Zwei in einem: Forscher haben erstmals einen Mikroprozessor entwickelt, der elektronische und photonische Bauteile auf einem Chip vereint. Der große Vorteil: Der bisherige Flaschenhals externer Umwandler fällt weg und der Chip verarbeitet und überträgt Daten bis zu 50 Mal schneller als herkömmliche Prozessoren. Hinzu kommt, dass er dafür nur einen Bruchteil der Energie benötigt. Das könnte der Beginn einer neuen Ära sein, so die Forscher im Fachmagazin „Nature“.
Die Zukunft der Datenverarbeitung und -übertragung liegt im Licht: Schon jetzt erhöhen optische Signale in Glasfaserkabeln die Bandbreite von Internetverbindungen und auch rein optische Chips und Schalter gibt es schon. Damit die optischen Daten aber in Rechnern verarbeitet werden können, müssen sie bisher noch umgewandelt werden – die Welt der Chips ist elektronisch.
Elektronik und Photonik in einem Prozessor
Doch Forscher um Vladimir Stojanović von der University of California in Berkeley könnte diese Trennung nun überwunden haben. Sie haben den ersten Computerchip entwickelt, der optische und elektronische Datenverarbeitung in sich vereint. Der Mikroprozessor vereint mehr als 70 Millionen Transistoren mit 850 photonischen Bauteilen auf einem drei mal sechs Millimeter kleinen Chip.
Dadurch kann dieser Kombichip ohne extra Umwandler direkt über optische Signale mit andern Rechnerkomponenten kommunizieren – der bisherige Flaschenhals der Umwandlung fällt weg. „Das ist ein echter Meilenstein“, sagt Stojanović. „Es ist der erste Prozessor, der Licht nutzen kann, um mit der Außenwelt zu kommunizieren.“
Schneller und energiesparender
Welche Vorteile dies hat, zeigte sich schon in den Tests: Der Kombi-Chip besitzt eine Bandbreitendichte von 300 Gigabit pro Sekunde pro Quadratmillimeter – das ist rund zehn bis 50 Mal höher als bei den zurzeit gängigen rein elektronischen Mikroprozessoren, wie die Forscher berichten. Zudem sind die photonischen Ein- und Ausgänge des Chips sehr energieeffizient: Sie benötigen nur 1,3 Picojoule pro Bit, das entspricht dem Verbrauch von 1,3 Watt bei der Übertragung von einem Terabit an Daten pro Sekunde.
„Der Vorteil der optischen Übertragung ist, dass man mit der gleichen Energie ein paar Zentimeter, aber auch ein paar Kilometer weit senden kann“, sagt Erstautor Chen Sun von der University of California. „Bei einem elektronischen Highspeed-Link benötigt man Repeater, um das Signal zu verstärken und das erhöht den Stromverbrauch.“ Damit ein elektrisches Signal einen Kilometer weit übertragen werden kann, werden tausende von Picojoule für jedes Bit gebraucht.
Herstellung in normaler Chipfabrik
Der Kombi-Chip hat aber noch einen großen Vorteil: Er lässt sich mit herkömmlichen Produktionsverfahren herstellen. „Wir haben die optischen Bauteile so konstruiert, dass sie in Standard-Halbleiterwerken produziert werden könne, wie sie für normale Mikroprozessoren genutzt werden“, erklären die Forscher. Das macht den Kombi-Chip günstig und leicht in Massen herstellbar.
Damit dies funktioniert, nutzten die Forscher das Silizium des Chips als Lichtleiter. Mittels Dotierung erzeugten sie einen ringförmigen Modulator, der das Licht in optischen Signale umwandelt. Für den umgekehrten Weg ließ sich die Fähigkeit des ohnehin in Chips enthaltenen Germanium ausnutzen, Licht in Energie verwandeln zu können – dies dient als Photodetektor.
„Beginn einer neuen Ära“
„Dies könnte den Beginn einer neuen Ära der elektronisch-photonischen Systeme auf Chipebene darstellen“, konstatieren die Forscher. „Diese Kombi-Prozessoren haben das Potenzial, die Architektur von Computersystemen zu transformieren und könnten leistungsfähigere Computer, Netzwerke und Datenzentren ermöglichen.“ Schon jetzt laufen die ersten Projekte, stromhungrige Datenzentren durch solche und andere photonische Bauteile sparsamer zu machen.
Aber auch für Anwendungen wie die Robotertechnik, neuartige Umweltsensoren oder die auf Laser basierende LIDAR-Technologie könnte die neuen Kombi-Chips eingesetzt werden. Bis dahin wollen die Forscher ihren Chip noch verbessern und vor allem noch schneller machen. Denn bisher ist er noch deutlich langsamer als rein photonische Bauteile.
Wichtig aber: Dieser erste Kombi-Chip hat bewiesen, dass man mit ihm rechnen kann, dass er sich verhältnismäßig einfach herstellen lässt und robust ist – das öffnet die Tür zu weiteren seiner Art. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature16454)
(University of California – Berkeley, 28.12.2015 – NPO)