Bis vor vier Jahren hatte Gerd Fußmann kein besonderes Interesse an Kugelblitzen. Er war damals Leiter der Arbeitsgruppe Plasmaphysik des IPP und der Humboldt-Universität und untersuchte das Strömungsverhalten von Plasmen, die in Fusionsreaktoren, wie dem Stellarator in Greifswald oder dem im Bau befi ndlichen ITER, eine Rolle spielen. Bis 2004 war er Direktor der Berliner
Außenstelle des IPP und „im Nebenberuf“ Professor für experimentelle Plasmaphysik an der Universität, wie er ironisch bemerkt.
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Erster Anstoß aus Russland
Doch dann hörte er im Jahr 2003 in einem Seminar den Vortrag eines russischen Wissenschaftlers, der von erstaunlichen Experimenten am Institut für Nuklearphysik in St. Petersburg berichtete. Eigentlich wollten die dortigen Forscher eine Methode entwickeln, um mit Starkstromentladungen Wasser zu desinfizieren. Dabei waren sie zufällig auf kugelförmige Leuchterscheinungen gestoßen, die aus dem Wasser aufstiegen und die dem Naturphänomen relativ nahe kamen. „Mir erschien das sehr interessant, aber nicht glaubwürdig“, erinnert sich Fußmann. Es gab ein paar Fotos, aber keinerlei Messungen.
„Kugelblitzmaschine“ aus Leitungswasser und Elektroden
Jetzt hatte ihn das Kugelblitzfieber gepackt. Er wollte diesem Phänomen nachgehen und baute mit seinem Kollegen Burkhardt Jüttner in Berlin ein eigenes Experiment auf. Und das ist im Prinzip ganz einfach: Man nehme einen etwa 25 Zentimeter großen Behälter, fülle ihn mit gewöhnlichem Leitungswasser und bringe am Boden eine ringförmige Elektrode an. Die zweite Elektrode, ein Kupferdraht, steckt in einem Tonröhrchen mit einem Zentimeter Durchmesser.
Der Hohlraum zwischen Röhrchen und Draht ist fast gänzlich von einem Isolator ausgefüllt, nur das Ende des Kupferdrahts steht frei darin. Draht und Tonröhrchen führen die Wissenschaftler so von unten an die Wasseroberfläche, dass sie knapp aus dem Wasser herausragen. Gerade so weit, dass sich um das frei stehende Stück Kupferdraht ein Wassertropfen platzieren lässt. Eine Kondensatorbank baut dann eine Spannung von 5.000 Volt auf, die schlagartig über die beiden Elektroden entladen wird.
In diesem Moment verdampft der Tropfen auf der oberen Elektrode und wird zu einem leuchtenden Ball von etwa 20 Zentimeter Durchmesser, der einen halben Meter hoch aufsteigt. Schon nach weniger als einer halben Sekunde ist der Spuk vorbei, und die leuchtende Kugel löst sich auf. „Trotz der kurzen Lebensdauer kann man den Plasmaball sehr gut erkennen“, sagt Fußmann.
Thomas Bührke / MaxPlanckForschung
Stand: 22.08.2008