Der Mond ist vor etwa 4,5 Milliarden Jahren im jungen Sonnensystem entstanden. Ein etwa marsgroßer Brocken ist, nach den gängigen Theorien, auf der jungen und noch nicht ganz verfestigten Erde eingeschlagen und hat etwa die doppelte Mondmasse abgesprengt. Dieses Material versammelte sich in einer Scheibe um die Erde, ein Teil verdichtete sich zum Mond, der Rest verflüchtigte sich.
Schon bald danach begann der neue Trabant, die Erde zu beeinflussen: Der junge Mond war wesentlich näher an der Erde als er es heute ist. Die Gezeitenkräfte, die auf unseren Planeten wirkten, waren damals entsprechend stärker. Und genau hier glauben Wissenschaftler, einen Puzzlestein in der Entstehung des Lebens gefunden zu haben. Auf der Erde begannen sich vor etwa vier Milliarden Jahren die Ozeane zu bilden, in ihnen schwammen die ersten Lebensmoleküle herum: Kohlenwasserstoffe, die noch keine größeren Strukturen gebildet hatten.
Diese Bausteine sind Grundbestandteile eines jeden Lebewesens. Um jedoch Strukturen bilden zu können, müssen sie sich zu langen Ketten zusammenschließen. Jedesmal, wenn einer solchen Kette ein Glied hinzugefügt wird, spaltet sich ein Wassermolekül ab. Diese Reaktion, eine Polymerisation, funktioniert dann gut, wenn viele organische Bausteine in sehr wenig Wasser gelöst sind – in einer austrocknenden Pfütze etwa. Sind zu viele Wassermoleküle in der Umgebung, so können sich kaum Ketten bilden, im Gegenteil, schon bestehende werden aufgelöst.
Mond beeinflusst Gezeiten
Genau das passierte auch in den großen Ozeanen der frühen Erde, in denen massenhaft Wassermoleküle und relativ wenige organische Moleküle schwammen. Seen konnten sich nur dann bilden, wenn der Wind Wasser an die Küsten peitschte, das in kleinen Becken zurückblieb – oder durch die Gezeiten des Mondes, die regelmäßiger und wesentlich wirkungsvoller waren. Alle paar Stunden einmal – ein Erdentag dauerte damals nicht einmal halb so lange wie heute – hob der Erdtrabant die Meeresoberfläche und überschwemmte die Küstengebiete. Danach zog sich der Ozean wieder zurück.
Kleine Seen und Pfützen blieben und verdampften rasch auf der oft noch heißen Oberfläche. Das war nun die richtige Umgebung für die Polymerisation von organischen Molekülen. Bei der nächsten Flut wurden die Ketten dann durcheinandergewirbelt und vermischt, viele lösten sich auch einfach wieder auf. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren, also etwa eine halbe Milliarde Jahre nach der Entstehung des Mondes, waren aus diesen langkettigen organischen Molekülen bereits die ersten lebendigen Wesen geworden: In der ersten Zelle hatte sich die DNS, die Desoxyribonucleinsäure, Trägerin der Erbsubstanz, mit allen Helfermolekülen des Lebens durch eine Hülle vor Umwelteinflüssen geschützt und begann, sich zu vermehren.
Schon bei der Entstehung des Lebens dürfte der Mond mit seinen Gezeiten eine bedeutende Rolle gespielt haben. Heute sind auf der Erde die ökologischen Nischen besetzt, neues Leben entsteht nicht mehr. Seine Macht über die Wassermassen unseres Planeten hat der Mond jedoch nicht verloren.
Stand: 01.12.2006