Bis Faserverbundwerkstoffe im Automobilbau in großem Maße eingesetzt werden, wird es noch etwas dauern. Solange setzen Autohersteller auf einen intelligenten Material-Mix, um Gewicht zu sparen. In dem EU-Projekt SuperLightCar haben Forschung und Industrie gemeinsam eine Karosserie entwickelt, die um ein Drittel leichter als die herkömmliche ist. Das entspricht etwa 180 Kilogramm.
Mischung macht stabil und spart Gewicht
Der Schlüssel zum Erfolg: Für jedes Bauteil wählten die Wissenschaftler den Werkstoff aus, der die größte Gewichtsersparnis bringt und dennoch den Belastungen standhält. Herausgekommen ist eine Karosserie, die aus einer Mischung aus Stahl, Aluminium, Magnesium und Faserverbundwerkstoffen besteht.
Auf eine ähnliche Strategie setzt auch Lotus Engineering. Im Frühjahr präsentierte das Unternehmen eine Leichtbau-Studie, in der Ingenieure am Beispiel des Toyotas Venza zeigten, wie sich dessen Gewicht um bis zu 38 Prozent senken lässt. In der Fahrzeug-Karosserie werden zu 37 Prozent Aluminium, zu 30 Prozent Magnesium, zu 21 Prozent Verbundwerkstoffe und zu sieben Prozent hochfester Stahl verbaut. Auch Heckklappen, Türen und Kotflügel werden aus unterschiedlichen Leichtbauwerkstoffen gefertigt. So lässt sich der Spritverbrauch um 23 Prozent reduzieren.
Neue Materialkombinationen dank Klebung
Dieser bunte Werkstoff-Mix wird erst durch den intelligenten Einsatz der modernen Klebtechnik möglich. Sie lässt bislang nicht realisierbare Werkstoffkombinationen zu – etwa die Verbindung von Glas und Stahl, Aluminium und Magnesium oder von Faserverbundwerkstoffen mit Metall. Über den Klebstoff lassen sich außerdem zusätzliche Funktionen integrieren, zum Beispiel Vibrationsdämpfung, elektrische Isolation oder Korrosionsschutz.
Die flexibel einsetzbare Fügetechnik lässt sich nicht nur hervorragend mit mechanischen Fügeverfahren wie Durchsetzfügen, Nieten, Schrauben und auch Punktschweißen kombinieren, sondern steigert auch die Steifigkeit von Fahrzeugen. Ein Beispiel: Kombiniert man Punktschweißen mit Kleben, kann die bleibende Deformation der B-Säule einer Auto-Karosserie im Seitenaufprall um mehr als 25 Prozent gegenüber den rein punktgeschweißten Referenzproben reduziert werden.
Neue Werkstoffe, Fügetechniken, Fertigungsverfahren und Leichtbaukonzepte – sie alle setzen sich nur durch, wenn sie sicher und zuverlässig sind. Sie müssen über Jahrzehnte hinweg den täglichen Belastungen standhalten. Der Automobil-, Flugzeug-, Maschinen- und Anlagenbau sind wichtige Industriezweige und Arbeitgeber in Deutschland. Der Einsatz neuer Leichtbauwerkstoffe kann helfen, die Position deutscher Unternehmen international zu stärken.
Birgit Niesing / Fraunhofer-Magazin
Stand: 09.07.2010