nun auch noch die Kälte ertragen werden. Hoffnungslos verloren fühlen sich die Männer jetzt am Ende der bekannten Welt.

Die Mannschaften auf den Schiffen werden zusehends unruhiger. Die drei spanischen Kapitäne schüren die Stimmung gegen den Generalkapitän. Als die Nahrungsmittel knapp werden, kürzt Magellan kurzentschlossen die Rationen, um die spätere Weiterfahrt nicht zu gefährden. Nun gibt es kein Halten mehr. Die Männer der drei Schiffe Victoria, San Antonio, und Concepcion meutern. Magellan hat nur noch die Kontrolle über sein Flaggschiff Trinidad und die Santiago. Seine Machtposition ist erschüttert, die Lage anscheinend aussichtslos.

Trotzdem will Magellan nicht aufgegeben und sich dem Willen der Meuterer beugen. Fieberhaft überdenkt der Admiral die Chancen, seine Mission zu retten. So viel scheint klar: Um den Rebellen offen gegenüber treten zu können, muss er erst eines der Schiffe zurückgewinnen. Magellan entscheidet sich für die Victoria und ersinnt eine List.

Er schickt einige Männer unter der Leitung von de Espinosa zum Schiff hinüber, angeblich um Verhandlungen zu führen. Die harmlosen Unterhändler entpuppen sich aber schnell als bewaffnete Enterer, die Kapitän Mendoza ohne große Hemmungen die Kehle durchschneiden. Die geschockte Mannschaft wird dann von einem größeren Enterkommando, das Magellan mit dem zweiten Boot der Trinidad zur Victoria hinüber geschickt hat, überwältigt.

Das Schiff steht unter Espinosas Kontrolle und damit zu Magellans Verfügung. Blitzschnell lässt er die Mündung der Bucht von seinen drei Schiffen blockieren. Die Falle schnappt zu und die Rebellen müssen aufgeben.

Nach dem Gesetz an Bord müsste Magellan jetzt eigentlich ein Fünftel der Meuterer töten lassen, dies würde aber die Mission gefährden. Der Herr über Leben und Tod wählt deshalb eine andere Bestrafung. Der Anführer der Meuterer Gaspar de Quesada, der sich Hoffnungen auf die Nachfolge Magellans gemacht hatte, wird zur Abschreckung geköpft und gevierteilt. Die Leichenteile werden anschließend auf Pfähle gespießt und als Abschreckung zur Schau gestellt. Cartagena, ein anderer Kapitän der Flotte wird an Land ausgesetzt. Die brutalen Maßnahmen verfehlen ihre Wirkung nicht, die Meuterei ist vorbei, Magellan hat die Herrschaft zurück gewonnen.

Robben © NOAA

Der Winter aber ist noch nicht zu Ende. Deshalb bleibt nun viel Zeit für Naturbeobachtungen. Dabei fallen mysteriöse Tiere auf, die die Bucht und die umliegenden Inseln bevölkern. Der Chronist Pigafetta erwähnt unter anderem Gänse, die nicht fliegen können und sich von Fischen ernähren und vor allem Seewölfe.

Diese merkwürdigen Riesen sind groß und dick wie Kälber, haben aber keine Beine sondern Füße, die nah am Körper anliegen und Häute zwischen den Zehen. Magellan lässt mehrere dieser Tiere einfangen und untersuchen. Ganze Fässer voller Schiffszwieback und unzählige Ratten, so berichtet Pigafetta, verspeisen die Seewölfe mit Genuss.

Irgendwann lässt sich schließlich am Strand von San Julian ein großgewachsener Indio sehen, der gewaltige aus Guanofellen gefertigt Mokassins trägt. Als Magellan ihn sieht, ruft er „E un patagoe“ – „Einer mit dicken Pfoten“ – der Name Patagonien ist geboren.

