Ein kurzer Piks, ein Tropfen Blut. Der Arzt schiebt den Glasträger mit dem roten Lebenssaft in eine schuhkartongroße Apparatur neben seinem Schreibtisch. Er lächelt entspannt. Kurzer Small-Talk zwischen Patient und Arzt. „Ping“. Ein heller Signalton lenkt den Blick des Arztes auf sein PC-Display. In einem Bildschirm-Fenster erscheint das Ergebnis der Analyse. Die Diagnose: Ein bakterieller Infekt – nicht untypisch für die kalte Jahreszeit. Der Arzt verschreibt ein leichtes Antibiotikum und rät zu einwöchiger Bettruhe. Einige Minuten nach Betreten des Raumes kann der entkräftete Patient schon wieder den Heimweg antreten. Gute Besserung!
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Geht es nach Prof Professor Haring Bolívar vom Institut für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik (HQE) der Universität Siegen, könnte die Vision schon bald Wirklichkeit in deutschen Arztpraxen werden. Unter internationaler Beteiligung arbeitet der Elektrotechniker derzeit an der Entwicklung eines DNS-Scanners. Krankheits-Diagnosen könnten damit eine nie gekannte Präzision erreichen. Das Ergebnis läge binnen kurzer Zeit vor.
Virennachweis per DNS
Basis der Präzisions-Diagnostik ist die Entwicklung von schnellen und leistungsfähigen Verfahren zur Analyse von Erbmaterial. Sind die Gensequenzen grundsätzlich erst einmal entschlüsselt, kann jeder Organismus über seine DNS eindeutig identifiziert werden; Viren jeder Couleur können über ihren genetischen „Fingerabdruck“ ebenso zweifelsfrei nachgewiesen werden wie Bakterien.
Wie ein Virenprogramm den PC nach Würmern und Trojanern, so durchleuchtet der DNS-Scanner den menschlichen Körper nach allen Arten von Krankheitserregern. Ein Blutstropfen genügt. Hier wie dort können allerdings Probleme auftreten, sobald sich der Erreger verändert. Sei es durch Manipulation in der Computerwelt oder durch Mutation in der Körperwelt. Denn eindeutig gefunden werden kann nur, was schon bekannt ist.
Früherkenung von Krebs und individuellem Krebsrisiko
So nützlich der DNS-Scanner auch für die Optimierung von Krankheitsdiagnose sein mag, seinen eigentlichen Einsatzbereich sieht Haring Bolívar in einem anderen Gebiet: „Wir stellen uns vor, dass der Scanner zukünftig als wirkungsvolle Waffe im Kampf gegen erblich bedingte Krankheiten oder Krebs eingesetzt wird“, erklärt Haring Bolívar auf die Frage nach den bevorzugten Anwendungsbereichen. Denn nicht nur Mikroorganismen können per DNS-Analyse bestimmt werden; auch das menschliche Erbgut kann auf Fehler hin untersucht werden. So erkennt der DNS-Scanner diejenigen DNS-Abschnitte im menschlichen Genpool, die für die Codierung von Erbkrankheiten oder Krebsanfälligkeit verantwortlich zeichnen.
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„Für jeden Patienten ließe sich mit einem DNS-Scan das individuelle Krebsrisiko bestimmen“, so der Professor. Der Gen-Scan würde Aufschluss darüber geben, welche Organe gefährdeter sind als andere bzw. wo die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Karzinoms am höchsten ist. Angesichts der möglicherweise beunruhigenden Ergebnisse drängt sich sogleich die Frage auf, was mit einem solchen Wissen gewonnen wäre. Dazu Prof. Dr. Haring Bolívar: „Durch eine geeignete Früherkennung lässt sich die krebsbedingte Sterblichkeitsrate wesentlich absenken.
Stellt der Arzt bei einem Patienten eine entsprechende erbliche Prädisposition fest, können rechtzeitig gezielte Anstrengungen zu einer wirksamen Krebsprophylaxe unternommen werden; einerseits durch eine risikobewusste Abstimmung der individuelle Lebensführung, andererseits durch entsprechend sensibilisierte, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Im Eventualfall könnte der behandelnde Arzt außerdem wesentlich eher und damit auch wirkungsvoller reagieren.“
Stand: 04.01.2008