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Nach ihrer Entdeckung im Herbst 2006 war noch unklar, ob Mnemiopsis leidyi den Winter in der Ostsee überleben würde und sich im kommenden Sommer reproduzieren könnte. Regelmäßige Beprobungen in der Kieler Förde, vor Warnemünde und in der westlichen und zentralen Ostsee im Winter 2006/07 bewiesen: Mnemiopsis leidyi kann in der Ostsee überwintern. In geringer Anzahl von weniger als einem Individuum pro Kubikmeter, zurückgezogen in die tieferen Wasserschichten, wo Temperatur und Salzgehalt nicht die starken jahreszeitlichen Schwankungen des Flachwassers aufweisen, kann sie überleben. Dabei helfen ihr ihre Fähigkeit, geringe Sauerstoffkonzentrationen zu tolerieren und über längere Zeit mit geringen Nahrungsmengen auszukommen.
Im Sommer 2007 war Mnemiopsis leidyi dann allgegenwärtig an den Stränden der gesamten deutschen Ostseeküste anzutreffen. Strandbesucher konnten abends die faszinierende Fähigkeit der Biolumineszenz dieser Tiere beobachten. Die Dichte der Tiere stieg in der südwestlichen Ostsee im Spätsommer drastisch an. In der Kieler Förde und vor Warnemünde registrierten Meeresforscher Zahlen von mehr als 100 Individuen pro Kubikmeter.
Bis zu 80 Prozent der Tiere waren in Jugendstadien, was auf die Reproduktion dieser Art in der Ostsee schließen lässt. Gleichzeitig wurde Mnemiopsis, nunmehr ein Jahr nach ihrem ersten Nachweis in der südwestlichen Ostsee, auch in der nördlichen Ostsee beobachtet. Im Bottnischen Meerbusen und im Golf von Finnland trat sie in Individuendichten von bis zu zehn Tieren pro Kubikmeter auf, wobei auch hier ein großer Anteil von Jugendstadien in der Population nachgewiesen wurde. Weitere Beobachtungen belegten, dass die Rippenqualle auch den Winter 2007/08 in der gesamten Ostsee überstand.
Die bisherigen Befunde lassen darauf schließen, dass Mnemiopsis leidyi sich endgültig als fünfte Rippenquallenart in der Ostsee etabliert hat. Während die anderen vier Arten keine bedeutende Rolle im pelagischen Ökosystem der Ostsee spielen, ist die Bedeutung der „neuen“ Rippenqualle in diesem neu besiedelten Habitat noch unklar.
Sandra Kube/Lutz Postel, Forschungsmagazin Traditio et Innovatio, Universität Rostock
Stand: 25.09.2009