Medizin

Von der klassischen Schweinegrippe zum neuen Virus

Dreifacher Genaustausch im Schwein

H1N1 – das sind die Kennziffern des aktuellen Pandemiekandidaten, der neuen Schweinegrippe. Sie charakterisieren aber auch einen Stamm der normalen Saisongrippe sowie die ganz normale „klassische“ Schweinegrippe. Was unterscheidet diese Varianten voneinander, wenn doch ihre Gene dem gleichen Subtyp angehören. Die Antwort liefern wieder einmal die acht Genpakete des Virus.

Dank der handlichen Portionierung des Genoms ist es für das Influenzavirus besonders leicht, gleich ganze Gen-Stränge mit anderen, verwandten RNA-Viren auszutauschen. Denn einige ihrer Subtypen kommen gleich bei mehreren Tierarten vor. Und genau hier liegt das Problem: Ein Austausch zwischen den an verschiedene Wirte angepassten Stämmen.

Grundriss und Querschnitt der Gruben (A), Trichter (B), Topf (C), Amphore (D) ud Reste eines Ofens (E). © Wang et al./ PNAS

Austausch durch Mehrfachinfektion

Dies geschieht, wenn ein Wirt – häufig ist es das Schwein – von gleich mehreren unterschiedlichen Influenzaviren infiziert ist. Sie alle schleusen ihr Genom in den Kern der Wirtszelle ein und veranlassen die Produktion identischer Kopien ihrer einzelnen Genstränge. Diese werden ins Zellplasma transportiert, wo sie auf ihre Rekombination zu neuen Viren warten. Und genau hier passiert das so genannte Reassortment, die Vermischung: Statt gezielt nur die Genombestandteile des eigenen Virenstammes zu vereinen, finden sich hier wahllos auch Gene verschiedener Herkunft zu einem neuen rekombinanten Viruskörper zusammen.

Analysen eines Forscherteams um Vivek Shinde vom CDC haben Mitte Mai 2009 ergeben, dass dies schon beim klassischen Schweinegrippevirus geschehen sein muss. Bis 1990 hatte sich dies genetisch kaum verändert, dann jedoch taucht plötzlich ein neuer Typ auf. Dieser Subtyp trägt sowohl fünf Gene des Wirts Schwein, als auch zwei Gene von einer Vogelgrippe. Ein Strang, das Polymerase B1-Gen, stammt sogar von der menschlichen saisonalen Grippe des Subtyps H3N2. Nach Ansicht der Forscher hat demnach hier ein gleich dreifaches „Reassortment“ stattgefunden.

Rätsel der europäischen Schweinegene

Was aber ist mit der neuen Schweinegrippe? Sind hier mehr Menschengene hinzu gekommen oder warum kann es sich jetzt so leicht von Mensch zu Mensch übertragen? Antwort darauf erhofften sich die Grippeforscher von der Genanalyse der neuen H1N1- „Swine-flu origin“-Variante, isoliert Anfang Mai aus Proben erkrankter Patienten in Kalifornien.

Doch das Ergebnis verblüffte: Anstatt weiterer humanpathogener oder aviärer Gene hatte das neue Virus nur zwei amerikanische Schweinegene gegen Genvarianten der eurasischen Schweinegrippe getauscht. Wie diese nach Mexiko und in die USA gelangt waren, ist bis heute ungeklärt. Ebenso, warum ausgerechnet dieses Reassortment dem Virus den Sprung zum Menschen so erleichtert hat.

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Nadja Podbregar
Stand: 29.05.2009

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Influenza
Alter Feind in neuem Gewand

Eine neue Influenza taucht auf
Die ersten Fälle der neuen Schweinegrippe

Auf dem Weg zur Pandemie
Ein Virus macht mobil

Acht Genpakete mit tödlichem Potenzial
Der genetische Aufbau des Influenza A-Virus

Von der klassischen Schweinegrippe zum neuen Virus
Dreifacher Genaustausch im Schwein

Tödliches Reservoir Vogel
Pandemien durch Rekombination mit Vogelgrippeviren

Die Fortsetzung von 1918
H1N1 gab es schon einmal

Was tun gegen die neue Influenza?
Grippemittel, Gendrift und die Impfstofffrage

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