Endlich wird es Oktober und die Segel können gesetzt werden. Weiter geht die Suche nach der entscheidenden Durchfahrt zum Pazifik. Schnell wartet aber eine neue Bewährungsprobe auf die Flotte. Eines der Schiffe, die Santiago, strandet bei einer der Entdeckungsfahrten. In größter Eile werden die Schiffbrüchigen gerettet und auf die anderen Schiffe verteilt…


Stand: 05.06.2000

Die Magellanstraße ist entdeckt

Vom Cabo Virgenes zum Pazifik

21. Oktober 1520. Am Tag der 11.000 Jungfrauen, sichtet Magellan in der Nähe des 52. Breitengrades ein Kap und nennt es „Kap der Jungfrauen“ – Cabo Virgenes. Die San Antonio und die Concepcion gehen wieder auf Erkundungsfahrt, dieses Mal in die Wasserstraße südlich des Kaps. Die Hoffnungen eine Durchfahrt zu finden sind gering. Zu viele solcher Arme hat man bereits vergeblich durchsucht.

Die Magellanstraße © Earthrise

Auch dieses Mal scheinen die Befürchtungen berechtigt. Es dauert lange, bis die beiden Schiffe zurückkehren. Als sie herannahen ist jedoch alles anders. Mit wehenden Fahnen und lautem Geschrei verkünden die Matrosen der beiden Schiffe die frohe Nachricht. Die Passage scheint gefunden.

Der erste Teil der Durchfahrt durch die Magellanstraße gelingt noch relativ leicht. Viele Tage tasten sich die vier verbliebenen Schiffe durch die Wasserstraße Richtung Westen.

Schwieriger wird es, als die Entdecker an einen engen und felsigen, nebelbedeckten Kanal kommen. Der Gegenwind ist so stark, dass die Matrosen teilweise die Schiffe mit Ruderbooten vorwärts schleppen müssen. Unterwegs sehen die Seefahrer in Richtung Süden zahlreiche Feuern lodern und nennen das Land deshalb „Tierra del Fuego“ – Feuerland.

Am 28. November 1520 schließlich erreicht Magellan mit seinen Leuten das offene Meer. Die erste wichtige Station der Reise ist – 16 Monate nach der Abfahrt in Sanlucar de Barrameda – erreicht. Die Freude wird allerdings getrübt durch den Verlust der San Antonio. Kapitän und Matrosen haben das Labyrinth der Passage genutzt, um sich davonzuschleichen und auf den Rückweg nach Spanien zu machen.

Die Flotte mit den drei verbliebenen Schiffen nimmt Kurs nach Norden und fährt die südamerikanische Küste entlang. Es gibt nur vage Karten, wieder einmal ist es eine Reise ins Ungewisse. Aber das Wetter ist günstig, das Meer ruhig. Den gewaltigen Ozean, den sie gerade befahren und dessen Ausmaße sie nicht kennen, nennt Magellan deshalb „mar pacifico“ – Stiller Ozean.

Der Entdecker wähnt sich fast am Ziel seiner Träume. In ungefähr einem Monat, so schätzt er, sind die Gewürzinseln erreicht. Erholung von den Strapazen der Expedition und Reichtum scheinen greifbar nah. Doch er irrt sich gewaltig. Wie so viele Seefahrer vor ihm hat er den Umfang der Erde völlig unterschätzt…


Stand: 05.06.2000

110 Tage bis Guam

Die Tour der Leiden

Hunger, Entbehrungen und eine gnadenlos brennende Sonne begleiten die Seefahrer in den nächsten 110 Tagen. Der Großteil der verbliebenen Vorräte ist mit der San Antonio auf dem Weg nach Spanien.

Umatac Bay / Guam © NOAA

Die Nahrung der Mannschaften besteht deshalb aus den Resten von altem Schiffszwieback, vermischt mit Maden und Rattenkot. In ihrer Not weichen die Männer sogar das steinharte Leder der Takelage ein und braten es dann über offenem Feuer. Ratten sind seltene Gäste und gelten als Delikatesse. Gelingt es sie zu fangen, werden sie zu Rekordpreisen in der Mannschaft gehandelt. Das Trinkwasser ist gelb und stinkt schon bald erbärmlich. Skorbut wütet in der Mannschaft und rafft viele Matrosen dahin. Ganze zwei unbewohnte öde Inseln sichtet die Flotte in der ganzen Zeit, die aber auch keine Linderung der Qualen bringen. Islas Degraciadas – Inseln der Unglücklichen – nennen Magellan und seine Begleiter sie deshalb.

