Er wollte den westlichen Seeweg nach Indien und China entdecken, mit Gewürzen und Gold die spanischen Staatskassen und seine eigene Geldbörse füllen, als erster Mensch die Welt umsegeln. Nichts davon hat Christoph Kolumbus tatsächlich geschafft. Ja sogar für den Tod vieler Indios war er verantwortlich. Und auch die Ehre, dass der von ihm (wieder)entdeckte Kontinent Amerika seinen Namen trägt, blieb ihm versagt.
Dennoch gilt er als der Entdecker schlechthin, sind Mythos und Kult um Kolumbus ungebrochen, dies haben beispielsweise die Feierlichkeiten im Jahr 1992 zum 500. Jahrestag seiner Amerikareise und Kinofilme wie „1492 – Die Vertreibung aus dem Paradies“ mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle gezeigt.
Überall auf der Welt sind zudem Orte, Straßen, Universitäten, Schulen oder Brücken benannt. So heißen beispielsweise die Hauptstädte der U.S.-Bundesstaaten Ohio und South Carolina nach dem berühmten Entdecker. Zudem gibt es im Ostküstenstaat Washington ein Columbia-Becken nahe der Kaskaden-Bergkette. Und in Südamerika trägt mit Kolumbien sogar ein ganzes Land seinen Namen.
Wiederzufinden ist dieser Kult um den angeblichen Entdecker der Neuen Welt auch in Kunst und Literatur. Dichter und Denker, aber auch Musiker und Maler oder das einfache Volk würdigten die Leistungen des – unbestrittenen – Visionärs, großen Seefahrers und Entdeckers in zahlreichen Liedern, Gedichten, Bildern und Erzählungen.
Ein Mann der sich Kolumbus nannt
Volks- und Kinderlied (Auszug)
Ein Mann der sich Kolumbus nannt,
War in der Schiffahrt wohlbekannt.
Es drückten ihn die Sorgen schwer,
Er suchte neues Land im Meer…
Friedrich Schiller
Columbus (Auszug)
Steure, muthiger Segler! Es mag der Witz dich verhöhnen
Und der Schiffer am Steu’r senken die lässige Hand.
Immer, immer nach West! Dort muß sich die Küste zeigen,
Liegt sie doch deutlich undliegt schimmernd vor deinem Verstand
Friedrich Nietzsche
Der neue Columbus (Auszug)
Freundin! – sprach Columbus – traue
Keinem Genueser mehr!
Immer starrt er in das Blaue –
Fernstes lockt ihn allzu sehr.
Doch woher kommt diese ungeheure Popularität für Jemanden, der fast alle seine Ziele verfehlt hat? Mit den Reisen von Kolumbus sprengte Europa endgültig seine eigenen Grenzen und machte sich auf den Weg, die Welt zu entdecken und zu erobern. Afrika, Indien, China, Australien wurden von neuen Entdeckern und Seefahrern wie Vasco da Gama, Fernando Magellan, Francis Drake oder später James Cook angesteuert und erkundet.
Und auch die Neue Welt, Amerika, hatte Kolumbus mit seinen Reisen endgültig in das Blickfeld der Menschen in Europa gerückt. Es begann ein wahrer Wettlauf auf die Gebiete jenseits des großen Teiches, der Spanien, aber auch Portugal im Laufe der Zeit nicht nur immer neue Kolonien, sondern auch das ersehnte Gold brachte.
„Das Echo der Tat eines Kolumbus hallte jahrhundertelang wider, während das kollektive Bewußtsein sich innerhalb von Wochen an die Eroberung des Mondes wie an etwas beinahe Banales gewöhnte.“, so beschreibt Stanislaw Lem in seinem Buch "Die vollkommene Leere" die Bedeutung von Kolumbus und seinen Reisen.
Stand: 19.05.2006