Der Süden Taiwans am zweiten Weihnachtstag 2006. Mitten in das normale Leben der Menschen auf der Insel vor dem chinesischen Festland platzt ein heftiges Erdbeben. Der Boden wird kräftig durchgerüttelt, Häuser geraten ins Schwanken, viele Taiwanesen rennen in Panik auf die Straßen.
Wie lokale und internationale Erdbebenwarten schnell feststellen, hat der Erdstoß eine Stärke von 6,7 auf der Richter-Skala. Das Zentrum des Bebens liegt in der so genannten Straße von Luzon zwischen Taiwan und der philippinischen Hauptinsel Luzón. Eine erste Bilanz der Naturkatastrophe fällt verheerend aus: Zwei Tote, 48 Verletzte und Sachschäden in Millionenhöhe an Häusern, Straßen und Brücken.
Schlammlawine mit Folgen
Doch das sind längst nicht die einzigen gravierenden Folgen des Erdbebens. Eine weitere lauert am Meeresboden der Luzonstraße. Dort hat sich eine mächtige Schlammlawine gebildet, die unaufhörlich weiterkriecht. Na und, was soll da unten schon passieren, sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Denn die gerade mal 320 Kilometer breite Wasserstraße ist ein Nadelöhr, durch das zahlreiche wichtige Seekabel führen. Nacheinander zerfetzen oder beschädigen die Schlammmassen neun der von Südasien nach Nordamerika reichenden Nachrichtenverbindungen.
Rund 120 Millionen Menschen in China, Singapur, Südkorea oder auf den Philippinen sind von dem Daten-Blackout betroffen und müssen zum Teil mehrere Wochen mit schleichenden Internetverbindungen auskommen. Denn so lange dauert es, bis Spezialschiffe alle Kabelbrüche identifiziert und repariert haben und die Daten wieder ungehindert fließen.
Wenn Schiffe falsch ankern
Szenenwechsel. Das Mittelmeer vor der Küste Ägyptens, Ende Januar 2008. Während an der Meeresoberfläche alles weitgehend ruhig ist, scheint am Ozeanboden irgendetwas nicht zu stimmen. Darauf deuten jedenfalls die Störmeldungen hin, die die Kontrolleure der Seekabelverbindungen in der Region erhalten. Zwei der riesigen „Ringelwürmer“ – FLAG Telecom’s FLAG Europe-Asia cable and Sea-Me-We-4 – sind unterbrochen. Die Folge ist ein Megastau im Internet- und Telefonverkehr zwischen Ägypten und Indien, der selbst durch Umleitungen auf andere Kabel nicht vollständig aufgefangen werden kann.
Auch hier dauert es mehrere Wochen bis der „Kabelsalat“ am Meeresboden aufgespürt und behoben ist. Wie eine genauere Untersuchung der Defekte später ergibt, haben vermutlich Schiffsanker die Kabel zerfetzt.
Ungewöhnliche Kabelkiller
Doch Erdbeben und Schiffsanker sind nur zwei von vielen Gefahren, die die Schlagadern der internationalen Kommunikation immer wieder bedrohen. Häufig werden die Seekabel zudem von Schleppnetzen, die über den Meeresboden rattern, in Mitleidenschaft gezogen.
Eine ebenso dreiste wie ungewöhnliche Variante von Kabelzerstörung gab es darüberhinaus im März 2007 vor der Küste Vietnams. Denn dort stahlen Diebe eine elf Kilometer lange Glasfaserleitung aus dem Meer und verkauften das wertvolle, aber Tonnen schwere Material anschließend höchstwahrscheinlich an Schrotthändler. „Das ist für unser Datensystem ein ernstes Problem“, berichtete der Vizedirektor der vietnamesischen Telekomfirma VTI, Lan Quoc Cuong damals im Spiegel. Es werde monatelang dauern, bis die Leitung repariert sei. So lange hatten die Surfer in dem südostasiatischen Land mit quälend langsamen Internetverbindungen zu kämpfen.
Ein Problem sind auch die Piraten vor der Küste Ostafrikas. Denn die haben es längst nicht nur auf Handelsschiffe oder Öltanker abgesehen. Sie machen auch Jagd auf die Besatzung von so genannten Kabellegern, die in diesem Meeresgebiet gerade das East African Marine Cable versenken, das Kenia und andere Länder mit dem Rest der Welt verbinden soll. Die Macher des Projektes verlassen sich nicht nur auf die patrouillierenden Marines, sie haben mittlerweile auch die Route der Trasse in sicherere Gefilde verlegt – rund 200 Kilometer weiter seewärts als bisher geplant.
Stand: 08.05.2009