Kein Zweifel. Frauen haben ein Herz für Tiere. King Kong oder die Schöne und das Biest – es ist immer das Schicksal von ausgestoßenen, misshandelten und unverstandenen Tieren, welches das Frauenherz berührt. Der Anthropologe Louis Leakey glaubte an diese besondere Verbindung. Seiner Ansicht nach waren ungebundene Frauen ohne jegliche wissenschaftliche Vorkenntnisse am geeignetsten und unvoreingenommen genug, um das Verhalten von Menschenaffen zu studieren. Er schätzte die besondere Beobachtungsgabe von Frauen, die zudem meist bereit waren für wenig Geld hart zu arbeiten.
So wurde Leakey Mentor der heute wohl bekanntesten Primatenforscherinnen. Für Jane Goodall, Dian Fossey und Biruté Galdikas eröffnete er in den 1960er ein neues und entbehrungsreiches Leben in den Regenwäldern Tansanias, Ruandas und Indonesiens.
Mutter Theresa der Schimpansen
1960 begann die damals 23-jährige Sekretärin Jane Goodall ihre Forschungsarbeit mit Schimpansen im heutigen Gombe Nationalpark in Tansania, die sie später weltweit berühmt machen sollte. Doch von Goodalls Studien waren ihre Professoren in Cambridge zunächst absolut entsetzt. Die junge Engländerin gab jedem Schimpansen einen menschlichen Namen. Außerdem sprach sie von deren Verstand, Gefühlen und unterschiedlichen Persönlichkeiten, was in der damaligen Zeit als höchst unwissenschaftlich verpönt war.
Doch ihre Methode der „teilnehmenden Beobachtung“ erbrachte neue und überraschende Ergebnisse: Glaubte die Forscherin zunächst, im Sozialleben der Schimpansen den „besseren Menschen“ entdeckt zu haben, lernte sie Mitte der 1970er Jahre auch die Aggressivität und Gewalt der Primaten kennen, die durchaus auch gegeneinander Kriege führten. Ihre Forschungen trugen dazu bei, das Bild vom Sozialverhalten unserer „haarigen Verwandten“ – und damit vielleicht auch unserer Vorfahren – entscheidend zu verändern.
Nach fast 30 Jahren in Afrika zog sich Goodall 1987 aus der Feldforschung zurück. Seitdem reist sie als „weiblicher Tarzan“ und engagierte „Botschafterin der Schimpansen“ durch die Welt, um gegen den illegalen Tierhandel zu kämpfen und den Missbrauch von Menschenaffen in Labors und Vergnügungsshows zu stoppen.
Gorillas im Nebel
Sie widmete ihr Leben den Berggorillas, doch Berühmtheit erlangte die als Märtyrerin verschriene Verhaltensforscherin erst durch ihren Tod. Am 26.12.1985 wurde Dian Fossey in ihrer Hütte im ruandischen Karisoke ermordet aufgefunden. Der Mordfall wurde bis heute nie richtig aufgeklärt. Fast 20 Jahre lang studierte Fossey die Berggorillas an den Hängen der Virunga Vulkane. 1967 gründete die Amerikanerin das Karisoke Research Centre in Ruanda, einem Land, das von politischen Unruhen und wirtschaftlichen Problemen zerrüttet war.
Tausende Stunden verbrachte Fossey bei Wind und Regen alleine im dichten Regenwald in der Nähe der Berggorillas, um die Wildtiere an menschliche Gegenwart zu gewöhnen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Ihre Geduld und all ihre Entbehrungen wurden belohnt, als etwas Unglaubliches geschah. Der Gorillamann, den sie auf den Namen Peanuts getauft hatte, berührte ihre Hand. Der erste freundschaftliche Kontakt zwischen Gorilla und Mensch seit King-Kongs Zeiten.
Während sie mit den Berggorillas einen behutsamen, ja fast schon zärtlichen Kontakt pflegte, war ihr Kampf gegen die illegale Jagd der schwarzen Urwaldriesen gnadenlos. Als einheimische Wilderer ein junges Gorilla-Männchen namens Digit töteten, reagierte sie mit einer öffentlichen Kampagne gegen die Wilderei. Fossey gründete die Stiftung Digit Found, der nach ihrem Tod 1992 zur Dian Fossey Foundation umbenannt wurde, und widmete den Rest ihres Lebens dem Schutz der Gorillas. Das Leben und die Arbeit von Dian Fossey wurde nach ihrer Autobiographie „Gorillas in Nebel“ 1988 verfilmt.
Jahrzehnte im Dschungel
Es war ein hürdenreicher Weg bis die Kanadierin Biruté Galdikas 1971 das „Camp Leakey“ im Tanjung Puting Reserve auf der indonesischen Insel Borneo errichtete. Seit nunmehr über 30 Jahren studiert sie dort das Verhalten der rotbraunen Urwaldzottel, der Orang-Utans. Oft stapft die studierte Zoologin deutscher Abstammung mit einem kleinen Orang-Utan Baby auf dem Arm durch den dichten Dschungel. Denn die Aufzucht und Auswilderung von Orang-Waisenkindern ist Teil ihrer Arbeit, um das Überleben der zottigen „Waldmenschen“ zu sichern.
Nach heutigen Erkenntnissen besitzt der Orang-Utan zu 97,5 Prozent das gleiche Erbgut wie der Mensch. Durch die Jagd nach Orang-Utan-Fleisch, den lukrativen Verkauf der Jungtiere an Zoos und Privatunternehmen und die Abholzung des Regenwaldes befürchtet Galdikas jedoch, dass es in zehn bis zwanzig Jahren überhaupt keine Wildpopulation von Orang-Utans mehr geben wird. Sie findet, dass der Mensch auch ein Teil von sich selbst verlieren würde, wenn seine gelassenen Verwandten aus dem Urwald für immer verloren gingen.
Stand: 27.06.2003