Ab heute bräuchten wir eine zweite Erde: Mit dem heutigen Tag hat die Menschheit alle nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Erde aufgebraucht. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist damit erneut angewachsen – inzwischen bräuchten wir 1,7 Erden, um unseren jährlichen Ressourcenverbrauch zu decken. 2016 lag der Earth Overshoot Day noch sechs Tage später.
Der Zeitpunkt könnte kaum symbolträchtiger sein: Während in Deutschland der Dieselgipfel auf einen faulen Kompromiss hinsteuert, demonstriert der Erdüberlastungstag eindeutig, welchen Raubbau die Menschheit an unserem Planeten betreibt. Der „Earth Overshoot Day“ –Erdüberlastungstag – markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen verbraucht hat, die die Erde im Jahr regenerieren kann.
Alles, was wir ab jetzt verbrauchen oder an Treibhausgasen und Abfällen freisetzen, geht zu Lasten künftiger Jahre und Generationen. Unser Mehrverbrauch ist nur deshalb möglich, weil wir mehr Treibhausgasen ausstoßen als die Erde abpuffern kann und mehr Wasser, Energie und Naturressourcen verbrauchen oder für unseren Konsum verarbeiten, als die Erde nachproduzieren kann.
Menschheit bräuchte 1,7 Erden
In diesem Jahr liegt der Erdüberlastungstag bereits am 2. August – und damit sechs Tage früher als noch 2016 und so früh wie noch nie zuvor. Die Schere zwischen dem Ressourcenverbrauch der Menschheit und dem, was unser Planet leisten kann, klafft damit immer weiter auseinander. Der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist inzwischen so groß, dass wir 1,7 Erden bräuchten, um unsere Ressourcennutzung nachhaltig auszugleichen.
„Seit über dreißig Jahren nehmen wir der Erde mehr weg, als sie uns bereitstellen kann“, warnt Eberhard Brandes, Vorstand der Umweltorganisation WWF. „Diese dauerhafte Übernutzung hat unseren Planeten auf die Intensivstation gebracht.“ Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigen wir bis zum Jahr 2030 zwei komplette Planeten, um unseren Bedarf an Nahrung und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären es knapp drei.
Drei Erden für Deutschland
Der Ressourcenverbrauch ist nicht gleich verteilt: Deutschland gehört zu den Ländern, deren ökologischer Fußabdruck deutlich über dem Weltdurchschnitt liegt. Der deutsche Overshoot Day war schon am 24. April erreicht. Würde die gesamte Welt so leben wie wir, bräuchten wir mehr als drei Erden.
Für die USA, Australien und Kanada lag der Overshoot Day sogar noch früher: Mitte März. Nach Luxemburg und Katar gehören sie zu den Spitzenreitern im Ressourcenverbrauch. Würde die gesamte Menschheit so leben wie sie, bräuchten wir mehr als fünf Erden. Eines der wenigen Länder, die nur etwa genau so viele Ressourcen verbrauchen wie die Erde bereitstellen kann, ist Honduras: Sein Erderschöpfungstag liegt genau am 31. Dezember.
Folgen längst spürbar
Die Quittung für unseren Raubbau bekommen wir bereits zu spüren: Die Wetterextreme nehmen zu, es gibt Hitzerekorde in Serie und Dürren, dann wieder Starkregen und Überschwemmungen. Ganze Regionen leiden unter Hungersnöten und das Artensterben nimmt immer dramatischere Ausmaße an. Gleichzeitig sterben Korallenriffe, Regenwälder und Flusssysteme drohen zu verschwinden.
Vier von neun ökologischen Belastungsgrenzen, die die Stabilität der planetaren Lebensräume definieren, sind bereits überschritten: beim Klimawandel, dem Verlust der Biodiversität, der Landnutzung sowie den biogeochemischen Kreisläufen von Stickstoff und Phosphor.
„Wir müssen endlich einen Weg finden, in den natürlichen Grenzen unseres Planeten zu leben und zu wirtschaften“, sagt Brandes. „Das ist die größte Herausforderung unserer Zeit.“ Auf dem Papier existieren viele Maßnahmen und Vorgaben dafür längst: ob beim UN-Nachhaltigkeitsziel, dem Klimaabkommen von Paris oder anderen UN-Resolutionen. Aber von einer Umsetzung sind wir teilweise weit entfernt.
„Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Menschheit weiß, was zur Rettung unserer Erde getan werden muss. Es ist endlich Zeit zu handeln“, so Brandes.
(Overshootday.org, WWF, 02.08.2017 – NPO)