Moderne Terahertz-Technologie hat ein verborgenes Kunstwerk aus der Römerzeit unter einem Wandbild aus dem 19. Jahrhundert enthüllt. Das Fresco des italienischen Malers und Kunstsammlers Giampietro Campana stellt drei Männer mit Lanzen dar und befindet sich im Louvre. Erst durch die Durchleuchtung mit einem speziellen Terahertz-Scanner haben Forscher nun festgestellt, dass sich unter der oberen Schicht ein weiteres, vermutlich mehr als tausend Jahre älteres Portrait eines Römers verbirgt. Wen das Bild allerdings darstellt, ist noch ungeklärt, wie die Forscher auf der Jahrestagung der American Chemical Society in New Orleans berichten.
Dass Künstler ihre Bilder wieder und wieder übermalen, oder gebrauchte Leinwände für ihre Gemälde nutzen, ist nicht neu. Häufig lassen sich die Reste des früheren Kunstwerks mit speziellen Röntgentechniken wieder sichtbar machen, wie beispielsweise bei einem Bild des Malers Rembrandt von Rijn der Fall. Weitaus schwieriger ist dies aber bei einem Fresco. Bei diesen Wandgemälden wird das Kunstwerk direkt in den feuchten Putz gemalt. Die Farbe zieht in den Putz ein und wird so zu einem Teil der Wand.
Wandgemälde eines italienischen Kunstsammlers
Ein solches Fresco fertigte auch Giampietro Campana an, der Anfang des 19. Jahrhunderts in Rom lebte. Der aus einer begüterten Familie stammende Kunstsammler begeisterte sich für Archäologie und sammelte zahlreiche Kunstwerke der Etrusker und aus der römischen Antike. Viele seiner Sammlungsstücke werden heute im Louvre in Paris aufbewahrt, darunter auch das Fresco „Trois hommes armés de lances“ (Drei Männer mit Lanze). Kunsthistoriker gehen davon aus, dass Campana dieses Fresco selbst gemalt haben muss.
„Keine der bisherigen Bildgebungs-Techniken hat bei diesem Fresco Anzeichen für eine verborgene Schicht entdeckt“, erklärt J. Bianca Jackson von der University of Rocherster. Auch die Technologien, mit denen man üblicherweise übermalte Bilder, gefälschte Signaturen oder anderen nicht auf den ersten Blick sichtbare Informationen erkennen könne, hätten nichts ergeben. Doch dann durchleuchteten die Forscher das Wandgemälde mit der Technologie, die in ähnlicher Form auch die umstrittenen „Nacktscanner“ an Flughäfen ermöglicht hat, die Terahertz-Spektroskopie. Bei diesem Verfahren werden elektromagnetische Strahlen auf das Objekt gerichtet. Weil verschiedene Materialien die Strahlung unterschiedlich reflektieren oder schlucken, macht ihre Wechselwirkung mit dem Scanner diese identifizierbar.
Rätselhaftes Portrait unter einem Gewandteil
Und tatsächlich wurde der Terahertz-Scanner unter dem Fresco fündig: „Wir waren überrascht und begeistert“, erinnert sich Jackson. „Wir trauten unseren Augen nicht, als das Bild auf dem Screen erschien.“ Unter dem Gewand eines der Männer waren ein Auge, eine Nase und dann ein Mund zu sehen. „Wir sahen etwas, das wahrscheinlich Teil eines alten römischen Frescos ist, tausende von Jahren alt“, so der Forscher.
Wer aber ist der Mann in dem Fresco? Ein römischer Senator? Ein Patrizier? Ein berühmter Redner? Oder einfach nur ein wohlhabender Landbesitzer, der in seiner Villa ein Portrait seiner Selbst an der Wand haben wollte? Noch haben die Forscher darauf keine Antwort. Sie überlassen das Feld am Campana-Fresco nun den Kunsthistorikern und suchen derweil anderswo nach verborgenen Kunstwerken. In Arbeit sind bereits eine russische Ikone und die Wände einer Lehmhütte in einer der ältesten Siedlungen der Menschheit, in Çatalhöyük in der heutigen Türkei.
(American Chemical Society, 11.04.2013 – NPO)