Obwohl das Projekt Desertec noch in den Windeln steckt, ist längst ein heftiger Streit darum entbrannt. Beteiligt sind neben Politikern jeder Couleur und Gesinnung, auch Wirtschaftsfachleute, Unternehmer, Umwelt- und Klimaschützer und natürlich jede Menge Lobbyisten aus der Energiebranche.
Während die Befürworter der Vision die Vorzüge des Plans wie eine CO2-freie Energieerzeugung oder die Schaffung von Arbeitsplätzen loben, ist das Projekt Wüstenstrom für viele andere unausgegoren, schlecht vorbereitet oder schlicht undurchführbar.
Begeisterung bei Angela Merkel
Durchaus angetan von Desertec zeigte sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: „In Afrika und Ländern des Mittleren Ostens bergen die erneuerbaren Energien ein enormes Potenzial. Dieses Potenzial kann mittels solarthermischer Kraftwerke erschlossen werden. Die Errichtung solcher Kraftwerke in Verbindung mit einem Stromverbund im Mittelmeerraum liegt im europäischen Interesse.“
Er sieht aber durchaus auch noch einige Probleme bei der 400 Milliarden Euro teuren Initiative: „Noch sind die solarthermischen Kraftwerke und der Stromverbund eine Vision. Die Realisierung dieses Vorhabens ist sehr ambitioniert und bedarf erheblicher finanzieller Anstrengungen.“ Desertec-Anhänger sind neben Gabriel unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel – „Ich bin begeistert von visionären Projekten wie zum Beispiel ‚Desertec‘“ -, Greenpeace und die meisten Umweltminister der Bundesländer.
Fata Morgana und Subventionsruine
Zu den massiven Gegnern des Projektes zählt dagegen der SPD-Politiker Hermann Scheer: In einer extra herausgegebenen Pressemitteilung bezweifelt er, „dass die von Desertec angegebenen Investitionskosten und Zeiträume tatsächlich eingelöst werden können. Die Kostenfaktoren unter den Randbedingungen von Wüstenkraftwerken […] werden grob unterschätzt, ebenso wie die Kosten und die Umsetzungsschwierigkeiten des Baus von mehreren Übertragungsnetzen durch mehrere Länder.“ Sein Fazit: „Das Desertec-Projekt kann zu einer großen Subventionsruine werden und sich als ‚Fata Morgana‘ erweisen […].“
Wenig begeistert sind auch der Chef des Energiekonzerns Vattenfall, Lars Josefsson, der Vorsitzende der Deutschen Energie-Agentur, Stephan Kohler, und zumindest Teile der Grünen, die sich normalerweise ja den Ausbau der Erneuerbaren Energien auf die Fahne geschrieben haben. So sagte der Fraktionschef der Partei in NRW, Reiner Priggen, in der WAZ: „Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland würde dadurch massiv abgebremst. […] Da sind Projekte, die nur die großen Energiekonzerne stemmen können.
Solarlobby will keinen Wüstenstrom
Die Gründe, die hinter der Zustimmung beziehungsweise Ablehnung der Desertec-Initiative stecken, liegen manchmal selbst für Insider der Energiebranche im Dunkeln. Das für das Pro oder Contra oft ureigene Interessen eine Rolle spielen, darauf hat Daniel Wetzel im Juni 2009 in der „Welt“ hingewiesen. Ihn verwundert vor allem der massive Protest der heimischen Solarlobby gegen das Projekt.
„Wüstenstrom aus solarthermischen Kraftwerken wäre billiger, und stünde schwankungsfrei bereit. Doch umweltbewusste Stromverbraucher sollen aus Sicht der Solarlobby jetzt offenbar lernen, dass man zwischen gutem und schlechtem Ökostrom unterscheiden müsse: Gut ist Sauberstrom, wenn er die Milliardensubventionen der heimischen Klientel nicht gefährdet. Schlechter Ökostrom stammt aus Projekten, die eher dem afrikanischen Elendsgürtel zugute kämen.“
Stand: 28.08.2009