Wirft man einen Blick auf die heutigen Karten, wird deutlich, wie unglücklich die Reiseroute gewählt war. Im großen Bogen hat Magellan fast die gesamt die polynesische Inselwelt umschifft. In unmittelbarer Nähe der Reiseroute befinden sich Dutzende von Inseln, die die Männer mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln hätten versorgen könnten.

Erst am sechsten März 1521 kommt so der erlösende Ruf „Land in Sicht!“ vom Ausguck. Es sind aber noch immer nicht die ersehnten Gewürzinseln, auf denen sich die Seefahrer endlich mit Trinkwasser und Lebensmitteln eindecken können. Während des Aufenthaltes der Europäer auf Guam, einem Teil der heutigen Marianen, versuchen Insulaner ein Beiboot der Flotte zu stehlen. Islas de los Ladrones, nennt Magellan sie, die Diebesinseln. Er nimmt grausame Rache für den Diebstahl und lässt einige Eingeborene töten. Viele Häuser werden niedergebrannt.

Magellan und Einheimische © Magellan Academies

Weiter geht die Fahrt der Flotte dann in Richtung Philippinen. Auf der Insel Cebu machen die Abenteurer am siebten April erneut halt. Wie Pigafetta eindringlich beschreibt, bietet Magellan den Menschen auf der Insel Freundschaft an. Aber die Europäer verzichten auch nicht darauf, mit unverhüllten Drohungen aufzutreten. „Wenn man unsere Freundschaft zurückweist, werden wir die ganze Insel zerstören“. Das macht Eindruck. Zumal diese und ähnliche Worte vom Knall der mächtigen Kanonen und den drohenden Musketen untermalt werden.

Die Einwohner teilen mit ihnen alles was die Insel zu bieten hat. Sogar ein Freundschaftvertrag wird abgeschlossen und Blutsbrüderschaft gefeiert. Auch der Tauschhandel kommt in Gang. Langsam erholen sich Mannschaft und Offiziere von den Strapazen der langen Reise. Welch eine Veränderung ist ihnen widerfahren. Vor kurzem noch als demoralisierte Meute Hungernder scheinbar verloren in der Wasserwüste des Stillen Ozeans treibend, sind sie plötzlich wieder die Machthaber, Herren über Leben und Tod.

Auch die Versuche Magellans, das Christentum einzuführen, sind auf Cebu anfänglich von großem Erfolg gekrönt. Der König von Cebu und viele seiner Untertanen lassen sich bereitwillig taufen. Vielleicht hat der Herrscher über die Insulaner auch nur erkannt, dass sich mit einer offenen Konfrontation nichts gewinnen lässt… Immer ungenierter treten die Weißen als Herren der Insel auf.

Mit der Gesundheit kehren auch die alten Streitigkeiten unter den Matrosen zurück. Die Kapitäne Barbosa und Serrano drängen auf die Weiterfahrt zum eigentlichen Ziel der Reise, die Gewürzinseln… Magellan aber geht seinem Missionarsdrang weiter nach.

Dann keimt unter den Einheimischen allmählich Widerstand auf. Aufmüpfige Einwohner einer der Nachbarinseln werden von den europäischen Eindringlingen bestraft. Das Dorf wird niedergebrannt und ein Holzkreuz errichtet zum Zeichen, dass die Bewohner Heiden waren. Aber die weitere Entwicklung lässt sich damit nicht mehr aufhalten. Zu sehr hatten sich Magellan und seine Männer in die Strukturen und Hierarchien der Cebu-Gemeinschaft eingemischt…


Stand: 05.06.2000

Berufsrisiko eines Entdeckers?

Tod auf Mactan

Von Cebu nur durch eine schmale Wasserstrasse getrennt, liegt das wenig fruchtbare Inselchen Mactan in der See der Visayas. Gerade mal 12 Kilometer lang und 10 Kilometer breit ist Mactan. Schwarzes Gestein dominiert die Küstenzonen der Insel, nur gelegentlich unterbrochen von Sandstränden. Knapp drei Woche nach der Landung auf Cebu wird Magellan hier seinen Tod finden.

