Blutverschmierte Elefanten, denen man bei lebendigem Leibe die Stoßzähne entfernt hat, in Fallen qualvoll gestorbene Gnus oder Springböcke, von illegalen Jägern abgeschossene Zebras: Solche Szenen aus dem Gruselkabinett der Tierwilderei waren vielleicht in den 1960er und 1970er Jahren an der Tagesordnung, aber heute doch nicht mehr – sollte man zumindest meinen. Doch trotz aller Nationalparks und vieler anderer Schutzmaßahmen für Wildtiere sieht die Realität in Südafrika anders aus.
Der Hype um die Hörner
Beispiel Nashörner: Im Jahr 2009 hat die Artenschutzorganisation Traffic zusammen mit der Weltnaturschutzunion (IUCN), die jedes Jahr ihre rote Liste der bedrohten Tierarten herausgibt, dramatische neue Zahlen zum illegalen Abschuss der streng geschützten Tiere vorgelegt. Danach nimmt die Nashornwilderei nicht nur weltweit zu, sondern hat vor allem in den afrikanischen Ländern Zimbabwe und Südafrika ein ungeahntes Ausmaß erreicht. Rund 95 Prozent aller illegalen Nashorntötungen auf dem afrikanischen Kontinent haben sich seit 2006 dort ereignet.
„Diese beiden Länder bilden zusammen das Epizentrum einer unablässigen Wildereikrise im südlichen Afrika“, sagte Tom Milliken von Traffic bei der Vorstellung der neuen Ergebnisse. Laut dem Report werden in Zimbabwe und Südafrika durchschnittlich zwölf Nashörner gewildert – jeden Monat. Wie Traffic und IUCN weiter betonen, setzen die illegalen Jäger und Tierfänger mittlerweile bei der Nashornhatz völlig neue Mittel und Methoden ein. Dazu gehören spezielle Tierdrogen und -narkotika, Gifte, Armbrüste und großkalibrige Waffen. Den Wilderern geht es meist nicht um das Fleisch der Tiere, sondern einzig und allein um die Hörner.
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Nashörner in Gefahr
Diese spielen noch immer eine wichtige Rolle in der traditionellen asiatischen Heilkunde, denn ihren Bestandteilen werden die vielfältigsten medizinischen Wirkungen nachgesagt. Entsprechend boomt der Schmuggel nach Fernost, die Schwarzmarktpreise für Nashornhorn sind in letzter Zeit exorbitant gestiegen. Traffic und IUCN haben zudem Indizien dafür gefunden, dass vor allem vietnamesische, chinesische und thailändische Hintermänner an der Beschaffung vor Ort und am Transport aus Südafrika heraus direkt beteiligt sind. Jane Smart, die Leiterin der Biodiversity Conservation Group des IUCN kommt deshalb zu dem Schluss: „Die Nashornpopulationen in Afrika und Asien sind ernsthaft bedroht durch die Wilderei und den illegalen Handel.“
Der neue Report bestätigt frühere Beobachtungen zur Nashornwilderei aus verschiedenen Nationalparks. „Über die Jahre gab es einen allmählichen, aber stetigen Anstieg“, sagte Raymond Travors vom Kruger-Nationalpark schon im Jahr 2007 in der Zeitung „Sunday Independent“. Die Parkwächter registrierten damals innerhalb von sechs Jahren einen Verlust von fast sechs Dutzend Nashörnern.
Auch Elefanten sind betroffen
Nashörner sind aber nur ein Beispiel für die boomende Wilderei. Ein anderes ebenso markantes sind Elefanten. Bei diesen Tieren haben es die Wilderer vor allem auf das wertvolle Elfenbein der Stoßzähne abgesehen. „Wir schätzen, dass allein im letzten Jahr 38.000 Elefanten getötet wurden, um den Schwarzmarkt vor allem in Asien zu versorgen. Erst vor kurzem beschlagnahmten Zollbeamte in Bangkok zwei Tonnen Elfenbein auf dem Weg nach China“, beschreibt Daniela Freyer von der Organisation Pro Wildlife im März 2010 die Situation. Die Zahlen gelten zwar für ganz Afrika, die Elefantenwilderei ist aber nach Angaben von Artenschützern auch in Südafrika – trotz grundsätzlich wachsender Populationen – ein ernstes Problem.
Das Elfenbein, für das es seit 1989 ein fast vollständiges internationales Handelsverbot gibt, wird vor allem in Asien für Kunstgegenstände, Gebrauchsgüter oder Schmuck verwendet. Speziell in Japan bildet das Elfenbein zudem die Grundlage für ein ganz besonderes Statussymbol: „Dort wird das edle Material vor allem für Hankos genutzt, persönliche Stempel, die bei Beglaubigungen nötig sind“, erklärt der Mineraloge Arun Banerjee vom Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz 2005 im Handelsblatt.
Dieter Lohmann
Stand: 02.07.2010