Mit Reaktions-Diffusions-Modellen lassen sich zahlreiche Musterbildungsprozesse beschreiben – zumindest am Computer. Ihre molekulare Basis war bislang jedoch nicht bekannt. Thomas Schlake und seine Mitarbeiterin Stefanie Sick haben sich deshalb auf die Suche nach entsprechenden Molekülkandidaten begeben. Als Modellsystem für ihre Untersuchungen wählten sie Haarfollikel – jene länglichen Einstülpungen der Oberhaut, in denen der Haarschaft liegt und an dessen unterem Ende das Haar in der Haarwurzel gebildet wird.
„Wir sind davon ausgegangen, dass das Grundprinzip der biologischen Musterbildung insbesondere bei der Verteilung periodischer Körperstrukturen wie zum Beispiel Haaren eine einfache molekulare Basis haben sollte“, erklärt Schlake. „Zusätzliche Module könnten dann im Laufe der Evolution zur Entstehung komplexerer Musterbildungsprozesse geführt haben. Die Kernkomponenten und der Grundmechanismus sollten jedoch erhalten geblieben sein und durch weitere Regulationseinheiten lediglich moduliert werden.“ Damit spielt der Zellbiologe auf eine der großen Entdeckungen der Evolutionsbiologie an.
Zelluläres Volkabular begrenzt
Tatsächlich ist das molekulare Vokabular, dessen sich die Zellen während der Entwicklung bedienen, unerwartet begrenzt – es sind lediglich eine Handvoll Signalproteinfamilien, die bei den unterschiedlichsten Organismen und in den unterschiedlichsten Zusammenhängen immer wieder Verwendung finden.
Das ist ähnlich wie bei einem Computerprogramm: Einzelne Programmfunktionen entstehen als separate Module, die über Schnittstellen Informationen austauschen. Solche Module lassen sich duplizieren, verändern und neu kombinieren. „Eine so angelegte Software benötigt zwar mehr Speicherkapazität als für die jeweilige Problemstellung unbedingt notwendig, aber sie kann auf diese Weise auch relativ ökonomisch immer wieder erweitert werden“, sagt Schlake. In der Evolution ermöglicht das die Bildung komplexer Systeme.
MaxPlanckForschung / Christina Beck
Stand: 19.09.2008