Die Inseln Cebu und Mactan © NASA

Die ganze Entwicklung beginnt mit einer Botschaft, die einer der beiden Stammesfürsten der Insel Mactan an Magellan überbringen lässt. Der Herrscher über die Insel schickt dem Admiral einen Abgesandten, seinen Sohn, um zwei Ziegen als Zeichen der Unterwerfung zu übergeben. Alarmierend für Magellan ist allerdings die Botschaft des Einheimischen, dass der andere Führer der Insel, Lapulapu, die Abgabe eines Tributs verweigert habe und sich auch dem König von Cebu nicht unterwerfen wolle.

Der Generalkapitän fasst dies als Angriff auf seine Autorität und Machtposition auf, er meint Stärke beweisen zu müssen. Ganz entgegen seinem sonstigen Naturell als erfahrener Kapitän und Soldat plant er überstürzt eine Strafaktion, um die „Aufständischen“ in ihre Schranken zu verweisen. Ist es totale Selbstüberschätzung, die Magellan jegliche Vorsicht und Scharfsinn vergessen lässt oder nimmt er den Gegner einfach nur nicht ernst? Alle Warnungen vor einer Beteiligung schlägt er in den Wind. Schnell sucht er 60 Männer aus, die unter seiner Führung in den Kampf gegen die Aufständischen ziehen sollen.

„Diese Strafaktion“, so schreibt Stefan Zweig in seiner bekannten Magellan-Biographie aus dem Jahre 1938, “ soll ausschließlich den Mythos der Unverwundbarkeit, der Göttähnlichkeit der Spanier über alle Inseln hin sichtbar machen…“

Den König von Cebu und seine Männer lädt der Generalkapitän ein, dieser Machtdemonstration beizuwohnen. Magellan erwartet einen kurzen ungefährlichen und natürlich erfolgreichen Feldzug, aber es kommt ganz anders…

Drei Landungsboote hat Magellan mit allem notwendigen für eine solche Unternehmung ausrüsten lassen. Musketen, Lanzen, Schwerter, sogar einige Kanonen sind an Bord. Er will schließlich kurzen Prozess machen. Zunächst aber wird einer der Männer als Unterhändler an Land geschickt, um den Aufständischen zum letzten Mal Straffreiheit und Freundschaft anzubieten, wenn sie sich doch noch unterwerfen sollten. Die Antwort ist ebenso überraschend wie eindeutig. Die Mactaner wollen kämpfen. Trotzdem ist Magellan noch nicht beunruhigt und bleibt siegessicher.

Als der Tag dämmert, waten 50 Europäer durch das seichte Wasser an Land. Dort werden sie von einer Übermacht von mehreren Tausend Insulanern empfangen. Im Feuer gehärtete Pfähle, Pfeile, Steine, Erdbrocken prasseln auf die Angreifer ein. Darauf waren die Weißen nicht gefasst. Die Musketen und schweren Rüstungen der Europäer erweisen sich im Kampf als nutzlos, ja hinderlich.

Noch einmal ersinnt Magellan eine List und schickt einige Männer los, um das Dorf der Aufständischen in Brand zu setzen. Dies gelingt auch, macht aber die Insulaner „…noch wilder und blutgieriger“, wie Pigafetta schreibt.

Bald zeigen die Waffen der Insulaner ihre Wirkung. Pfeile und Lanzen bohren sich in die ungeschützten Körperteile der Europäer. Auch Magellan selbst trifft ein vergifteter Pfeil in den rechten Oberschenkel. Er gibt den Befehl zum geordneten Rückzug. Aber der Großteil seiner Männer flieht Hals über Kopf. Nur acht Helfer bleiben bei Magellan und versuchen zu retten, was zu retten ist.

Die Insulaner schießen sich jetzt auf dieses kleine Häuflein ein. Die Lage für Weißen wird immer aussichtsloser. Sogar Pigafetta wird verletzt. Schließlich stürzen sich Lapulapu und seine Männer sich auf Magellan und stoßen ihre Speere in seinen Körper. Am Ende des Tages liegt Magellan tot am Strand. Alle seine Männer sind entweder geflüchtet oder ebenfalls Opfer des Kampfes geworden. Was als Machtdemonstration begann, endet in einer Schmach für die scheinbar so übermächtigen Europäer.

