Transistoren sind die Grundbausteine aller Chips und elektronischen Bauteile. In Radio- und Fernsehgeräten dienen sie als Verstärker, in Mikroprozessoren dagegen als winzige An-Aus-Schalter für den binären Code. Grundlage aller Transistorformen sind Halbleiter, Materialien wie Silizium, die unter normalen Bedingungen keinen Strom leiten, ab einem bestimmten Schwellenwert aber zu besonders guten Leitern werden. Zwei verschiedene Halbleiter, einer mit Elektronenüberschuss, einer mit Elektronenmangel, werden jeweils für einen Transistor gebraucht.
Im Zuge der fortschreitenden Miniaturisierung wird heute weltweit nach Nachfolgern für siliziumbasierte Halbleiter gesucht, die eine noch weiter gehende Verkleinerung erlauben. Ein heißer Kandidat dafür sind Kohlenstoffnanoröhrchen.
Vielseitig wie ein Chamäleon
In ihrer einfachsten Form sind die Nanotubes einwandige, hohle Röhren aus Kohlenstoff, die bis 50 Nanometer Durchmesser, aber bis zu mehreren Millimetern Länge erreichen können. Ihre Wände bestehen aus sechseckigen Kohlenstoffringen, die ähnlich wie im Graphit miteinander verbunden sind und deren Muster einem Maschendrahtzaun ähnelt. Die Art, wie diese Kohlenstoffschicht zur Röhre gerollt ist – mit schräg verlaufendem Sechseckmuster oder gerade – bestimmt die Eigenschaften des Nanoröhrchens, ob es beispielsweise metallisch oder halbleitend ist. Letztere Eigenschaft rückt die Miniröhren seit einigen Jahren in den Focus der Wissenschaftler aber auch der Computerhersteller. Inzwischen sind verschiedene Ansätze entwickelt worden, ob und wie die Nanoröhrchen bestehende Silizium-Architekturen ablösen könnten.
Ergänzen oder komplett ersetzen?
Denn genau an diesem Punkt scheiden sich zurzeit noch die Geister: „Die Frage ist, ob wir ein neues Konzept brauchen, um eine komplett andere Elektronik zu bauen oder ob wir die Vorteile der weit entwickelten Siliziumtechnologie nutzen können, indem wir einfach die bisherigen Materialien durch Nanotubes ersetzen“, erklärt IBM-Forscher Zhihong Chen Mitte 2006 im Magazin Semiconductor International. Seiner Firma war es im März 2006 gelungen, den ersten Schaltkreis zu entwickeln, der rund um ein einzelnes Nanoröhrchen errichtet ist.
Integriert in eine konventionelle Halbleiterarchitektur dient das Kohlenstoffröhrchen dabei als verbindender Kanal zwischen mit Palladium und Aluminium-versetzten Silizium-Komponenten. Dieser neue Schaltkreis leitet Strom zwar noch nicht so schnell wie heutige Silizium-Chips, aber immerhin gut eine Million Mal schneller als die bisher getesteten Schaltkreise aus mehreren Nanoröhrchen. „Dieser Durchbruch repräsentiert den ersten Schritt um zu demonstrieren, dass man Nanotubes auch in konventionelle Schaltkreisarchitekturen einbauen kann“, konstatiert Chen.
Der All-Carbon-Transistor
Während IBM zunächst bei der konventionellen Chip-Architektur bleibt, gehen Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart noch einen Schritt weiter: Sie haben bereits einen All-Carbon-Transistor entwickelt, bei dem nicht nur der leitende Kanal aus einem Nanoröhrchen besteht, sondern auch die so genannte Gate-Elektrode. Dieses Transistorbauteil liegt dem Kanal auf und bestimmt zusammen mit dem Gate-Dielektrikum, der dünnen Isolierschicht zwischen beiden Teilen, die Leitungseigenschaften des Transistors. Der neue All-Carbon-Transistor hat damit nicht nur das weltweit kleinste Gate, sondern auch eines, das nur aus einem einzigen Molekül besteht.
Stand: 26.01.2007