Umwelt

Natürliche Klimaanlage schützt Korallen gegen die Bleiche

Besondere Strömungsverhältnisse können Rückzugsgebiet für Korallen schaffen

Gebleichte Hirnkoralle, Tayrona National Park, Kolumbien © Elisa Bayraktarov, ZMT

Mit den steigenden Meerestemperaturen breitet sich die Korallenbleiche immer weiter aus. Doch wie sich jetzt zeigt, gibt es durchaus Refugien im wärmeren Meer: Forscher haben an der Karibikküste Kolumbiens eine Bucht entdeckt, in der ungewöhnliche viele Korallen überlebten. Der Grund: Kalte Strömungen und ausreichend Wasserbewegung bieten ihnen einen Rückzugsraum. Solche Refugien sollten daher künftig besonders geschützt werden, so die Forscher im Fachmagazin „PLoS ONE“.

Geisterhafte Blässe befällt ganze Riffe

Korallenriffe gehören zu den vielseitigsten, aber auch empfindlichsten Lebensräumen im Meer. Die Korallen, die die Riffe bilden, leben in Symbiose mit bestimmten Algenarten. Bereits geringe Temperaturveränderungen können dieses Zusammenleben jedoch bereits stören: Die Korallen verlieren dann die Algen, die in ihrem Inneren leben. Damit verlieren sie auch ihre Farbe und bleichen aus. Diese geisterhafte Blässe kann ganze Korallenriffe befallen. In vielen Fällen können sich die betroffenen Korallen nicht mehr oder nur teilweise davon erholen. Weltweit kommt es immer wieder zu starken Korallenbleichen, vor allem aufgrund der Meereserwärmung.

Am Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) gehen Riffökologen um Elisa Bayraktarov der Frage nach, unter welchen Bedingungen Korallen dem Phänomen der Korallenbleiche trotzen können. In einer Bucht des Tayrona National Park, einem Meeresschutzgebiet im Norden Kolumbiens, fanden sie besonders günstige Bedingungen vor. Nicht nur kühlere Wassertemperaturen, sondern auch vorteilhafte lokale Strömungsverhältnisse schaffen hier einen Rückzugsort für die Korallen.

Während der trockenen, heißen Jahreszeit von Dezember bis April treiben Passatwinde von Land aus das Oberflächenwasser von der Küste fort. Kaltes, nährstoffreiches Wasser strömt aus den Tiefen des Meeres nach oben. „Die kühlen Wassermassen wirken wie eine natürliche Klimaanlage für die Korallen“ beschreibt Elisa Bayraktarov das Phänomen: Selbst während das Klimaphänomen „El Niño“ das Meerwasser stark erwärmte, fanden die Forscher in dieser Bucht bis zu neunmal weniger ausgeblichene Korallen als in anderen benachbarten Küstenabschnitten ohne diesen Auftrieb, wo bis zu 70 Prozent der Korallen betroffen waren. Der Temperaturunterschied ist gewaltig, bis zu zehn Grad kühler kann das Wasser hier im Vergleich zu anderen Küstenabschnitten werden.

Gebleichte Steinkorallen von der geschützten Seite der Bucht, Tayrona National Park, Kolumbien © Valeria Pizarro, CEMarin

Überraschender Einfluss der starken Strömung

Besonders überraschend fanden die Forscher eine weitere Entdeckung. Bayraktarov und ihre Kollegen untersuchten zwei gegenüberliegende Seiten der Bucht: die dem Wind zugewandte Seite war starken Wasserströmungen ausgesetzt, die andere davor geschützt – beide wiesen jedoch die gleiche Temperatur auf. Das Team konnte feststellen, dass die Korallen an der geschützten Seite trotz der identischen Temperatur viel stärker von der Bleiche betroffen waren und sich auch deutlich schlechter regenerieren konnten.

„Wir vermuten, dass die Korallen durch die Wasserbewegung besser mit Nährstoffen versorgt werden. Schädliche Sauerstoffradikale, die durch die Meereserwärmung entstehen, könnten effektiver abtransportiert werden“, erklärt Bayraktarov. Sie betont auch den Wert derartiger Auftriebsgebiete für die empfindlichen Korallen: „Diese Rückzugsorte werden immer wichtiger, je mehr die globale Klimaerwärmung fortschreitet. Vielleicht wird es in 50 Jahren nur noch Korallen in solchen natürlichen Refugien geben. Deswegen sollten diese Gebiete eine Umweltschutzpriorität haben.“ Vor allem lokale Verschmutzungen durch nährstoffbelastetes Wasser gelte es im Tayrona National Park zu vermeiden.

Umweltschutzpriorität für natürliche Refugien

Bereits jetzt wird die Bucht einer besonderen Nutzung zugeführt: Kolumbianische Projektpartner haben hier eine Korallenaufzuchtsfarm errichtet. Dort werden Baby-Korallen von Arten aufgezogen, die in der Karibik nahezu ausgestorben sind, wie z.B. die Elchgeweihkoralle. Die Studie von Elisa Bayraktarov und ihren Kollegen zeigt, dass sie im Tayrona Nationalpark die besten Überlebenschancen haben.

(PLoS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0080536)

Blog zur Expedition von Elisa Bayraktarov

(Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie, 10.12.2013 – AKR)

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