Die Frankfurter Wissenschaftler analysierten auch das individuelle Sammelverhalten von Arbeiterinnen. Dafür setzten sie die RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) ein, die auch zur Kennzeichnung von Waren im Einzelhandel eingesetzt wird. Sie besteht aus einem winzigen Chip (Transponder) und einem Lesegerät (Scanner). Der Transponder wiegt nur vier Milligramm und wird den Bienen einfach auf den Rücken geklebt: Sie tragen den Chip wie einen Mini-Rucksack.
Jeder Flug registriert
So markiert, meldet sich jede Biene am Lesegerät am Flugloch ab und am Lesegerät der künstlichen Futterstelle wieder an. Bei der Rückkehr stoppt der Computer die Ankunftszeit. So wissen die Forscher genau über den Tagesablauf der Biene Bescheid: Wann sie morgens zum ersten Mal den Stock verlässt, wie lang und wie häufig ihre Ausflüge sind und wie viel Zeit sie im Stock verbringt.
Auf diese Weise untersuchen Grünwald und seine Kollegen derzeit, wie akute Vergiftungen durch Pestizide auf die kognitiven Leistungen der Biene wirken. In diesen Tests werden Bienen auf eine künstliche Futterquelle dressiert. Sobald sie zuverlässig und regelmäßig an der Futterquelle das angebotene Zuckerwasser aufnehmen, füttern die Forscher sie mit einer geringen, aber nicht tödlichen Dosis eines Pestizids. Das Sammelverhalten dieser Bienen wird anschließend mehrere Tage lang überwacht.
Gifte wirken auf Sammelverhalten
Das erste Ergebnis: Gesunde und „vergiftete“ Bienen zeigen dabei ein deutlich unterscheidbares Verhalten. Bisher konnten die Wissenschaftler für zwei untersuchte Wirkstoffe deutliche Auswirkungen auf das Sammelverhalten feststellen. Einer davon – das Neonicotinoid Imidacloprid – war immer wieder in Verdacht geraten, auch bei geringen Dosierungen Bienenschäden hervorzurufen. In ihren Versuchen stellten die Forscher tatsächlich fest, dass die mit dem Mittel behandelten Bienen einige Stundennach der Applikation deutlich seltener ausflogen und seltener an der Futterstelle erschienen. Zudem waren die ausfliegenden Bienen auf ihren Sammelflügen deutlich länger unterwegs.
Der Effekt hält allerdings nur knapp drei Stunden nach der Behandlung an. An den nächsten Tagen waren keine bleibenden Auswirkungen mehr zu erkennen. Auch lagen die verwendeten Dosierungen mit etwa 30 Mikrogramm Wirkstoff pro Kilogramm Körpergewicht erheblich über der zu erwartenden Exposition im Feld (maximal 5,2 μg / kg, gefunden in Pollenhöschen von Honigbienen).
Schädliche Wirkung auch bei Anti-Varroa-Mittel
Ähnliche Effekte fanden sich auch bei dem zweiten getesteten Wirkstoff, dem Organophosphat Coumaphos. Dieses Mittel wird von Imkern teilweise zur Bekämpfung der Varroamilbe in den Bienenvölkern eingesetzt. Nach Verabreichung von Coumaphos beobachteten die Forscher eine deutlich verringerte Besuchsfrequenz an der Futterstelle, die mehrere Tage anhielt. Auswirkungen des Wirkstoffs auf die Dauer der Flüge waren hier nur undeutlich. Ähnlich wie beim Imidacloprid treten die Effekte allerdings erst bei höheren Dosen auf, als sie in Bienenvölkern bei einer normalen Behandlung zu erwarten sind.
Forschung Frankfurt / Bernd Grünewald, Christof Schneider und Stefan Fuchs
Stand: 05.02.2010