Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut hat neue Impfempfehlungen herausgegeben. Nach diesen wird ab jetzt die Windpockenimpfung für alle Kinder empfohlen. Außerdem empfehlen die Ärzte allen Frauen mit Kinderwunsch eine Keuchhustenimpfung sowie vor der Geburt eines Kindes allen engen Kontaktpersonen.
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Impfungen schützen nicht nur den Geimpften vor der Krankheit. Bei Erreichen hoher Durchimpfungsraten können einzelne Krankheitserreger weltweit ausgerottet werden. „Um dieses Ziel in Deutschland auch bei den Masern zu erreichen, muss insbesondere die für den 15. bis 23. Lebensmonat empfohlene zweite Schutzimpfung wesentlich häufiger genutzt werden“, appelliert Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts, an Eltern und Ärzte.
Mit der aktuellen Empfehlung für die Windpocken- oder Varizellenimpfung wird diese zur Standardimpfung im Impfkalender. Bislang war sie eine so genannte Indikationsimpfung für spezielle Risikogruppen (und deren Kontaktpersonen) sowie für Jugendliche, die noch keine Windpocken hatten. Diese Empfehlungen waren in der Vergangenheit allerdings zu selten umgesetzt worden.
Die Standardimpfung für alle Kinder und Jugendlichen gibt es in den USA seit 1995, mit positiven Folgen. Die STIKO-Empfehlung soll auch in Deutschland die hohen Erkrankungszahlen der Varizellen – geschätzte 750.000 pro Jahr – reduzieren. Erwartet wird auch eine Verringerung der Zahl der Varizellen-assoziierten Komplikationen. Dazu gehören vor allem bakterielle Superinfektionen und ihre Folgen (Abszess, Phlegmone) sowie die eher seltenen Komplikationen am Zentralen Nervensystem (Kleinhirn- und Hirnentzündung bzw. Zerebellitis und Enzephalitis).
Auch die hohe Rate der Krankenhauseinweisungen bei Säuglingen und Kleinkindern sowie die Inanspruchnahme der Eltern für die Betreuung ihrer kranken Kinder und damit letztlich die ökonomische Belastung dürften sinken. Impfungen gehören allerdings zu den Satzungsleistungen der Krankenkassen, und ihre Finanzierung kann deshalb von jeder Kasse unterschiedlich gehandhabt werden. Von sinkenden Erkrankungsraten und damit geringerem Risiko für einen Erregerkontakt profitieren auch Säuglinge, Schwangere und Patienten aus Risikogruppen.
Mit dem nicht optimalen Impfstatus von Personen mit chronischen Krankheiten hat sich eine Arbeitsgruppe der STIKO befasst. Chronische Krankheiten werden nicht selten als Kontraindikationen angesehen, obwohl sie nach den STIKO-Empfehlungen eindeutig als „falsche Kontraindikation“ definiert sind. Die Kommission hat deshalb in den einführenden Absatz zum Impfkalender einen Satz eingefügt, der ausdrücklich darauf hinweist, dass auch Personen mit chronischen Krankheiten alle empfohlenen Standardimpfungen erhalten sollen, sofern keine spezifischen Kontraindikationen vorliegen.
(RKI, 27.07.2004 – NPO)