Tierzeichnungen auf Höhlenwänden im französischen Lascaux, mit Keilschrift beschriebene Tontafeln der Sumerer, Papyrusrollen im alten Ägypten: Alle diese Beispiele zeigen, dass Menschen schon seit Jahrtausenden wichtige Informationen – oder solche, die sie dafür hielten – auf den unterschiedlichsten Materialien festgehalten haben.
Sie dokumentierten so ihren ganz persönlichen Kampf ums Überleben, kriegerische Auseinandersetzungen, religiöse Handlungen aber auch Liebesgeschichten. Auch in China war dies selbstverständlich nicht anders. Dort benutzte man im Altertum unter anderem einfache Bambus- und Holztafeln zum Beschreiben. Aber auch Schildkrötenpanzer, Tierknochen oder Seide wurden zum Festhalten von Notizen benutzt. Die ältesten bisher gefundenen Belege dieser Art sind 3.000 oder mehr Jahre alt.
Ein Eunuch als Papiererfinder?
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Doch irgendwann erwiesen sich dann die althergebrachten Utensilien und Methoden als zu unpraktisch, zu schwer zu transportieren, zu teuer oder ganz einfach zu unflexibel. Was konnte man tun? Hier war guter Rat teuer. Der Legende nach war es schließlich der Eunuch und Minister Cai Lun, der im Jahr 105 nach Christus die Lösung für das Problem fand: Papier.
Schon lange hatte der Bauernsohn nach Alternativen zu den bisherigen Schreibmaterialien gesucht und dabei kräftig herumexperimentiert. Zunächst ohne durchschlagenden Erfolg. Irgendwann kam ihm dann jedoch die Idee für ein Rezept, das in den nächsten Jahrhunderten den Alltag der Menschen in China und überall auf der Welt revolutionieren sollte.
Lumpen als Ausgangsprodukt
Zu dem von Cai Lun erdachten Zutatenmix gehörten neben minderwertigen Abfällen aus der Seidenproduktion auch Lumpen aus Hanf und sogar die Überreste alter Fischernetze. Ergänzt wurde das Ganze noch durch größere Mengen Rinde des Maulbeerbaumes, der damals in China bereits seit mehreren tausend Jahren eine wichtige Rolle bei der Seidenraupenzucht spielte.
Doch wie entstand aus diesem kuriosen Sammelsurium nun das heiß begehrte neue Schreibmaterial? Der Eunuch und seine Helfer zerrieben und zerstampfen die Ausgangsprodukte in stabilen Steinmörsern und fügten anschließend Wasser hinzu. Das Gemisch wurde so lange gekocht, bis die ersten Papiermacher einen ziemlich flüssigen Brei aus Pflanzenfasern erhielten.
Anschließend schöpften sie mithilfe eines einfachen Siebes Teile des Breis ab, wobei schon ein großer Teil des Wassers verlorenging. Dann wurde das Rohpapier in der Sonne getrocknet und gepresst. Heraus kamen am Ende für die damalige Zeit erstaunlich leichte, gut beschreibbare Papierbögen, die selbst kaiserlichen Ansprüchen genügten.
Wunderding Papier
Im Laufe der Zeit wurde die neue Methode der Papierherstellung weiter verfeinert und lieferte immer mehr und immer perfektere Produkte – gerade rechtzeitig um den ständig steigenden Bedarf in Bildung und Literatur zu decken. Das neue Papier setzte sich aber auch in Windeseile in der chinesischen Verwaltung durch.
Soweit die Legende. Ob Cai Lun aber tatsächlich der Ideengeber für die Papierherstellung war, gilt heute als unklar. Viele Historiker und Archäologen gehen inzwischen davon aus, dass es in China schon früher Papier gab. Der Minister war jedoch wohl der erste, der die neue Methode ausführlich vorstellte und beschrieb.
Stand: 15.08.2008