Energie

Ein Sonnenturm als Lichtfänger

Pilotvorhaben in Jülich als Prototyp für Solarstrom aus der Wüste

Als noch effizienter als die Parabolrinnen-Kraftwerke könnten sich in Zukunft Solartürme erweisen. Die Anlage im westdeutschen Jülich ist 60 Meter hoch und bedeckt eine Fläche von zehn Fußballfeldern. Eingeweiht und an die Stadtwerke Jülich übergeben wurde das Pilotvorhaben am 20. August 2009 durch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

Bewegliche Spiegel als Grundlage

Doch was ist das Besondere an dem innerhalb kurzer Zeit aus dem Boden gestampften Kraftwerk? Wie fängt der Solarturm die Sonnenenergie ein, um daraus jährlich rund 1.000 Megawattstunden (MWh) Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen? Das „A“ und „O“ der Anlage sind 2.153 bewegliche Spiegel, so genannte Heliostate. Sie wurden auf einer Fläche von 18.000 Quadratmetern aufgestellt und folgen unaufhörlich dem Lauf der Sonne.

Die Spiegel haben die Aufgabe, das einfallende Sonnenlicht auf die Spitze des Turms zu lenken und dabei um den Faktor 500 bis 1.000 zu konzentrieren. Dort ist ein 22 Quadratmeter großer Receiver aus einem neu entwickelten Material installiert, der die Strahlung absorbiert. Und das funktioniert so: Der aus neuen porösen keramischen Elementen bestehende Receiver wird von Umgebungsluft durchströmt, die sich dabei auf bis zu 700 °C erwärmt und dann in einen Kessel zur Dampferzeugung gelangt. Dieser Dampf erzeugt über eine Turbine den gewünschten Strom. Bedecken Wolken den Himmel, garantiert auch hier ein in das System integrierter Wärmespeicher die Energiezufuhr.

Ein Ferrari unter den solarthermischen Kraftwerken

Entwickelt wurde das innovative System von der Firma Kraftanlagen München (KAM) sowie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Solar-Instituts Jülich (SIJ). Professor Bernhard Hoffschmidt vom SIJ beschreibt den Stand des Projektes so: „Wie damals Otto bei seinem ersten Motor sind wir heute glücklich, dass wir nur 17 Monate nach Baubeginn sagen können: Die Anlage läuft. Die Aufgabe von Industrie und Forschung ist es nun, daraus einen Ferrari-Motor zu machen.“

In den nächsten Monaten wollen die Wissenschaftler genau dies tun. Die Anlage wird deshalb noch einmal ausführlich erprobt und optimiert, bevor dann der Regelbetrieb losgeht. Ziel ist es aber auch, weitere wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse für die schnelle und effektive Weiterentwicklung von solarthermischen Kraftwerken zu gewinnen.

Garantieren soll dies eine auf halber Höhe in den Solarturm integrierte Forschungsplattform, auf der zahlreiche Experimente geplant sind. Die Forscher werden hier unter anderem Versuche für neue, noch bessere Receiver durchführen. Es stehen aber auch zahlreiche Tests zur Herstellung von Wasserstoff mithilfe der Sonne an.

Auf der Suche nach der optimalen Technik

„Die neue Anlage eröffnet die einmalige Chance, durch Erfahrungen in der Praxis die Technologie zur endgültigen Marktreife weiterzuentwickeln“, sagte Professor Hans Müller-Steinhagen, der Leiter der DLR-Instituts für Technische Thermodynamik, anlässlich der Einweihung der Anlage. Und weiter: „Natürlich scheint in Jülich die Sonne nicht so oft wie in Nordafrika, aber bei einem Versuchskraftwerk, in dem die Technologie weiterentwickelt werden soll, ist die gute Anbindung an die Forschungsinstitute wichtiger als der Dauerbetrieb.“

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Stand: 28.08.2009

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Inhalt des Dossiers

Operation Wüstenstrom
Der Streit um das Solarprojekt Desertec

Sonnenkraft-Zapfanlagen statt Wüste
Die Vision Desertec

Strom satt – auch für Europa?
50 Kraftwerke und ein Supernetz

Mehr als nur ein „alter Hut“
Solarthermische Kraftwerke

Ein Sonnenturm als Lichtfänger
Pilotvorhaben in Jülich als Prototyp für Solarstrom aus der Wüste

Solare Hightech aus Deutschland
Solarthermische Kraftwerke auf dem Vormarsch?

Strommasten statt Beduinen?
Desertec und die Folgen

Energie-Revolution oder Fata Morgana?
Reaktionen auf das Projekt Wüstenstrom

Sandstürme, Terroranschläge und noch viel mehr
Fragen und Antworten zur Wüstenstrominitiative

Von der Vision zur Wirklichkeit
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