Gemeinsam mit einem Kollegen der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität in Baltimore entwickelte die Max-Planck-Forscherin Guinevere Kauffmann eine neue Methode, mit der sich aus Galaxienspektren Informationen über die Wachstumsrate eines schwarzen Lochs und das Alter der Sterne in der Galaxie ermitteln ließen. Die Daten, auf die sie ihr Verfahren anwandte, waren bereits vorhanden: Sie stammten aus einer der aufwendigsten Himmeldurchmusterungen, die jemals durchgeführt wurden: dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS).
33.000 Galaxien untersucht
Rund 33.000 Galaxien nahm Guinevere Kauffmann unter die Lupe und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Schwarze Löcher, die gegenwärtig sehr hell sind – also viel Materie aufnehmen und wachsen – existieren überwiegend in Galaxien, in denen sich in jüngerer Vergangenheit viele neue Sterne gebildet haben. „Je größer die Wachstumsrate, desto höher war die vorhergehende Sternentstehungsrate“, so Kauffmann. In Extremfällen entwickelt sich das schwarze Loch so schnell wie in hellen Quasaren. Und die Galaxie besteht zu einem Großteil aus jungen Sternen.
In Spiralgalaxien wie der Milchstraße entstehen ständig Sterne. Doch die Rate ist gering und liegt pro Jahr bei etwa einer Sonnenmasse. Die von Kauffmann und Kollegen gefundenen Galaxien mit einem stark wachsenden schwarzen Loch hingegen müssen in der Vergangenheit einen wahren Boom der Sternentstehung erlebt haben. Ausgelöst wird dieser wahrscheinlich, wenn sich zwei Galaxien sehr nahe kommen oder miteinander verschmelzen.
Dann verwirbelt das darin befindliche Gas, große Wolken stoßen zusammen und verdichten sich zu Sternen; einer solchen kosmischen Hochzeit folgt dann gewissermaßen ein Babyboom junger Sterne. Bei einem Crash kann auch vermehrt Materie in die Zentralgebiete der Galaxien strömen und dort das schwarze Loch stark anwachsen lassen. Letztlich können die beiden zentralen schwarzen Löcher der beiden kollidierenden Galaxien sogar miteinander verschmelzen.
Aufsehen erregende Entdeckung
Eine Aufsehen erregende Entdeckung ist in diesem Zusammenhang jüngst einer internationalen Forschergruppe um den Max-Planck-Wissenschaftler Fabian Walter gelungen. Die Forscher beobachteten den entferntesten bekannten Quasar mit der Bezeichnung J1148+5251. Er sandte das heute empfangene Licht aus, als das Universum erst 870 Millionen Jahre alt war. Im Zentralbereich dieses Objekts machten die Astronomen ein Gebiet mit etwa 5.000 Lichtjahren Durchmesser aus, in dem pro Jahr Sterne mit einer Gesamtmasse von mehr als tausend Sonnenmassen entstehen.
Einen derart hohen Wert hat man noch nirgends anders beobachtet. „Was wir gefunden haben, entspricht einer Ansammlung von hundert Millionen Orion-Regionen“, sagt Fabian Walter, wobei die Orion-Region eines der größten bekannten Sternentstehungsgebiete in der Milchstraße ist. Der Nebel zeigt sich dem bloßen Auge als verschwommener Fleck im Schwert des Sternbilds Orion.
Zusammenstoß als Ursache?
Walters Beobachtungen belegen, dass die Sternansammlung in diesem Quasar von innen heraus entsteht: Anfangs gibt es nur eine Kernregion, in der sich besonders viele Sterne bilden; erst im Lauf der Zeit wächst der mit Sternen gefüllte Zentralbereich und erreicht die ungleich größere Ausdehnung, wie man sie in älteren Galaxien wie der Milchstraße findet. Zwar sieht man auf Walters Aufnahmen nicht, ob der Babyboom der Sterne durch den Zusammenstoß mit einer anderen Galaxie ausgelöst wurde. Die Forscher halten dies aber für sehr wahrscheinlich.
Thomas Bührke / MaxPlanckForschung
Stand: 22.05.2009