Astronomie/Kosmologie

Große schwarze Löcher wurden schnell erwachsen

Das Konzept des kosmischen „Downsizing”

Das Wachstum schwarzer Löcher und deren Helligkeitsentwicklung hängen mit der Wechselwirkung von Galaxien zusammen. Sie beschleunigt sowohl das Wachstum der schwarzen Löcher als auch das der umgebenden Sternansammlung im Bulge der Galaxie. Dennoch ist es sehr erstaunlich, dass die Massen dieser beiden Komponenten stets im selben Maße wachsen, denn genau das besagt die beschriebene Relation.

Schwarzes Loch verdaut Überreste eines Sterns © NASA / JPL-Caltech

Viele neue Erkenntnisse

Doch das ist nicht die einzige interessante Erkenntnis der vergangenen Jahre. Im heutigen Universum wachsen überwiegend nur schwarze Löcher mit relativ geringen Massen von weniger als 30 Millionen Sonnenmassen. Diese schwarzen Löcher befinden sich in Galaxien ähnlich unserer Milchstraße. Die abgeleiteten Wachstumsraten deuten darauf hin, dass diese massearmen schwarzen Löcher sich auf einer Zeitskala gebildet haben, die vergleichbar ist mit dem Alter des Universums: Sie sind also langsam und gemächlich größer geworden. Demgegenüber wachsen schwarze Löcher mit Milliarden von Sonnenmassen heute nur noch wenig.

Die Forscher sehen sich also mit der scheinbar paradoxen Erkenntnis konfrontiert, dass die größten schwarzen Löcher sehr schnell nach dem Urknall fertig ausgewachsen waren, während die kleinen noch heute zunehmen. Nach diesem Konzept des kosmischen „Downsizing” (Verkleinerung) haben sich die aktive Sternentstehung und das Wachstum schwarzer Löcher im Lauf der Zeit zu kleineren und weniger massereichen Galaxien verschoben. Unsere Milchstraße zählt zu der zweiten Gruppe.

Tanz der Milchstraßen. Diese Sequenz aus der Millennium Simulation zeigt die Verschmelzung zweier Spiralgalaxien zu einer elliptischen Galaxie. Dabei wird eine kurze Phase der Quasaraktivität angeregt und die entstehende Galaxie „rot und tot“: Sie bildet kaum noch Sterne, weil der Quasar viel Gas verschluckt oder weggeblasen hat. © MPI für Astrophysik / Volker Springel

Millennium Simulation

Dass es langsam und schnell wachsende schwarze Löcher gegeben hat, lässt sich nach Ansicht von Guinevere Kauffmanns Kollegen Volker Springel vom Max-Planck-Institut für Astrophysik nur durch die Annahme erklären, dass es im jungen Universum, das kleiner war als das heutige und in dem die Galaxien enger zusammenstanden, häufig zu Kollisionen kam. Springel hat die Entwicklung der schwarzen Löcher und ihrer Galaxien mit der so genannten Millennium Simulation theoretisch erforscht.

Der Crash von Galaxien war in den Kindertagen des Alls an der Tagesordnung. Denn es war kleiner und die Sternsysteme standen enger beisammen. Beim Verschmelzen zweier Galaxien kann die Masse des schwarzen Lochs innerhalb von etwa 200 Millionen Jahren um das Zehn- bis Hundertfache anwachsen – und innerhalb relativ kurzer Zeit mehrere Milliarden Sonnenmassen erreichen. © NASA, H. Ford (JHU), G. Illingworth (UCSC/LO), M.Clampin (STScI), G. Hartig (STScI), the ACS Science Team, and ESA

Diese weltweit detaillierteste kosmologische Simulation diente ursprünglich dazu, die Entwicklung von Galaxien unter dem Einfluss der Dunklen Materie auf großen Skalen von zwei Milliarden Lichtjahren zu untersuchen. Doch wie mit einer digitalen Lupe lassen sich auch die Verhältnisse im Kleinen, sprich auf Skalen von einigen zehntausend Lichtjahren, studieren. Zusätzlich hat Springel einzelne Galaxienkollisionen auf dem Computer im Detail nachgestellt, um die Wirkung aktiver Quasare auf das Gas einer Galaxie zu verstehen.

Hierbei zeigte es sich, dass bei dem Verschmelzen zweier Galaxien die Masse des schwarzen Lochs innerhalb von etwa 200 Millionen Jahren um das Zehn- bis Hundertfache anwachsen kann. Nur auf diese brachiale Art kann es innerhalb relativ kurzer Zeit mehrere Milliarden Sonnenmassen erreichen. In jenen Galaxien jedoch, die solchen kosmischen Verschmelzungen entgehen, wachsen die zentralen schwarzen Löcher langsamer. Und das tun sie bis heute.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter

Thomas Bührke / MaxPlanckForschung
Stand: 22.05.2009

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schwarze Löcher als Geburtshelfer der Galaxien
Forscher enträtseln kosmische Giganten

Wie eine Spinne in ihrem Netz…
Ein schwarzes Loch gibt es in jeder Galaxie

Symbiose zwischen schwarzem Loch und Galaxie?
Forscher weisen strengen Zusammenhang zwischen den Massen nach

Babyboom nach kosmischer Hochzeit
Rätsel um schnell wachsende schwarze Löcher

Große schwarze Löcher wurden schnell erwachsen
Das Konzept des kosmischen „Downsizing”

Schwarze Löcher als Geburtshelfer?
Blick in die Vergangenheit des Universums

Der unaufhaltsame Kollaps eines Schwergewichts
Wie schwarze Löcher entstehen

Schwarze Löcher als Sternenschleuder
Wenn Galaxien kollidieren

Die Durchsuchung des Himmels
Der Sloan Digital Sky Survey

Dunkle Materie und noch viel mehr
Ein kleines Glossar

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Kometen - Rätselhafte Vagabunden im Weltraum

Big Eyes - Riesenteleskope und die letzten Rätsel im Kosmos