Überraschende Rückkehr: Nach jahrelangem Schrumpfen ist das Loch in der Ozonschicht über der Antarktis wieder stark gewachsen. Satellitendaten zeigen ein Ozonloch von der Größe Nordamerikas. Ursache für diese überraschende Ausdehnung sind geänderte Strömungen in der oberen Atmosphäre. Der stabile Polarwirbel, der die ozon-abbauenden Schadstoffe über der Antarktis einschließt, bildete sich dadurch später und viel stärker.
Die Ozonschicht über der Antarktis ist noch lange nicht gerettet. Das Verbot der ozonabbauenden FCKW gegen Ende des letzten Jahrtausends war zwar ein entscheidender Schritt, doch die langlebigen Schadstoffe befinden sich noch immer in großen Mengen in der Atmosphäre.
Größte Ausdehnung seit neun Jahren
In den Wintermonaten der Südhalbkugel sammeln sie sich durch den stark ausgeprägten Polarwirbel in einer Höhe von zehn bis fünfzig Kilometern an. Jetzt, im Frühling auf der Südhalbkugel, entfalten die FCKW unter der Sonneneinstrahlung ihre ozonzerstörende Wirkung. Daher erreicht das jährlich wiederkehrende Ozonloch seine maximale jährliche Ausdehnung in den Frühlingsmonaten der Südhalbkugel und schließt sich im dortigen Spätfrühjahr. Ozon schützt die Erdoberfläche vor der schädlichen UV-Strahlung der Sonne, die Ozonschicht in der Stratosphäre ist darum überlebenswichtig.
Zuletzt schien sich die Ozonschicht zu erholen, das Ozonloch trat von Jahr zu Jahr kleiner auf. Dieses Jahr zeigt sich ein anderes Bild: Das Ozonloch hat sich rund einen Monat später gebildet, ist jedoch nahezu so groß wie vor neun Jahren. Sowohl das spätere Auftreten als auch die Größe des Ozonlochs überraschten Wissenschaftler um Michael Bittner vom Erdbeobachtungszentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei München.
Planetare Wellen sorgen für verspäteten Polarwirbel
Bei der Suche nach Ursachen zogen die Forscher Satellitendaten heran. Darin erkannten sie veränderte Luftströmungen in der Stratosphäre, die als möglicher Auslöser in Frage kommen. Die Luftzirkulation in der Stratosphäre wird vor allem durch sogenannte planetare Wellen beherrscht. Diese sorgen auch für den Luftaustausch zwischen den Polargebieten und den mittleren Breiten.
Diese planetaren Wellen verhielten sich zuletzt anders als gewohnt: „Noch im August 2015 beobachteten wir eine ungewöhnlich starke südliche Strömung, die warme und ozonreichere Luftmassen aus niedrigeren Breiten über die Antarktis lenkt“, beschreibt Bittner. „Der typische polare Wirbel, der für eine Isolation der Antarktis sorgt, konnte sich unter diesen Bedingungen nicht gut entfalten.“ Dadurch entstand das diesjährige Ozonloch so spät.
Riesiges, fast kreisrundes Loch
Ende August änderte sich die Situation dann abrupt: Die Zufuhr warmer Luftmassen stoppte. Es folgte eine sehr ruhige atmosphärische Phase. In dieser hat sich der polare Wirbel über der Antarktis derart stabilisiert, dass verstärkt Ozon abgebaut wird. Ein riesiges, fast kreisrundes Ozonloch entstand. Es erstreckt sich derzeit über 26 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche, größer als der nordamerikanische Kontinent. Damit ist das Ozonloch circa 2,5 Millionen Quadratkilometer größer als zum selben Zeitpunkt im Jahr 2014. Nur im Jahr 2006 war es mit 27 Millionen Quadratkilometern noch größer.
„Das Beispiel zeigt die enorme Bedeutung der Erdbeobachtung: Nur mit Satelliten können derart großräumige Veränderungsprozesse beobachtet und verstanden werden“, sagt Stefan Dech vom DLR. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Klimawandel auch die Ausprägung der genannten planetaren Wellen verändert. Auf diese Weise dürfte der Klimawandel also auch Auswirkungen auf die Ozonlochsituation haben. Die Details sind dabei Gegenstand der aktuellen Forschung.
(DLR, 26.10.2015 – AKR)