Für die Automobilhersteller ist gerade die schnelle Dehnungsfähigkeit des Twip-Stahls von großem Interesse. So kooperiert Frommeyers Arbeitsgruppe seit längerer Zeit mit verschiedenen Automobilherstellern wie der BMW AG, der Daimler AG, der Volkswagen AG und dem Ford Forschungszentrum in Aachen. An Prototypen und verschiedenen Karosseriebauteilen werden
dort Tiefziehfähigkeit und andere Eigenschaften getestet.
Zu den Partnern gehören auch die Salzgitter AG und die ThyssenKrupp Stahl AG. „Wir sehen das große Potenzial bei den Twip/Trip-Stählen. Zum einen aufgrund der Kombination aus Festigkeit, Duktilität und Dichte. Zum anderen gibt es ein riesiges Marktinteresse“, sagt Hans Fischer, Vorstand Stahl bei der Salzgitter AG. Dafür hätten Frommeyer und seine Mitarbeiter eine hervorragende Grundlage gelegt.
Auch im Ausland geht die Forschung an diesen Stahlklassen weiter. Dort arbeiten Werkstoffwissenschaftler in den Forschungslaboratorien und Entwicklungsabteilungen internationaler Stahlkonzerne wie ArcelorMittal, Hoechst-Alpine, BAO Steel in China und NIPON Steel in Japan sowie Unternehmen in Südkorea an der praktischen Verwendung dieser Stähle. Letztlich hat die neue Klasse hochfester Stähle mit den klassischen Trip-Qualitäten nur noch wenig gemein. Die Salzgitter AG wird sie deshalb unter der Bezeichnung HSD-Stahl (High Strength and Ductility – hohe Festigkeit und Duktilität) auf den Markt bringen.
Autos werden leichter
„Neben den genannten hervorragenden mechanischen Eigenschaften besitzen diese Stähle eine um fünf bis sechs Prozent geringere Dichte“, sagt Matthias Niemeyer, Geschäftsführer der Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH. Den Automobilherstellern bietet sich damit ein ganz neuer Leichtbauwerkstoff. Letztlich macht die Karosserie gut ein Viertel des gesamten Fahrzeuggewichts aus. Unterm Strich wird sich durch den Einsatz von HSD-Stählen folglich deutlich Gewicht einsparen lassen, so die Experten.
Zum einen sind diese Stähle dank der geringen Dichte ihrer Legierungselemente ausgesprochen leicht. Zum anderen sind sie zwar nicht so steif, aber immerhin etwa doppelt so fest wie die derzeit verwendeten höherfesten Karosseriestähle. Die neuen Twip/Trip-Stähle lassen sich also in dünneren Blechstärken verbauen. Wie hoch die Gewichtseinsparung am Ende sein wird, kann Niemeyer derzeit noch nicht genau sagen. Denn je nachdem wo die Automobilproduzenten das Material einsetzen, liegt der Wert höher oder niedriger. „Derzeit gehe ich von einer Gewichtseinsparung zwischen 10 und 20 Prozent aus, wobei für manche Bauteile auch bis zu 30 Prozent möglich sind“, sagt er.
Tim Schröder/ MaxPlanckForschung
Stand: 06.11.2009