Unter dem Punkt „Transport“ findet sich auf der offiziellen Website der Winterspiele in Vancouver als erstes folgender Hinweis: „Es gibt KEINE Parkplätze für Besucher – an keiner der olympischen Sportstätten.“ Die Veranstalter lassen keinerlei Unklarheiten darüber aufkommen, dass Individualverkehr absolut unerwünscht ist und nicht unterstützt wird.
Stattdessen weisen sie darauf hin, dass alle Sportstätten mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Nach Angaben des Organisationskomitees werden auch die Mitarbeiter dazu angehalten, Busse und Bahnen zu benutzen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Alle Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen gelten gleichzeitig als Tickets für die öffentlichen Verkehrsmittel in Vancouver und Umgebung. Der Sky Train, eine automatisch betriebene Hochbahn , wurde extra für die Winterspiele bis zum Flughafen der Stadt verlängert, die Taxiflotte hat massiv mit Hydridautos aufgerüstet.
Wasserstoff ist Trumpf
Überhaupt der Wasserstoff: Ihn will Vancouver aktiv fördern und initiierte dafür den „Hydrogen Highway“ von British Columbia, ein groß angelegtes Demonstrations- und Entwicklungsprogramm um Wasserstofftechnologien und alternative Antriebe wie Brennstoffzellen vorzustellen. Dazu gehören unter anderem Wasserstofftankstellen in Vancouver und entlang der Strecken nach Victoria und Whistler. Der Vancouver Airport testet Wasserstoff getriebene Gepäckanlagen und in der Stadt laufen bereits mehrere Pilotanlagen und Forschungsprojekte zur Wasserstoffgewinnung aus Solarenergie oder Elektrolyse. Während der Spiele dient darüberhinaus eine Flotte von 20 mit Wasserstoff getriebenen Bussen als Besucher-Shuttle zwischen der Stadt Vancouver und den Sportstätten in Whistler und Cypress Mountain.
Streit um den Sea-to-Sky-Highway
Kleiner Schönheitsfehler dabei: Für den Transport von Menschen und Material von Vancouver in die Berge wurde eine bestehende Straßenverbindung ausgebaut, der so genannte „Sea-to-Sky-Highway“. Während die Provinzregierung betont, dies habe den ehemaligen „Killer-Highway“, der stellenweise ohne Randbefestigung direkt an Steilküsten entlang führte, sicherer gemacht, protestierten Umweltschützer gegen den Ausbau.
Denn die Trasse führt auf 2,4 Kilometer Länge durch Eagleridge Bluffs, ein Brutgebiet der Weißkopfseeadler und Feuchtgebiet mit seltenen Kröten sowie einem Bestand von so genannten Erdbeerbäumen. Die Erweiterung zerstörte einen Teil dieser Gebiete. Ein Gutachten des Verkehrsministeriums hatte bereits im Planungsstadium konstatiert, es handele sich hier um „extrem seltene, einzigartige Feuchtgebiete, die sehr anfällig sind gegenüber Störungen.“ Doch der Highway wurde dennoch durchgesetzt.
Umweltschützer, darunter auch viele Vertreter der „First Nations“, der indianischen Ureinwohner dieser Region, verlangten, statt der Straßenerweiterung einen Tunnel zu bauen, um die Natur zu schonen. Dieser allerdings hätte nach Schätzungen von Experten rund 75 Millionen Dollar mehr gekostet. Drei Jahre lang gab es Proteste, Verhaftungen und Streit um den Highway, jetzt ist er gebaut – und Eagleridge Bluff um einige seltene Tiere und Pflanzen ärmer.
Grüne Weste ohne Flecken
Das Organisationskomitee der Winterspiele betont allerdings, es haben mit diesem Ausbau nichts zu tun gehabt, er wäre wie alle Infrastrukturmaßnahmen von der Provinzregierung beschlossen und finanziert worden. „Wir geben für solche Projekte kein Geld und managen sie auch nicht“, erklärte Linda Coady, Vizechefin für den Bereich Nachhaltigkeit gegenüber dem Magazin Scientific American. Diesen Fleck wollen sich die Olympioniken nicht auf ihre grüne Weste machen lassen, das scheint klar.
Wie grün die Spiele nun tatsächlich werden, ob die im Vorfeld geplanten Strategien zur Abfallvermeidung und zum Treibhausgas- und Energiesparen aufgehen, wird sich erst im Laufe der Winterspiele zeigen. Auch wenn einige Bäume gefällt und eine Straßen ausgebaut wurden – im Vergleich zu früheren Winterspielen schneidet Vancouver noch immer ziemlich gut ab.
Stand: 12.02.2010