Und noch schlimmer: Der König von Cebu hat das Schauspiel mit angesehen ohne einzugreifen. Mit der Niederlage ist sein Glaube an die Unverwundbarkeit der Europäer geschwunden. Warum also sich weiter unterwerfen? Die Tage nach Magellans Tod bringen für die Weißen noch mehr Niederlagen…


Stand: 05.06.2000

Gewürze, Gewürze, Gewürze

Ende gut, alles gut?

Schnell werden aus Herrschern Bedrohte. Unmittelbar nach der herben Niederlage sagt sich der König von Cebu zunächst vom Christentum los und greift dann die Europäer an. Zwei Nachfolger Magellans als Generalkapitän werden dabei getötet.

Auch die Bemühungen der Europäer die Leiche Magellans von den Einwohnern Mactans zu erhalten und dann zu bestatten ist vergeblich. Kapitän del Cano übernimmt jetzt das Kommando über die Reste der Flotte. Er lässt die Concepcion ausschlachten und versenken, die verbliebenen 115 Mann Besatzung reichen nicht für drei Schiffe. Schließlich setzen die beiden verbliebenen Schiffe mit den wenigen Überlebenden an Bord die Segel und machen sich auf die Suche nach ihrem eigentlichen Ziel, den Gewürzinseln.

Tidore © Gert Hofer

Viele weitere Irrfahrten und Strapazen liegen hinter den Männern, als sie schließlich über Borneo zu den Molukken gelangen, wo sie am achten November 1521 in Tidore, einer kleinen Vulkaninsel anlegen.

Endlich können Sie die Laderäume mit den begehrten und kostbaren Gewürzen füllen. Mehr als 700 Zentner Nelken, Pfeffer und andere Kostbarkeiten lagern schließlich in jedem Winkel der Victoria.

Kurz nach Weihnachten, am 28. Dezember 1521 schließlich lässt del Cano auf der Victoria Segel setzen und begibt sich mit der wertvollen Ladung auf die Heimreise nach Spanien. Das zweite Schiff, die Trinidad, segelt nach Südamerika zurück. Die Route der Victoria führt durch den südlichen Pazifik und um das bedrohliche Kap der Guten Hoffnung herum.

Mehr als acht Monate dauert diese Reise und sie bringt noch einmal große Strapazen für die Mannschaft und ihren Kapitän. Die Masten sind zersplittert, die Segel zerfetzt und die Schiffsplanken von Würmern zerfressen. Noch kurz vor dem Ende droht die Mission Magellans zu scheitern. Am siebten September 1522 schließlich erreicht die Karavelle doch den Hafen von Sanlucar de Barrameda. Nur 18 der ehemals 237 Mann starken Besatzung sind noch am Leben.

Die Gewürzladung der Victoria allerdings bringt beim späteren Verkauf einen guten Erlös. Selbst nach Abzug der Kosten bleibt für spanische Krone und die anderen „Sponsoren“ ein stattlicher Gewinn übrig.

Was aber brachte die erste Weltumseglung sonst noch an Erkenntnissen? Welchen Einfluss hatte sie auf Wissenschaft und Kultur? Zunächst haben Magellan und seine Begleiter endlich zweifelsfrei bewiesen, dass die Erde eine Kugel ist. Selbst die letzten Zweifler mussten dies nach der dreijährigen Reise anerkennen. Da endlich die ungefähre Größe der Erde bekannt war, konnten die Seefahrer und Entdecker nach Magellan ihre Standorte und Routen auf dem Globus besser berechnen und damit zukünftige Expeditionen genauer planen.

Weltkarte von Batista Agnese © beatlimages

Unbekannt blieben dagegen auch weiterhin die Dimensionen Feuerlands, Australien und die Inselwelt der Südsee, an der Magellan so haarscharf vorbeigesegelt war. Noch eines wurde für die Zeitgenossen offensichtlich: Kolumbus hatte 1492 ganz sicher nicht Indien, sondern einen neuen, selbständigen Kontinent entdeckt.

