Um die Ereignisse, die sich in den Löss-Paläoboden-Sequenzen abzeichnen, auch zeitlich einzuordnen, ist es nötig die Sedimente zu datieren. Wie bei allen anderen Klimaarchiven, zum Beispiel Eisbohrkernen, Bohrkernen aus marinen oder See-Sedimenten, steht den Paläo-Forschern mittlerweile ein ganzes Arsenal an Datierungsmethoden zur Verfügung.
Kleines Korn, großes Korn
Eine klassischer Weg, etwas über die Entstehungsgeschichte von Sedimenten zu erfahren und sie relativ zu datieren, ist die Korngrößenanalyse. Dabei wird untersucht, wie viele Anteile einer Probe aus Ton, Silt oder Sand bestehen. Sind in einem Löss beispielsweise sehr viele große Körner enthalten, weist das darauf hin, dass sich der Staub unter sehr kalten Klimaverhältnissen mit starkem Wind abgelagert haben. Denn nur kräftige, lang andauernde Winde können große, verhältnismäßig schwere Partikel über weite Strecken transportieren. Demgegenüber heißt es bei sehr feinem Löss, dass er ist in ruhigem Klima, also eher in einer Warmzeit entstanden ist. Manchmal wird auch der Mineraliengehalt bestimmt, um festzustellen, zu wie viel Prozent das Sediment aus Quarz, Feldspäten, Glimmern oder anderen Mineralien besteht. Spezielle Zusammensetzungen können über die Herkunft Auskunft geben.
Strahlender Löss
Eine der jüngeren Datierungsmethoden ist die Lumineszenz-Datierung. Sie ermöglicht Aussagen über den genauen Zeitpunkt, wann ein Quarz- oder Feldspat-Korn zum letzten Mal dem Sonnenlicht ausgesetzt war. Lumineszenz bedeutet, dass Quarz- und Feldspatminerale lichtempfindliche Strahlenschäden in ihrem Kristallgitter aufweisen. Dort speichern sie absorbierte Energie ionisierender Strahlung als ein Signal, das später bei Stimulation durch Wärme oder Photonen in Form von Licht abgeben wird. Während des Transports unter Lichteinwirkung „heilt“ die Energie des Tageslichts solche Schäden aus. Dadurch wird das Lumineszenz-Signal auf „Null“ gestellt. Sobald das Sediment abgelagert und überdeckt wird, dringt kein Licht mehr in die Minerale ein und das Signal verstärkt sich wieder.
Falscher Nordpol
Auch der Erdmagnetismus hält ein Mittel bereit, Lösse zu datieren. Das Magnetfeld der Erde verändert sich kontinuierlich bis hin zur Umpolung, meist im Laufe von vielen Tausend Jahren. Magnetische Mineralien wie Magnetit richten sich nach dem jeweils aktuellen Magnetfeld aus. Werden sie als Sedimente irgendwo abgelagert und verfestigt, bleibt mit den Mineralien auch der Magnetpol des Zeitpunkts gespeichert, an dem die Partikel in „Bewegungslosigkeit“ erstarrt sind. Über Referenz-Zeitmarken, von denen die Abweichung vom heutigen Magnetfeld bekannt ist, kann das Alter des Lösses ermittelt werden.
Radioaktives Kohlenstoff-Isotop
Sind im Löss organische Substanzen wie Pflanzenreste oder Schneckenschalen eingeschlossen, lassen sich diese mit der C14-Methode datieren. Das Isotop Kohlenstoff-14 ist eine instabile radioaktive Version des „normalen“ Kohlenstoffatoms mit der Massenzahl 14 statt 12. Es entsteht permanent in der Atmosphäre durch den Zusammenstoß kosmischer Teilchen mit Stickstoffatomen. Wie gewöhnlicher Kohlenstoff oxidiert auch C14 zu Kohlendioxid und wird von lebenden Organismen aufgenommen. Es besteht ein ständiger Nachschub an C14, so dass ein Mensch beispielsweise mit einer konstanten Rate von 16.000 C14-Zerfällen pro Sekunde strahlt. Mit dem Tod stoppt die Aufnahme von Kohlenstoff. Das radioaktive C14-Isotop beginnt zu zerfallen.
Geht man von einem festen Prozentsatz an C14 in lebendem organischen Material aus, lässt sich durch die bekannte Halbwertzeit und den in toten Organismen gemessenen restlichen C14-Anteil der Todeszeitpunkt bestimmen. Wird heute ein Knochen gefunden, dessen C14-Anteil genau halb so groß ist, wie der eines lebenden Organismus, muss das Tier oder der Mensch um 3.730 vor Christus gestorben sein. Aufgrund der Halbwertzeit und der kleinsten noch messbaren C14-Konzentration ist eine Altersbestimmung auf diese Art und Weise nur möglich, wenn das Material nicht älter als 50.000 Jahre ist.
Die Spur der Schnecken
Relativ häufig sind im Löss große Mengen an Schneckenhäusern zu finden. Sie bieten eine weitere Möglichkeit der absoluten Datierung über die so genannte Racemisierung von Aminosäuren in den Schalen. Lebende Organismen verwenden Aminosäuren nur in linksdrehenden, so genannten L-Konfigurationen. Nach dem Tod wandeln sich diese in rechtsdrehende D-Konfigurationen um. Das Verhältnis von rechts- und linksdrehenden Aminosäuren gibt somit Auskunft darüber, wie lange der Tod zurückliegt. Ein Gleichgewichtszustand wird bei den für die Schnecken typischen Aminosäuren nach etwa 750.000 Jahren erreicht. Das heißt, ältere Datierungen sind damit nicht mehr möglich.
Stand: 29.09.2006