34° 50′ südlicher Breite und 20° 0′ östlicher Länge: Unsere Expedition durch Südafrika beginnt am südlichsten Punkt des Landes und zugleich des gesamten afrikanischen Kontinents. Dabei handelt es sich nicht etwa um das Kap der Guten Hoffnung wie viele glauben, sondern um das Kap Agulhas.
Der erste Europäer, der die Südspitze Afrikas entdeckte, war der portugiesische Seefahrer Bartolomeu Diaz. Im Jahr 1487 war er mit einer aus drei Schiffen bestehenden Flotte aus seiner Heimat aufgebrochen, um den Seeweg von Europa nach Indien zu finden und damit den Schlüssel zum äußerst lukrativen Gewürzhandel. Das gelang Diaz zwar nicht, er drang aber immerhin bis zur Mündung des Großen Fischflusses vor und hatte damit endlich die seit Jahrzehnten gesuchte Route südlich um Afrika herum entdeckt.
Ein „meeting-point“ für Ozeane
Auf der Rückfahrt in Küstennähe stieß Diaz dann schließlich 1488 auch auf das Kap Agulhas. Er soll es mit dem Astrolabium, einem damals in Europa relativ neuen astronomischen Instrument sogar bereits vermessen haben.
Schon Diaz haben die riesigen Wellen, die am Kap Agulhas regelmäßig auftreten, arg zu schaffen gemacht – genau wie die zahlreichen Riffe und scharfkantigen Felsen, die vor der Küste unter der Wasseroberfläche lauern. So manchen Kapitän nach Diaz stellten diese Hindernisse und die raue See sogar vor unlösbare Probleme. Angeblich sollen hier mindestens 250 Schiffe auf dem Meeresgrund liegen. Grund für den enormen Wellengang ist, dass in der Region zwei Weltmeere und verschiedene Meeresströmungen aufeinander prallen. Kap Agulhas gilt dabei sogar als offizieller geographischer Treffpunkt von Atlantischem und Indischem Ozean.
Wenn ein König guter Hoffnung ist…
Vom Kap Agulhas aus geht die Reise durch das Land der Fußball-WM 2010 weiter Richtung Norden und vor allem einige hundert Kilometer nach Westen. Dort wartet ein noch viel berühmteres Kap auf uns: das Kap der Guten Hoffnung. Als erster Europäer zu Gesicht bekommen hat es ebenfalls der Portugiese Bartolomeu Diaz, der auf seinem Heimweg nach Portugal auch hier vorbeikam. Diaz und seine Männer nannten das Kap wegen der gewaltigen Winde und der rauen See, die sie dort vorfanden, zunächst Kap Tormentoso – Kap der Stürme.
Erst der portugiesische König Johann II. – auch der Strenge genannt – gab ihm später wohl seinen endgültigen Namen Kap der Guten Hoffnung. Der Legende nach, weil er durch die seemännische Meisterleistung von Diaz „guter Hoffnung“ war, einen Meilenstein auf dem Seeweg nach Indien hinter sich gebracht zu haben. Ob das stimmt, ist aber ungewiss, da die Reise unter höchster Geheimhaltungsstufe durchgeführt wurde und kaum Berichte darüber vorliegen. Viele Wissenschaftler vermuten aber, dass Diaz selbst irgendwann den bis heute gültigen Begriff geprägt haben könnte.
Der „Fliegende Holländer“
Jahrhundertlang war das Kap der Guten Hoffnung anschließend unter Seefahrern mindestens ebenso berüchtigt wie das Kap Agulhas. Denn auch hier lauert verborgen im Meer eine Felsenlandschaft, die nur bei Ebbe wenigstens zum Teil sichtbar ist. So manches Schiff ist dort bei stürmischem Wetter auf Grund gelaufen und gesunken.
Berühmt geworden ist vor allem die Geschichte des niederländischen Kapitäns Hendrik van der Decken. Der Sage nach machte er sich im 17. Jahrhundert beim Versuch das Kap zu umrunden entweder einer Gotteslästerung schuldig oder er ging einen Pakt mit dem Teufel ein. Seitdem muss er als „Fliegender Holländer“ mit seinem Geisterschiff für alle Zeiten auf den Ozeanen der Welt herumsegeln.
Der südwestlichste Punkt Afrikas
Unumstritten ist, dass das Kap der Guten Hoffnung der südwestlichste Punkt Afrikas ist. Es liegt am Ende der so genannten Kap-Halbinsel, die rund 40 Kilometer weit in den Atlantik hineinreicht. Bei Touristen sehr beliebt ist heute der nahe gelegene Cape-Point-Felsen, von dem aus sich ein spektakulärer Blick auf das Kap der Guten Hoffnung bietet.
Dieter Lohmann
Stand: 21.05.2010