Batista Agnese zeichnete deshalb kurze Zeit nach der ersten Weltumseglung eine neue, verbesserte Weltkarte, in der die Wasserstrasse zwischen Atlantik und Pazifik bereits eingetragen war und die Größe des Stillen Ozeans weitgehend präzise dargestellt wurde.

Die erste Weltumseglung und die Entdeckung der Passage in Ost-West-Richtung aber machten Magellan in der ganzen Welt so berühmt und populär, dass sein Name auch heute noch auf keinem Atlas fehlt. Zu seinen Ehren wurde die Wasserstrasse zwischen Patagonien und Feuerland Magellanstrasse genannt…


Stand: 05.06.2000

Magellan und der europäische Zeitgeist

Held oder Unterdrücker?

„Am 27. April 1521 fiel Fernao de Magalhaes, auch Magellan genannt, im Kampf gegen die Eingeborenen.“ So oder so ähnlich lauten die Beschreibung der europäischen Geschichtsbücher und Lexika über den Tod des Mannes, der die erste Weltumseglung geleitet hat. Ein Held Spaniens, ja ganz Europas, getötet von wilden und blutgierigen Insulanern, wie es Pigafetta überliefert hat.

Fernando Magellan © Magellan Academies

Aber war es wirklich so? Waren die Einwohner Mactans die Aggressoren und Totschläger? Oder war es eigentlich gerade andersherum? Was hatten die Europäern den Insulanern schon vorzuwerfen. Im äußersten Fall waren sie nicht unterwürfig gewesen und hatten sich dem Willen dem Europäer nicht widerstandslos gebeugt. Aus dem Verständnis der Entdecker heraus allerdings eine ausreichende Begründung, die Insel zu überfallen und den „Aufständischen“ eine Lehre zu erteilen. Sie drangen in ihr Hoheitsgebiet ein, liessen ein Dorf abbrennen und viele Insulaner töten. Nach juristischen Maßstäben erfüllt dieser Überfall den Tatbestand der Körperverletzung, der Brandstiftung und des Totschlages. Magellan ein Held?

Wie so viele andere Entdecker vor und nach ihm traten die Männer um Magellan überall, wo sie Station machten, als erobernde Eindringlinge auf, die sich für nichts anderes interessierten als dafür, ihren eigenen Reichtum, ihre eigene Macht zu vergrößern. Wo dabei andere Interessen im Wege standen, wurden sie ausgeräumt, meistens mit Gewalt. Obwohl die Weißen fast überall mit offenen Armen empfangen wurden, brachten sie der Bevölkerung meist Tod und Unterdrückung, wurde die Welt der Einheimischen europäischen Vorstellungen und Werten entsprechend verändert oder umgekrempelt. Magellan und seine Entdeckungen und Eroberungen entwickelten sich damit zu einem der Vorboten, vielleicht sogar einem der maßgeblichen Wegbereiter der Kolonialisierung der Welt.

Aber nicht nur im Umgang mit den Bewohnern der besuchten Regionen zeigte sich der Zeitgeist der europäischen Entdecker und Herrscher wie Magellan. Auch die eigenen Männer und Matrosen hatten unter ihren Anführern nicht viel zu lachen. Bewusst verschwieg Magellan seinen Männern beim Anwerben beispielsweise das eigentlichen Ziels der Reise und die Strapazen, die ihnen bevorstanden. Magellan und seine „Sponsoren“ handelten so, „damit sie nicht vor Staunen und Angst unwillig wären, ihn auf so einer langen Reise zu begleiten“, wie Pigafetta schreibt.

Ohne Rücksicht auf Verluste zog Magellan seine Mission später dann auch durch. Eine Meuterei ließ er brutal niederschlagen, viele Menschen starben während der Fahrt an Skorbut, Infektionen oder im Kampf mit den Einheimischen. Selbst als extremer Hunger und Durst die Mannschaften quälten, gab es keinen Gedanken an Aufgabe. Ganze 18 von 237 Mann Besatzung der fünf Schiffe kehrten schließlich zurück in den Heimathafen. Magellan ein Held?

