Geowissen

Plasma-Ausbruch im irdischen Magnet-Schweif

Raumsonde IBEX bildet erstmals Prozesse in der Plasmaschicht des Erdmagnetfelds ab

Magnetfeldlinien (weiß) und von IBEX aufgenommene Plasmadichte im Schweif © Southwest Research Institute/ IBEX Science Team

Im Magnetfeld der Erde ereignen sich immer wieder gewaltige Plasmaausbrüche. Jetzt ist es zum ersten Mal gelungen, Ereignisse in der Plasmaschicht „auf frischer Tat“ zu ertappen. Erst die Spezialkamera der Raumsonde IBEX konnte die bisher für alle Aufnahmetechniken unsichtbaren Prozesse abbilden und damit einzigartige Einblicke in die Magnethülle der Erde liefern. Die Aufnahmen fingen sogar einen gerade entstehenden Plasmaausbruch ein, wie NASA-Forscher jetzt im „Journal of Geophysical Research“ berichten.

Das Magnetfeld der Erde ist nicht kugelig, sondern gleicht eher einer länglichen Kaulquappe, deren stumpfes Ende der Sonne zugewandt ist. Ein lang ausgezogener Schweif aus Magnetfeldlinien liegt auf der sonnenabgewandten Seite. Im Zentrum dieses Schweifs liegt die Plasmaschicht, ein Bereich, in dem Bewegungen und Berührungen der Magnetfeldlinien teilweise heftige Explosionen auslösen. Mit Geschwindigkeiten von mehr als drei Millionen Kilometer pro Stunde schießen dabei energiereiche Teilchen weit ins All und Richtung Erde.

Diese gewaltigen Plasmaausbrüche können Polarlichter auslösen und sogar die Funktion von Satelliten beeinträchtigen. Bisher allerdings konnte die Prozesse, die dabei in der Plasmaschicht ablaufen, noch nie direkt abgebildet werden. „Der magnetische Schweif der Erde und seine geladenen Partikel sind für konventionelle Kameras unsichtbar“, erklärt Jim Slavin, Forscher am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt. „Die sich dort abspielenden Ereignisse konnte daher nur indirekt vermutet werden, basierend auf anderen Messungen.“

Erster Schnappschuss der Plasmaschicht

Jetzt aber ist dies mit Hilfe von Spezialkameras an Bord des „Interstellar Boundary Explorer“ (IBEX) erstmals gelungen. Die Raumsonde dient der Beobachtung von Teilchen-Interaktionen im Grenzbereich unseres Sonnensystems. Seine beiden Kameras detektieren mittels so genannter „Energetic Neutral Atom”-Technologie energiereiche, neutrale Atome. Solche Atome entstehen auch, wenn Atome im Außenbereich der Erdatmosphäre mit den geladenen Teilchen des Plasmas kollidieren und dann beschleunigt in neuer Richtung weiterfliegen. Damit eigenen sich die Kameras auch dazu, die Vorgänge und Wechselwirkungen der Plasmaschicht abzubilden.

„Die Aufnahmen alleine sind schon bemerkenswert und wären bereits eine Veröffentlichung wert, weil es das erste Mal ist, dass wir diese wichtigen Regionen der Magnetosphäre abgebildet haben“, erklärt David McComas, leitender Wissenschaftler der IBEX-Mission vom Southwest Research Institute in San Antonio. Doch als die Wissenschaftler genauer hinschauten, entdeckten sie, dass in den Bilder mehr steckte als nur einfach die Momentaufnahme einer ruhigen Plasmahülle.

Plasma-Ausbruch im Entstehen eingefangen

Denn die Bilder enthüllten, dass ein Teil der Plasmaschicht offenbar abgetrennt und in Richtung Schweif geschleudert wurde. Nach Ansicht der Forscher haben die Kameras damit einen Plasmaausbruch in dem Moment eingefangen, in dem er sich bildet. Bestätigt sich dies, wäre dies das allererste Mal, dass dieser Augenblick direkt beobachtet wurde. Nach gängiger Lehrmeinung müssten solche Prozesse eigentlich tiefer im Inneren des Magnet-Schweifs stattfinden. Die Forscher halten daher auch andere Erklärungen für dieses Ereignis für möglich:

„Stellen Sie sich die Magnetosphäre als eine dieser Ballons vor, aus denen sich Tiere formen lassen“, so McComas. „Wenn man seine Hände nimmt und den Ballon quetscht, zwingt der Druck die Luft in ein anderes Segment des Ballons. Ähnlich erhöht auch der Sonnenwind manchmal den Druck auf die Magnetosphäre. Das führt dazu, dass ein Teil der Plasmahülle vom Rest abgetrennt und den Magnetschweif hinab gedrückt wird.“ (Journal of Geophysical Research, 2011; DOI: 10.1029/2010JA016138)

(NASA/ Goddard Space Flight Center, 23.02.2011 – NPO)

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