Was ist mit Wettbewerben der jüngsten Vergangenheit, bei denen die Rekorde nur so zu purzeln scheinen, wie die Olympiade in Peking 2008 oder die Schwimmweltmeisterschaften in Rom im Sommer 2009? Eigentlich widerspricht diese Entwicklung der Theorie von Jean-François Toussaint, nach denen die Zuwächse allmählich abflachen und die Rekorde seltener werden. Oder doch nicht?
Leistungssprung durch Material
„Ganz im Gegenteil. Das bestätigt die Ergebnisse nur“, so der Forscher. „Denn das Schwimmen hat sich seit 1999 quasi neu erfunden, indem es den Schwimmanzug entwickelte. Besonders die neuen Modelle 2008 haben einen enormen Fortschritt in Strömungsdynamik und Auftrieb gebracht. Das klassische Schwimmen nur in normaler Badehose hat seit den 1980er Jahren tatsächlich die typische Verlangsamung der Leistungssteigerungen gezeigt, dann allerdings hat die Technologie die Performanz komplett umgekrempelt.“
Nach seinen Berechnungen stammen zwei Drittel aller in den letzten Jahren im Sport erreichten Weltrekorde aus dem Bereich des Schwimmens und gehen so auf die neuen Anzüge zurück. Auch in anderen Sportarten, in denen Technologie und Material eine große Rolle spielen, ist der Trend zur Verlangsamung der Rekorde durchbrochen. Aber was ist mit Sportlern wie dem Jamaikaner Usain Bolt, der im Sprint einen Rekord nach dem anderen zu knacken scheint – und dies ganz ohne neuen Anzug?
Doping vorprogrammiert
Nach Ansicht von Toussaint kann es immer mal wieder Ausnahmeathleten geben, die durch Talent oder pharmazeutische Nachhilfe den allgemeinen Trend kurzzeitig durchbrechen. Und besonders für die nächsten Jahre sieht er die Versuchung, den immer schwerer zu erreichenden Rekorden durch Doping nachzuhelfen, immer größer werden. Er prognostiziert, dass der Kampf gegen das Doping im Sport längerfristig verloren wird.
„Die Entwicklung von Doping-Methoden ist der Jagd nach dem Übertreffen von Grenzen quasi innewohnend und wird wahrscheinlich auf ein noch höheres Niveau ansteigen“, so Toussaint. „Der Kampf gegen das Doping ist teuer und verlangt große Investitionen und Engagement. In Zeiten der ökonomischen Rezession stellt sich realistischerweise die Frage nach den Mitteln, die dafür weiterhin von der Politik zur Verfügung gestellt werden. Man kann sich fragen, ob die aktuellen Entwicklungen in einigen Sportarten nicht schon zeigen, dass hier einige Barrieren bereits beginnen zu fallen.“
Trotz allem aber glaubt der Forscher nicht, dass Doping langfristig die Grenzen unendlich weit hinausschieben kann. Seiner Ansicht nach wären beispielsweise neun Sekunden beim 100-Meter-Lauf biologisch nicht erreichbar – es sei denn, es würden eines Tages gentechnisch „optimierte“ Sportler gezüchtet.
Stand: 13.08.2009