Der historische Wert der Leistung Magellans und seiner Gefährten soll damit allerdings keineswegs geschmälert werden. Die erste Weltumseglung und der damit verbundene Beweis für die Kugelgestalt der Erde liessen die Menschen endlich die wahren Dimensionen der Erde erkennen. Ein Kunststück vergleichbar vielleicht mit der Eroberung des Weltalls durch Juri Gagarin, oder der ersten Mondlandung, als die Menschen zum ersten Mal ihren Fuß auf einen anderen Himmelskörper setzten.

Der Mythos Magellan aber erscheint bei genauerer Betrachtung zumindest umstritten. Ruhm und Ansehen beginnen vor allem dann zu bröckeln, wenn man Magellan nicht aus europäischer Sicht betrachtet, sondern aus dem Blickwinkel der Menschen, die von ihm entdeckt und erobert wurden oder mit ihm reisten…


Stand: 05.06.2000

Ein Leben in Zahlen und Fakten

Fernando Magellan

Circa 1480

Fernando Magellan oder Fernao de Magalhaes, wie ihn die Portugiesen nennen, wird im Norden Portugals in Saborosa in der Provinz Trans os Montes geboren. Er entstammt einer normannischen Einwandererfamilie, die im 13. Jahrhundert nach Portugal gekommen ist.

1505

Magellan gelangt unter der Führung von Francisco de Almeidas nach Indien und nimmt unter anderem an der Schlacht von Diu im Jahr 1509 teil. Das Kolonialreich Portugals wird auch mit seiner Hilfe immer weiter ausgebaut.

1511

Magellan reist mit der Flotte von Diogo Lopes de Sequeira nach Malaysia und nimmt unter der Führung von Albuquerque an der Eroberung Malakkas teil.

1512

Er bricht mit einigen Gefährten zur Insel Banda auf und kehrt mit vielen kostbaren Gewürzen nach Malakka zurück.

1513

Nach der Heimkehr nach Portugal beteiligt sich Magellan an einem Feldzug gegen die Mauren und wird in Marokko verwundet. Die Verletzung ist so schwer, dass er Zeit seines Lebens humpelt.

1515

Nach einem Streit mit dem portugiesischen König Manuel I. sieht sich Magellan genötigt seine Dienste andernorts zur Verfügung zu stellen.

1517

Magellan geht nach Spanien und versucht König Karl I. für seine Zwecke zu gewinnen. Zwischenzeitlich heiratet er eine Beamtentochter namens Beatriz Barbosa aus Sevilla. Sie bekommen einen Sohn mit dem Namen Rodrigo.

1518

Die spanische Krone erklärt sich im März 1518 bereit fünf Schiffe auszurüsten, um eine Durchfahrt vom Atlantischen zum Pazifischen Ozean zu finden und die Gewürzinseln der Molukken auf einem westlichen Seeweg zu erreichen. Magellan selbst wird zum Admiral und Generalkapitän ernannt.

1519

Am 20. September verlassen die fünf Schiffe den spanischen Hafen Sanlucar de Barrameda zu einer Reise ins Ungewisse.

1520

Am zehnten Januar ist der Rio de la Plata erreicht. Weiter entdeckt Magellan mit seinen Männern in der Nähe des Cabo de las Virgines die Einfahrt in die heutige Magellanstrasse. Noch im gleichen Jahr, am 28. November erblickt Magellan die Südsee, den „mar pacifico“.

1521

Im März gelangt die Flotte nach qualvoller Überquerung des Ozeans Guam. Wenige Wochen später, am 27. April 1521 fällt Magellan auf der Insel Mactan (heutiges Gebiet der Philippinen) in einem Gefecht mit den Eingeborenen.

1522

Mit vielen wertvollen Gewürzen an Bord erreicht Juan Sebastian del Cano am siebten September 1522 mit der „Victoria“, dem einzigen verbliebenen der fünf gestartetenen Schiffe wieder den heimischen Hafen. Magellans Mission ist erfüllt…


Stand: 05.06.2000