Im Herbst 2006 sorgte eine Nachricht für Aufregung unter den Meeresbiologen der Ostsee: Taucher hatten die westatlantische Rippenqualle Mnemiopsis leidyi in der Nord- und Ostsee entdeckt. Fast zeitgleich wurden Tiere dieser Art dann auch bei Helgoland, an der schwedischen Westküste, in der Kieler Bucht und in der Mecklenburger Bucht gesichtet. Mancherorts traten sie bereits in beträchtlichen Dichten von bis zu 100 Individuen pro Kubikmeter auf.
Rippenquallen sind entgegen ihres Namens keine echten Quallen, sind aber zumindest mit diesen verwandt. Die Nesselzellen-losen Tiere können zwar aktiv schwimmen, bewegen sich aber meistens mit der Meeresströmung fort. Wie aber war die zuvor in Nord- und Ostsee nicht heimische Mnemiopsis leidyi in unsere Gewässer gelangt? Die Erklärung war schnell gefunden: Vermutlich ist auch diese Tierart – wie so viele andere vor ihr – im Ballastwasser aus Tanks großer Frachtschiffe von Amerika nach Europa eingeschleppt worden.
Drama im Schwarzen Meer
Ein Grund für die spontane Aufmerksamkeit, die dieser Rippenquallenart nicht nur von Meeresforschern sondern auch von Interessenvertretern der Fischerei kurz nach ihrer Entdeckung
vor unserer Haustür entgegengebracht wurde, liegt in der unrühmlichen Einwanderungsgeschichte dieser Art im Schwarzen Meer. Dorthin gelangte Mnemiopsis leidyi vermutlich zu Beginn der 1980er Jahre mit Ballastwasser von Schiffen. Schon zehn Jahre später trat sie massenhaft auf – bis zu 300 Individuen pro Kubikmeter Wasser registrierten Forscher.
Der massive Anstieg der Populationsdichte der Rippenqualle im Schwarzen Meer und ihre weitere Ausbreitung in die angrenzenden Meeresgebiete hatte Folgen: Es zeigte sich eine drastische Reduktion der Zooplankton-Biomasse, Veränderungen der Artenvielfalt und ein Rückgang der ohnehin gefährdeten Sardellenbestände. Ende der 1980er Jahre kam sogar die Fischerei zum Erliegen.
Sandra Kube/Lutz Postel, Forschungsmagazin Traditio et Innovatio, Universität Rostock
Stand: 25.09.2009