Wie aber konstruiert man eine Welt aus lauter Quanten? Hier hilft uns eine Analogie zur klassischen Physik: In der Maxwell-Theorie der elektromagnetischen Felder sind die interessanten Größen elektrische und magnetische Flüsse. So lässt sich etwa der magnetische Fluss als Integral über eine Fläche darstellen oder als Linienintegral über den Rand dieser Fläche. Auf diese Weise entsteht die Vorstellung von Schleifen – es handelt sich um die Ränder der Flussflächen. Diese Größen sind interessant, weil sie invariant (also unveränderlich) gegenüber Verschiebungen aller Art sind.
In der Maxwell-Theorie etwa hat man die Möglichkeit, das Potenzial neu zu eichen, also den Nullpunkt zu verschieben, und man sieht physikalisch trotzdem keine Veränderung. Die Schleifen sind invariant gegenüber solchen Umeichungen. Da auch die Theoretiker der Quantengravitation mit Schleifenintegralen hantieren, hat sich seit Mitte der 1980er-Jahre der Name Loops für die Objekte dieser Theorie eingebürgert.
Raumzeit dynamisch
In einer Vielzahl komplizierter mathematischer Operationen lässt sich nun aus diesen Loops eine dynamische Raumzeit konstruieren. Dazu kombiniert man sie in Form von räumlichen Gebilden zu Graphen oder – mathematisch gesprochen – zu Funktionen. Jede Schleife hat immer Verbindungen zu all ihren Nachbarn; so entsteht, vereinfacht gesprochen, eine Art Kristall aus unendlich vielen dieser Graphen. Dieser Kristall ist aber nicht starr, sondern wabert, weil sich seine kleinsten Einheiten wie die meisten Objekte der Quantenwelt ständig verändern. Der Raum besitzt nun also nicht mehr die glatte Euklidische Geometrie, die in unserer Erfahrung die sichtbare Welt beschreibt, er besteht vielmehr aus einem Gebrodel winziger Schleifen.
Ähnlich wie in einem Atom die Elektronen ewig ruhelos um den Kern kreisen, tanzt und wallt hier die Geometrie des Raums. Besondere Bedeutung kommt dabei den Kanten zwischen den Kristallflächen zu, die ebenso wie die Flächen selbst mithilfe von Quantenzahlen gekennzeichnet sind. Da die Loops untereinander zusammenhängen, ist alles massiv rückgekoppelt – nicht linear.
Die Theoretiker verwenden bei ihren Überlegungen jedoch nur mathematisches Handwerkszeug, das ihnen schon vertraut ist. Sie reizen die Mathematik nur mit letzter Konsequenz aus. Alles, was sich die Quantenfeldtheoretiker im vergangenen Jahrhundert ausgedacht haben, verwenden sie auch. Selbst wenn sie manches neu zusammensetzen, benutzen sie lediglich neue Spielarten bekannter Konstruktionen.
Gravitation erzeugt Raum
Die Gravitation erzeugt also den Raum, in dem alles passiert. Natürlich wollen die Theoretiker nun auch noch die Materie ins Spiel bringen. Aber da die Looptheorie ihre eigene Raumzeit aufbaut, kann man die Teilchenbegriffe der Quantenmechanik, die auf einer starren Raumzeit basieren, hier nicht anwenden. Der Teilchenbegriff aus den anderen Theorien kann aber dennoch aufsetzen auf der Looptheorie, denn man kann eine ähnliche Sprache für die Materie entwickeln und sie sozusagen draufpacken auf das, was bisher gesagt wurde. Daraus entwickeln sich dann gleichzeitig die Kräfte. Die Photonen werden durch Schleifen beschrieben, Quarks oder Elektronen hingegen sitzen jeweils an den bestimmten Punkten dieser Gebilde.
Stand: 16.06.2006