Die meisten unserer Relikte werden wohl die nächsten 100 Millionen Jahre nicht überstehen. Aber es gibt Ausnahmen. Denn wir selbst erschufen einige Umstände, die eine zukünftige Konservierung auch von Weichteilen begünstigt – das zumindest glaubt der Geologe Zalasiewicz: „Die menschliche Gesellschaft hat in letzter Zeit groß angelegte umweltchemische Experimente durchgeführt, die einige interessante, paläontologisch relevante ‚Cocktails‘ hervorgebracht haben.“
Verschmutzung hilft
So trägt die Überdüngung von Seen und Ozeanen heute dazu bei, dass sich am Grund der Gewässer immer mehr „tote Zonen“ bilden. In diesen sauerstofffreien Bereichen sterben selbst die Bodenorganismen, die sonst für eine Zersetzung der Überreste sorgen. Die Bedingungen ähneln damit denen des Burgess Shale vor hunderten von Millionen Jahren. Ob und wie sich allerdings ein Mensch in diese Todeszonen verirrt, um dann dort zu sterben, ist etwas fraglich.
Ähnlich zersetzungsfeindlich sind auch viele Arten industrieller Umweltverschmutzung beispielsweise in Form von Schwermetall- oder Kohlenwasserstoff-haltigen Lösungen, die in Gruben oder Schlammtümpeln gesammelt werden. Alles, was in diese Giftbrühe hineinfällt oder bei einer Überschwemmung mit ihr in Berührung kommt, wird vermutlich ebenfalls gut konserviert, denn auch hier haben Zersetzer keine Chance.
Vom Beton zur Kalkhülle
Zudem findet heute in großem Maßstab ein Transport von Kalk aus dem Landesinneren in die Küstengebiete statt. Hier wird dieser als Rohmaterial für Beton und andere Baustoffe benötigt. Wenn – angetrieben durch den menschengemachten Klimawandel – die Meeresspiegel steigen, werden viele dieser Ballungsräume aufgegeben und überflutet werden. Das bereits heute immer saurer werdende Meerwasser kann dann diesen Kalk wieder herauslösen. Ändern sich dann die Bedingungen und der pH-Wert des Wassers steigt wieder, fällt das gelöste Kalziumkarbonat erneut aus und bildet ein feines, besonders gut konservierendes Sediment.
Mafia als Fossilisationshelfer?
Zalasiewicz nennt noch eine weitere Möglichkeit wie menschliche Fossilien die Jahrmilionen überdauern könnten: „Was wir brauchen, um gute Bedingungen für eine Konservierung zu erhalten, ist eine zufällige, ungeplante Einbettung – wobei der Ausdruck ungeplant durchaus auch solche Ereignisse wie Kriege oder andere Formen von Mord einschließt.“
Als makabres Beispiel zitiert er die traditionelle Praxis der New Yorker Mafia, ihre Gegner und Konkurrenten in Beton einzugießen und im Hudson zu versenken. „Bei diesem Zeremoniell wird ein Abguss des menschlichen Körpers erzeugt und das in einem Material, das geologisch sehr widerstandsfähig ist“, so der Autor. Zalasiewicz zieht daraus den nicht ganz ironiefreien Schluss: „Vielleicht lohnt sich Verbrechen am Ende doch, zumindest aus der Sicht der Paläontologen der fernen Zukunft.“
In jedem Falle könnte, so das Fazit des Geologen, unser zukünftiger Erforscher mit viel Glück tatsächlich auf fossile Überreste der Menschheit stoßen. Die gezielte Fahndung danach wäre allerdings mit der vielstrapazierten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen vergleichbar.
Nadja Podbregar
Stand: 04.12.2009