Regionen

Lava statt Asche

Surtsey erhält einen schützenden Panzer

Am 4. April 1964 geschieht etwas, das für das Überleben der Insel Surtsey von fundamentaler Bedeutung ist. Der Geologe Sigurdur Thorarinsson vom Science Institute der University of Island, einer der Pioniere der Surtsey-Forschung, gehört zu den ersten Wissenschaftlern, die auf das Phänomen aufmerksam werden. Auf einem seiner vielen Rundflüge über die Insel bemerkt er eine entscheidende Änderung im Eruptionsverhalten des Vulkans.

Lavastrom © Sólarfilma / Surtsey Research Society

Aus einem der beiden Hauptkrater im Nordwesten der Insel, dem jungen Surtur, werden keine Aschewolken mehr in die Höhe geschleudert. Stattdessen hat sich dort ein See aus kochender Lava gebildet, aus dem heiße Ströme die südlich und östlich gelegenen Flanken des Feuerbergs hinabfließen. Zum Teil erreichen diese – manche von ihnen unterirdisch – sogar das Meer. Wenn die Lava mit dem kalten Wasser in Kontakt kommt, steigen gewaltige Wolken aus weißem Dampf auf.

Im Laufe der nächsten Monate gehen diese Ausbrüche ziemlich kontinuierlich weiter. Das aufgrund seiner charakteristischen Form als Pahoehoe- oder Stricklava bezeichnete erkaltete vulkanische Material überzieht die Tephrabasis im Laufe der Zeit mit einer zum Teil bis zu 100 Meter dicken Schicht. Die Lavaströme sorgen aber auch dafür, dass die Insel immer weiter ins Meer hineinwächst.

Ein „Zuckerguss“ aus Lava

Ähnliche Eruptionen entdecken die Wissenschaftler ab August 1966 auch an verschiedenen Kratern im Osten Surtseys, wie dem alten Sutur. Auch hier bedeckt schließlich ein „Zuckerguss“ aus Lava bald größere Bezirke von Tephra.

Lavafeld. © Sigmar Metúsalemsson / Surtsey Research Society

Diese harte Schale schützt seitdem weite Teile der Insel vor der Kraft der Wellen, des Windes und des Regens und sichert so ein dauerhaftes Überleben Surtseys – sehr zur Freude der Wissenschaftler.

Der Rhythmuswechsel von explosiven Eruptionen hin zu kontinuierlichen Lavaergüssen ist nur möglich, wenn das Meerwasser vom aufsteigenden glutflüssigen Magma ferngehalten wird. Auf Surtsey sorgt nach den ersten Ergebnissen der Wissenschaftler vor allem ein Ring aus Tuffstein rund um die Krater für das erfolgreiche Abdichten.

Als der Surtsey-Vulkan im Juni 1967 seine Ausbrüche endgültig einstellt, ist eine imposante Insel entstanden. Sie hat einen Durchmesser von 1,5 Kilometern und eine Fläche von rund 2,7 Quadratkilometern Größe. In seiner rund dreieinhalb Jahren Tätigkeit hat der Feuerberg insgesamt rund 1,1 Kubikkilometer an vulkanischen Produkten an die Erdoberfläche geschleust – 60 bis 70 Prozent davon Tephra, der Rest Lava.

Ursprung in 125 Metern Tiefe

Ähnlich wie bei einem Eisberg macht der sichtbare Teil des Feuerbergs nur einen Bruchteil der Gesamtfläche aus. Er ist die Spitze eines unterseeischen Rückens, der über eine Länge von sechs Kilometern nach Nordosten zieht.

Dieser hat seine Basis in 125 Metern Wassertiefe und bedeckt insgesamt 14 Quadratkilometer Meeresboden, so der Geowissenschaftler Thorvaldur Thordarson von der Australian Commonwealth Scientific and Research Organization (CSIRO) in einer Studie aus dem Jahr 2000. Zum Vergleich: Der Surtsey-Vulkan ist damit genauso groß wie Downtown Los Angeles. Um solch ein mächtiges Vulkangebäude zu erschaffen, müssen die Eruptionen, die schließlich zum Auftauchen von Surtsey führten, viel früher als am 14. November 1963 begonnen haben.

Vulkanismus gebiert „Drillinge“

Syrtlingur nahe Surtsey © Sigurður Þórarinsson / Surtsey Research Society

Surtsey ist aber Mitte der 1960er Jahre längst nicht das einzige neue Land, das auf 63 Grad nördlicher Breite, 20 Grad westlicher Länge entsteht. 0,6 Kilometer nördlich und knapp einen Kilometer südwestlich der Insel sorgen untermeerische Vulkanausbrüche dafür, dass zwei weitere schwarze Hügel geboren werden: Jolnir und Syrtlingur.

Aus den „Drillingen“ wird aber schon bald wieder ein „Einzelkind“. Denn Syrtlingur und Jolnir werden nach dem Abflauen der explosiven Eruptionen schnell wieder abgetragen und verschwinden schon wenige Monate später für immer unter der Wasseroberfläche. Surtsey selbst jedoch hat sich da bereits zu einem El Dorado für Wissenschaftler aus aller Welt entwickelt.

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Stand: 19.01.2007

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Surtsey
Vom Feuerberg zum Lebensraum

Geboren durch Feuer
Wie Surtsey entstand…

Existenz an seidenem Faden
Eine Insel „kämpft“ ums Überleben

Lava statt Asche
Surtsey erhält einen schützenden Panzer

Lava als Lebensraum
Die Natur erobert Surtsey

Pioniere voran…
Leben wie aus dem Nichts

Vögel als Transportvehikel
Wie die Pflanzen übers Meer kamen

Vögel, Fliegen und noch viel mehr
Eine bunte Vielfalt an Tieren bevölkert Surtsey

Und sie schrumpft doch…
Surtseys düstere Zukunft

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