„Land unter“ könnte es an den deutschen Küsten zukünftig immer häufiger heißen. Was das konkret bedeutet, das untersuchen seit einiger Zeit Wissenschaftler des GKSS-Forschungszentrums in Geesthacht. „Am Institut für Küstenforschung haben wir mit numerischen Modellen berechnet, wie das Küstenklima bisher war und wie es sich künftig unter veränderten Treibhausgaskonzentrationen entwickeln könnte“, erklärte die Wissenschaftlerin Insa Meinke, Leiterin des Norddeutschen Klimabüros am Institut für Küstenforschung des GKSS Forschungszentrums im April 2008. Unzulänglichkeiten, die durch Messungen entstehen, wie beispielsweise zu kurze Messzeiträume, Veränderungen des Messumfeldes und Lückenhaftigkeit der Daten konnten so ausgeschaltet werden. Aus den Modellrechungen leiteten die Forscher anschließend Informationen über Stürme, Sturmfluten oder Seegang ab.
Noch ist alles normal…
Für den Anfang sind die Nachrichten zunächst noch relativ positiv: Nach den vorliegenden Ergebnissen spielt sich das Sturmflutgeschehen an der Nordsee bisher noch im normalen Bereich ab. Denn Stürme sind heute weder deutlich häufiger noch stärker als beispielsweise vor circa 100 Jahren. „Deshalb ist es für uns auch nicht überraschend, dass Sturmfluten ebenfalls nicht öfter oder höher auflaufen als in der Vergangenheit“, so Meinke.
Anders sieht es allerdings beim Meeresspiegelanstieg aus: Weltweit hat sich dieser im letzten Jahrhundert durchschnittlich um etwa 15 Zentimeter erhöht. An der deutschen Nordseeküste waren es sogar rund 25 Zentimeter. Damit aber ist auch das Ausgangsniveau für Sturmfluten heute entsprechend höher als vor einigen Jahrzehnten. Folge: Die Grenzwerte, ab denen Wasserstände als Sturmfluten gelten, werden heute häufiger erreicht als früher. „Trotzdem ist bisher aber noch fast alles normal“, fasst Meinke die aktuelle Lage zusammen.
…aber nicht mehr lange
Doch das wird in Zukunft vermutlich nicht so bleiben. Denn künftig wird sich der Klimawandel auch im Sturmflutgeschehen bemerkbar machen. Dies deuten zumindest die Simulationen des Küstenklimas in den nächsten 100 Jahren an. Danach werden beispielsweise die Stürme über der Nordsee bis zum Ende des 21. Jahrhunderts stärker. Dies gilt insbesondere für den Wind aus West und Nord – also genau aus solchen Richtungen, aus denen Stürme die Wassermassen an die deutsche Nordseeküste drücken.
Wie die Modellrechnungen zeigen, könnten Sturmfluten deshalb windbedingt in einigen Jahrzehnten etwa zehn bis 30 Zentimeter höher auflaufen als dies gegenwärtig der Fall ist. Die GKSS-Wissenschaftler gehen zudem davon aus, dass der mittlere Meeresspiegel im gleichen Zeitraum weltweit um weitere 20 bis 60 Zentimeter zulegt.
„In der Nordsee rechnen wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit rund 50 Zentimeter mehr“, so Meinke. Liegen die Forscher mit ihren Simulationen richtig, werden Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deshalb voraussichtlich insgesamt rund 60 bis 80 Zentimeter höher ausfallen als heute. Doch das ist noch nicht alles: „Wir erwarten darüberhinaus, dass solche hohen Wasserstände in Zukunft auch häufiger auftreten und länger andauern als bisher“, so die GKSS-Forscherin abschließend.
Stand: 26.09.2008